- Published on 08.10.2010, 16:25
- Von Heide
Empfänger einer
Knochenmark- oder Stammzelltransplantation sind für Monate bis Jahre immunsupprimiert. Während dieser Zeit sind die Patienten einem erhöhten Risiko von Infektionserkrankungen ausgesetzt. Erkrankungen, die durch das humane Cytomegalovirus (HCMV), einem Herpesvirus, ausgelöst werden, sind eine gefürchtete Komplikation, da es hier zu lebensbedrohlichen Infektionsverläufen kommen kann. Die
Chemotherapie des Erregers ist problematisch, da die verwendeten Substanzen erhebliche Nebenwirkungen haben. Deshalb wird in den letzten Jahren verstärkt an Strategien gearbeitet, die Immunantwort gegen das Virus im Patienten zu verbessern. In einem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekt suchen Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und Mediziner der Universitätsklinik Würzburg gemeinsam nach einem neuen Konzept der Immuntherapie der HCMV-Infektion bei Transplantationspatienten.
Herpesviren sind weltweit verbreitete Erreger mit hohen Durchseuchungsraten von 40% bis zu nahezu 100% bei den einzelnen Vertretern. Die primäre Infektion verläuft in der Regel ohne klinische
Symptome, so daß in der Mehrzahl der Infizierten die Infektion nicht bemerkt oder diagnostiziert wird. Kommt es zu einer symptomatischen Infektion, treten so unterschiedliche Erkrankungen auf wie z.B. Windpocken (hervorgerufen durch das Varizella-Zoster-Virus), Herpes labialis (Herpes simplex Virus) oder Pfeiffersches Drüsenfieber (Epstein-Barr-Virus). Die primäre Infektion mit HCMV in einem gesunden Menschen kann sich in seltenen Fällen in Grippe-ähnlichen
Symptomen bemerkbar machen.
Allen Herpesviren gemeinsam ist die spezifische Eigenschaft, nach der Primärinfektion lebenslang im Körper zu verbleiben. Während dieser sog.
Persistenz werden keine nennenswerten Mengen an infektiösen Viren gebildet und es treten keine Krankheitssymptome auf. Ursache dafür ist die Kontrolle des Virus durch das Immunsystem. Vor allem zwei unterschiedliche Mechanismen tragen zu dieser Kontrolle bei:
Zytotoxische T-Zellen ("Killer Zellen"), die Virus-infizierten Körperzellen eliminieren und
Antikörper, die in der Lage sind, die Infektiosität von freien Viren zu neutralisieren. Treten Defekte in einzelnen Komponenten der Immunantwort oder im gesamten Immunsystem auf, kann es zu einer Reaktivierung der Virusvermehrung, die zu einer symptomatischen Erkrankung führen kann, kommen. Paradebeispiel ist hier der immer wiederkehrende Lippenherpes (Herpes labialis). Patienten nach einer
Knochenmark- oder Stammzelltransplantation haben in der frühen Phase nach der
Transplantation kein voll funktionsfähiges Immunsystem. Endogen persistierende Herpesviren können sich in dieser Phase ungehemmt vermehren. Eine exogene Infektionsquelle ist hierfür nicht notwendig.
In dem Forschungsvorhaben wird untersucht, ob die Übertragung von sog. Gedächtnis B-Zellen vom Spender des Transplantats auf den Empfänger dazu beitragen kann, die Vermehrung von HCMV zu hemmen. Gedächtnis B-Zellen könnten nach Kontakt mit dem Virus im Patienten aktiviert werden und als Folge
Antikörper produzieren, die das Virus neutralisieren. Gedächtnis B-Zellen sind eine zentrale Komponente des Immunsystems. Sie werden nach jedem Kontakt mit Infektionserregern gebildet und überleben für Jahrzehnte im Körper. Bei einem wiederholtem Kontakt mit dem gleichen Erreger werden sie aktiviert und vermitteln den Schutz durch Antikörperproduktion. Bei den gängigen Transplantationsverfahren werden diese Zellen nicht mit übertragen. Falls sich die Zellen als wirksam bei einer HCMV Infektion erweisen, könnten auch andere Infektionserreger wie z.B. Pilze oder Bakterien mit diesem Verfahren bekämpft werden.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Michael Mach, Institut für Klinische und Molekulare Virologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, Schloßgarten 4, 91054 Erlangen, Tel.: +49 9131 8522487, e-mail: Michael
en.
Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 210.000€. Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 160 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Weitere Informationen:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de Quelle: idw-Mitteilung vom 11.12.2006
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Antikörper
Von Immunzellen (B-Lymphozyten) gebildete Proteine, die gezielt Strukturen (Antigene) auf der Oberfläche von Krankheitserregern, Zellen oder Molekülen erkennen und sich an sie binden. Antikörper dienen dem Immunsystem zur Erkennung und Zerstörung von Erregern oder abnormen Zellen.
zytotoxisch
zellgiftig, zellschädigend
Persistenz
Dauerhafte Beständigkeit
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
CMV
Ein wichtiger Erreger insbesondere von schweren Lungenentzündungen nach Transplantation ist das Cytomegalievirus (CMV). Der Virus ist für gesunde Menschen unproblematisch, für Transplantationspatienten ist er jedoch aufgrund eines geschwächten Immunsystems lebensgefährlich. Der Nachweis von CMV vor einer Transplantation führt daher zu einer schlechteren Prognose.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
zytotoxisch
zellgiftig, zellschädigend
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.