- Published on 18.10.2010, 13:18
- Von Marc
Ermutigende Ergebnisse einer klinischen Studie zur Behandlung der häufigsten Form von Blutkrebs unter Erwachsenden haben Mediziner des Magdeburger Universitätsklinikums jetzt zusammen mit Krebsforschern aus den USA und der Universität Dresden im renommierten Fachjournal "Journal of Clinical Oncology" vorgestellt. Die Forschungen geben Anlass zur Hoffnung, künftig noch besser jenen Menschen helfen zu können, die an einer sogenannten akuten myeloischen Leukämie (AML) leiden und von einer Chemotherapie bislang nur unzureichend oder gar nicht profitieren. Betroffen von einer AML sind über zwei Drittel aller Erwachsenen mit bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems.
In den vergangenen vier Jahrzehnten konnten deutliche Verbesserungen bei der Behandlung von Leukämien erreicht werden. Wegen der Vielfalt dieser Erkrankungen helfen die Therapieverbesserungen aber noch nicht jedem Leukämie-Patienten. Während die Heilungschancen zum Beispiel bei der vor allem unter Kindern und Jugendlichen häufigen akuten lymphatischen Leukämie recht gut sind, und neue, zielgerichtete Therapien auch zu deutlich besseren Behandlungserfolgen bei der chronisch myeloischen Leukämie führten, ist die Therapie meist älterer Menschen, die an einer akuten myeloischen Leukämie (AML) leiden, nicht zufriedenstellend. „Nur bei einem kleinen Teil der älteren Patienten über 60 Jahre lässt sich bisher mit der Chemotherapie eine Heilung bzw. deutliche Verzögerung des Krankheitsverlaufes und Besserung der Symptome erreichen“, sagt Professor Dr. med. Thomas Fischer, Direktor der Magdeburger Universitätsklinik für Hämatologie und Onkologie.
Das ist umso bedauerlicher, da über zwei Drittel aller bösartigen Erkrankungen des blut-bildenden Systems unter Erwachsenen als eine AML diagnostiziert werden. Von 100.000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich sechs an einer AML. Bei diesem Tumor vermehren sich unreife weiße Blutkörperchen (so genannte Blasten) unkontrolliert. Bislang versuchen Onkologen, mit einer Chemotherapie die Erkrankung zu stoppen. Während bei jüngeren Erwachsenen die Erkrankung dadurch in etwa 40 Prozent der Fälle geheilt werden kann, sprechen ältere Patienten auf die Chemotherapie häufig nicht oder nur unzureichend an.
Eine Hoffnung der modernen Medizin ruht daher auf zielgerichteten Blutkrebstherapien, die durch Fortschritte der Molekularbiologie und Genetik möglich wurden. So konnten bei der akuten myeloischen Leukämie Mutationen eines Enzyms nachgewiesen werden, das die Zelldifferenzierung, das Zellwachstum und die Zellwanderung unreifer weißer Blutkörperchen reguliert. FLT-3 nennen die Forscher diese sogenannte Rezeptor-Tyrosinkinase. Man kann sie sich als eine molekulare Antenne auf bestimmten weißen Blutkörperchen (Leukozyten) vorstellen. Fehler (Mutationen) im molekularen Aufbau dieser „Antennen“ sorgen für eine fehlerhafte Informationsübertragungen, die eine fatale Kaskade von Reaktionen in Gang setzen, die schließlich das Leben eines Menschen bedrohen.
Ziel der Forschung ist es, mit maßgeschneiderten kleinen Molekülen, die veränderten Rezeptor-Tyrosinkinasen zu blockieren und damit den Blutkrebs zu stoppen. Erstmals ist das vor einem Jahrzehnt bei einer anderen Blutkrebsart, der chronisch myeloischen Leukämie gelungen - auch damals schon unter Mitarbeit von Professor Thomas Fischer. Mit dieser neuen Therapie konnte ein Langzeitüberleben der Patienten von über 90 Prozent erreicht werden.
Auf ähnlich gute Erfolge hofft das Ärzteteam von der Abteilung für Hämatologie und Onkologie am Magdeburger Universitätsklinikum auch bei der AML. In einer internationalen klinischen Phase IIb-Studie hatten die Mediziner 95 AML-Patienten mit einem neuen Wirkstoff (Midostaurin/PKC 412) behandelt, der das Zellwachstum mutierter Leukozyten verhindern soll.
„Wir konnten bei ca. zwei Drittel unserer Patienten eine Reduzierung der unreifen Vorstufen der weißen Blutzellen um die Hälfte feststellen“, sagt der Magdeburger Studienleiter. Die Zahl leukämischer Zellen im Blut konnte damit signifikant gesenkt werden. Bei einigen Patienten wurde auch der Krankheitsfortschritt zeitweilig gestoppt.
Bei der Bewertung dieser Studienergebnisse zeigt sich Professor Fischer optimistisch. Zugleich bremst er aber allzu hohe Erwartungen von Patienten. „Das ist ein wichtiger Teilerfolg“, sagt er. „Jetzt wird in einer Phase III-Studie untersucht, ob durch die Kombination mit einer Chemotherapie noch bessere Ergebnisse zu erreichen sind“. Auch an dieser klinischen Studie sind Onkologen des Magdeburger Universitätsklinikums beteiligt.
Quelle: idw News vom 31.08.2010
Differenzierung
In einem vielzelligen Organismus wie dem Menschen ist eine reibungslose Funktionsfähigkeit nur durch Arbeitsteilung möglich. Dazu erfolgt eine Spezialisierung von Zellen. Diese strukturelle und funktionelle Ausdifferenzierung von Zellen zu bestimmten Zelltypen (z.B. Muskelzellen, Blutzellen, Nervenzellen) bezeichnet man als Zelldifferenzierung.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Phase III
In der letzten Phase wird das Medikament bei Gruppen von vielen hundert Menschen (oft über einen längeren Zeitraum) erprobt. Die Wirksamkeit wird genauer und statistisch zuverlässiger erfasst, seltene unerwünschte Nebenwirkungen werden exakt untersucht. Um eine ausreichende Zahl von Teilnehmenden zu erhalten, werden diese Studien meist international oder als so genannte Multizenterstudien, d.h. an verschiedenen Orten, durchgeführt. In der Regel erhält ein Medikament erst dann eine offizielle Zulassung, wenn diese Phase erfolgreich abgeschlossen ist. Wenn jedoch ein öffentliches Interesse besteht, kann die Zulassung in einem beschleunigten Verfahren (Fast-track- Verfahren) auch frühzeitig erfolgen, wie dies beispielsweise bei dem Medikament Glivec geschehen ist.
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Rezeptor
Bindungsstelle für Signalstoffe, Hormonrezeptor
Phase II
Hat das Medikament die Prüfung in Phase I bestanden, wird es bei einer kleinen Patientengruppe bezüglich der Wirksamkeit untersucht. Ziele der Studie können dabei beinhalten: Sinkt die Restleukämie? Bei welchem Prozentsatz der Testpersonen sinkt die Resterkrankung ab? Wird das Fortschreiten der Krankheit verzögert? Üblicherweise beteiligen sich einige hundert Menschen an einer solchen Studie, um möglichst genaue Zahlen zu erhalten. Um zu klären, ob es sich bei der Wirkung um zufällige Effekte oder um tatsächliche Medikamentenwirkungen handelt, werden die Teilnehmenden in eine Untersuchungsgruppe und eine Kontrollgruppe eingeteilt.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Phase I
Die klinische Erprobung eines Medikaments erfolgt in der Regel in drei Phasen, um Menschen vor noch unbekannten gefährlichen und unerwünschten Nebenwirkungen zu schützen und um die finanziellen Mittel möglichst effizient einzusetzen. In einer Phase-I-Studie wird ein Medikament von wenigen Testpersonen eingenommen. Dabei wird untersucht, ob das Medikament gut verträglich ist, welche Nebenwirkungen auftreten und welche Dosierungsart optimal ist. Diese Studien werden ohne Kontrollgruppe durchgeführt.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.