- Published on 21.07.2010, 18:45
- Von Heide
Eine internationale Forschergruppe hat erstmals einen Gendefekt entdeckt, der eine
chronisch lymphatische Leukämie (CLL) begünstigt. Damit die Erkrankung ausbricht, sei jedoch noch eine weitere epigenetische Störung erforderlich, berichten sie in der Fachzeitschrift "Cell".
In der westlichen Welt ist die CLL die häufigste Leukämieform. In etwa 10 Prozent der Fälle erkranken mehrere Familienmitglieder, sodass seit Langem eine erbliche
Disposition vermutet wird. Sie konnte jetzt durch die Analyse einer Familie aufgedeckt werden, in welcher der Vater, vier Söhne und ein Enkelkind an CLL erkrankt waren. Bei allen fanden Dennis Weisenburger, Ohio State University in Columbus, und Mitarbeiter eine verminderte
Expression eines
Gens mit der Bezeichnung death-associated protein kinase 1 oder DAPK1. DAPK1 ist ein
Apoptose-Faktor, das heißt, er sorgt dafür, dass einzelne Zellen, die sich zu Tumorzellen entwickeln könnten, durch einen programmierten Zelltod eliminiert werden.
Die
Mutation allein führt allerdings noch nicht zur CLL. Erforderlich ist eine zweite Veränderung, die nicht genetisch bedingt ist. Dieses Signal, das nach Ansicht der Forscher durch Chemikalien induziert wird, besteht in einer sogenannten
DNA-Methylierung. Gesunde Zellen benutzen diese Reaktion, um nicht benötigte
Gene zum Schweigen zu bringen. Der Prozess spielt bei der Epigenetik eine Rolle. Sie bestimmt beispielsweise, welches der beiden von den Eltern geerbten
Gene aktiv ist und welches nicht. Eine
pathologische Aktivierung der
DNA-Methylierung kann jedoch
Gene ausschalten, die das Zellwachstum kontrollieren.
Auch wenn die Forscher die Bedeutung ihrer Entdeckung sogleich mit der von BRCA1 für das Mammakarzinom vergleichen, bleibt zunächst abzuwarten, ob sich weitere Familien mit dem gleichen oder ähnlichen Gendefekten finden werden. Auf jeden Fall erhoffen sich die Forscher Erkenntnisse zur
Pathogenese der CLL. Möglicherweise ergäben sich auch Anregungen für neue Therapien, schreiben sie.
Weiterführende Informationen:
Quelle: Deutsches Ärzteblatt vom 01.06.2007 Disposition
Ererbte oder erworbene besondere Anfälligkeit bzw. Bereitschaft des Organismus, auf bestimmte Schädlichkeiten außergewöhnlich - meist im Sinne einer Erkrankung ? zu reagieren, u. zwar in Abhängigkeit von allgemeinen u. individuellen Faktoren.
Pathogenese
Beschreibt die Entstehung einer physischen oder psychischen Erkrankung oder den Verlauf eines krankhaften Prozesses bis zu einer Erkrankung. Die Beschreibung der Ursache einer Krankheit wird im Gegensatz dazu als Ätiologie bezeichnet.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Apoptose
Durch die Zelle aktiv ausgelöster (programmierter) Zelltod.
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
DNA
Desoxyribonukleinsäure,bildet bei den meisten Lebewesen das genetische Material (Erbgut), ist im Zellkern, in den Chromosomen lokalisiert, Träger der genetischen Information eines Lebewesens
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
exprimieren
Als Genexpression bezeichnet man die Bildung eines von einem Gen kodierten Genprodukts, vor allem von Proteinen oder RNA-Molekülen. Das zugehörige Verb lautet exprimieren.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.