- Published on 08.10.2010, 17:07
- Von Jan Geissler
Auf der Krebsstation in der Rostocker Universitätsklinik ist mehr als jeder zweite Leukämiepatient älter als 62 Jahre. Diese Patienten vertrü
gen die aggressive Behandlung vor einer
Knochenmark- oder Stammzelltransplantation wesentlich schlechter als jüngere, sagt der Leiter der Abteilung für Hämatologie und Onkologie, Mathias Freund. "Zudem ist die Gefahr von Unverträglichkeitsreaktionen bei diesen Patienten nach
Transplantationen wesentlich höher." Die Rostocker Forscher scheinen mit Treosulfan einen Ausweg gefunden zu haben.
In einer
klinischen Studie entwickeln die Mediziner ein neues Vorbereitungsverfahren für Patienten, die transplantiert werden sollen. Das Medikament Treosulfan habe sich als sehr effektiv und gut verträglich erwiesen, so der Arzt nach dem Abschluss der ersten Studie. In einer zweiten Studie mit fünf weiteren deutschen Städten sowie Kattowitz (Polen), Huddinge (Schweden) und Helsinki (Finnland) werden nun bis zu 120 Patienten speziell behandelt. In Rostock überlebten von den 56 Patienten rund 60 Prozent. "Das ist eine hohe Quote", sagt der Mediziner. "Immerhin sind dies schwerkranke Patienten, die zum großen Teil mit konventionellen Methoden nicht hätten transplantiert werden können." Der
Hämatologe hofft, dass das neue Präparat im kommenden Jahr die Zulassung durch die europäische Behörde erhält.
Finanziert wird diese Studie durch ein Pharmaunternehmen aus Schleswig-Holstein. Der Schwerpunkt liegt hier in der Onkologie. Rund 44% des jährlich rund 120 Millionen Euro Umsatzes wird auf diesem Gebiet erzielt. "Geht es in der Forschung um die Zulassung neuer Medikamente, ist die Finanzierung gut machbar", sagt Freund. Gehe es aber um die Forschung und Entwicklung komplexer und praxisnaher Behandlungsmethoden, stehe Deutschland sehr schlecht da. Während die USA rund 0,06% des Bruttosozialproduktes für die Krebsforschung ausgeben, investiert Deutschland nur einen Drittel dieser Summe. Ein Nationales Krebsinstitut, das klinische Forschung regelhaft finanziere, könnte neue Möglichkeiten schaffen.
Profitieren könnte davon beispielsweise ein weiteres Forschungsprojekt der Rostocker auf dem Gebiet der Zelltherapie. Ziel ist, die Unverträglichkeitsreaktionen des Körpers nach einer
Transplantation zu verringern oder gar auszuschalten. "Es geht nicht um die Entwicklung eines Medikamentes, sondern wir müssen das Verhalten von Zellen im Körper genauer erforschen und mehr über eine spezielle Zellenaufbereitung erfahren", erläutert Freund.
Hierfür beziehen die Wissenschaftler bald Labore und Reinsträume im Biomedizinischen Forschungszentrum (BMFZ), das am 6. Dezember in Rostock eröffnet wird. Uni und Hansestadt investieren dort mit Landesfördermitteln rund 30 Millionen Euro. Neben der besseren finanziellen Ausstattung wünscht sich der Mediziner die Öffnung der Stammzellenforschung. Deutschland darf keine embryonalen
Stammzellen herstellen. "Ich verstehe die ethisch-moralischen Bedenken", räumt der Mediziner ein. Damit entstehe aber eine Abhängigkeit von anderen. "Wir bekommen nur die
Stammzellen, die andere bereits forschungsmäßig abgegrast haben", sagt Freund. Dabei ist die Zelltherapie ein Zukunftszweig. In den kommenden zehn Jahren könnten Wissenschaftler so viel über Zellen wissen, um damit die Krebsbehandlung zu revolutionieren, ist sich der Mediziner sicher.
Quelle: Yahoo-Meldung vom 23.11.2005 Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
oral
Den Mund betreffend, am Mund gelegen, durch den Mund
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)