- Published on 07.10.2010, 14:39
- Von Jan Geissler
Anders als im Erwachsenenalter werden nahezu alle Kinder, die an Krebs erkrankt sind, in Deutschland, aber auch international seit vielen Jahren nach einheitlichen Behandlungsplänen in so genannten multizentrischen Therapieoptimierungsstudien (TOS) behandelt. Ziel dieser TOS ist es zum einen, die krebskranken Kinder einheitlich nach bestem Wissenstand zu behandeln, zum anderen aber mögliche Verbesserungen der Therapie systematisch zu prüfen.
Prof. Martin Schrappe, Direktor der Klinik für Allgemeine Pädiatrie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, leitet seit vielen Jahren das hierzulande größte derartige Programm, genannt ALL-BFM Studie (die Unikliniken in Berlin, Frankfurt und Münster waren die ersten Kliniken, aus denen dieser Verbund hervorging). Nach diesem Behandlungsplan werden Kinder und Jugendliche behandelt, die an
akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL) erkrankt sind. Diese Studie wird von der Deutschen Krebshilfe mit 2,4 Millionen Euro gefördert.
Mit 500 bis 600 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland ist die ALL die häufigste Krebserkrankung im Kindesalter. Prof. Schrappe ist zugleich Leiter einer internationalen Studiengruppe für Leukämien und Lymphome (International BFM Study Group), einem Zusammenschluss von Studiengruppen aus zahlreichen europäischen und südamerikanischen Ländern. Die Bedeutung dieser Form der klinischen Forschung konnten Prof. Schrappe und seine Mitarbeiter zusammen mit internationalen Fachkollegen kürzlich mit drei Publikationen zur Leukämiebehandlung bei Kindern belegen.
Zwei Arbeiten, die im Jahr 2005 in den hoch angesehenen Fachzeitschriften "Lancet" und Ende 2006 im "Journal of Clinical Oncology" vorgestellt wurden, konnten eindrucksvoll aufzeigen, dass eine Reihe von Kindern mit so genannter Hochrisiko-ALL mit einer Kombination aus
Chemotherapie und
Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation besser geheilt werden können als nur mit
Chemotherapie. Das betrifft in besonderem Maße die Kinder mit einer Hochrisiko-T-ALL, einer Untergruppe dieser Erkrankung.
In einer Anfang dieses Jahres ebenfalls in "Lancet" veröffentlichten Arbeit, in der die Behandlung von mehr als 3000 Kindern ausgewertet wurde, konnte aber auch gezeigt werden, dass Kinder, die keine Hochrisiko-ALL haben, keine weitere belastende Intensivierung der Behandlung während der so genannten
Erhaltungstherapie benötigen: Zusätzliche Gaben bestimmter Medikamente (Vincristin und Dexamethason) verringern nicht die Anzahl der Rückfälle der Erkrankung. Die Ergebnisse dieser Arbeiten tragen bereits heute dazu bei, den Umfang der Behandlung an das Rückfallrisiko jedes einzelnen Kindes mit ALL anzupassen. Das moderne Prinzip der Leukämietherapie heißt somit heute: Soviel wie nötig, aber auch so wenig wie möglich. Die neuesten Daten zeigen an, dass mit diesem Ansatz 80% der Kinder mit ALL auf Dauer geheilt werden können. Trotzdem werden weitere Studien nötig sein, um auch den Kindern, die ein besonders hohes Rückfallrisiko haben, eine erfolgreiche Behandlung anbieten zu können.
Für Rückfragen stehen zur Verfügung:
Prof. Dr. med. Martin Schrappe
Direktor der Klinik für Allgemeine Pädiatrie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel,
Schwanenweg 20
24105 Kiel
Tel. 0431-597-1621, Fax 0431-597-3966,
Email:
OA Dr. André Schrauder
Klinik für Allgemeine Pädiatrie
Tel. 0431-597-1622
Dr. Anja Möricke
Klinik für Allgemeine Pädiatrie
Tel. 0431-597-1622
Quelle: idw-Pressemitteilung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein vom 22.02.2007 Erhaltungstherapie
Über eine längere Zeitperiode fortgeführte Chemotherapie, die den Erfolg der Induktions- und Konsolidierungstherapie stabilisieren soll
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
CAM
Komplementär- und Alternativmedizin (englisch abgekürzt: CAM, Complementary and Alternative Medicine)
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ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer