- Published on 28.07.2010, 14:07
- Von Jan Geissler
Imatinib überwindet bekanntermaßen die Blut-Hirn-Schranke nicht. Sollte also der seltene Fall eintreten, dass sich CML-Zellen ins Rückenmark oder das Hirn ausbreiten, ist
Imatinib nicht wirksam und eine
Chemotherapie muss über das Rückenmark angewendet werden. Ein Forschungsbericht aus Japan gibt nun ersten Aufschluss, dass der in Studien befindliche Wirkstoff INNO-406 (zuvor NS-187) in kleinen Mengen die Blut-Hirn-Schranke überwindet und auf diesem Weg CML-Rückfälle im Zentralen Nervensystem (CNS) überwinden kann.
INNO-406, ein neuer Inhibitor, der sowohl
BCR-ABL- als auch Lyn-Tyrosinkinasen hemmt, soll im Körper etwa 10 Mal stärker als
Imatinib wirken. Im Gegensatz zu
Imatinib, das aufgrund des Vorhandenseins von P-Glycoproteinen in der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann, soll INNO-406 dies in geringem Maße möglich sein. Die Studie ergab, dass die Konzentration von INNO-406 im zentralen Nervensystem etwa 10% der Plasmakonzentration betrug. Diese sei aber ausreichend, das Wachstum von Ph-positiven Zellen zu hemmen, auch wenn diese eine
Mutation von
BCR-ABL aufwiesen. Auch konnte Cyclosporin, ein P-Glycoprotein-Hemmer, die Aktivität von INNO-406 bei Ph-positiver CML im zentralen Nervensystem verstärken.
Quelle: INNO-406, a novel
BCR-ABL/Lyn dual tyrosine kinase inhibitor, suppresses the growth of Ph+ leukemia cells in the central nervous system and cyclosporine A augments its in vivo activity. Shinya Kimura et al, Kyoto University Hospital. Übersetzung und Zusammenfassung durch Jan, ohne Gewähr.
Weiterführende Informationen: Studie mit INNO-406 zur Behandlung von Glivec-Resistenz gestartet, Leukämie-Online 23.07.2006
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Proteine
Große Moleküle, die sich aus über 100 Amonosäuren bzw. Peptiden zusammensetzen
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.