- Published on 28.07.2010, 13:02
- Von Jan Geissler
Erstmals können Mediziner einen Krebstumor allein mit einer Tablette behandeln: "In einer fünfjährigen Studie konnten wir erstmals nachweisen, dass das Medikament
Imatinib die
chronisch myeloische Leukämie (CML) der Betroffenen außer Gefecht setzte.", erklärt Professor Dr. Dietger Niederwieser von der Universität Leipzig. "Die Leukämie ist zwar nicht weg, sie ist aber neutralisiert", so Niederwieser. Eine große Zahl der über fünf Jahre beobachteten Patienten wurde in der von Niederweiser geleiteten Abteilung für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Leipzig behandelt. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich im renommierten "New England Journal of Medicine" veröffentlicht.
CML-Patienten weisen das so genannte
Philadelphia-Chromosom auf, ein verkürztes
Chromosom 22, das durch Austausch von Teilen der
Chromosomen 9 und 22 entsteht. Dabei wird die
Tyrosinkinase ABL mit einem Fragment des BCR-
Gens verschmolzen. Die mutierten Zellen produzieren
BCR-ABL, eine
Tyrosinkinase, die im Vergleich zum ABL viel aktiver ist. Ergebnis ist die unkontrollierte Vermehrung von weißen, aber auch von roten Blutkörperchen und Blutplättchen, was bei der Entstehung der CML von Belang ist. Mit
Imatinib ist es nun möglich, die gestörte
Tyrosinkinase zu hemmen. Ergebnis: Das
Blutbild der Patienten normalisiert sich. "Damit ist erstmals eine molekulare Therapie in der Medizin zur Anwendung gekommen", so Niederwieser.
Im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden, namentlich der
Chemotherapie, aber auch der Behandlung mit
Interferon Alpha, hat die Gabe von
Imatinib den Vorteil, dass die Patienten über keine oder höchstens ganz geringe Nebenwirkungen klagen. Zudem ist ihre Zahl sehr klein: "Nach vier Jahren berichtete nur ein Prozent der Patienten überhaupt von Nebenwirkungen", so Niederwieser. Die Studie zeigte, dass bösartige Erkrankungen wie CML mit
Imatinib zwar nicht geheilt werden können, aber ohne die mit schweren Nebenwirkungen verbundene
Chemotherapie in ein
chronisches Stadium umgewandelt werden.
Einzige Alternative für die CML-Patienten, die sogar Heilung verspricht, wäre eine Stammzelltransplantation. Allerdings, so gibt Niederwieser zu bedenken, ist diese mit einem höheren Risiko verbunden. Die Erfolgsquote von
Imatinib ist durchaus ansehnlich: Nach einem Jahr wurde bei 69 Prozent der Patienten eine
vollständige zytogenetische Remission beobachtet, nach fünf Jahren sogar bei 87 Prozent. Bei Patienten, die zuvor nicht mit anderen Mitteln wie etwa
Interferon Alpha behandelt worden waren, sondern die
Imatinib als Initialtherapie verabreicht bekamen, lag die Überlebensrate bei 89 Prozent.
Weitere Informationen:Prof. Dr. Dietger Niederwieser
Telefon: 0341 97-13050
E-Mail:
Quelle: Innovations Report 23.03.2007 Vollständige zytogenetische Remission
Vollständige Normalisierung des Blutbilds. Unreife weiße Blutkörperchen sind nicht mehr nachweisbar. Eine möglicherweise zuvor vergrößerte Milz hat ihre Normalgröße wieder erreicht.
Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Port
Zuführendes System, meist eine unter die Haut eingepflanzte Kunststoffkammer mit Venenkatheter, um eine kontinuierliche Medikamentengabe zu ermöglichen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Vollständige zytogenetische Remission
Vollständige Normalisierung des Blutbilds. Unreife weiße Blutkörperchen sind nicht mehr nachweisbar. Eine möglicherweise zuvor vergrößerte Milz hat ihre Normalgröße wieder erreicht.
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.