- Published on 27.07.2010, 11:12
- Von Jan Geissler
Imatinib ist ein selektiver und hochwirksamer BCR/ABL Kinasehemmer. Trotz fortlaufender Therapie mit
Imatinib ist jedoch ein Fortbestehen von BCR/ABL die Regel. Diese Tatsache legt nahe, dass
Imatinib keine Heilung von CML herbeiführt, und schürt Bedenken über eine auftretende
Imatinib-
Resistenz, Langzeitunverträglichkeit von
Imatinib und Therapietreue. Auf
ASH wurde nun eine Studie vorgestellt, die nahelegt, dass eine
Interferon-Erhaltungsbehandlung nach einer erfolgreichen
Imatinib-Ersttherapie eine wirksame Alternative zu einer langfristigen
Imatinib-Therapie darstellen könnte.
Es wurde vormals vermutet, dass eine Kombination von
Imatinib und Immuntherapie durch
Interferon eine CML zusätzlich mittels Aktivierung von von zytotoxischem T-Zellen (CTL) unter Kontrolle halten kann. Beispielsweise wurde nachgewiesen, dass ein Hervorrufen von PR1-CTL, die PR3-Antigene auf CML-
Blasten erkennen, mit einem Ansprechen auf
Interferon, aber nicht mit einem Ansprechen auf
Imatinib zusammenhängt.
In der Tat präsentierten deutsche Forscher im Rahmen der
ASH-Konferenz 2007 eine Gruppe von 20 Patienten mit neu diagnostizierter CML, bei denen eine niedrige Dosis bei der
Erhaltungstherapie mit
Interferon alleine im Stande war, die Remissionen aufrechtzuerhalten oder zu verbessern, die durch eine vorherige Kombinationsbehandlung von
Imatinib/
Interferon erzielt wurden. Nach einer durchschnittlichen
Erhaltungstherapie von 1,2 Jahren mit
Interferon verblieben 80 % der Patienten in molekularer
Remission oder erfuhren eine Verbesserung.
Diese Patienten wurden im Nachhinein weiter betreut und zusätzliche Translationsstudien zur Untersuchung von Markern des Ansprechens auf
Interferon wurden begonnen.
20 Patienten (14 männlich, 6 weiblich; Durchschnittsalter 45 Jahre) mit geringem (n = 13), mittlerem (n = 6) und hohem Risiko (n = 1) gemäß der Hasford-Risikoberechnung wurden untersucht. Die
Imatinib Therapie wurde 2,4 Jahre lang durchgeführt (0,2 - 4,9 Jahre), kombiniert mit PEG-Interferona2a (Pegasys, n = 17) oder
Interferon a2a (Roferon, n = 3). Die
Erhaltungstherapie bestand aus PEG-
Interferon (n = 16) oder
Interferon (n = 4). Die Dosis wurde gemäß Ansprechen und Verträglichkeit angepasst und lag zwischen 135 µg PEG-
Interferon alle 3 Wochen und 180 µg PEG-
Interferon jede Woche oder alternativ 2- bis 5-Mal 3 Millionen Einheiten
Interferon/Woche. Die Behandlung mit
Imatinib wurde aufgrund von Nebenwirkungen (n = 5) oder auf persönlichen Wunsch der Patienten hin nach der Einverständniserklärung (n = 15) abgebrochen. Zum Zeitpunkt des Absetzens von
Imatinib befanden sich zwei Patienten in einem Zustand vollständigen molekularen Ansprechens (
CMR) und 15 Patienten in einem Zustand weitgehenden molekularen Ansprechens (
MMR).
Nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 2,8 Jahren (zwischen 6 Monaten und 4,5 Jahren) befanden sich 15 Patienten in einem Zustand weitgehenden molekularen Ansprechens (
MMR), 5 davon in einem Zustand vollständigen molekularen Ansprechens (
CMR). Daher erhöhte sich die Anzahl von Patienten mit weitgehendem molekularem Ansprechen (
MMR) nach zwei Jahren von anfänglich 2 auf 5. Fünf Patienten erlitten innerhalb von 4 Monaten einen Rückfall (zwischen 2 - 10 Monaten) nachdem die Behandlung mit
Imatinib unterbrochen wurde, wobei
Imatinib bei ihnen anschließend die molekulare
Remission wieder herbeiführte. Die Nebenwirkungen von
Interferon zur Erhaltungsbehandlung waren gering.
Die Gruppe untersuchte ebenfalls mutmaßliche Marker des Ansprechens auf
Interferon. Die
Interferon Therapie wurde mit einem Anstieg bei der
Expression von PR3 und bei der Gegenwart von auto-reaktivem PR1-CTL in Verbindung gesetzt. Bei einem von fünf auswertbaren Patienten wurden PR1-CTL vor dem Absetzen von
Imatinib nachgewiesen, aber bei vier von sieben auswertbaren Patienten während der
Erhaltungstherapie mit
Interferon. Längenmessungen von PR1-CTL Anteilen legen eine Hemmung der Expansion von PR1-CTL durch
Imatinib nahe, wodurch impliziert wird, dass eine optimale CTL Expansion vorzugsweise in Abwesenheit von
Imatinib auftreten kann. Dies würde den Übertritt zu einem Status des vollständigen molekularen Ansprechens (
CMR) bei einigen Patienten erst nach dem Absetzen von
Imatinib erklären.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine
Interferon Erhaltungsbehandlung nach einer vorherigen
Imatinib/
Interferon Induktionstherapie eine wirksame Alternative zu einer dauerhaften
Imatinib Therapie darstellen könnte, da dieser Wirkstoff es ermöglicht, die Behandlung mit
Imatinib sogar bei den Patienten, die kein vollständiges molekulares Ansprechen (
CMR) zu dem Zeitpunkt der Unterbrechung der Behandlung mit
Imatinib erzielt hatten, sicher zu unterbrechen. Das Hervorrufen eines PR1-spezifischen CTL-Ansprechens durch
Interferon kann zu der besonderen Wirksamkeit von
Interferon nach einer Tumormasseentfernung bei CML (Debulking) durch
Imatinib beitragen.
Quelle: ASH-Abstract 647 -
IFN-a2a Maintenance Therapy After
Imatinib Plus
IFN Induction Therapy in CML Induces Stable Long-Term Molecular Remissions and Is Associated with Increased Proteinase 3 (PR3)
Expression and the Presence of PR1-Specific T-Cells, Andreas Burchert
Übersetzung und Zusammenfassung durch Jan mit Unterstützung von Sigma Translations. Ohne Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit.
Weitere Berichte zu Ergebnissen von ASH2009:
- ASH 2009 CML-Nachlese - und warum ich wieder hingefahren bin, Leukämie-Online 17.12.2009
- ASH09: Resistenz, Wirkung und Mutationen unter Dasatinib bei CML in chron. Ph, Leukämie-Online 27.12.2009
- Patienten mit Phosphatmangel unter Imatinib oft mit besserem Ansprechen, Leukämie-Online 27.12.2009
- Dasatinib-Intervalltherapie denkbar, wenn Standarddosierung unverträglich ist, Leukämie-Online 27.12.2009
- BCR-ABL-spezifische Impfstoffe könnten Imatinib-Vollremission weiter verbessern, Leukämie-Online 27.12.2009
- Fünf-Jahres-Ergebnisse der deutschen CML-Studie IV, Leukämie-Online 08.01.2010
- Imatinib-Therapieunterbrechung in molekularer Remission: Rückfallrate bei 55%, Leukämie-Online 08.01.2010
- Nilotinib ENACT-Studie mit Nachtrag zu Nebenwirkungen, Leukämie-Online 09.01.2010
- IRIS-Studie: Verlängertes Überleben, geringes Progressionsrisiko nach 8 Jahren, Leukämie-Online 13.01.2010
- Interferon-Imatinib-Kombination: gutes Ansprechen, Therapietreue herausfordernd, Leukämie-Online 13.01.2010
- Nilotinib in Erstlinie: weniger Progression, besseres Ansprechen als Imatinib, Leukämie-Online 13.01.2010
- Langzeitnebenwirkungen von Imatinib: keine Überraschungen, Leukämie-Online 13.01.2010
- SPIRIT-Studie nun mit Fokus auf Imatinib+Peg-IFN vs. Imatinib, Leukämie-Online 13.01.2010
- IFN-Erhaltungstherapie in molekularer Imatinib-Remission könnte funktionieren, Leukämie-Online 13.01.2010
- Therapietreue bei Imatinib ist entscheidend für gutes molekulares Ansprechen, Leukämie-Online 13.01.2010
- Grippe- und Pneumokokken-Impfung bei CML-Therapie, Leukämie-Online 13.01.2010
- Fortsetzung der Erstlinientherapie mit Dasatinib mit nur einer Dosis täglich, Leukämie-Online 13.01.2010
- Imatinib-Studien bei Kindern: Transplantation als Zweitlinientherapie, Leukämie-Online 13.01.2010
Zweitlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Erhaltungstherapie
Über eine längere Zeitperiode fortgeführte Chemotherapie, die den Erfolg der Induktions- und Konsolidierungstherapie stabilisieren soll
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
zytotoxisch
zellgiftig, zellschädigend
IRIS-Studie
Phase-III, in der Imatinib mit Interferon+AraC verglichen wurde, und die zur Marktzulassung von Imatinib führte. Viele der 1106 Patienten werden bis heute weiter in der Studie betreut, wodurch Langzeit-Sicherheitsdaten gesammelt werden. IRIS steht für International Randomized trial of Interferon/Ara-C versus STI571.
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Nilotinib
Nilotinib, Handelsname Tasigna, Laborname AMN107, hemmt u.a. die BCR-ABL-Tyrosinkinase. Zugelassen in der EU seit 2007 für die Behandlung der CML und Ph+ALL.
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Antigen
Molekül, das vom Immunsystem als fremd erkannt wird, Molekül, das von einem Antikörper erkannt wird, z.B. auf der Oberfläche von Zellen
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
MMR
Gutes molekulares Ansprechen, bei der die BCR-ABL-Transkripte weniger als 0,1% (nach Internationaler Skala IS) der insgesamt untersuchten Gentranskripte ausmachen
CMR
Complete molecular response (engl.) = vollständiges molekulares Ansprechen bzw. nicht mehr nachweisbare Resterkrankung unterhalb einer technischen Erkennungsgrenze
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
zytotoxisch
zellgiftig, zellschädigend
exprimieren
Als Genexpression bezeichnet man die Bildung eines von einem Gen kodierten Genprodukts, vor allem von Proteinen oder RNA-Molekülen. Das zugehörige Verb lautet exprimieren.
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.