- Published on 21.03.2016, 19:04
- Von Marc
London – Alle Patienten, die mit dem Krebsmedikament Idelalisib behandelt werden, sollten eine Antibiotikaprophylaxe zur Vorbeugung einer Pneumocystis jirovecii-Pneumonie erhalten. Die Ärzte sollten bei ihren Patienten zudem auf Infektionen oder Neutropenien achten und im Fall einer Komplikation die Behandlung sofort abbrechen. Diese Empfehlung veröffentlichte der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) als Reaktion auf schwere Komplikationen und Todesfälle, die zum Abbruch von sechs klinischen Studien geführt haben.
Idelalisib ist seit Oktober 2014 zur Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) in Kombination mit Rituximab sowie zur Behandlung des follikulären Lymphoms zugelassen, das zur Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome zählt. Beim follikulären Lymphom ist eine Monotherapie möglich. In beiden Indikationen ist Idelalisib ein Reservemittel, dessen Einsatz erst nach dem Versagen anderer Therapien erlaubt ist.
In den jetzt gestoppten Studien wurde Idelalisib neben der CLL noch in weiteren Indikationen (small lymphocytic lymphoma und indolente Non-Hodgkin-Lymphome) untersucht. In diesen Studien ist es zu schweren Zwischenfällen gekommen, die teilweise tödlich endeten. Laut der Mitteilung der EMA waren die Todesfälle auf Pneumocystis jirovecii-Pneumonien und Zytomegalievirus-Infektionen zurückzuführen. In anderen Fällen sei der Tod auf „Atemwegsereignisse“ zurückzuführen gewesen.
Die Studien zum Non-Hodgkin-Lymphom umfassten laut EMA Patienten, deren Krankheitsmerkmale sich von den derzeitigen Zulassungsbedingungen unterscheiden. Es sei zudem eine Kombination von Medikamenten eingesetzt worden, die derzeit nicht zugelassen ist. An der klinischen Studie zur CLL beteiligten sich Patienten, die noch keine frühere Behandlung erhalten hatten. Einige wiesen eine 17p Deletion oder eine TP53-Mutation auf. Auch in dieser Studie wurden derzeit nicht zugelassene Kombinationen verwendet.
Als Erstmaßnahme, die weitere Zwischenfälle vermeiden soll, rät der PRAC ab sofort, alle Patienten zur Vermeidung von Pneumocystis jirovecii-Pneumonien mit Antibiotika zu behandeln. Die Ärzte sollen zudem ihre Patienten auf Zeichen einer Infektion untersuchen und regelmäßig die Konzentration der neutrophilen Granulozyten überprüfen.
Ein Abfall dieser Zellen ist ein Alarmsignal, da es die Immunabwehr gegen Krankheitserreger schwächt. Der PRAC empfiehlt außerdem, bei Patienten mit generalisierten Infektionen keine Behandlung zu beginnen. Eine weitere Kontraindikation besteht bei zuvor unbehandelten Patienten mit CLL, deren Krebszellen bestimmte genetische Mutationen (17p Deletion oder TP53-Mutation) aufweisen. Bei diesen Patienten war bisher eine Erstlinientherapie erlaubt, wenn die Patienten für eine Chemoimmuntherapie ungeeignet waren.
Idelalisib darf bei CLL-Patienten weiterhin in einer Kombination mit Rituximab eingesetzt werden, wenn die Patienten zuvor wenigstens eine andere Therapie erhalten haben. Beim follikulären Lymphom ist weiterhin eine Monotherapie erlaubt, die aber weiterhin erst erfolgen darf, wenn die Patienten gegen zwei frühere Therapien refraktär sind.
Die EMA hatte erst vor wenigen Tagen eine Sicherheitsprüfung begonnen. Die jetzigen Empfehlungen gelten bis zum Abschluss dieser Untersuchungen.
Deutsches Ärzteblatt vom 21.03.2016
genetische Mutation
Veränderung an einem Chromosom meist während der Zellteilung
Non-Hodgkin-Lymphom
Unter Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) wird eine Gruppe von malignen Tumoren des lymphatischen Systems mit ganz unterschiedlichem Malignitätsgrad zusammengefasst. Histologisch sind die NHL durch eine follikuläre oder diffuse Proliferation maligner lymphatischer Zellen, vorwiegend B-Zellen, charakterisiert. Unterscheidet sich im Zellbild vom Hodgkin- Lymphom.
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Kontraindikation
Gegenanzeige; Umstand, der die Anwendung eines Heilmittels oder eines diagnostischen/therapeutischen Verfahrens verbietet
Granulozyten
Klasse von weißen Blutzellen (Leukozyten), die im Knochenmark heranreifen und dann überall im Körper Fremdkörper, Bakterien, Pilze oder abgestorbene Zellen aufnehmen und die Krankheitskeime durch eigene Giftstoffe abtöten.
Monotherapie
Behandlung mit nur einem Medikament
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
Neutrophile
Untergruppe der Granulozyten mit wichtiger Funktion in der Abwehr von Bakterien- und Pilzinfektionen
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
Indikation
Begründung der Verordnung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens in einem bestimmten Krankheitsfall
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Deletion
Chromosomenmutation, bei der ein Teil eines Chromosoms fehlt, d.h.
Verlust von genetischem Material. Nomenklatur: beispielsweise bedeutet del(22)(q11) einen Verlust des Bandes q11 auf dem Chromosom 22.
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
indolent
nicht schmerzhaft
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Non-Hodgkin-Lymphom
Unter Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) wird eine Gruppe von malignen Tumoren des lymphatischen Systems mit ganz unterschiedlichem Malignitätsgrad zusammengefasst. Histologisch sind die NHL durch eine follikuläre oder diffuse Proliferation maligner lymphatischer Zellen, vorwiegend B-Zellen, charakterisiert. Unterscheidet sich im Zellbild vom Hodgkin- Lymphom.
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
Indikation
Begründung der Verordnung eines bestimmten diagnostischen oder therapeutischen Verfahrens in einem bestimmten Krankheitsfall
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.