- Published on 09.12.2012, 21:25
- Von NL
Der Brutons-Tyrosinkinase (BTK) Hemmer Ibrutinib (PCI32765) zeigt hohe Ansprechraten, anhaltende Remissionen und ist verträglich in unbehandelten, rückfälligen oder refraktären Patienten mit chronisch-lymphatischer Leukämie oder kleinzelligem B-Zell-Lymphom (SLL), einschließlich Patienten mit Hochrisiko-Erkrankungen. Auf dem amerikanischen Hämatologenkongress ASH wurden neue und aktualisierte Ergebnisse von 116 Patienten einer Phase Ib/II-Studie vorgestellt.
Hintergrund
BTK spielt eine wichtige Rolle im B-Zell-Rezeptor-Signalweg in normalen und transformierten B-Zellen. Ibrutinib (PCI-32765), ein in Tablettenform verabreichter BTK-Hemmer, fördert den Zelltod und hemmt die Zellteilung, Zellmigration und das Anwachsen von CLL-Zellen.
Chemoimmuntherapieansätze wie Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab zeigen markant bessere Ergebnisse bei jüngeren, fitten Patienten sowohl in erster Linie als auch als Zweitlinientherapie. Obwohl wirksam, wird die Behandlung mit Fludarabin von älteren Patienten weniger gut vertragen und bringt ein bedeutendes Risiko der Beeinträchtigung der Immunfuntion und Blutbildung mit sich, was den längerfristigen Einsatz begrenzt. Zusätzlich erleiden fast alle Patienten einen Rückfall nach Fludarabin-basierter Chemoimmuntherapie; wirksame und dauerhafte Remissionen erzeugende heilende Therapien fehlen.
Die auf ASH vorgestellten Daten beruhen auf einer Phase Ib/II_Studie mit 116 Patienten mit Ibrutinib in neu diagnostizierten oder rückfälligen bzw. refraktären Patienten mit CLL bzw. SLL.
Studienmethodik
Bisher unbehandelte Patienten (alle mindestens 65 Jahre alt), rückfällige bzw. refraktäre Patienten (mit mindestens 2 vorausgegangenen Therapien einschliesslich eines Purinanalogons) oder Hochrisko-Patienten (Rückfall innerhalb von zwei Jahren nach Chemoimmuntherapie oder 17p-Deletion) wurden in 5 Gruppen aufgeteilt, um die orale Gabe von Ibrutinib mit festen Dosierungen von 420mg oder 840mg täglich bis zur Progression der Erkrankung zu bewerten.
Gruppe
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Besetzung
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Dosis mg/d
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Anzahl Patienten
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1
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Rückfällige/Refraktäre
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420
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27
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2
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Bisher unbehandelt, >65 Jahre
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420
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26
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3
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Rückfällige/Refraktäre
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840
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34
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4
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Hochrisiko – Rückfällige oder Refraktäre
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420
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24
|
5
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Bisher unbehandelt, >65 Jahre
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840
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5*
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*Gruppe vor voller Besetzung geschlossen, als die volle Vergleichbarkeit und Sicherheit der Dosis in R/R-Patienten bewiesen war
Das primäre Ziel war die Bestimmung der Sicherheit der zwei Dosierungen. Sekundäres Ziel war die Bewertung der Wirksamkeit, Pharmakokinetik/Pharmakodynamik und der Langzeitsicherheit. Die Gesamtansprechensrate einschliesslich vollständigem und partiellen Ansprechen wurde entsprechend der IWCLL-Richtlinien bewertet. Zusätzlich wurden Patienten, die eine partielle Remission mit Ausnahme der Lymphozytose erreichten, als PR mit Lymphozytose charakterisiert.
Ergebnisse
Studien-Population (N=116)
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Bisher unbehandelt, Alter >=65 Jahre (Gruppe 2 & 5)
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Rückfällig oder Refraktär (Gruppe 1 & 3)
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Hochrisiko (Gruppe 4)
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Patientenzahl
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31
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61
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24
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Mittlere Behandlungsdauer
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16.6 (1.4 – 23.2)
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17.3 (0.3 – 22.4)
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10.3 (1.1 – 11,5)
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Altersdurchschnitt
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71 (65 - 85)
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64 (40 - 81)
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69 (37 - 82)
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Mittlere Zahl vorausgegangener Therapien
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0
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4 (1 - 12)
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4 (1 - 11)
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Hgb <11g/dl OR Plt <100'000 µl
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61.00%
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57.00%
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63.00%
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B2m >3g/L
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8/31 (26%)
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30/57 (53%)
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9/23 (39%)
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IgVH unmutiert (UM)
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17/31 (55%)
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50/58 (86%)
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19/23 (83%)
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Del 17p
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1/30 (3%)
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23/57 (40%)
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8/23 (35%)
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Bestes Ansprechen nach Gruppe:
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IWCLL ORR (CR + PR)
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71%
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67%
|
50%
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CR
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10%
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3%
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0%
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PR
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61%
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64%
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50%
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PR mit Lymphozytose
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10%
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20%
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29%
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SD
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13%
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5%
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8%
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Progression
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0%
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2%
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4%
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Nicht Bewertbar
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6%
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7%
|
8%
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Die Mehrheit der Nebenwirkungen wurden als leicht (Grad 1/2) eingeordnet. Am häufigsten waren Durchfall (54%), Fatigue (29%), Infektionen der oberen Atemwege (29%), Ausschlag (28%), Übelkeit (26%) und Gelenkschmerzen (25%). Hämatologische Nebenwirkungen ≥ Grad 3 waren relativ selten. Es gab keine Hinweise auf kumulative Effekte oder Bedenken wegen Langzeitnebenwirkungen bei einer mittleren Beobachtungsdauer von 16 Monaten der 116 behandelten Patienten. Die Behandlung musste bei 7 von 116 Patienten aller Gruppen abgesetzt werden. Die Serienuntersuchung der Serumimmunglobuline ergab einen signifikanten Anstieg von IgA nach 3,6 und 12 Monaten (P<0.005 zu jedem Zeitpunkt) ohne Rückgang von IgG oder IgM.
Das Ansprechen wurde unabhängig von Risikofaktoren einschliesslich Erkrankung in fortgeschrittener Phase, vorausgegangene Therapien, b2M, oder Zytogenetik (zB. ORR, bei del17p R/R, Gruppe 1&3, 67%). Interessanterweise zeigten 5 von 69 rückfälligen Patienten eine durch die Behandlung ausgelöste Lymphozytose, verglichen mit 11 von 11 Patienten mit mutiertem IgVH, die sich schneller auflöste (mittlere Dauer bis zur Normalisierung 6.2 vs. 14.8 Monate) und sich im Vergleich zu denen mit mutiertem IgVH häufiger normalisierte (86% vs. 55%, P<0.04).
22 Monate progressionsfreies Überleben erreichten 76% der 85 rückfälligen bzw. refraktären und Hochrisikopatienten und 96% derGruppe der 31 vorher unbehandelten Patienten.Nach 22 Monaten beträgt das geschätzte Gesamtüberleben der 85 R/R-Patienten 85% und das der 31 vorher unbehandelten Patienten 96%. Das Mittlere progressionsfreie Überleben und Gesamtüberleben wurde für keine der Gruppen, einschliesslich derjenigen der Hochrisikopatienten, erreicht.
Schlussfolgerungen
Die Monotherapie mit Ibrutinib ist hochwirksam, gut verträglich und erzeugt dauerhafte Remissionen in Patienten mit RR-CLL einschliesslich derer mit Hochrisiko-Erkrankung und in älteren, bisher unbehandelten Patienten. Damit rechtfertigt sich eine Phase III-Studie in diesen Patientengruppen.
Quelle: ASH-Abstract 189 The Bruton’s Tyrosine Kinase (BTK) Inhibitor Ibrutinib (PCI-32765) Promotes High Response Rate, Durable Remissions, and Is Tolerable in Treatment Naïve (TN) and Relapsed or Refractory (RR) Chronic Lymphocytic Leukemia (CLL) or Small Lymphocytic Lymphoma (SLL) Patients Including Patients with High-Risk (HR) Disease: New and Updated Results of 116 Patients in a Phase Ib/II Study.
Übersetzung von Niko, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit
Zweitlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Pharmakokinetik
Die Pharmakokinetik beschreibt, wie rasch und in welchem Ausmaß nach der Verabreichung eines Stoffes dieser anschließend im Blutplasma und in den verschiedenen Körpergeweben auftritt und wo und in welcher Weise er wieder ausgeschieden wird.
Pharmakodynamik
Die Pharmakodynamik ist die Lehre über die Wirkung von Arzneistoffen im Organismus. Dies beinhaltet das Wirkprofil, die Dosis-Wirkungs-Beziehung und der Wirkmechanismus.
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Monotherapie
Behandlung mit nur einem Medikament
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Risikofaktor
Umstand, der eine besondere Gesundheitsgefährdung begründet
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
Zytogenetik
Mikroskopische Untersuchung von Zahl und Aufbau der Chromosomen von Zellen aus Abstrichen, Blut oder Gewebeproben (Biopsien)
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Phase III
In der letzten Phase wird das Medikament bei Gruppen von vielen hundert Menschen (oft über einen längeren Zeitraum) erprobt. Die Wirksamkeit wird genauer und statistisch zuverlässiger erfasst, seltene unerwünschte Nebenwirkungen werden exakt untersucht. Um eine ausreichende Zahl von Teilnehmenden zu erhalten, werden diese Studien meist international oder als so genannte Multizenterstudien, d.h. an verschiedenen Orten, durchgeführt. In der Regel erhält ein Medikament erst dann eine offizielle Zulassung, wenn diese Phase erfolgreich abgeschlossen ist. Wenn jedoch ein öffentliches Interesse besteht, kann die Zulassung in einem beschleunigten Verfahren (Fast-track- Verfahren) auch frühzeitig erfolgen, wie dies beispielsweise bei dem Medikament Glivec geschehen ist.
Ibrutinib
Ibrutinib ist ein Bruton-Tyrosinkinasehemmer, der meist zur Therapie von Non-Hodgkin-Lymphomen eingesetzt wird. Er gehört zur Subgruppe der BTK-Inhibitoren.
Deletion
Chromosomenmutation, bei der ein Teil eines Chromosoms fehlt, d.h.
Verlust von genetischem Material. Nomenklatur: beispielsweise bedeutet del(22)(q11) einen Verlust des Bandes q11 auf dem Chromosom 22.
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Rezeptor
Bindungsstelle für Signalstoffe, Hormonrezeptor
Phase II
Hat das Medikament die Prüfung in Phase I bestanden, wird es bei einer kleinen Patientengruppe bezüglich der Wirksamkeit untersucht. Ziele der Studie können dabei beinhalten: Sinkt die Restleukämie? Bei welchem Prozentsatz der Testpersonen sinkt die Resterkrankung ab? Wird das Fortschreiten der Krankheit verzögert? Üblicherweise beteiligen sich einige hundert Menschen an einer solchen Studie, um möglichst genaue Zahlen zu erhalten. Um zu klären, ob es sich bei der Wirkung um zufällige Effekte oder um tatsächliche Medikamentenwirkungen handelt, werden die Teilnehmenden in eine Untersuchungsgruppe und eine Kontrollgruppe eingeteilt.
Fatigue
Besonders quälende Form von Müdigkeit, oft bis zur völligen Erschöpfung, nach dem Schmerz belastendstes Symptom bei Tumorerkrankung. An der Erschöpfungssymptomatik können bei Krebskranken psychologische Faktoren, Blutbildveränderungen und Ernährungseinflüsse beteiligt sein. Sie kann durch durch die Erkrankung selbst oder im Zusammenhang mit einer Therapie ausgelöst werden. Typische Merkmale sind eine anhaltende Schwäche und Abgeschlagenheit trotz ausreichender Schlafphasen, eine Überforderung bereits bei geringen Belastungen und eine deutliche Aktivitätsabnahme im privaten und beruflichen Umfeld.
Phase I
Die klinische Erprobung eines Medikaments erfolgt in der Regel in drei Phasen, um Menschen vor noch unbekannten gefährlichen und unerwünschten Nebenwirkungen zu schützen und um die finanziellen Mittel möglichst effizient einzusetzen. In einer Phase-I-Studie wird ein Medikament von wenigen Testpersonen eingenommen. Dabei wird untersucht, ob das Medikament gut verträglich ist, welche Nebenwirkungen auftreten und welche Dosierungsart optimal ist. Diese Studien werden ohne Kontrollgruppe durchgeführt.
Kinetik
Bewegung oder Geschwindigkeit biologischer Prozesse
Grad 1
geringe Nebenwirkungen.
Grad 3
starke Nebenwirkung, Unterbrechung der Therapie oftmals notwendig
oral
Den Mund betreffend, am Mund gelegen, durch den Mund
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
PLT
Blutplättchen = Thrombozyten
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
oral
Den Mund betreffend, am Mund gelegen, durch den Mund
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.