- Published on 29.09.2010, 16:29
- Von Jan Geissler
Europäische Leukämieexperten wollen künftig im Rahmen eines europäischen Netzwerkes noch enger zusammenarbeiten, um die Erforschung und Therapie von Leukämie (Blutkrebs) weiter zu verbessern. Zum Startsymposium des "European LeukemiaNet" am 27. und 28. Januar 2004 trafen sich mehr als 300 internationale Leukämiespezialisten in den Räumen des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg.
Professor Dr. Rüdiger Hehlmann, Direktor der III. Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Mannheim, der auch der Koordinator des deutschen Kompetenznetzes "
Akute und
chronische Leukämien" ist, hat den Zusammenschluss im European LeukemiaNet initiiert: "In diesem 'Network of Excellence' werden mehr als 240 führende europäische Experten aus 24 Ländern auf dem Gebiet der Leukämieforschung noch enger als bisher kooperieren. Unser Ziel ist es, die Entwicklung und die Anwendung von neuartigen Therapieansätzen und Wirksubstanzen durch die Integration aller großen europäischen Studiengruppen zu beschleunigen. Die damit verbundene Hoffnung ist, auf diese Weise die Heilungschancen und Therapiebedingungen für Leukämiepatienten in ganz Europa weiter zu verbessern. Dies ist notwendig, denn trotz der großen Fortschritte in den letzten zwei Jahrzehnten können immer noch lediglich ein Drittel der erkrankten Erwachsenen geheilt werden".
Das European LeukemiaNet wird in den nächsten fünf Jahren von der Europäischen Union im Rahmen des 6. Forschungsrahmenprogramms gefördert. Im Bereich "Biowissenschaften" sind aus mehr als 500 Anträ
gen aus ganz Europa weniger als ein Viertel für eine Förderung ausgewählt worden, darunter lediglich 3 sogenannte 'Networks of Excellence' unter deutscher Koordination. Schirmherr des European LeukemiaNet ist der Friedensnobelpreisträger und ehemalige Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, dessen Frau Raissa vor vier Jahren selbst an Leukämie verstarb.
Professor Hehlmann erläutert weiter: "Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen, zum Teil sehr selten vorkommenden Leukämieformen, die völlig unterschiedliche Therapien erfordern. Wir arbeiten gemeinsam daran, wirksamere, individuell auf den Patienten und seine Erkrankung zugeschnittene Therapien und Medikamente zu entwickeln. Ein Ziel ist, verschiedene Leukämietypen zu erkennen, in der Behandlung europaweit möglichst viele vergleichbare Daten zu sammeln, rasch auszuwerten, und diese in den Studien gewonnenen Ergebnisse dann allen Ärzten schnell und einfach zugänglich zur Verfügung zu stellen, damit alle Patienten nach den modernsten Verfahren behandelt werden können. In dem 1999 gegründeten Kompetenznetz '
Akute und
chronische Leukämien' haben wir die Grundlage dafür bereits geschaffen, beispielsweise durch Angleichung in der Datenerhebung und -auswertung bestimmter Studien, Informationsaustausch und -angebot mittels Internet und engerer Zusammenarbeit zwischen Forschung und Therapie. Nun gilt es, dies auch auf ganz Europa auszuweiten."
Die moderne Leukämieforschung und -therapie hat einen sehr hohen Standard erreicht. In verschiedenen europäischen Ländern besitzt sie darüber hinaus eine führende Position im Hinblick auf die Durchführung
klinischer Studien, die Standardisierung der
Diagnostik und die Initiierung molekularer Studien zu Signal-Transduktion und
Gen-
Expression.
Eine echte, weltweite Führungsposition europäischer Forschungsgruppen konnte bisher aber aus verschiedenen Gründen nicht erreicht werden. Dazu gehören die nationale Zersplitterung der Leukämiestudiengruppen, national unterschiedliche Vorgehensweisen im Bereich der
Diagnostik, der Forschungs- und Behandlungsstrategien und das Fehlen zentraler Informations- bzw. Kommunikationsstrukturen.
Ziel des geplanten Europäischen Leukämie-Netzwerks ist es daher, die führenden europäischen Leukämiestudiengruppen (CML, AML, ALL, CLL,
MDS, CMPD), Forscher aus assoziierten interdisziplinären Themenbereichen (
Diagnostik, Therapieforschung, Patientenregister, Richtlinienentwicklung) und industrielle Partner aus ganz Europa zu einem kooperierenden europäischen Verbund zusammenzuschließen. Er soll der Förderung der Leukämie-Forschung, sowie der medizinischen Versorgung von Leukämiepatienten dienen. Die Vernetzung wird unterstützt durch zentrale Informations-, Kommunikations-, Fortbildungs-, und Managementstrukturen. Zu den wichtigsten Zielen gehört die Identifikation neuer Zielstrukturen und Ansatzpunkte für Therapiestrategien, neuer Medikamente, die Verkürzung der Zeitspanne bis zur praktischen Umsetzung sowie die Anwendung fortgeschrittener Genomforschung, der Telematik und Biotechnologie um die Umsetzung klinischer Forschung in großen Studien zu fördern.
Die innerhalb des European LeukemiaNet gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der genetischen und molekularen Mechanismen und der daraus entwickelten Therapien für Leukämieerkrankungen haben Modellcharakter und können somit auch zu Fortschritten in der Behandlung anderer Krebserkrankungen beitragen.
Weiterführende Informationen:Webseite des Kompetenznetzes 'Akute und chronische Leukämien'Webseite des European LeukemiaNetKontaktadresse/Ansprechpartner:Prof. Dr. R. Hehlmann
Dr. Ute Berger
European LeukemiaNetIII. Medizinische Universitätsklinik
Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Wiesbadener Str. 7 - 11, 68305 Mannheim
Tel.: 0621/383 4234, Fax: 0621/383 4239
E-mail:
Diagnostik
Gesamtheit der Untersuchungen, die der Feststellung oder genaueren Abklärung einer Erkrankung dienen
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
MDS
Das Myelodysplastische Syndrom (MDS) bildet eine grosse Gruppe erworbener klonaler Knochenmarkskrankheiten, die durch ein zunehmendes Versagen der Knochenmarksfunktion gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zur aplastischen Anämie ist das Knochenmark zellreich. Da jedoch die Blutbildung (Hämatopoese) ineffektiv ist, kommt es zur peripheren Panzytopenie.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
exprimieren
Als Genexpression bezeichnet man die Bildung eines von einem Gen kodierten Genprodukts, vor allem von Proteinen oder RNA-Molekülen. Das zugehörige Verb lautet exprimieren.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
akut
plötzlich einsetzend, heftig, von kurzer Dauer
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.