Eierstockkrebs-Zytostatikum gut für Konditionierung vor Stammzelltransplantation

Patienten mit Leukämierkrankungen, die mit einer allogenen Stammzelltransplantation behandelt werden, erhalten vor der eigentlichen Transplantation eine hochdosierte Behandlung mit Zellgiften (Zytostatika). Das wird als Konditionierung bezeichnet. Tumorzellen werden dabei ausgeschaltet, die Blutbildung vorübergehend blockiert und eine Abstoßung der Spenderzellen verhindert. Dafür eignet sich offenbar besonders gut das Zytostatikum Treosulfan (Ovastat), das zur Behandlung von Frauen mit Eierstockkrebs genutzt wird.

Das Medikament ist das Alkylans Treosulfan (unter dem Handelsnamen "Ovastat" gegen Eierstockkrebs/Ovarialkrebs zugelassen), das offenbar zusätzlich antileukämisch und immunsuppressiv wirkt. Das Mittel ist auch in höherer Dosierung relativ gut verträglich und kann leicht intravenös verabreicht werden.

Ersten Studien zufolge eignet sich Treosulfan womöglich besser als die verwandte Substanz Busulfan für die Konditionierung vor allogener Stammzelltransplantation. Das hat Prof. Dietrich Beelen von der Universitätsklinik Essen bei einer Veranstaltung des Unternehmens Medac in Hannover gesagt.

So wurde in einer Phase-II-Studie hochdosiertes Treosulfan kombiniert mit Cyclophosphamid bei Patienten vor Stammzelltransplantation geprüft, für die eine konventionelle Konditionierung mit Ganzkörperbestrahlung oder Busulfan plus Cyclophosphamid zu gefährlich war.

Die Gesamt-Überlebensrate nach einem Jahr betrug 67%, die transplantationsbedingte Mortalität nur 22%. Eigene Untersuchungen bei 53 Leukämie-Patienten bestätigten die Studienergebnisse, so Beelen. Die Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit nach Treosulfan-basierter Konditionierung und anschließender Transplantation beträgt in dieser Beobachtungsstudie 46% und variiert zwischen 89% in frühen Krankheitsstadien und 27% bei fortgeschrittener oder mehrfach rezidivierter Erkrankung.

Auch die Kombination von Treosulfan mit Fludarabin scheint über einen weiten Dosisbereich wenig toxisch und sehr effektiv zu sein, wie Professor Jochen Casper von der Universität Rostock berichtete. Die beiden Substanzen wirken zusammen zuverlässig myeloablativ und sind dabei - abgesehen von der erwünschten und reversiblen hämatologischen Toxizität - für andere Organe wenig belastend.

Die meisten Erfahrungen mit Treosulfan plus Cyclophosphamid oder Fludarabin gibt es bei Patienten mit AML. "Besonders bei erhöhtem Toxizitätsrisiko scheint das eine gute Option zu sein, aber zunächst sind weitere Studien nötig", so Casper. Derzeit können ältere oder zuvor intensiv behandelte Patienten keine potentiell heilende Stammzelltransplantation erhalten, weil eine verträgliche Konditionierung nicht möglich ist.

Quelle: Ärzte Zeitung vom 14.10.2005