- Published on 11.06.2016, 17:26
- Von Jan Geissler
Dr. Mustjoki von der University of Finland hielt einen Vortrag über die immunologischen Faktoren für ein erfolgreiches Absetzen der Behandlung der CML.

Die aus den Studien zum Absetzen der Behandlung gezogenen Lehren sind, dass beinahe die Hälfte der Patienten, die ein tiefes molekulares Ansprechen während mindestens zweier Jahre erreicht haben, in der Lage sind, die Behandlung mit
TKI absetzen zu können. Nach dem Absetzen konnten bei vielen Patienten minimale Reste der CML auf sehr niedrigem fluktuierendem
PCR-Level nachgewiesen werden. Ähnliche Erscheinungen wurden auch schon in den 1990er Jahren bei der Behandlung mit
Interferon beobachtet, wo bei den meisten Patienten noch ein molekularer Nachweis der Erkrankung trotz erfolgreichen Absetzens der Behandlung vorlag. Patienten, die ein gutes Ansprechen auf
Interferon erreichten und die Behandlung absetzen konnten, wiesen erhöhte erhöhte Spiegel von
Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), tiefere Spiegel spezifischer T-Zellen oder ein spezifisch verschiedenes Zytokin-Profil im Vergleich zu Patienten auf, bei denen das Absetzen fehl schlug. Diese Immunmechanismen wurden z.B. auch in einer Studie in Mannheim von 2001 beobachtet, in der Patienten mit einer Kombinationstherapie aus
Imatinib und Peg-
Interferon behandelt wurden und anschliessend
Imatinib oder beide Medikamente absetzten.
In den Stopp-Studien STIM (FR), DADI (JP), EUROSKI (EU), SIAV (IT/DE), TRAD (CA) und STOP (Skandinavien) werden derzeit Untersuchungen zur behandlungsfreien
Remission durchgeführt. Immunologische Sub-studien werden mit Patienten aus solchen Studien durchgeführt, die sich mit der Bestimmung immunologischer Faktoren beschäftigen, z.B. der Messung von
Lymphozyten-Untergruppen, dendritischen Zellen oder Immunglobulin-Rezeptoren. Beispielsweise hat die immunologische Substudie aus EUROSKI beobachtet, dass höhere Levels der NK-Zellen das Rückfallrisiko reduzieren. Wenn man die Zeitpunkte der Rückfälle nach dem Absetzen der Behandlung betrachtet, zeigten vor allem Patienten mit frühen Rückfällen (innerhalb der ersten 6 Monate nach dem Absetzen) geringere Anteile und Zahlen der NK-Zellen im Vergleich mit Patienten ohne Rückfall.
Es ist zur Zeit unklar, ob immunspezifische Faktoren den Erfolg des Absetzens der Behandlung spezifisch für jeden einzelnen Patienten beeinflussen, (z.B. Charakteristik der Rezeptoren, HLA-Typus, genetische Faktoren), oder ob diese Einflüsse erkrankungsspezifisch sind (z.B. Erkrankungsbiologie,
immunsuppressive Mechanismen der CML, oder das Antigenprofil der CML-Zellen). Es ist auch unklar, ob diese Faktoren durch Medikamente beeinflusst werden können (z.B.
Interferon,
TKI, Impfstoffe,
Zytokine, Gezielte Immunagonisten oder Immunantagonisten, NK-Zellaktivatoren).
Zusammengefasst ist es klar, dass Patienten, die in
Remission bleiben, immer noch Reste von CML-Zelle in ihrem Körper haben, was nahelegt, dass die Immunkontrolle eine wichtige Rolle beim Absetzen der CML-Behandlung spielt. Verschiedene Studien haben erhöhte Anteile und Anzahlen von NK-Zellen mit einer besseren Wahrscheinlichkeit, die Behandlung erfolgreich absetzen zu können, in Verbindung gebracht. NK-Zellen könnten zusammen mit anderen Zellen des Immunsystems einen Rückfall verhindern. Die Rolle des Immunsystems wird in den laufenden Studien und an grösseren Patientenkohorten weiter untersucht, was die Chance ergeben könnte, Biomarker für die Vorhersage eines erfolgreichen Absetzens zu identifizieren. Immunmodulierende Behandlungen könnten eine Rolle in der zukünftigen Behandlung der CML spielen, und dabei helfen, die Zahl der Patienten zu erhöhen, die die Behandlung mit
TKI absetzen können.
Jan Geissler, 10.06.2016
immunsuppressiv
Eine Immunantwort unterdrückend
Lymphozyten
Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die als Träger immunologischer Funktionen von zentraler Bedeutung für die körpereigene Abwehr sind. Die Vorläuferzellen stammen aus dem Knochenmark, die weitere Entwicklung erfolgt in den lymphatischen Organen. Man unterscheidet B- und T- Lymphozyten, mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben.
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
Zytokine
Zellhormon (z.B. Interleukin, Interferon), das der Kommunikation zwischen Zellen dient und zum Beispiel Immunzellen aktivieren kann
Rezeptor
Bindungsstelle für Signalstoffe, Hormonrezeptor
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Antigen
Molekül, das vom Immunsystem als fremd erkannt wird, Molekül, das von einem Antikörper erkannt wird, z.B. auf der Oberfläche von Zellen
Kohorte
Gruppe von Patienten mit vergleichbaren Symptomen oder anderen Gemeinsamkeiten, die über eine bestimmte Zeitspanne beobachtet werden.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
natürliche Killerzellen
Zellen des Immunsystems, die veränderte Körperzellen erkennen und zerstören. Diese NK-Zellen gehören zu den Lymphozyten, einer Untergruppe der weißen Blutzellen.
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immunsuppressiv
Eine Immunantwort unterdrückend
Kohorte
Gruppe von Patienten mit vergleichbaren Symptomen oder anderen Gemeinsamkeiten, die über eine bestimmte Zeitspanne beobachtet werden.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.