DGHO engagiert sich für bessere Arzt-Patienten-Kommunikation

Ein erfolgreiches Gespräch zwischen Arzt und Patient kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und gleichzeitig Kosten sparen. Allzu oft kommt das ärztliche Gespräch im Praxis- und Klinikalltag jedoch zu kurz. Auf der diesjährigen Frühjahrstagung der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. in Berlin diskutierten Onkologen und Hämatologen die Auswirkungen der Ökonomisierung der Medizin in den Bereichen Arzt-Patienten-Kommunikation, Labormedizin und Molekulare Diagnostik.

Gerade in der Onkologie kommt dem ärztlichen Gespräch eine besondere Bedeutung zu. "Viele Ärzte haben jedoch Hemmungen, eine schlechte Nachricht zu überbringen, oder schlichtweg zu wenig Zeit", konstatiert der DGHO-Vorsitzende Dr. Friedrich Overkamp im Rahmen der DGHO-Frühjahrstagung. "Wenn alle Fragen verständlich beantwortet werden und die Patienten sich verstanden fühlen, wirkt sich das positiv auf den Krankheitsverlauf aus, nicht zuletzt weil die Therapietreue besser ist." Das Ausmaß, in dem die Einnahme von Medikamenten mit den Empfehlungen des Therapeuten übereinstimmt (Adhärenz) sei entscheidend von einer gelungenen Kommunikation zwischen Arzt und Patient abhängig. Es gebe Hinweise darauf, dass sich hierdurch in manchen Fällen Rezidive vermeiden und Heilungschancen wahren ließen, so Overkamp weiter.

"Arzt-Patienten-Gespräch ist unterbewertet"

Nach Ansicht der DGHO ist eine verbesserte Gesprächsführung nicht nur für die Krebspatienten von unmittelbarem Nutzen, sondern auch für das gesamte Gesundheitssystem. Erste Evidenznachweise für den Nutzen von Arzt-Patienten-Gesprächen gebe es bereits. So ließen sich beispielsweise bei der Behandlung von Tumorschmerzen Kosten einsparen, wenn der Arzt die Ängste der Patienten vor Opiaten ernst nimmt, zur Einnahme der verordneten Medikamente motiviert und regelmäßig die Dosis überprüft, ist Overkamp überzeugt. Er plädierte für eine engmaschige Therapiekontrolle durch den Arzt. "Das ärztliche Gespräch ist keine delegierbare Leistung, und es ist für eine gute Adhärenz unabdingbar", so Overkamp. Nötig seien weitere Studien zum Nutzen des ärztlichen Gesprächs. Es sei zu überlegen, wie man diese Fragestellungen in gängigen Studien mit berücksichtigen kann. Außerdem wird die Fachgesellschaft ihren Mitgliedern künftig auch regelmäßig Kommunikationstrainings anbieten. Zudem will die DGHO eine Empfehlung erarbeiten, wieviel Zeit für ein gut geführtes Gespräch durchschnittlich notwendig ist und welchen Finanzbedarf dies erfordern würde. Prof. Gerhard Ehninger, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO, betonte: "Das Arzt-Patienten-Gespräch ist in der Leistungshonorierung unterbewertet im Vergleich zu technischen Leistungen. Wir sehen mit Sorge, dass es aufgrund zunehmender Dokumentationspflichten zu kurz zu kommen droht."

Nutzenbewertung ja - aber nach welchen Kriterien?

Onkologischer Fortschritt findet heute durch die kontinuierlich wachsenden Erkenntnisse in der molekularen Charakterisierung als "Schrittentwicklung" statt, wobei hierbei die Bedeutung der einzelnen kleinen Schritte nicht unterschätzt werden sollte. So ist beispielsweise die Überlebensdauer nach der Diagnose metastasierter Darmkrebs seit 1999 von maximal 12 Monaten, die mit einem Medikament in einer Therapielinie erzielt wurde, über viele kleine Entwicklungsschritte auf heute 26 Monate, mit 5 Medikamenten und 3 gesicherten Therapielinien, gestiegen. Dabei wurde in vielen der diesen Fortschritt definierenden Studien an sich gar keine statistisch signifikante Besserung des Gesamtüberlebens nachgewiesen, sondern lediglich des "progressionsfreien Überlebens". Darauf wies Prof. Dirk Arnold hin, Ärztlicher Leiter des Hubertus Wald Tumorzentrums - Universitäres Cancer Center Hamburg des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.

Neben der Überlebensdauer gibt es weitere wichtige Kriterien, wie die Verbesserung der Lebensqualität der Patienten, oder Surrogatendpunkte, die helfen, den Nutzen einer Therapie schon frühzeitig zu bewerten, um nicht Patienten wichtige Verbesserungen lange vorzuenthalten. "Dazu kommt: Was Wissenschaft, Arzt und Patient als Nutzen definieren, geht oft weit auseinander", so Arnold. Das Problem bei der gesetzlich vorgeschriebenen Nutzenbewertung anhand der durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) unlängst vorgelegten Stellungnahme sei, dass teils mehr Nutzenparameter gefordert würden, als derzeit vorliegen. "Die Methodik der Nutzenbewertung ist eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin in der klinischen Onkologie. Sie ist in ihren Kriterien ein so komplexes Verfahren, dass die Stellungnahme des IQWiG in erster Linie nun ein weiterer Beitrag ist, der nun einer intensiven Diskussion bedarf", so Arnold.

Laborlandschaft im Umbruch

Die wirtschaftliche Entwicklung der Laborlandschaft schilderte der Hämatologe und Labormediziner Dr. Thomas Nebe aus dem Onkologikum in Frankfurt/Main. "Die kleinen Labore sind nahezu ausgestorben. Und inzwischen ist die Ökonomisierung soweit fortgeschritten, dass sogar die Großen sich wieder zurückziehen. In Deutschland sind die Gewinnmargen der Labore so gering, dass sie für Venture Capital nicht mehr interessant sind", so Nebe. Die DGHO führt diese Entwicklung aber auch darauf zurück, dass Laborleistungen in großer Menge erbracht werden. Ehninger schlug vor, dass die wissenschaftlichen Fachgesellschaften Standards entwickeln, wie oft welche Laboruntersuchungen durchgeführt werden sollten.

Wachstumsmarkt Molekulardiagnostik

Während der Labormarkt vor einer Konsolidierungsphase steht, ist die molekulare Diagnostik ein stark expandierender Bereich mit jährlichen Wachstumsraten von 15 Prozent. Der Molekularhämatologe Prof. Christian Thiede vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden zeigte beispielhaft einige Möglichkeiten aus dem Gebiet der Molekulardiagnostik. Sein Fazit: "Molekulare Diagnostik ist ein wichtiger Bestandteil der onkologischen Diagnostik und Therapie. Neue Methoden haben Potential für weitergehende Entwicklungen.“ Thiede warnte jedoch auch vor einer ?Kostensteigerung durch exzessive Diagnostik". Die Umsätze für Molekulardiagnostik beliefen sich nach seinen Angaben 2009 weltweit auf neun Milliarden US-Dollar. Für 2014 sei ein Umsatz von 15 Milliarden und für 2019 ein Umsatz von 42 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Der DGHO-Vorsitzende Ehninger plädierte vor diesem Hintergrund für eine Nutzenbewertung der Diagnostik.

DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V.

Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. besteht seit über 70 Jahren und hat heute mehr als 2.500 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit der Ausarbeitung von Aus-, Fort- und Weiterbildungscurricula, der Erstellung von Behandlungsleitlinien und Behandlungsempfehlungen sowie mit der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patienten mit hämatologischen und onkologischen Erkrankungen.

Quelle: DGHO-Pressemitteilung vom 21.03.2011