- Published on 21.07.2010, 19:37
- Von Jan Geissler
Hämatologen beurteilen die Wirksamkeit neuer Krebstherapeutika bisher hauptsächlich anhand der Kriterien Sterblichkeit sowie Häufigkeit der Remissionen. Bei CLL galt bisher das Erreichen einer kompletten
Remission als Therapieziel. Mit neuen Therapien konnte jedoch ein bedeutender Anteil der Patienten ein komplettes Verschwinden der Resterkrankung nachgewiesen werden. Studienergebnisse zeigen, dass diese Patienten bessere Überlebenschancen haben.
Nachweis von Remission und ResterkrankungEine
Remission ist der teilweise oder komplette Rückgang einer Krebserkrankung, wobei zur Definition von Rückgang, zumindest bei hämatologischen Tumoren, heute meist die Kriterien des US-amerikanischen National Cancer Institute von 1996 herangezogen werden. Ein Patient mit
chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) etwa ist demnach nach einer
Chemotherapie in einer kompletten
Remission, wenn er symptomfrei ist, keine tastbaren
Lymphknoten hat, und wenn die Zellzahlen in
Blutbild und Knochenmarkspunktat - an Krebskranke angepaßte - Grenzwerte nicht über- oder unterschreiten.
Nachweisbar freilich darf der Tumor auch bei einer kompletten
Remission noch sein, etwa mit empfindlichen molekularbiologischen Tests. Dieser Resttumor wird auch als minimale Resterkrankung (minimal residual disease, MRD) bezeichnet.
Bisher Remission als Kriterium für TherapieerfolgBisher war das Kriterium der
Remission bei der CLL völlig ausreichend, um den Erfolg der
Chemotherapie zu bewerten, "denn mit keiner der verwendeten
Chemotherapien erreichten wir eine vollständige Eliminierung der Erkrankung", sagte Dr. Peter Hillmen, klinischer
Hämatologe aus Leeds in England, auf dem Kongreß der US-Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie in San Diego in Kalifornien.
Bei der Behandlung mit Fludarabin (Fludara®) etwa, einem der Standardpräparate bei CLL, komme es zwar bei 20 bis 40 Prozent der Patienten zu kompletten Remissionen, jedoch bei praktisch niemandem zur vollständigen Beseitigung der MRD.
Mit neuen Therapien scheint das jetzt anders zu werden: Hillmen präsentierte bei einer von Schering unterstützten Veranstaltung eine neue Studie, in der 91 Patienten mit therapierefraktärer CLL mit dem humanisierten,
monoklonalen Antikörper Alemtuzumab (MabCampath®) behandelt wurden. Er richtet sich gegen das Oberflächenmolekül CD52, das auf CLL-Zellen sitzt. Im Einklang mit den Daten anderer Studien hatte etwa ein Drittel der Patienten eine vollständige
Remission.
Suche nach Resterkrankung mit FlußzytometrieMit Hilfe der Flußzytometrie, die mit fluoreszierenden Antikörpern arbeitet, ging Hillmen nun auf die Suche nach einer
minimalen Resterkrankung. Bei immerhin 18 Patienten konnte er auch mit diesem hochempfindlichen Verfahren keine Tumorzelle mehr entdecken. Die Patienten waren also MRD-frei.
Beträgt die mittlere Überlebenszeit bei den Patienten in kompletter
Remission, aber mit nachweisbarer Resterkrankung etwa 60 Monate, so liegt sie bei den MRD-negativen Patienten im Moment bei 70 Monaten und wird noch weiter steigen, da fünf Jahre nach Therapiebeginn von den 18 MRD-negativen Patienten jetzt noch 15 leben.
"Die Beseitigung der
minimalen Resterkrankung ist ein neuer Endpunkt für klinische Studien, der bei CLL-Patienten anders als die komplette
Remission tatsächlich auch mit dem Überleben der Patienten korreliert", so Hillmen.
Noch eine weitere in San Diego präsentierte Studie beleuchtet den sich anbahnenden Paradigmenwechsel: Professor Susan O?Brien von der Universität Texas untersuchte, ob CLL-Patienten, die bereits eine
Chemotherapie hinter sich haben, von einer Anschlußbehandlung mit Alemtuzumab profitieren.
58 Patienten in partieller oder vollständiger
Remission nahmen an der Studie teil. Die Patienten erhielten vier Wochen lang Alemtuzumab und wurden nach weiteren vier Wochen flußzytometrisch untersucht. Fand sich noch eine
minimale Resterkrankung, wurde noch einmal vier Wochen lang mit Alemtuzumab therapiert.
Durch diese Therapie konnte bei der Hälfte aller Patienten die
minimale Resterkrankung beseitigt werden. "Wir hoffen, daß sich das für die Patienten auch in einem längeren Überleben niederschlägt", so O?Brien. Die Nachbehandlung von Patienten nach einer
Chemotherapie mit dem Ziel, die
minimale Resterkrankung zu eliminieren, ist für O?Brien ein völlig neues Konzept, das sie für weiter ausbaufähig hält.
Es passiere bei einer Therapie mit herkömmlichen Antikörpern öfter, daß zwar das
Knochenmark, nicht aber alle
Lymphknoten vollständig tumorfrei werden. Hier könnte durch
Antikörper, die mit Radioisotopen markiert sind und eine stärkere Wirksamkeit in
Lymphknoten haben, noch der MRD-negative Zustand erreicht werden.
FazitDie molekularbiologisch nachweisbare Beseitigung einer
minimalen Resterkrankung ist ein neuer Endpunkt für hämatologische Studien. Bei einer
chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) haben MRD-freie Patienten nach neuen Studienergebnissen bessere Überlebenschancen als Patienten, die sich "nur" in kompletter
Remission befinden. Durch die Anwendung von
monoklonalen Antikörpern im Anschluß an eine klassische
Chemotherapie kann ein CLL-Patient frei von
minimaler Resterkrankung werden.
Quelle: Artikel in Ärzte Zeitung vom 22.01.2004 Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
Antikörper
Von Immunzellen (B-Lymphozyten) gebildete Proteine, die gezielt Strukturen (Antigene) auf der Oberfläche von Krankheitserregern, Zellen oder Molekülen erkennen und sich an sie binden. Antikörper dienen dem Immunsystem zur Erkennung und Zerstörung von Erregern oder abnormen Zellen.
Lymphknoten
Kleine, etwa bohnenförmige Organe, die im ganzen Körper entlang der Lymphbahnen angeordnet sind. Sie beherbergen weiße Blutkörperchen (besonders Lymphozyten) mit wichtigen Abwehrfunktionen und dienen als Filter für Bakterien und auch für Krebszellen.
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Klon
Meist Zellklon gemeint. Gruppe von genetisch identischen Zellen, die alle durch Teilung aus einer einzigen Mutterzelle hervorgegangen sind und identische Merkmale haben
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
CAM
Komplementär- und Alternativmedizin (englisch abgekürzt: CAM, Complementary and Alternative Medicine)
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MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Monoklonaler Antikörper
Antikörperpräparation, die nur eine einzige Struktur erkennt. Monoklonale Antikörper werden im Labor mit Hilfe von unsterblich gemachten Immunzellen gebildet, die einer einzelnen Vorläuferzelle entstammen. Gleichartige Nachkommen eines einzelnen Vorläufers nennt man Klon.
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Lymphatisches
Gesamtheit der lymphatischen Gewebe wie Lymphknoten, Milz, Thymus, Mandeln, anatomische Grundlage des Immunsystems
Hämatologe
Arzt, der sich auf Erkrankungen des Blutes, darunter auch Leukämien, spezialisiert hat (Der Wortstamm „Häm-" kommt aus dem Griechischen und "bedeutet „Blut")
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
refraktär
Unempfindlich, nicht beeinflussbar, therapieresistent
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet
monoklonal
von einem einzigen, genetisch identischen Zell-Klon ausgehend oder gebildet