- Published on 29.09.2010, 15:50
- Von Jan Geissler
Wenn Krebszellen unempfindlich gegenüber der Therapie werden, hat das fatale Folgen: Die Medikamente wirken nicht mehr und die bösartigen Zellen wachsen ungehemmt weiter. Eine Forschergruppe am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg hat jetzt Substanzen aus chinesischen Heilkräutern identifiziert, mit denen diese so genannte Chemo-
Resistenz der Krebszellen überwunden werden kann. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Forschungsprojekt mit 418.000 Euro.
Eine
Chemotherapie zerstört Krebszellen unter anderem, indem sie den programmierten Zelltod im Tumor auslöst. Dieser Prozess wird in der Fachsprache als
Apoptose bezeichnet. Er führt dazu, dass die Zellen absterben. "Während der Therapie kann es jedoch passieren, dass sich die Krebszellen verändern und der Zelltod nicht mehr oder nur schlecht aktiviert wird", erklärt Professor Dr. Peter Krammer, Projektleiter und Sprecher des Forschungsschwerpunkts Tumorimmunologie am DKFZ. "Wirkstoffe, die aus den chinesischen Heilkräutern isoliert wurden, könnten in solchen Fällen neue Hoffnung geben: Sie machen die Krebszellen wieder empfindlich für das Zelltod-Signal." Die pflanzlichen Substanzen greifen in andere Signalwege ein als herkömmliche Chemotherapeutika. So könnten sie auch Tumoren zerstören, bei denen eine klassische
Chemotherapie versagt.
Die Moleküle mit den wissenschaftlichen Namen Wogonin und Rocaglamid wurden aus Kräutern gewonnen, die in der chinesischen Heilkunde eingesetzt werden. Sie wirken zum Beispiel bei Entzündungen. "Im Labor konnte meine Mitarbeiterin Frau Dr. Min Li-Weber zeigen, dass die molekularen Wirkstoffe aus den Pflanzen entartete Zellen des Blutes und des Abwehrsystems zerstören", erläutert Krammer. "Bösartige Tumoren in Mäusen sind durch die Behandlung mit diesen Wirkstoffen sogar stark geschrumpft." Ein weiterer Vorteil dieser potentiellen Medikamente: Gesunde Zellen werden nicht oder nur geringfügig geschädigt.
"Wir wollen nun den Wirkmechanismus dieser Kräuterextrakte genauer aufklären und sie als verträgliche Medikamente für den Einsatz in der Krebstherapie weiterentwickeln", beschreiben die Wissenschaftler die Ziele ihres Forschungsprojekts. Die Arbeitsgruppe untersucht insbesondere entartete Zellen des Abwehrsystems, die Leukämien (Blutkrebs) und bösartige Tumoren des Lymphsystems verursachen. Die Wirkstoffe wären prinzipiell aber auch gegen andere Tumoren anwendbar.
Die chinesische Medizin ist schon mehrere Tausend Jahre alt. Im Mittelpunkt der Behandlungsmethoden steht die Kräuterheilkunde. In der westlichen Welt wird die chinesische Medizin vorwiegend in Ergänzung zur klassischen Schulmedizin angewandt. "Grundsätzlich stellen chinesische Heilkräuter und die in ihnen enthaltenen Substanzen eine viel versprechende Quelle für neue Krebs-Medikamente dar. Bis die Substanzen in der Therapie angewendet werden können, ist jedoch noch intensive Forschungsarbeit notwendig", betont Krammer.
Quelle: idw-Mitteilung vom 03.04.2007 Chemotherapie
Wird häufig mit Zytostatikabehandlung gleichgesetzt. Unter Chemotherapie versteht man aber auch die Behandlung mit Antibiotika. Zytostatika sind Medikamente, die die Zellvermehrung oder das Zellwachstum hemmen.
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Apoptose
Durch die Zelle aktiv ausgelöster (programmierter) Zelltod.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.