- Published on 27.07.2010, 11:40
- Von Jan Geissler
Eine
Phase II Versuchsstudie zu Wirksamkeit und Sicherheit von
Dasatinib bei Patienten mit vormals unbehandelter CML in
chronischer Phase zur Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von
Dasatinib für die Ersttherapie. Das Hauptziel war in erster Linie den Anteil an Patienten abzuschätzen, die ein weitgehendes molekulares Ansprechen (
MMR) nach 12 Monaten erzielten.
Patienten mit vormals unbehandelter CML in
chronischer Phase waren zur Studie zugelassen und erhielten
Dasatinib 100 mg/Tag. Die Dosis wurde zufällig auf entweder 50 mg 2x täglich oder auf 100 mg 1x täglich festgelegt.
ERGEBNISSE:
Fünfzig Patienten wurden angemeldet (25 erhielten 100 mg 1x täglich, 25 erhielten 50 mg 2x täglich). Das Durchschnittsalter lag bei 45 Jahren (zwischen 18 und 76 Jahren); 75 % mit niedrigem Sokal-Risiko. Die durchschnittliche Nachsorgezeit beträgt 24 Monate. Gesamt erzielten 44/45 (98 %) der auswertbaren Patienten ein komplettes zytogenetisches Ansprechen (
CCyR). Die Rate des kompletten zytogenetischen Ansprechens (
CCyR) nach 3, 6 und 12 Monaten erweist sich als positiv gegenüber derjenigen, welche in früheren Überwachungen bei der Behandlung mit
Imatinib 400 mg oder 800 mg täglich beobachtet worden war.
Anteil in Prozent mit komplettem zytogenetischem Ansprechen:
Monate in Therapie | Dasatinib | Imatinib 400 mg | Imatinib 800 mg |
3 |
78 % |
37 % |
62 % |
6 |
93 % |
54 % |
82 % |
12 |
97 % |
65 % |
86 % |
18 |
88 % |
68 % |
89 % |
24 |
80 % |
70 % |
88 % |
Ein weitgehendes molekulares Ansprechen (
MMR) wurde bei 34 % der Patienten nach 12 Monaten und bei 48 % nach 18 Monaten erzielt. Einer von 46 (2 %) auswertbaren Patienten erzielte ein bestätigtes komplettes molekulares Ansprechen, und ein anderer Patient erzielte dies unbestätigt (d. h. dieser Patient erzielte dieses nur bei seiner letzten Auswertung).
Grad 3-4 nicht-hämatologische
Toxizität (ungeachtet der Ursache) beinhalteten Juckreiz (13 %), Ermüdungserscheinungen (6 %), Nervenleiden (4 %) und Erinnerungsschwächen (4 %). Ein
Pleuraerguss trat bei 21 % der auswertbaren Patienten (
Grad 3-4 bei 2 %) auf.
Grad 3-4 hämatologische
Toxizität (vorübergehend) beinhaltete Blutplättchenmangel (
Thrombozytopenie) bei 11 %,
Neutropenie bei 21 % und
Anämie bei 9 % der Patienten. Bei 27 Patienten (54 %) war eine vorübergehende Unterbrechung der Behandlung notwendig. Die tatsächliche durchschnittliche Tagesdosis lag bei allen Patienten bei 100 mg. Es gibt keinen wesentlichen Unterschied in der
Toxizität des Grades 3-4 durch den Behandlungsplan.
Vier Patienten entzogen sich der Studie: 1 Patient entschied sich nach 1 Dosis, 1 Patient aus Gründen der
Toxizität (
Pleuraerguss, Dosis 1x täglich) und 2 Patienten erfuhren nach mehrmaliger Unterbrechung der Behandlung kein Ansprechen mehr (1 Myelosuppression, 1
Pleuraerguss, Dosis bei beiden 50 mg 2x täglich). Zwei andere Patienten erfuhren aufgrund von Nichteinhaltens kein Ansprechen mehr. 24 Monate ereignisfreies Überleben (EFS) (Ereignis = Verlust von komplettem hämatologischem Ansprechen (
CHR), Verlust von weitgehendem zytogenetischem Ansprechen (MCyR),
akzelerierte Phase /
Blastenkrise, Tod, oder Studienentzug aufgrund von
Toxizität) beträgt 81 %.
Quelle: Efficacy of
Dasatinib in Patients (pts) with Previously Untreated Chronic Myelogenous Leukemia (CML) in Early Chronic Phase (CML-CP), Jorge Cortes et al, M.D. Anderson Cancer Center, Houston, USA. Übersetzung durch Jan und Alice, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Weitere Berichte von der ASH-Jahrestagung 2008
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Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
Thrombozytopenie
Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten), kann eine Blutungsneigung mit kleinfleckigen Blutungen in Haut und Schleimhäuten oder in Organen hervorrufen
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Pleuraerguss
Abnormale Flüssigkeitsansammlung in der Pleurahöhle, dem schmalen Spalt zwischen der Lunge und den Rippen, strenger genommen zwischen Lungenfell und dem Rippenfell.
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Zytopenie
Zellzahlverminderung im Blut. Je nach dem, welcher Zelltyp verringert ist, spricht man auch von z.B. Leuko-, Granulo-, Lympho-, Mono-, Erythro- oder Thrombozytopenie.
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Nilotinib
Nilotinib, Handelsname Tasigna, Laborname AMN107, hemmt u.a. die BCR-ABL-Tyrosinkinase. Zugelassen in der EU seit 2007 für die Behandlung der CML und Ph+ALL.
Bosutinib
Bosutinib (Entwicklungsname SKI-606, Handelsname Bosulif), ein Tyrosinkinaseinhibitor der zweiten Generation.
Phase II
Hat das Medikament die Prüfung in Phase I bestanden, wird es bei einer kleinen Patientengruppe bezüglich der Wirksamkeit untersucht. Ziele der Studie können dabei beinhalten: Sinkt die Restleukämie? Bei welchem Prozentsatz der Testpersonen sinkt die Resterkrankung ab? Wird das Fortschreiten der Krankheit verzögert? Üblicherweise beteiligen sich einige hundert Menschen an einer solchen Studie, um möglichst genaue Zahlen zu erhalten. Um zu klären, ob es sich bei der Wirkung um zufällige Effekte oder um tatsächliche Medikamentenwirkungen handelt, werden die Teilnehmenden in eine Untersuchungsgruppe und eine Kontrollgruppe eingeteilt.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Anämie
Blutarmut, Mangel an roten Blutkörperchen oder Verminderung ihres Gehaltes an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin)
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
Phase I
Die klinische Erprobung eines Medikaments erfolgt in der Regel in drei Phasen, um Menschen vor noch unbekannten gefährlichen und unerwünschten Nebenwirkungen zu schützen und um die finanziellen Mittel möglichst effizient einzusetzen. In einer Phase-I-Studie wird ein Medikament von wenigen Testpersonen eingenommen. Dabei wird untersucht, ob das Medikament gut verträglich ist, welche Nebenwirkungen auftreten und welche Dosierungsart optimal ist. Diese Studien werden ohne Kontrollgruppe durchgeführt.
Grad 3
starke Nebenwirkung, Unterbrechung der Therapie oftmals notwendig
CCyR
Sinkt die Zahl der Leukämiezellen mit Philadelphia-Chromosom in der Folge unter die Nachweisgrenze zytogenetischer Methoden, bezeichnet man dies als vollständige zytogenetische Remission: CCyR.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
MMR
Gutes molekulares Ansprechen, bei der die BCR-ABL-Transkripte weniger als 0,1% (nach Internationaler Skala IS) der insgesamt untersuchten Gentranskripte ausmachen
GUS
ß-Glucuronidase ist ein Enzym
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.