- Published on 27.07.2010, 11:44
- Von Jan Geissler
Nilotinib, ein
Tyrosinkinasehemmer der zweiten Generation (
TKI), weist eine höhere Bindungsaffinität und Selektivität für ABL hinsichtlich
Imatinib auf, indem es in
Imatinib-empfindlichen Zelllinien 20 bis 50 Mal aktiver und über jede Phase der Krankheit hinweg höchst wirksam bei
Imatinib-
resistenten Patienten ist. Um die therapeutische Wirksamkeit und die Sicherheit voj
Nilotinib 400mg 2x täglich bei unbehandelten, ECP, Ph-pos CML Patienten zu untersuchen, führt die italienische GIMEMA CML Arbeitsgruppe eine
Phase II Versuchsreihe mit mehreren Schwerpunkten durch.
73 Patienten aus 20 Zentren sind zwischen Juni 2007 und Februar 2008 in die Studie aufgenommen worden. Das Durchschnittsalter lag bei 51 Jahren (zwischen 18 und 83 Jahren), 45 % daron mit niedrigem, 41 % mit mittlerem und 14 % mit hohem Sokal-Risiko. Die durchschnittliche Beo`achtungszeit beträgt derzeit 210 Tage (zwischen 68 und 362 Tagen).
ERGEBNISSE:
Alle 73 Patienten und 48/73 (66 %) beendeten eine 3 bzw. 6 monatige Behandlung. Ansprechen nach 3 und 6 Monaten (ITT): die Rate des vollständigen hämatologischen Ansprechens (
CHR) betrug 100 % und 98 %, die Rate der kompletten zytogenetischen
Remission (CCgR) betrug 78 % bzw. 96 %. Ein weitgehendes molekulares Ansprechen (
MMR), definiert als
BCR-ABL:ABL Verhältnis kleiner 0,1 % gemäß dem internationalen Maßstab, wurde von 3 % aller behandelten Patienten nach einmonatiger Behandlung erzielt, allerdings erhöhte sich dieses Verhältnis schnell auf 22 % nach 2 Monaten, 59 % nach 3 Monaten und 74 % nach 6 Monaten. Ein Patient erreichte nach 6 Monaten die
akzelerierte Blastenphase mit der
T315I Mutation.
NILOTINIB DOSIS UND COMPLIANCE:
Im Falle einer
Resistenz war keine Steigerung der Dosis erlaubt; die mittlere durchschnittliche Tagesdosis lag nahe der vorgesehenen Dosis 789 mg (zwischen 261 und 800 mg); 34/73 Patienten (47 %) unterbrachen die Behandlung mit
Nilotinib mindestens einmal, wobei die durchschnittliche Unterbrechungsdauer der Dosis bei 15 Tagen lag (zwischen 2 und 98 Tagen). Die
Nilotinib-Dosis lag bei der letzten Visite bei 400 mg 2x täglich für 52 Patienten (71 %), 400 mg täglich für 20 Patienten (27 %) und 200 mg täglich für 1 Patienten (1 %).
UNERWÜNSCHTE EREIGNISSE:
Unerwünschte Ereignisse (Grad III/IV) waren mit angemessenen Anpassungen der Dosis handhabbar: eine hämatologische
Toxizität wurde bisher bei 4 Patienten aufgezeichnet (5 % - nur 1 Ereignisgrad IV
Neutropenie); die häufigsten biochemischen Laboranomalien (Grad III) waren vollständige Bilirubin-Erhöhung (15 %), Anstieg der Leberenzyme (11 %) und Anstieg der
Lipase (4 %). Nur 1 Vorfall von Anstieg der
Lipase Grad IV wurde aufgezeichnet. Bemerkenswert ist, dass sich, hinsichtlich der 48 Fälle mit mindestens 6 monatiger Nachsorge, das Auftreten eines Grad II und III nicht-hämatologischen unerwünschten
Ereignisses von 50 % bzw. 8 % (in den ersten 3 Monaten) auf 23 % bzw. 6 % (zweites Trimester) verringerte. EKG Überwachung: bei 16 Patienten (22 %) wurden vorübergehende und klinisch nicht relevante EKG-Anomalien aufgezeichnet; 2 weitere Patienten (3 %) zeigten eine vorübergehende QTc-Verlängerung ohne Zwischenfälle.
SCHLUSSFOLGERUNGEN:
Die Ergebnisse, die bei diesen unterschiedlichen Patienten und innerhalb eines Versuches mit mehreren Schwerpunkten erzielt wurden, unterstützen die Ansicht, dass in der frühen
chronischen Phase, bei Ph-pos CML Patienten sowohl das zytogenetische als auch das molekulare Ansprechen auf
Nilotinib wesentlich rascher erfolgt als das Ansprechen auf
Imatinib.
Quelle: ASH Abstract Nr. 181, High and Early Rates of Cytogenetic and Molecular Response with
Nilotinib 800 mg Daily as First Line Results of a Phase 2 Trial, Rosti (Bologna) et al. Übersetzung durch Jan und Alice, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Weitere Berichte von der ASH-Jahrestagung 2008
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Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Erstlinientherapie
Erstlinientherapie ist die erste Therapie, die nach der Diagnosestellung bei einem Patienten eingeleitet wird. Wenn diese nicht anschlägt oder nicht vertragen wird, folgt die Zweitlinientherapie
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
Compliance
Bereitschaft eines Patienten zur Mitarbeit bei diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, z.B. Zuverlässigkeit, mit der ärztliche Anweisungen befolgt werden.
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Dasatinib
Handelsname Sprycel, Laborname BMS-354825, hemmt u.a. die BCR-ABL- und SRC-Tyrosinkinasen. Zugelassen in der EU seit 2006 für die Behandlung von CML und Ph+ALL.
Nilotinib
Nilotinib, Handelsname Tasigna, Laborname AMN107, hemmt u.a. die BCR-ABL-Tyrosinkinase. Zugelassen in der EU seit 2007 für die Behandlung der CML und Ph+ALL.
Bosutinib
Bosutinib (Entwicklungsname SKI-606, Handelsname Bosulif), ein Tyrosinkinaseinhibitor der zweiten Generation.
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Phase II
Hat das Medikament die Prüfung in Phase I bestanden, wird es bei einer kleinen Patientengruppe bezüglich der Wirksamkeit untersucht. Ziele der Studie können dabei beinhalten: Sinkt die Restleukämie? Bei welchem Prozentsatz der Testpersonen sinkt die Resterkrankung ab? Wird das Fortschreiten der Krankheit verzögert? Üblicherweise beteiligen sich einige hundert Menschen an einer solchen Studie, um möglichst genaue Zahlen zu erhalten. Um zu klären, ob es sich bei der Wirkung um zufällige Effekte oder um tatsächliche Medikamentenwirkungen handelt, werden die Teilnehmenden in eine Untersuchungsgruppe und eine Kontrollgruppe eingeteilt.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
Phase I
Die klinische Erprobung eines Medikaments erfolgt in der Regel in drei Phasen, um Menschen vor noch unbekannten gefährlichen und unerwünschten Nebenwirkungen zu schützen und um die finanziellen Mittel möglichst effizient einzusetzen. In einer Phase-I-Studie wird ein Medikament von wenigen Testpersonen eingenommen. Dabei wird untersucht, ob das Medikament gut verträglich ist, welche Nebenwirkungen auftreten und welche Dosierungsart optimal ist. Diese Studien werden ohne Kontrollgruppe durchgeführt.
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Lipase
Eine Lipase ist ein Enzym, das Fett in deren Bestandteile zerlegt.
T315I
Die T315I-Mutation ist eine Punktmutation, bei der an Position 944 des ABL-Gens Cytosin gegen Thymin ersetzt wird. Dadurch wird im kodierten Protein die Aminosäure Threonin gegen Isoleucin ausgetauscht.
Leber
Die Leber (griech. Hepar) ist das zentrale Organ des gesamten Stoffwechsels. Zu den wichtigsten Funktionen gehören die Produktion lebenswichtiger Eiweißstoffe wie z. B. Gerinnungsfaktoren, die Verwertung von Nahrungsbestandteilen, die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen. Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Sie ist maßgeblich für die Umsetzung von Medikamenten verantwortlich.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
MMR
Gutes molekulares Ansprechen, bei der die BCR-ABL-Transkripte weniger als 0,1% (nach Internationaler Skala IS) der insgesamt untersuchten Gentranskripte ausmachen
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Unerwünschtes Ereignis
Ein nicht erwünschtes Vorkommnis bzw. Nebenwirkung in zeitlichem Zusammenhang mit der Teilnahme an einer klinischen Studie
Unerwünschtes Ereignis
Ein nicht erwünschtes Vorkommnis bzw. Nebenwirkung in zeitlichem Zusammenhang mit der Teilnahme an einer klinischen Studie
Minimale Resterkrankung
Eine Art von tiefer Remission bei CML, bei der BCR-ABL dennoch mittels PCR nachweisbar ist
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.