- Published on 09.04.2016, 10:20
- Von Jan Geissler
Abstract von der Konferenz der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH) 2015.
Hintergrund: Radotinib ist ein von Il-Yang Pharm. Co., Ltd (Seoul, Südkorea) entwickelter BCR-ABL1 Tyrosinkinasehemmer der zweiten Generation und von der Korea-FDA zur Behandlung von Patienten mit CML in chronischer Phase zugelassen, bei denen ein anderer TKI versagt hat. Es wurde eine offene, radomisierte Phase-3 Studie durchgeführt, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Radotinib im Vergleich zu Imatinib für die Erstlinienbehandlung von neu diagnostizierten Patienten mit CML in chronischer Phase zu bewerten.
Methoden: Basierend auf der Demographie und dem Sokal-Risikoscore wurden 241 Patienten im Verhältnis 1:1:1 randomisiert auf Radotinib 2x300mg (n=79), 2x400mg Radotinib (n=81) und 1x400mg Imatinib (n=81) verteilt. Der primäre Endpunkt der Studie war der Anteil guten molekularen Ansprechens (MMR) nach 12 Monaten. Das molekulare Ansprechen wurde durch RQ-PCR bei Diagnose und anschliessenden Messungen in dreimonatigen Abständen bestimmt. Sekundäre Endpunkte waren der Anteil vollständigen zytogenetischen Ansprechens (CCyR), MR4.5 nach 12 Monaten und der Anteil von Progressionen in akzelerierte Phase oder Blastenkrise.
Ergebnisse: Alle drei Gruppen der Studie waren bezüglich Alter, Geschlecht, Rasse und Sokal-Score gut ausgewogen. Nach einer Mindestbehandlungsdauer von 12 Monaten waren die Anteile der Patienten, die das Studienmedikament erhielten, 86.3% (69 von 79) bei 2x300mg Radotinib, 71.6% (58 von 81) bei 2x400mg Radotinib und 81.5% (66 von 681) bei Imatinib 1x400mg. Nach 12 Monaten war der Anteil der MMR signifikant höher bei den mit 2x300mg Radotinib behandelten (51.9%, p=0.0044) und 2x400mg Radotinib (45.7%, p=0.0342) im Vergleich mit Imatinib (29.6%) Patienten. Die mittlere Zeit bis zum Erreichen einer MMR war bei den auf das Medikament ansprechenden Patienten kürzer unter 2x300mg Radoinib (5.7 Monate) und 2x400mg Radotinib (5.6 Monate) als die Imatinib-Gruppe (8.2 Monate). Die Anteile von MR4.5 nach 12 Monaten waren ebenso höher für 2x300mg Radotinib (15.2%) und 2x400 mg Radotinib (13.6%) im Vergleich mit Imatinib (8.6%). Auch die Anteile vollständigen zytogenetischen Ansprechens waren unter Behandlung mit Radotinib 2x300mg (91.1%, p=0.012) im Vergleich mit Imatinib (76.5%) höher. Es gab keinen Fall einer Progression in die akzelerierte Phase oder in eine Blastenkrise.
Die Unterbrechung der Behandlung wegen Nebenwirkungen oder abnormaler Laborwerte wurde in 7 (8.8%), 16 (19.8%) und 5 (6.2%) der Patienten mit 2x300mg Radotinib, 2x400mg Radotinib und 1x400mg Imatinib erforderlich.
Thrombozytopenien des Grades 3/4 traten in 16.5% der Patienten mit 2x300mg Radotinib, in 13.6% der Patienten mit 2x400mg Radotinib und bei 19.8% der Patienten mit 1x400mg Imatinib auf. Neutropenien des Grades 3/4 wurden jeweils bei 19%, 23.5% und 29.6 % der Patienten mit 2x300mg Radotinib, 2x400mg Radotinib und Imatinib beobachtet. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Hautausschläge (35.4% und 33.3%), Übelkeit und Erbrechen (22.8% und 23.5%), Kopfschmerzen (19% und 30.9%) und Juckreiz (19% und 30%) jeweils für 2x300mg Radotinib und 2x400mg Radotinib. In der Imatinibgruppe waren die Nebenwirkungen Ödeme (34.6%) , Myalgien (28.4%), Übelkeit/Erbrechen (27.2%) und Hautausschläge (22.2%). Insgesamt waren nichthämatologische Nebenwirkungen der Grade 3/4 in allen Gruppen selten.
Schlussfolgerungen:
Nach einer Mindestbeobachtungszeit von 12 Monaten zeigte Radotinib signifikant höhere und schnellere Anteile vollständigen zytogenetischen Ansprechens und guten molekularen Ansprechens (MMR) als Imatinib in neu diagnostizierten Patienten mit CML in chronischer Phase. Die Nebenwirkungsprofile von Radotinib und Imatinib unterschieden sich, die meisten Nebenwirkungen liessen sich durch Dosisreduktion beherrschen. Das Ergebnis dieser Studie stützen die Annahme, dass Radotinib eine der Standardbehandlungen für neudiagnostizierte Patienten mit CML in chronischer Phase sein könnte.
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Radotinib 2x300mg, n=79
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Radotinib 2x400mg, n=81
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Imatinib 1x400mg, n=81
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Altersmedian (Bereich), Jahre
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45 (20-75)
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43 (18-84)
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45 (18-83)
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Männer, Anzahl (Anteil in %)
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52 (65.8)
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47 (58.0)
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52 (64.2)
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Frauen, Anzahl (Anteil in %)
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27 (34.2)
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34 (42.0)
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29 (35.8)
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Sokal-Score, Anzahl (Anteil %)
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Gering
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21 (26.6)
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22 (27.2)
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22 (27.2)
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Mittel
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38 (38.1)
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38 46.9)
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39 (48.2)
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Hoch
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20 (25.3)
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21 (25.9)
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20 (24.7)
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P=0.0044
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P=0.0342
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MMR, kumuliert nach 12 Monaten, %
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57
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58
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35
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p=0.0040
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P=0.0037
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MR 4.5 nach 12 Monaten, %
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15.2
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13.6
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8.6
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CCyR nach 12 Monaten, %
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91.1
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81.5
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76.5
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Quelle:https://ash.confex.com/ash/2015/webprogram/Paper80347.html
Autoren:Jae-Yong Kwak, Hawk Kim, Jeong A Kim, Young Rok Do, Hyeoung Joon Kim, MD, PhD, Joon Seong Park, Joo Seop Chung, MD, PhD, Ho-Jin Shin, Sung-Hyun Kim, MD, Dae-Young Kim, MD, PhD, Udomsak Bunworasate, Chul Won Choi, MD, PhD, Narcisa Sonia Cornejo Comia, Dae Young Zang, Sukjoong Oh, Saengsuree Jootar, Ary Harryanto Reksodiputro, Won Sik Lee, Yeung-Chul Mun, Jee Hyun Kong, Priscilla B. Caguioa, Jinny Park, Chul Won Jung and Dong-Wook Kim
Übersetzung durch NL, ohne Gewähr für die Richtigkeit
Thrombozytopenie
Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten), kann eine Blutungsneigung mit kleinfleckigen Blutungen in Haut und Schleimhäuten oder in Organen hervorrufen
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Dosisreduktion
Verringerung der Dosis des Medikaments
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
Progression
Das Fortschreiten einer Krebserkrankung
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
Sokal-Score
1984 eingeführtes System zur Schätzung der Prognose für Patienten mit CML. In den Score fließen Alter, Milzgröße, Thrombozyten und Blastenanteil ein. Der Score wurde für Patienten entwickelt, die mit Chemotherapie beziehungsweise mit Interferon α behandelt wurden. Seitdem ist mit der Einführung der Tyrosinkinaseinhibitoren ein großer Schritt nach vorn gelungen.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Zytopenie
Zellzahlverminderung im Blut. Je nach dem, welcher Zelltyp verringert ist, spricht man auch von z.B. Leuko-, Granulo-, Lympho-, Mono-, Erythro- oder Thrombozytopenie.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Myalgie
Lang anhaltende Muskelschmerzen
Ödeme
Wassersucht, Ansammlung von Wasser und zugehörigen Salzen im Gewebe.
MR4.5
Tiefe molekulare Remission, bei der die BCR-ABL-Transkripte weniger als 0,0032% (nach Internationaler Skala IS) der insgesamt untersuchten Gentranskripte ausmachen
CCyR
Sinkt die Zahl der Leukämiezellen mit Philadelphia-Chromosom in der Folge unter die Nachweisgrenze zytogenetischer Methoden, bezeichnet man dies als vollständige zytogenetische Remission: CCyR.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
MMR
Gutes molekulares Ansprechen, bei der die BCR-ABL-Transkripte weniger als 0,1% (nach Internationaler Skala IS) der insgesamt untersuchten Gentranskripte ausmachen
MR4
Tiefe molekulare Remission, bei der die BCR-ABL-Transkripte weniger als 0,01% (nach Internationaler Skala IS) der insgesamt untersuchten Gentranskripte ausmachen
FDA
Amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde (Food and Drug Administration)
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Randomisierung
Patienten mit einem oder mehreren gleichen Charakteristika (z.B. gleiche Erkrankung, Krankheitsstadium, Geschlecht, Alter) werden nach einem Zufallsverfahren in verschiedene Behandlungsgruppen (Arme der Studie) eingeteilt. Jede Gruppe erhält eine unterschiedliche Behandlung. Das Zufallsverfahren ist erforderlich, um die Ergebnisse bzw. Ansprechraten möglichst objektiv zwischen mehreren gleichartigen Gruppen vergleichen zu können.
Neutropenie
Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut - bestimmter weißer Blutzellen, die besonders für die Abwehr gegen Bakterien und Pilze wichtig sind
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Myalgie
Lang anhaltende Muskelschmerzen
Ödeme
Wassersucht, Ansammlung von Wasser und zugehörigen Salzen im Gewebe.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.