- Published on 28.07.2010, 15:53
- Von Jan Geissler
Ein aktueller deutschsprachiger Artikel von Dr. Andreas Hochhaus von Klinikum Mannheim, der kürzlich in "Onkologie Heute 4/2003" erschienen ist, fasst die vielversprechenden Ergebnisse der vorliegenden CML-Studien zusammen. Außerdem werden offene Fragen der
Imatinib-Therapie wie Therapiedauer, Dosierung, Nebenwirkungen, Relevanz der Höhe der Resterkrankung sowie Häufigkeit der Resistenzentwicklungen bei Langzeittherapie behandelt.
Die Inhalte des Artikels umfassen die Wirkungsweise von
Imatinib (
Glivec), die Ergebnisse von
klinischen Studien, übliche Nebenwirkungen der
Imatinib-Therapie, die Überwachung des therapeutischen Ansprechens, die Resistenzentwicklung auf
Imatinib, die
Prognose des Therapieverlaufs sowie
Imatinib-basierte Kombinationstherapien.
Hier einige Kernaussagen aus dem Artikel:
Studienergebnisse: Von nicht vorbehandelten
Imatinib-Patienten erreichten 96% eine komplette hämatologische und 76% eine komplette zytogenetische
Remission. Komplette molekulare Remissionen sind (bisher) selten.
Nebenwirkungen: Imatinib wird im allgemeinen gut toleriert. Nebenwirkungen treten auf, sind aber meist gering ausgeprägt und gut tolerabel. Häufig sind milde Übelkeit, Flüssigkeitsansammlungen mit Ödemen, Muskelkrämpfe und Hautrötung bis zur
Dermatitis. Die Verträglichkeit von
Imatinib wird verbessert durch Einnahme nach dem Essen. Gegen die
Symptome können Kochsalzrestriktion,
Diuretika und Magnesium eingesetzt werden.
Beobachtung der Resterkrankung: Die Vielfältigkeit der Therapiemöglichkeiten verlangt eine konsequente hämatologische, zytogenetische und molekulare Kontrolle und Bewertung. Im Verlauf unter Therapie werden zytogenetische Untersuchungen [mit einer
Knochenmarkpunktion] zum Nachweis der Remissionsqualität und frühzeitiger Entdeckung einer
klonalen Evolution mindestens halbjährlich empfohlen. Die quantitative Real-Time-
PCR erlaubt die rasche Beurteilung der Remissionsqualität und ihrer Dynamik aus dem peripheren Blut.
Prognose: Die
Prognose eines CML-Patienten erscheint um so besser zu sein, je früher mit der Therapie begonnen und je rascher die Tumorlast auf ein Minimum reduziert wird. Das molekulare Ansprechen geht dem zytogenetischen Ansprechen voraus, d.h. bereits ab Monat 2 [der
Imatinib-Therapie] lässt sich ein gutes Ansprechen vorhersagen. Ein Unterschreiten des
BCR-ABL/ABL Quotienten von 0,1% ist in der
chronischen Phase mit einer guten
Prognose assoziiert. Demnach ist es prognostisch wichtig, den Quotienten
BCR-ABL/ABL von 0,1% dauerhaft zu unterschreiten. Das Erreichen einer zytogenetischen
Remission nach einem Jahr wurde auch unter Therapie mit
Imatinib als günstiger prognostischer Faktor identifiziert.
Resistenzen: Nach zwei Jahren
Imatinib-Therapie wurde nach Erreichen einer hämatologischen
Remission bei 4% der Patienten in
chronischer Phase unter primärer
Imatinib-Therapie, bei 13% unter
sekundärer
Imatinib-Therapie nach
Interferon-Versagen, in 51% der Patienten in
akzelerierter Phase und
88% der Patienten in
myeloischer Blastenkrise die Bildung einer
Resistenz beobachtet.
Gegenmaßnahmen: Wichtigste vorbeugende Maßnahme zur Verhinderung von
Resistenzen ist die Vermeidung von subtherapeutischen Dosen kleiner 300 mg
Imatinib/Tag. Als therapeutische Maßnahmen zur Therapie einer
Imatinib-
Resistenz in Frage kommen zunächst die Dosiserhöhung auf bis zu 800 mg/Tag, die Kombination mit synergistisch wirkenden
Zytostatika (Ara-C, Homoharringtonin), oder Absetzen von
Imatinib zur Zurückdrängung der klonalen Selektion der
resistenten Zellen.
Kombinationstherapien: Additive bis synergistische Effekte wurden in vitro bei einer Reihe von Wirkstoffen in Kombination mit
Imatinib gefunden (z.B. Ara-C, Homoharringtonin, Vincristin). Besonders interessant ist der zusätzliche immunstimulierende Effekt von
Interferon in Kombination mit
Imatinib. Ergebnisse der ersten Phase-I/II-Studien (
Imatinib +
Interferon, +pegyliertes
IFN 2a (Pegasys), +pegyliertes
IFN 2b (PegIntron), +AraC) demonstrieren die Machbarkeit solcher Kombinationen.
Studien: Empfohlen wird die Therapie im Rahmen einer
prospektiven Studie wie der CML-Studie IV. Ziel ist ein risikoorientiertes Therapiemanagement für den einzelnen Patienten im Rahmen kontrollierter Studien.
Quelle / Artikel im Volltext: Artikel "Hemmung der
BCR-ABL-
Tyrosinkinase bei CML - Aktuelle Ergebnisse und offene Fragen", Andreas Hochhaus, III. Medizinische Universitätsklinik, Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg, erschienen im November 2003 in Onkologie Heute 4/2003, S. 22-28,
hier als PDF-Datei abrufbar, Acrobat Reader erforderlich.
Knochenmarkpunktion
Bei der Knochenmarkbiopsie wird lebendes Knochenmark z.B. aus dem Beckenknochen zum Zwecke der Untersuchung der Chromosomen der Zellen entnommen.
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hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Nebenwirkung
Unerwünschte Begleiteffekte einer Therapie, besonders bei Chemotherapien begrenzen Nebenwirkungen die maximal verträgliche Dosis.
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
prospektiv
Im Gegensatz zu retrospektiv wird ein Problem vom Beginn der Untersuchung an zeitlich gesehen nach vorn betrachtet/beobachtet. Prospektive Studien sind eine Form von epidemiologischen Studien.
Dermatitis
Entzündliche Erkrankung der Haut, die sich z.B. in Papeln (über dem Hautniveau liegende Erhebungen), Bläschen (mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume), Quaddeln (Wassereinlagerung in der Lederhaut, durch Plasmaaustritt aus den Gefäßen ausgelöst) oder Fissuren (spaltförmige Hauteinrisse) zeigen kann
Interferon
Im Zusammenhang mit Leukämien üblicherweise Interferon-Alpha gemeint. Interferon (von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein, das eine immunstimulierende und Tumorzellen angreifende Wirkung entfaltet. Es wird als körpereigenes Gewebshormon gebildet, v.a. von Leukozyten, Monozyten und Fibroblasten, kann aber auch als Medikament in körperunüblich hohen Dosen gegen Leukämien eingesetzt werden.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Diuretika
Harntreibende, den Harnfluss (Diurese) fördernde Wirkstoffe, v.a. zur Förderung der Ausschwemmung extrazellulärer Flüssigkeit bei Ödemen (Wassereinlagerungen).
Punktion
Entnahme von Flüssigkeit oder Zellen zur zytologischen oder histologischen Untersuchung durch Einstechen einer Hohlnadel (Kanüle) in (Blut-)Gefäße, Körperhohlräume, Organe oder Tumoren zur Entnahme von Flüssigkeiten bzw. Gewebe (Biopsie, Feinnadelbiopsie) od. zur Einbringung (Injektion bzw. Infusion) von Medikamenten. Bei Leukämie wird eine Punktion meist im Beckenkammknochen zur Entnahme von Knochenmark vorgenommen.
Prognose
Wahrscheinliche zukünftige Entwicklung einer Erkrankung auf Basis der bestehenden Befunde
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Ödeme
Wassersucht, Ansammlung von Wasser und zugehörigen Salzen im Gewebe.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Klon
Meist Zellklon gemeint. Gruppe von genetisch identischen Zellen, die alle durch Teilung aus einer einzigen Mutterzelle hervorgegangen sind und identische Merkmale haben
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
ELN
Das Europäische Leukämie Netz ist eine von der EU finanzierte Organisation bestehend aus Medizinern, Wissenschaftlern und Patienten aus dem Leukämie-Bereich, das zum Ziel hat, die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen zu verbessern, Wissen zu generieren und dieses Wissen in Europa zu verbreiten.
Tyrosinkinase-Domäne
Die Tyrosinkinase-Domäne liegt auf der intrazellulären Seite und wird, im Gegensatz zu anderen Proteinkinasen, in dieser Familie durch eine eingeschobene Sequenz zweigeteilt.
Klonale Evolution
Anhäufung von DNA- (Chromosomen-) veränderungen, die zum Fortschreiten der Krankheit (Krankheitsprogression) führt
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Zytostatikum
Medikamente bzw. Zellgifte, die die Zellvermehrung verhindern oder deutlich verzögern. Sie wirken gegen Tumorzellen bzw. sich schnell teilende Zellen ausgeprägter als gegen gesunde bzw. sich langsam teilende Zellen. Diese Art Zellgifte werden üblicherweise im Rahmen einer Chemotherapie eingesetzt.
prospektiv
Im Gegensatz zu retrospektiv wird ein Problem vom Beginn der Untersuchung an zeitlich gesehen nach vorn betrachtet/beobachtet. Prospektive Studien sind eine Form von epidemiologischen Studien.
prospektiv
Im Gegensatz zu retrospektiv wird ein Problem vom Beginn der Untersuchung an zeitlich gesehen nach vorn betrachtet/beobachtet. Prospektive Studien sind eine Form von epidemiologischen Studien.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
myeloisch
das Knochenmark betreffend. Im engeren Sinne die Bildung von bestimmten weißen Blutzellen, den Granulozyten, im Knochenmark betreffend
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Punktion
Entnahme von Flüssigkeit oder Zellen zur zytologischen oder histologischen Untersuchung durch Einstechen einer Hohlnadel (Kanüle) in (Blut-)Gefäße, Körperhohlräume, Organe oder Tumoren zur Entnahme von Flüssigkeiten bzw. Gewebe (Biopsie, Feinnadelbiopsie) od. zur Einbringung (Injektion bzw. Infusion) von Medikamenten. Bei Leukämie wird eine Punktion meist im Beckenkammknochen zur Entnahme von Knochenmark vorgenommen.
Symptom
Krankheitszeichen (griechisch Zufall, Begebenheit, Begleiterscheinung)
Ödeme
Wassersucht, Ansammlung von Wasser und zugehörigen Salzen im Gewebe.
Onko
Bestandteil der Begriffe Onkologie (Wissenschaft und Lehre von den Krebserkrankungen)
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.