Anstieg der Leukämieerkrankungen bei Kindern

Bösartige Erkrankungen sind vor allem eine Frage des Alters. In jungen Jahren kommen sie nur selten vor. Allerdings nimmt Krebs bei Kindern und Jugendlichen seit geraumer Zeit zu. Das geht aus einer Bestandsaufnahme von 19 europäischen Staaten und insgesamt 63 Krebsregistern hervor, die einen Zeitraum von 30 Jahren umfassen, so ein Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 

Es wurden rund 113.000 Krebserkrankungen von Kindern und 18.243 Krebserkrankungen von Jugendlichen ausgewertet. Dabei fand man heraus, daß jedes Jahr etwa ein Prozent mehr Krebserkrankungen bei Kindern auftreten. Bei Jugendlichen beträgt die Steigerungsrate 1,5 Prozent ("Lancet", Bd. 364, S. 2097).

Zweithäufigste Todesursache

Krebs bei Kindern bedeutet in erster Linie Blutkrebs. Etwa ein Drittel aller bösartigen Erkrankungen in jungen Jahren sind Leukämien, gefolgt von Hirntumoren, die ein Fünftel ausmachen. An dritter Stelle stehen Lymphome - bösartige Lymphknotentumoren. Sie machen etwa 12 Prozent aus. Obwohl insgesamt selten, ist Krebs die zweithäufigste Todesursache im Kindesalter.

Die Ursachen für Krebserkrankungen bei Kindern und für deren Zunahme sind nach wie vor unklar. Daß Radioaktivität insbesondere im Umfeld von Kernkraftwerken und Wiederaufarbeitungsanlagen hierfür verantwortlich sein könnte, wurde nie wirklich belegt, wenngleich an einigen wenigen Stellen ein gehäuftes Vorkommen von Leukämien beobachtet wurde. In jüngster Zeit konzentriert sich die Forschung vor allem darauf, die genetischen Veranlagungen für Krebserkrankungen bei Kindern ausfindig zu machen. 

Heilungsraten von bis zu 80 Prozent

Einen wichtigen Hinweis scheint das Geburtsgewicht zu geben: Je schwerer das Neugeborene, desto höher sein Risiko, als Kind an Leukämie zu erkranken. Eine der Hypothesen lautet, daß über die Einwirkung des Wachstumsfaktors IGF 1 (Insulin like growth factor 1) sowohl die Zunahme des Körpergewichtes als auch die Vermehrung von Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen erklärt werden könnte. Ein weiterer Risikofaktor ist eine gestörte Immunabwehr im Säuglingsalter. In dieser empfindlichen Phase könnten Infektionen die unkontrollierte Entartung weißer Blutzellen in Gang setzen.

Für Catherine Cole vom Princess Margaret Hospital for Children in Perth (Australien) sind Krebsleiden von Kindern auch ein Beispiel für die Ungerechtigkeit, die nicht von der Krankheit als solcher, sondern von der Armut herrührt. Während in westlichen Ländern bei Blutkrebs im Kindesalter Heilungsraten von bis zu 80 Prozent erreicht werden, haben krebskranke Kinder in Entwicklungsländern so gut wie keine Chance zu überleben. Die Internationale Gesellschaft für Kinderonkologie hat unlängst Empfehlungen herausgegeben, wonach in Entwicklungsländern onkologische Schwerpunkt-Zentren gefördert werden sollen.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.01.2005, Nr. 20 / Seite 34