Erschreckende Meinungsaussage von "Fremden" zur Leukämie

Wie gehe ich mit Leukämie im Alltag um? Wie unterstütze ich als Freund oder Angehöriger? Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Rente, Behindertenausweis, Psychotherapie, Kur?

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MAXXI
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Beitrag von MAXXI » 14.02.2009, 17:07

Hallo Christine,
ich war natürlich nicht dabei als Du mit dem Schulfreund telefoniert hast, vermute aber dass er einerseits die Krankheit und die Rahmenbedingungen nicht kennt (habe wir das vor der Diagnose?) und andererseits sehr unsicher ist, wie er damit umgehen soll. Da kommen dann schonmal ungeschickte Formulierungen raus.

Ich sehe es ähnlich wie meine Vorschreiber, jeder empfindet anders, jeder muss seinen Weg finden und gehen.

Als ich die Diagnose meiner CLL erhielt, gab es außer meiner Frau niemand, der informiert wurde und wir lebten unser w&w-Leben mehr oder weniger normal und unbekümmert. Als dann die Chemotherapie sich mit großen Schritten näherte informierten wir sehr offen Verwandte, Freunde und Arbeitskollegen. Da erlebte ich dann schon einige Überraschungen, wie sie hier wohl jeder kennt. Richtig interessieren oder verstehen wollen hat eigentlich fast niemand, was da abgeht und eigenartigerweise erlebte ich die stärkste echte Anteilnahme im Arbeitsumfeld. Oder anders ausgedrückt, je Näher der Bekanntheitsgrad desto größer die Hemmung und das 'Augen verschließen'.

Jetzt gut ein Jahr nach der Therapie überraschen mich Aussagen wie: Du bist ja jetzt wieder ganz gesund! aus dem nächsten Verwandtenkreis nicht mehr. Ich nehm's dann eben so an und denke mir, die können/wollen der Realität eben nicht ins Auge sehen.

Ich würde zu dem Klassentreffen gehen und ich glaube nicht, dass Dein Mann da als exotisches Objekt gehandelt wird eher werdet ihr Euch damit abfinden müssen, dass es die anderen gar nicht wirklich interessiert. Muss es ja auch nicht. Ist zumindest meine Meinung.

Viele Grüße und viel Spaß beim Treffen mit den Ehemaligen
Hans

unknown

Beitrag von unknown » 14.02.2009, 14:39

Hallo Christine,
ja leider denken die meisten eine Leukämie wäre ein Schnupfen, oder so. Auch ich hab solche Erfahrungen machen müssen, das Freunde was für mich aber jetzt keine Freunde mehr sind, so darüber denken. Ob sie denken das es ansteckend ist, oder denken es ist mit einer Erkältung zu vergleichen, all dies mußte ich mir anhören. Solche Leute können mir mal gestohlen bleiben, will nix mit denen zu tun haben. Die haben doch alle keine Ahnung, und wissen nicht wie es ist wenn man Angst hat einen Angehörigen an dieser Krankheit zu verlieren.
LG

NL
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Beitrag von NL » 14.02.2009, 09:55

Hallo Christine,
offensichtlich gibts eine Reihe von Leuten, die nicht wissen, was so eine Erkrankung mit sich bringt.
Chemotherapien scheinen das zu sein, vor dem man sich am meisten fürchtet. Die Logik ist dann, wenn die Chemo durch ist, ist alles wieder OK.
Ich könnte Deinem Studienfreund nicht böse sein, auch ich als CML-Patient habe keinen Schimmer, wie das ganze bei einer CLL abläuft und was die Risiken und Unannehmlichkeiten sind. Bevor ich CML hatte, habe ich mich auch nicht mit CML auseinandergesetzt. Das ist wahrscheinlich völlig normal, und ich vermute, dass die meisten von uns hier vor ihrer jeweiligen Diagnose sich kein Stück mit derartigen Erkrankungen auseinandergesetzt haben. Ich kann sogar ein Stück weit verstehen, wenn sich Gesunde nicht mit Krebs beschäftigen wollen.

In meinem Umfeld wissen die meisten, dass ich CML habe, ich verheimliche es nicht. Ich halte es für das beste Rezept, solange man von seinem Arbeitgeber nichts zu befürchten hat.
Lasst Euch nicht vom Klassentreffen abhalten, und denkt dran, dass die meisten Nichtpatienten nichts über die Befindlichkeiten von Patienten wissen können.

Alles Gute & viel Spass
Niko
PS.: wie Peter schon sagte, hat jeder seine persönliche Art, damit umzugehen.
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 14.02.2009, 09:10

Hallo Christine,

meine Antwort unterscheidet sich erheblich von der meines Vorredners. Ich habe seit 11/2002 eine B-CLL mit ausgeprägtem sekundäreren Antikörpermangel. Chemo 2005. Z.Zt. 1/4 jährliche Kontrolle.
Nun zu Deiner Frage.
Ich bin von Anfang an sehr offensiv mit der CLL umgegangen. Habe meine Kollegen, meine Familie, Freunde, Bekannte informiert und aufgeklärt sofern diese etwas wissen wollten. Deshalb muß bei mir auch keiner auf die andere Strassenseite ausweichen weil er nicht weiß wie er mit der Situation umgehen soll. Es hat sich alles sehr schnell auf ein normales Verhältnis eingependelt.

Die Aussage des Studienfreundes sagt doch nur aus, dass er keine Ahnung hat. Voher auch. Einfach aufklären und entspannt damit umgehen.

Also ich seh keinen Grund nicht zum Klassentreffen zu gehen.

Übrigens erkennst Du an der Vorherigen und meiner Antwort, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt damit umzugehen und jeder muss für sich den richtigen Weg heraus finden.

Gruß
Peter

unknown

Beitrag von unknown » 13.02.2009, 23:17

Na toll.

Ich kann nur immer wieder sagen: so wenige Menschen wie irgend möglich einweihen!
Wenn alles geht, gar nichts sagen
und wenn es im Befinden klemmt, die Sache so weit wie möglich bagatellisieren.
Menschen, die die Sache als Außenstehende adäquat verstehen, sind sehr selten.

Überlegt Euch die Sache weniger wegen der einzelnen Person als deswegen, was daraus vielleicht folgen könnte: Bestünde eine Gefahr, daß Dein Mann zum bunten Hund des Abends würde und alle ihre Weisheiten zu Krebs zum Besten geben??

Von meinen ehem. Klassenkameraden weiß kein einziger, was los ist.

Gute Entscheidung und dickes Fell wünscht Euch
Pascal.

annachristine
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Beitrag von annachristine » 13.02.2009, 20:54

Hallo im Forum,
ich habe einige Tage gebraucht, um eine Meinungsäußerung eines ehemaligen Studienfreundes zu verarbeiten.
Mein Mann hat seit 2 Jahren CLL; Chemo mit Ritu/Benda hinter sich gebracht; alle "Nebenwirkungen" mitgemacht und geht z.Z. 1/4 jährig zur Kontrolle. Dabei erfolgt immer neben der Blutkontrolle auch eine Ultraschalkontrolle von Leber und Milz, weil beide extrem vergrößert sind. Oder auch ein CT.
Das als Vorrede.

Vor einiger Zeit hat sich ein Studienfreund gemeldet, der ein Klassentreffen der gesamten Studienklasse organisiert.
Beim ersten Telefonat habe ich auch die Erkrankung meines Mannes erwähnt und dass er körperlich unterschiedlich drauf ist durch die Leukämie und deren Folgen.
Da kam zuerst ein Erschrecken von der anderen Seite, Mitgefühle? <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_biggrin.gif">
Beim zweiten Anruf ging es um den festzulegenden Zeitpunkt des Treffens.
Ich sagte ihm, dass es vom Gesundheitszustand und der Kraft abhängt, ob wir an dem Treffen teilnehmen können.

Was mich dann aber total Erschlagen hat war die Antwort unseres Mitstudenten. "Er hat doch die Chemo überstanden und lebt nach 24 Monaten noch. Da ist er doch wieder völlig gesund!"

Mir fehlten die Worte auf diese Antwort meines Gegenüber am Hörer.
Ich habe ihm den Hinweis gegeben sich doch mal über die vielen Arten der Leukämie kundig zumachen im Forum.
Davon wollte er natürlich nicht wissen. Ich bin doch gesund!

Nun sind mein Mann und ich am Überlegen, ob wir uns nach "40 Jahren" zu diesem ersten Klasssentreffen fahren.
Es ist noch etwas Zeit bis dahin.

Meine Frage an Euch Betroffene und angehörige: Ist sowas bei Euch auch schon vorgekommen?
Bin auf die Reaktionen sehr gespannt.

Viele liebe Grüße
Christine



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