Junge Betroffene von Leukämie unter
Glivec-Therapie (Wirkstoff
Imatinib) stehen oft vor dem Dilemma der Familienplanung, da die Therapie ein nahezu normales und uneingeschränktes Leben ermöglicht, die langfristigen Auswirkungen der Therapie auf die Zeugungsfähigkeit beim Mann und den Fötus bei der Frau jedoch nicht bekannt sind. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel wurden nun die im Rahmen der bisherigen
Glivec-Studien bekannt gewordenen Schwangerschaften ausgewertet und erstmals veröffentlicht. Für Männer unter
Imatinib gibt es dem Bericht zufolge bisher keine objektiven Beweise gestörter Spermareifung. Mit
Imatinib behandelte Frauen sollten wegen der potentiellen Fruchtschädigung jedoch während der gesamten Therapie auf Empfängnisverhütung achten, so der Artikel.
Im Folgenden nun ein Auszug aus dem am Ende des Artikels genannten Bericht (Übersetzung aus dem Englischen):
Männliche Fertilität und Schwangerschaften bei Partnerinnen von Imatinib-PatientenEs gab keine Beweise, dass
Imatinib klastogen (zerstörend) oder
mutagen (erbgutverändernd) ist, und es wird daher erwartet, dass Spermien unter
Imatinib-Therapie qualitativ normal sind.
Jedoch war die
Spermatogenese (die Reifung der Samenzellen) gestört in Ratten, Hunden und Affen. Diese Beobachtung gab Anlass zur Sorge, dass mit
Imatinib behandelte Menschen eine reduzierte Menge an Samen haben können. Klinische Erfahrungen haben dies jedoch bisher nicht bestätigt. Auch wenn die Samenmenge kein in Hinsicht auf
Toxizität (Giftigkeit) zu untersuchendes Kriterium in der
IRIS-Studie (Studie 106) war, wurden inadäquate Samenmengen nicht berichtet.
Bei einem Patienten wurde eine reduzierte Samenmenge bei einer Untersuchung wegen Unfruchtbarkeit festgestellt. Mit fortgesetzter
Imatinib-Behandlung verbesserte sich die Anzahl der Spermien ein wenig und die Empfängnis trat dann ohne weitere medizinische Intervention ein. Ein zweiter Patient hatte normale Samenzahlen während der Einnahme von
Imatinib, bevor er eine
Kryokonservierung von Spermien als Zeugungsreserve durchführte.
Unter den Männern, die in
klinischen Studien mit
Imatinib behandelt wurden, gibt es Berichte über 13 Schwangerschaften bei deren Partnerinnen. Dies unterstützt die Annahme, dass die
Spermatogenese nicht gestört ist. Zusätzlich wurde von fünf Schwangerschaften bei Partnerinnen von Männern unter
Imatinib-Therapie, die ausserhalb von
klinischen Studien behandelt wurden, berichtet.
Ergebnisse von Schwangerschaften bei Partnern von mit
Imatinib behandelten Männern:
Klinische Studien13 Schwangerschaften bei Partnerinnen von männlichen
Imatinib-Patienten
8 CML in
chronischer Phase (400 mg); 4
akzelerierte CML (600 mg); 1 GIST (800 mg)
- 4 normale Kleinkinder
- 2 noch andauernde Schwangerschaften
- 2 indizierter Schwangerschaftsabbruch aus sozialen Gründen (normaler Schwangerschaftsabbruch)
- 1 spontaner Schwangerschaftsabbruch
- 1 Tod in utero in der 13. Woche
- 3 keine Information
Berichte ausserhalb klinischer Studien
- 5 Schwangerschaften mit beschränkter Aufklärung (4 noch andauernd)
Schwangerschaftsausgänge bei mit Imatinib behandelten FrauenPräklinische Untersuchungen zeigten, dass
Imatinib in Ratten, aber nicht Kaninchen teratogenetisch war (
teratogen = die Entstehung von Fehlbildungen bei Embryonen fördernd). Diese Beobachtungen führten zur Empfehlung, dass Frauen während der
Imatinib-Therapie angemessene Methoden für Empfängnisverhütung verwenden sollten.
Trotz der Empfehlung, eine Empfängnis während der
Imatinib-Behandlung zu vermeiden, gibt es Berichte über 26 unter
Imatinib-Therapie ausgetretene Schwangerschaften (15 in klinischen Versuchen, 11 ausserhalb klinischer Versuche). Die Erkenntnisse sind in untenstehender Tabelle zusammengefasst.
Nur eine Patientin nahm die
Imatinib-Therapie während einer laufenden Schwangerschaft wieder auf. Bei dieser Patientin, die gegen CML in der
Blastenkrise behandelt wurde, wurde die
Imatinib-Therapie zum Zeitpunkt der Feststellung der Schwangerschaft uoterbrochen (etwa 22 Schwangerschaftswochen), aber nach einem Rückfall der Krankheit wieder aufgenommen. Die Patientin setzte
Imatinib mit adäquater Kontrolle der
Blastenkrise fort und brachte letztlich ein normales Kleinkind zur Welt.
Die Daten zum Ausgang von Schwangerschaften müssen mit äußerster Vorsicht interpretiert werden, da die Berichte auf anekdotisch berichteten Einzelfällen basieren und die Fakten aufgrund abweichender Berichterstattung nicht vergleichbar sein können. Obwohl zwei gesunde Kinder geboren wurden,
genügt diese Information nicht, existierende Empfehlungen zu ändern, dass mit
Imatinib behandelte Frauen effektive Empfängnisverhütung während der gesamten Therapie betreiben sollten. Im Fall unbeabsichtigter Empfängnis während
Imatinib-Behandlung müssen die Entscheidungen hoch individualisiert gefällt werden. Frauen müssen über präklinische Erfahrungen, die eine
Teratogenität (d.h. mögliche Fruchtschädigung durch die Therapie) gezeigt haben, informiert werden. Ausserdem müssen sie sich über die Gefahr eines Fortschreitens der Krankheit bewusst sein, wenn sich die Patientin dafür entscheidet, die Schwangerschaft fortzusetzen und hierfür die
Imatinib-Therapie zu unterbrechen. Es gibt keine Daten, die zeigen, dass fortgesetzte
Imatinib-Behandlung während einer Schwangerschaft empfohlen werden kann.
Klinische Studien15 Schwangerschaften in weiblichen Patienten unter
Imatinib für 5-65 Wochen, Schwangerschaften festgestellt in der 5.-22. Schwangerschaftswoche: 14 CML-Patientinnen in
chronischer Phase (400 mg); 1 CML-Patientin in
Blastenkrise (600 mg)
- 9 gewählte, therapeutische Schwangerschaftsabbrüche
- 1 spontaner Schwangerschaftsabbruch
- 2 noch andauernde Schwangerschaften
- 3 Geburten:
- 2 normale Kleinkinder (1 in einer Blastenkrise-Patientin unter Imatinib-Therapie für 30 Wochen; Patienten stoppte Imatinib in Woche 22, hatte dann Relapse und setzte Imatinibtherapie fort; Kind kam gesund zur Welt)
- 1 Hypospadie
Berichte ausserhalb klinischer Studien11 Schwangerschaften in weiblichen Patientinnen unter
Imatinib für 5-80 Wochen, Schwangerschaften festgestellt in der 5.-23. Schwangerschaftswoche: 5 CML-Patientinnen in
chronischer Phase (400 mg); 3 CML in
akzelerierter Phase (600 mg); 1 GIST-Patientin (200 mg); 2 nicht genauer bezeichnet
- 2 indizierte Schwangerschaftsabbrüche (eine wegen Hydrocephalus (Wasserkopf), kongenitaler Herzfehler, 2 Gefäßchorda)
- 4 spontane Schwangerschaftsabbrüche
- 2 noch andauernde Schwangerschaften
- 3 keine Information
Quelle: Auszug und Übersetzung von Jan aus dem Englischen: '
Imatinib Treatment: Specific Issues Related to Safety, Fertility, and Pregnancy', Martee L. Hensley and John M. Ford, Seminars in Hematology, Vol 40, No 2, Suppl 2 (April), 2003: pp 21-25. Diese Übersetzung ist ohne Gewähr auf sachliche oder formale Richtigkeit und keinesfalls als medizinischer Ratschlag zu verstehen. Beachtet bitte unser Impressum.
Kryokonservierung
Einfrieren und Lagerung von biologischem Material bei extrem tiefen Temperaturen (z.B. durch Verwendung von flüssigem Stickstoff bei -196 Grad Celsius)
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Spermatogenese
die Reifung der Samenzellen
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
Fertilität
Fruchtbarkeit, Fähigkeit zur Zeugung von Kindern
IRIS-Studie
Phase-III, in der Imatinib mit Interferon+AraC verglichen wurde, und die zur Marktzulassung von Imatinib führte. Viele der 1106 Patienten werden bis heute weiter in der Studie betreut, wodurch Langzeit-Sicherheitsdaten gesammelt werden. IRIS steht für International Randomized trial of Interferon/Ara-C versus STI571.
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
teratogen
Die Entstehung von Fehlbildungen bei Embryonen von Menschen und Tieren fördernd. Die Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen vor allem zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft kann Fehlanlagen und Störungen unterschiedlichster Organsysteme verursachen. Viele Zytostatika gelten als teratogen.
klastogen
Zerstörung bewirkend, z.B. klastogene Wirkung eines Tumors.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
mutagen
Stoff oder äußerer Faktor (z.B. Bestrahlung), der erbgutverändernd wirkt, also Mutationen auslöst
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Tyrosinkinase-Domäne
Die Tyrosinkinase-Domäne liegt auf der intrazellulären Seite und wird, im Gegensatz zu anderen Proteinkinasen, in dieser Familie durch eine eingeschobene Sequenz zweigeteilt.
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Klinische Studie
Wissenschaftliche Forschungsarbeit zur Behandlung von Krankheiten beim Menschen nach strengen medizinischen und ethischen Regeln
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
teratogen
Die Entstehung von Fehlbildungen bei Embryonen von Menschen und Tieren fördernd. Die Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen vor allem zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft kann Fehlanlagen und Störungen unterschiedlichster Organsysteme verursachen. Viele Zytostatika gelten als teratogen.
teratogen
Die Entstehung von Fehlbildungen bei Embryonen von Menschen und Tieren fördernd. Die Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen vor allem zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft kann Fehlanlagen und Störungen unterschiedlichster Organsysteme verursachen. Viele Zytostatika gelten als teratogen.
teratogen
Die Entstehung von Fehlbildungen bei Embryonen von Menschen und Tieren fördernd. Die Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen vor allem zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft kann Fehlanlagen und Störungen unterschiedlichster Organsysteme verursachen. Viele Zytostatika gelten als teratogen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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