Mehr als 1,25 Millionen Menschen sind inzwischen in der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) eingetragen. Dadurch konnte die DKMS bereits rund 8.000
Transplantationen ermöglichen. Doch immer noch sucht jeder vierte Patient vergeblich nach einen passenden Spender. Im Bereich der Aufklärung und der Gewinnung von potenziellen Spendern kooperiert die DKMS mit bundesweit mehr als 26.000 Ärzten. Allerdings erschweren Vorurteile und Unwissen zum Thema Stammzellspende die Neugewinnung von Spendern. Ein Artikel im Deutschen Ärzteblatt erklärt die Hintergründe von Typisierung und Überprüfung der Kompatibilität von Spendern sowie Methoden der Stammzellsammlung.
Auszug aus dem Artikel "Suche nach dem genetischen Zwilling" im Deutschen Ärzteblatt Statistisch erkrankt alle 45 Minuten in Deutschland ein Mensch an Leukämie. Bei vielen schwerwiegenden Erkrankungen des blutbildenden Systems bedeutet die Übertragung gesunder
Stammzellen die einzige Chance auf Heilung. Seit 1991 sensibilisiert die DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei gemeinnützige GmbH für diese Problematik und gewinnt Menschen dafür, sich als potenzielle Stammzellspender registrieren zu lassen. Mehr als 1,25 Millionen Menschen sind inzwischen in der weltweit größten Datei eingetragen. Dadurch konnte die DKMS bereits rund 8.000
Transplantationen ermöglichen.
Gerade im Bereich der Aufklärung, aber auch bei der Aufnahme von neuen Spendern, ist die DKMS auf die Unterstützung der niedergelassenen Ärzte angewiesen. Bundesweit kooperiert die Organisation bereits mit mehr als 26 000 Ärzten. Diese legen in ihren Räumlichkeiten Informationsmaterial aus, stehen ihren Patienten für Fragen rund um die Stammzellspende zur Verfügung und führen zum Teil auch die für die Ersttypisierung notwendige Blutentnahme durch. Diejenigen unter ihnen, die als Betriebsärzte tätig sind, sensibilisieren Unternehmen über die Möglichkeit und Notwendigkeit von Stammzellspenden – zum Beispiel indem sie den Mitarbeitern eine Typisierung am Arbeitsplatz ermöglichen (Betriebstypisierungen).
Allerdings erschweren Vorurteile und Unwissen zum Thema Stammzellspende die Neugewinnung von Spendern. So glauben noch immer viele Menschen fälschlicherweise, dass
Stammzellen aus dem Rückenmark entnommen werden. Darüber hinaus wissen die wenigsten, dass bei einer peripheren Stammzellentnahme weder eine Vollnarkose noch ein stationärer Klinikaufenthalt nötig sind. Doch diese Form der Entnahme findet inzwischen in mehr als 75 Prozent der Fälle Anwendung.
Auch hinsichtlich des Procedere herrscht Unklarheit: Zunächst spritzt sich der Spender fünf Tage lang den
hämatopoetischen Wachstumsfaktor G-CSF, um die Produktion von
Stammzellen im
Knochenmark und deren Ausschwemmung ins Blut anzuregen. Über eine
Apherese werden anschließend die Zellen aus dem Blut gesammelt. Dieser Eingriff dauert einige Stunden und wird ambulant durchgeführt. Nur noch bei knapp einem Viertel aller Spender wird das
Knochenmark unter Vollnarkose aus dem hinteren Beckenkamm entnommen. Ein dreitägiger Krankenhausaufenthalt
genügt bei diesem Eingriff, dessen Risiko im Wesentlichen auf die Narkose beschränkt ist.
Viele Menschen, die sich mit dem Gedanken tragen, Stammzellspender zu werden, haben vor einer Typisierung das Bedürfnis, die Meinung ihres Hausarztes einzuholen. Insofern begrüßt es die DKMS, wenn niedergelassene Ärzte diesen Entscheidungsprozess begleiten und ihren Patienten entsprechendes Informationsmaterial zur Verfügung stellen.
Darüber hinaus sind die Ärzte des Vertrauens natürlich auch gefragt, wenn die Entscheidung für eine Aufnahme in die Datei gefallen ist, da für die Ersttypisierung des potenziellen Spenders eine 5-ml-Blutprobe benötigt wird. Diese geringe Menge reicht, um mit modernen molekularbiologischen Methoden einen Teil der HLA-Merkmale (Human Leukocyte Antigens), nämlich die Loci-HLA-A und -B, des potenziellen Spenders zu bestimmen.
Doch nicht jeder, der sich in einer Stammzellspenderdatei registrieren lässt, wird auch tatsächlich zur Spende aufgefordert. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb der folgenden zehn Jahre zum Stammzellspender zu werden, beträgt rund 1,5 Prozent. Im Fall einer Übereinstimmung der Merkmale erfolgt zusätzlich eine so genannte HLA-DRB1-Typisierung, die einen genaueren Abgleich der HLA-Merkmale von Spender und Patient ermöglicht.
Da jeder Mensch jeweils die Hälfte seiner HLA-Merkmale von einem Elternteil erhält, besteht unter Geschwistern eine 25-prozentige Chance, sich als Stammzellspender helfen zu können. Doch die Familien werden wegen sinkender Geburtenrate immer kleiner. Folglich steigt der Bedarf an Fremdspendern, da im Ernstfall immer seltener auf Geschwister zurückgegriffen werden kann. Für etwa ein Viertel der Patienten können HLA-identische Geschwister-Spender ermittelt werden. Andere Verwandte sind nur in weniger als einem Prozent der Fälle passend. Bei der großen Vielfalt der Gewebemerkmale in der Bevölkerung (es gibt theoretisch mehr Kombinationsmöglichkeiten als Menschen auf dieser Erde) ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Merkmale bei zwei nicht verwandten Personen übereinstimmen, jedoch nicht sehr groß. Sie variiert je nach Merkmalkombination von eins zu einigen Tausend bis eins zu mehreren Millionen.
Bei mehr als 2.000 bekannten HLA-Merkmalen, die in ihrer Häufigkeit stark variieren, hängt die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Fremdspender für einen Patienten zu finden, in hohem Maße von dessen individueller Merkmalsausprägung ab. Außerdem ist die Häufigkeitsverteilung der HLA-Merkmale mit der ethnischen Herkunft korreliert. Das führt dazu, dass Patienten aus Ländern ohne große Dateien potenzieller Stammzellspender oft weniger gute Chancen haben, einen passenden Spender zu finden. Die DKMS geht verschiedene Wege, um die Diversität und Qualität der Datei zu erhöhen:
- Sie registriert gezielt potenzielle Spender aus den Reihen der in Deutschland lebenden ethnischen Minderheiten.
- Sie kontaktiert bereits typisierte Spender mit ungewöhnlichen HLA-Merkmalen, um auch deren Familienmitglieder als Spender zu gewinnen.
- Sie unterzieht Spender der Datei, die aufgrund ihres HLA-A- und HLA-B-Vorbefundes mit hoher Wahrscheinlichkeit als Spender infrage kommen, einer prospektiven HLA-DRB1-Typisierung, um im Ernstfall Zeit zu sparen.
Auch das Thema Forschung spielt eine zentrale Rolle: Bedenkt man, dass inzwischen wesentlich mehr HLA-Merkmale bekannt und identifizierbar sind als noch vor einigen Jahren, hat das zwei maßgebliche Konsequenzen: Zum einen ist es schwieriger, den perfekt HLA-gematchten Spender – das heißt: mit optimal kompatiblen HLA-Merkmalen – zu finden. Viele Paarungen, die man in der Vergangenheit für einen perfekten Match hielt, würde man nach dem heutigen Wissensstand anders beurteilen.
Zum anderen kann man davon ausgehen, dass heute im Falle einer erfolgreichen Spendersuche Patient und Spender bezüglich ihres HLA-Befundes besser übereinstimmen und somit die Erfolgschancen der
Transplantation besser sind. Aber trotz dieser Fortschritte ist die Stammzelltransplantation immer noch eine Therapie mit hohen Risiken. Wahrscheinlich gibt es weitere genetische Einflussfaktoren außerhalb des HLA-Systems, die den Transplantationserfolg signifikant beeinträchtigen können.
Um bei der Überprüfung entsprechender Forschungshypothesen helfen zu können, bewahrt die DKMS eingefrorene Blutproben von Spendern und Empfängern auf. Diese können zu einem späteren Zeitpunkt für weiterführende Untersuchungen herangezogen werden, um Korrelationen solcher Einflussfaktoren mit dem Transplantationsergebnis nachzuweisen. Auf diese Weise soll in Zukunft eine noch bessere Spenderauswahl möglich werden.
Aufgrund der höheren Erfolgschancen (zum Beispiel durch exakteres Matching von Spendern und Patienten) kommt die Stammzelltransplantation als
kurative Therapie bei einer wesentlich größeren Patientengruppe und einer steigenden Zahl von Krankheitsbildern zum Einsatz. Der Bedarf an Spendern nimmt kontinuierlich zu. 1999 hat die DKMS 637 Stammzellentnahmen ermöglicht, während sich diese Zahl 2004 mit 1.447 Entnahmen schon mehr als verdoppelt hat. Insofern spielt der weitere quantitative und qualitative Ausbau der Datei für Fortschritte im Kampf gegen Leukämie eine zentrale Rolle. Denn immer noch sucht jeder vierte Patient vergeblich nach seinem "genetischen Zwilling".
Quelle:Deutsches Ärzteblatt 102, Ausgabe 41 vom 14.10.2005, Seite A-2762 Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Knochenmark
Das Innere der großen Knochen - vor allem des Hüftknochens und des Oberschenkels. Dort werden die Blut- und Immunzellen gebildet. Das Knochenmark bildet sich ständig neu.
prospektiv
Im Gegensatz zu retrospektiv wird ein Problem vom Beginn der Untersuchung an zeitlich gesehen nach vorn betrachtet/beobachtet. Prospektive Studien sind eine Form von epidemiologischen Studien.
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Apherese
Verfahren, um Zellen aus dem Blut zu separieren (auszusondern). Es wird benutzt, um Stammzellen zu sammeln, aber auch, um Thrombozytenkonzentrat herzustellen. Das Blut wird dabei durch eine Maschine gepumpt, in der sich eine Zentrifuge befindet. Die Stammzellen setzen sich dabei in einer Schicht ab, die abgesaugt wird. Das restliche Blut wird wieder aufgemischt und dem Patienten zurückgegeben. Bei sehr guten Venen kann die Apherese über die Armvenen erfolgen. In der Regel wird aber ein sog. Shaldon- oder Dialyse-Katheter verwendet. Das ist ein etwas dickerer Katheter mit zwei Lumina (Kanälen), der in einer Hals- oder Schlüsselbeinvene liegt. Die Prozedur selbst ist schmerzlos und wenig belastend. Sie dauert ca. vier Stunden pro Sammlungssitzung und wird jeden Tag wiederholt, bis genügend Zellen gesammelt sind, jedoch höchstens vier Mal.
kurativ
heilend, auf Heilung ausgerichtet, Gegensatz zu palliativ
Antigen
Molekül, das vom Immunsystem als fremd erkannt wird, Molekül, das von einem Antikörper erkannt wird, z.B. auf der Oberfläche von Zellen
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
MDS
Das Myelodysplastische Syndrom (MDS) bildet eine grosse Gruppe erworbener klonaler Knochenmarkskrankheiten, die durch ein zunehmendes Versagen der Knochenmarksfunktion gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zur aplastischen Anämie ist das Knochenmark zellreich. Da jedoch die Blutbildung (Hämatopoese) ineffektiv ist, kommt es zur peripheren Panzytopenie.
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
sequenzieren
Bestimmen der Reihenfolge von Nucleotiden.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
prospektiv
Im Gegensatz zu retrospektiv wird ein Problem vom Beginn der Untersuchung an zeitlich gesehen nach vorn betrachtet/beobachtet. Prospektive Studien sind eine Form von epidemiologischen Studien.
prospektiv
Im Gegensatz zu retrospektiv wird ein Problem vom Beginn der Untersuchung an zeitlich gesehen nach vorn betrachtet/beobachtet. Prospektive Studien sind eine Form von epidemiologischen Studien.
kurativ
heilend, auf Heilung ausgerichtet, Gegensatz zu palliativ
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
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