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Im Jahr 2001, also noch vor Zulassung von Imatinib in Europa, wurde an der Universitätsklinikum Mannheim eine CML-Studie gestartet, in der 20 Patienten mit einer Kombination des noch nicht zugelassenen Imatinibs mit verschiedenen Dosen des für die CML-Therapie nicht zugelassenen Langzeit-Interferons Interferon Alpha2 (Peg-IFN) behandelt wurden. Auch wenn die Studie bereits vor einigen Jahren endete und es aufgrund der guten Ergebnisse der Imatinib-Monotherapie nie zu Zulassungsversuchen von Peg-IFN kam, wurden die Patienten über die Jahre weiter engmaschig beobachtet.

Ein aktueller Fachartikel gibt nun nach median 8 Jahren Beobachtungszeit einen Überblick der 20 Patienten, von denen alle Imatinib und zehn dann auch Interferon unter eng kontrollierten Bedigungen in tiefer Remission absetzten. 3 Patienten starben an nicht-CML-bezogenen Todesursachen. 9 Patienten verblieben in therapiefreier Remission, weitere 4 sind unter Interferon weiter in tiefer Remission.

Der Artikel wirft dabei ein besonderes Augenmerk auf die mögliche Rolle von Interferon in der Erhaltungstherapie und für das erfolgreiche Absetzen der TKI-Therapie. Auch wenn die Fallzahl mit 20 Patienten keine statistisch gültige Aussage erlaubt, sind die Ergebnisse und Erwägungen aufschlussreich. Die Schlussfolgerung ist, dass eine Interferon-Imatinib-Einleitungstherapie, gefolgt von einer zeitweiligen Erhaltungstherapie mit Interferon, einem hohen Anteil der CML-Patienten mit wenigstens guter molekularer Remission (MMR) bei Ende der Behandlung mit Imatinib das Absetzen der Behandlung ermöglichen könnte.

Wir haben den Artikel daher ins Deutsche übersetzt.


Übersetzung von Niko aus dem Englischen, ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit

Die Interferon alpha2-Erhaltungstherapie könnte hohe Anteile des Absetzens der Behandlung bei chronisch-myeloischer Leukämie (CML) ermöglichen

Eine Minderheit der CML-Patienten kann die Behandlung mit Imatinib absetzen. Die Art und Weise der Behandlungen, mit denen dieser Anteil erhöht werden kann, ist zur Zeit unbekannt. In diesem Artikel wird die Rolle von Interferon alpha 2a (IFN) beim Absetzen der Behandlung in einer schon vorher beschriebenen Kohorte von 20 Patienten mit CML in chronischer Phase bewertet, die zunächst mit IFN alpha und Imatinib behandelt wurden, gefolgt von einer IFN-Monotherapie zur Erhaltung des zytogenetischen oder molekularen Ansprechens nach dem Absetzen von Imatinib. Nach einer medianen Beobachtungszeit von 7.9 Jahren (5.2 – 12.2) betrug das rückfallfreie Überleben 73% (8 von 11 Patienten) bzw. 84% (5 von 6) für Patienten, die Imatinib in guter molekularer Remission (MMR) bzw. MR4/5 absetzten. Zehn Patienten setzten IFN nach einem Median von 4.5 Jahren ab (0.24 – 9.3). Nach einem Median von 2.8 Jahren (0.7-5.1) verblieben neun der Patienten in behandlungsfreier Remission mit MR5 (n=6) und MR 4.5 (n=3). Die vier Patienten, die immer noch mit IFN behandelt werden, befinden sich stabil in MR5, MR4.5, MR4 bzw. MMR. Die Schlussfolgerung ist, dass eine IFN/Imatinib-Induktionstherapie, gefolgt von einer zeitweiligen Erhaltungstherapie mit IFN einem hohen Anteil der CML-Patienten mit wenigstens MMR bei Ende der Behandlung mit Imatinib das Absetzen der Behandlung ermöglichen kann.

Einleitung

Etwa 40% der Patienten mit CML in chronischer Phase erreichen nach länger anhaltender Behandlung mit Imatinib eine stabile molekulare Remission (MR) bzw. MR 4.5. Die „tiefe“ dieses Ansprechens ist klinisch bedeutend, weil sie mit einem vernachlässigbaren Rückfallrisiko und verbessertem Überleben in Verbindung gebracht werden und den Patienten zur Teilnahme an Studien zum Absetzen der Behandlung qualifizieren. Jedoch erreichen entweder die meisten Patienten nicht MR 4.5 oder erleiden einen Rückfall, wenn die Behandlung mit Imatinib zu früh abgesetzt wird. Strategien zur Erhöhung des Anteils der CML-Patienten, die ihre Behandlung erfolgreich absetzen können, sind derzeit unbekannt.

Bis zur Einführung von Imatinib wurde Interferon alpha als Standardbehandlung für die CML verwendet. Im Gegensatz zu Imatinib erzeugt IFN nur bei einer kleinen Minderheit der CML-Patienten vollständiges zytogenetisches Ansprechen (CcyR). IFN ist ausserdem im Vergleich mit Imatinib signifikant weniger wirksam bei der Auslösung molekularen Ansprechens. Im Gegensatz zu den mit Tyrosinkinasehemmern erreichten Remissionen erreichen optimal molekular ansprechende Patienten unter IFN nur sehr selten, falls überhaupt, ein tiefes molekulares Ansprechen (z.B. MR4.5). Trotzdem wurde ein erfolgreiches Absetzen der Behandlung häufig bei Patienten beobachtet, die unter IFN ein vollständiges zytogenetisches Ansprechen erreichten. Tatsächlich wurde gezeigt, dass sich mit dem Erreichen eines BCR-ABL/ABL-Transskriptpverhältnisseseses unter 0.045% ein hoher Anteil an rückfallfreiem Überleben unter weiterlaufender IFN-Therapie vorhersagen liess.

Im Gegensatz dazu könnten Patienten unter Imatinib-Behandlung, die MR4 oder MR4.5 nicht erreichen, ohne realistische Chance sein, frei von Rückfällen zu bleiben. Als Konsequenz wurden Patienten, die MR4 oder MR4.5 nicht erreichten, von den Studien zum Absetzen der Behandlung ausgeschlossen. Unglücklicherweise erleiden sogar Patienten mit langanhaltender MR4/MR4.5-Remission häufig Rückfälle. Es scheint so, dass sich die Mechanismen der Induktion, der Remission und deren Erhaltung zwischen TKI- und IFN unterscheiden. Es war deshalb vernünftig, die verschiedenen Wirkungsweisen von IFN und TKI in Studien zur Kombinationstherapie zusammenzufassen. Zwei dieser Studien, die pegylierte Formen von IFN nutzten, ergaben signifikant verbessertes frühes molekulares Ansprechen für die Kombinationstherapie.

Es wurde von den Autoren bereits früher gezeigt, dass CML-Patienten, die zu Beginn eine Kombinationstherapie aus Imatinib und IFN erhalten haben, geringere Anteile früher Progression und einen Trend zu tieferer molekularer Remission trotz der Abwesenheit selektiver Abl-Kinasehemmung aufwiesen. In dieser aktuellen Untersuchung berichten wir über die Nachsorge nach 8 Jahren an diesen Patienten. IFN ermöglicht das Absetzen der Behandlung in den meisten Patienten, solange diese wenigstens eine MMR zum Zeitpunkt des Absetzens der Behandlung mit Imatinib erreichten.

Methoden

Patienten und Behandlung

Zwanzig Patienten mit CML in chronischer Phase wurden mit einer Imatinib/IFN-Kombinationstherapie behandelt. Die Erstlinientherapie in dieser Kohorte bestand aus einer Kombination von 400mg Imatinib täglich und begleitende subkutane Injektionen entweder mit rekombinanten IFN (3-5 Injektionen mit jeweils 3-5 Mio. IU wöchentlich) oder mit 90-135 µg pegyliertem IFNalpha 2a (Pegasys, Roche, Basel, CH) einmal alle 1-3 Wochen entsprechend der Wirksamkeit und Verträglichkeit. Die Charakteristik der CML und der Erkrankung wurden vorher im Detail aufgezeichnet. In Kürze: Der Altersmedian der Patienten betrug 45 Jahre (24-74). Der Euro-Score setzte sich aus Patienten mit geringem Risiko (n=13), mittlerem Risiko (n=6) und hohem Risiko (n=1) zusammen. Der Median der Dauer der Behandlung mit der Kombination aus Imatinib und IFN vor dem Absetzen der Imatinib-Behandlung war 2.4 Jahre. Die Patienten setzten Imatinib entweder wegen Nebenwirkungen (n=5) oder auf Wunsch des Patienten ab (n=15). Das Datum des Absetzens der Behandlung mit Imatinib wurde als Grundlinie betrachtet.

Die Niedrigdosis-Erhaltungstherapie bestand aus Peg-IFN2a bei einer medianen Dosis von 135µg alle 4 Wochen (135µg alle 2-12 Wochen, n=17) oder IFN 2bis 4x3 Mill. IU IFN/Woche (n=3). Die Dosen bzw., die Injektionsintervalle des IFN während der Erhaltungstherapie wurden stetig reduziert, nicht nur in Abhängigkeit der Verträglichkeit und des molekularen Ansprechens, sondern auch abhängig von der Motivation der Patienten zur Fortsetzung der Behandlung. Bei der Mehrheit der Patienten wurde die Behandlung mit IFN schliesslich abgesetzt (Tabelle1).

Bewertung des Ansprechens sowie rückfallfreien und behandlungsfreien Überlebens  

Für die Bewertung der restlichen BCR-ABL-mRNA-Transkripte wurden die folgenden Untersuchungen alle 3-6 Monate, unter Einhaltung der Prozeduren und Definitionen molekularen Ansprechens wie bereits publiziert, durchgeführt. Das Kriterium für einen Rückfall, das in der ersten Analyse verwendet wurde, war ein BCR-ABL-Transkriptlevel von >1% IS zu irgendeinem Zeitpunkt nach Absetzen von Imatinib. Weil kürzlich gezeigt wurde, dass ein Anstieg der BCR-ABL-Transkriptlevels auf >0.1% IS bzw. Verlust der MMR ein sicherer Schwellenwert zur Wiederaufnahme der TKI-Behandlung nach dessen Absetzen ist, wurde ein Rückfall in dieser Analyse als ein BCR-ABL-Transkriptlevel >0.1% zu jedem Zeitpunkt 3 Monate nach Absetzen der Behandlung mit Imatinib definiert.

Für das Auftreten eines Rückfalls war irrelevant, ob er während der Erhaltungstherapie mit IFN oder später in behandlungsfreier Remission auftrat, im Fall, dass auch die Erhaltung mit IFN abgesetzt wurde. Das rückfallfreie Überleben wurde ausgehend vom Datum des Absetzens von Imatinib bis zum Datum des Rückfalls oder bis zum Datum der neuesten molekularen Bewertung der Patienten ohne Rückfälle berechnet. Die Daten von Patienten, die an anderen Ursachen als an CML verstarben, wurden nicht berücksichtigt. Das Behandlungsfreie Überleben wurde als die Zeitspanne des Absetzens der Erhaltungstherapie mit IFN und der Wiederaufnahme der Behandlung mit einen TKI definiert. Wenn keine Behandlung mit einem TKI wiederaufgenommen wurde, wurden die Patienten mit dem letzten Kontakt vor dem August 2014 bewertet.

Statistik

Eine statistische Analyse der Signifikanz der Unterschiede des molekularen Ansprechens an der Basislinie zwischen Patienten mit Rückfällen bzw. ohne Rückfälle wurde mittels eines Zweistichproben-t-Tests durchgeführt, und ein P-Wert < 0.5 wurde als signifikant betrachtet.

Ergebnisse

Überleben

Nach einem Median von 11.1 Jahren nach Diagnose (9.9-13.2) betrug das Gesamtüberleben der Kohorte 85% (17 von 20 Patienten). Nicht CML-bezogene Todesursachen waren: Herzversagen (n=1), Philadelphia-negative refraktäre Anämie mit Blastenüberschuss-2 Myelodysplastischen Syndrom (n=1) und Darmkrebs (n=1).

Rückfallfreies Überleben

Nach einem Median von 7.9 Jahren nach Absetzen von Imatinib (5.8-12.2), die eine mediane Dauer der IFN-Erhaltungstherapie von 4.5 Jahren (0.2-8.2) betrug das gesamte rückfallfreie Überleben 65% (13 von 20 Patienten). 6 Patienten (30%) erlitten einen Rückfall während der Erhaltungstherapie mit IFN, und nur einer nach Absetzen der IFN-Behandlung. Die Gründe für das Absetzen von IFN bei 10 der 14 rückfallfreien Patienten waren (i) anhaltendes tiefes molekulares Ansprechen wie MR4 oder besser (n=9) oder Nebenwirkungen (Neuropathie, n=1). Der Median der Zeit in behandlungsfreier Remission bei den Patienten, die IFN absetzten, betrug 2.7 Jahre (0.3-5.1).

Molekulare Remission an der Basislinie und rückfallfreies Überleben

Keiner der drei Patienten, die Imatinib absetzten, ohne zumindest eine MMR erreicht zu haben, erreichten eine MMR während der Erhaltungstherapie mit IFN. Im Gegensatz dazu blieben 8 von 11 Patienten (73%), die Imatinib nach Erreichen einer MMR absetzten, frei von Rückfällen während der Erhaltungstherapie mit IFN. Keiner der sechs Patienten dieser Kohorte, die in der Folge auch IFN absetzten, erlitten einen Rückfall. Zum Zeitpunkt der aktuellsten Überwachung blieb diesen Patienten die behandlungsfreie Remission mit MR4.5 (n=3) oder MR5 (n=3) erhalten. Ausserdem erlitt keiner der sechs Patienten, die Imatinib in MR4 (n=4) oder in MR 4.5 (n=2) absetzten, einen Rückfall. Einer der vier Patienten dieser Kohorte, die in der Folge IFN absetzten, erlitt einen Rückfall. Insgesamt, von den 17 Patienten, die Imatinib entweder in MMR (n=11), MR4 (n=4) oder MR4.5 (n=2) absetzten, blieben 13 Patienten (76%) frei von Rückfällen, wobei 9 Patienten eine behandlungsfreie Remission behalten. Die vier Patienten, die noch pegyliertes IFN einmal alle 4-12 Wochen spritzen, befinden sich in stabiler MMR (n=1), MR4 (n=1), MR4.5 (n=1) und MR5 (n=1).

Molekulares Ansprechen nach Absetzen der Behandlung mit Imatinib

Eine nicht vorhandene MMR an der Basislinie wurde mit keinen Chancen auf ein erfolgreiches Absetzen von Imatinib in Verbindung gebracht. Bemerkenswerterweise zeigten Patienten ohne Rückfälle ein signifikant tieferes MR-Level an der Basislinie als solche Patienten mit Rückfällen (p<0.001). Aber sobald ein Patient wenigstens MMR an der Basislinie erreicht hatte, betrug seine Chance, die Remission durch IFN-Erhaltungstherapie zu erhalten oder zu verbessern, 73%. Verblüffenderweise, obwohl keiner der 13 rückfallfreien Patienten noch weiter mit TKI behandelt wurden, nahm die Tiefe des molekularen Ansprechens weiter zu. Zusammen nahm 7.8 Jahre nach Absetzen von Imatinib die Anzahl der Patienten in MR4.5 oder MR 5 von 2 zum Basislinienzeitpunkt auf 11 zum Zeitpunkt der letzten Kontrolle zu. Neun Patienten befinden sich in anhaltender behandlungsfreier Remission.

Diskussion

Beträchtliche Anstrengungen werden unternommen, um die Beständigkeit der CML [trotz Therapie] zu verstehen und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln, die die verbleibenden CML-Stammzellen auslöschen. Hier wurde gezeigt, dass die niedrig dosierte Erhaltungstherapie mit IFN nach einer Induktionstherapie mit IFN/Imatinib einen hohen Anteil von Patienten ergab, die dauerhaft ihre Behandlung mit Imatinib und IFN absetzen können.

Bisher war das Absetzen der Behandlung mit TKI nur bei einer kleinen Minderheit ausgewählter Patienten erfolgreich, die durch anhaltend nicht mehr detektierbare oder nahezu nicht detektierbare BCR-ABL-Transkriptlevel charakterisiert sind, die eine langanhaltende vorausgehende Behandlung mit TKI erfordern. Zum Beispiel, in den STIM, A-STIM und TWISTER -Studien zum Absetzen der Behandlung wurden die Patienten im Median 59-79 Monate behandelt. Wichtige Einschlusskriterien war das Erreichen und Erhalten einer MR4.5 für im Minimum 2 Jahre, bevor Imatinib abgesetzt wurde. Wohlgemerkt erreichen nur 40% aller CML-Patienten nach 8-9 Jahren der Behandlung mit Imatinib eine stabile MR4.5-Remission.

Im Gegensatz dazu war die TKI-basierte Behandlungsdauer vor dem Absetzen von Imatinib in dieser Kohorte kürzer (im Median 29 Monate), und die medianen BCR-ABL-Transkriptlevel waren nur MMR. Trotzdem war das rückfallfreie Überleben in dieser Kohorte 73% bzw. 84% für MMR und MR4/MR4.5-Patienten an der Basislinie. In anderen Worten, obwohl keiner der Patienten die Einschlusskriterien der bisher publizierten TKI-Absetzstudien erfüllte, konnten die meisten von ihnen erfolgreich Imatinib und später auch IFN absetzen.

Wegen der unkontrollierten Natur der Studie und einer relativ kleinen Patientenzahl könnte das vorteilhafte Ergebnis dieser Kohorte zum Teil auf die einseitige Auswahl der Patienten zurückzuführen sein. Zum Beispiel könnte der höhere Anteil jüngerer Patienten und/oder derjenigen Patienten mit niedrigem Sokal-Risiko zu besseren behandlungsfreien Remissionen geführt haben. Trotz allem waren erstens die Auswahlkriterien für ein besseres Ergebnis nach dem Absetzen der Behandlung mit TKI zum Zeitpunkt, als die Patienten Imatinib absetzten, unbekannt. Zweitens zeigten nachfolgende Absetz-Studien, dass das Alter kein Prognosefaktor für die behandlungsfreie Remission ist, wohingegen das Sokal-Risiko nur in einer Studie eine Voraussage erlaubte, aber nicht in zwei anderen prospektive Studien.

Historische Daten aus der Ära vor den TKI zeigten, dass niedrige BCR-ABL-Werte im Bereich, der nach IS ungefähr als MMR bezeichnet wird, mit dauerhaften Remissionen in Verbindung gebracht werden. Nur einer von 27 IFN-Patienten mit einem BCR-ABL/ABL-Verhältnis unter 0.045% erlitt in dieser Studie einen Rückfall. So könnt sich bei geringer Tumorlast die Sensitivität gegenüber IFN verbessern. Auf der Grundlage dieses Befundes könnte eine vernünftige Erklärung für den Synergismus zwischen Imatinib und IFN, der das Absetzen in dieser Kohorte ermöglicht, die Konvertierung der Patienten zum Ansprechen auf IFN durch den TKI und die Erzeugung mindestens einer MMR sein. In diesem Fall hätte eine Kombination aus einem TKI der zweiten Generation und pegyliertem IFN, wie kürzlich von Nicolini et al. gezeigt, das Potential zur substantiellen Erhöhung des Anteils der für eine Behandlungsfreie Remission geeigneten Patienten aufweisen.

Unglücklicherweise waren in dieser Studie die Dauer und die Dosierung von IFN beliebig. Wegen dieser Einschränkung können keine belastbaren Schlussfolgerungen bezüglich optimaler Dosis und der Dauer der IFN-Erhaltungstherapie gezogen werden. Frühere Empfehlungen des M.D. Anderson Cancer Center und einer grossen Europäischen Register-Auswertung legten nahe, dass die IFN-Erhaltungstherapie für 2-3 Jahre nach Erreichen einer vollständigen zytogenetischen Remission mit IFN-Monotherapie fortgesetzt werden sollte. In dieser Studie wurde die IFN-Behandlung im Median nach 54 Monaten ausgeschlichen, nach einer möglicherweise längeren Zeit als notwendig. Andererseits war in einer kleineren Untersuchung mit 6 Patienten eine im Median 5- monatige IFN-Erhaltungstherapie wirkungslos. Die Patienten in dieser Studie erhielten relativ geringe IFN-Dosen zur Erhaltungstherapie, z.B. 135µg einmal alle 3-12 Wochen. Das schien die anti-leukämische Wirkung von IFN noch nicht zu beeinträchtigen, verbesserte aber wahrscheinlich die IFN-Verträglichkeit und wahrscheinlich auch die Therapietreue wegen geringerer Nebenwirkungen. Ein Patient setzte IFN wegen der Nebenwirkungen ab. Die vier Patienten, die immer noch IFN alle 4-12 Wochen erhalten, tun das auf eigenen Wunsch.

Schliesslich kann die Zugabe geringer IFN-Dosen zu einer auf TKI basierenden Induktionstherapie, gefolgt von einer niedrigdosis-IFN-Erhaltungstherapie ein Konzept zur Erhöhung des Anteils an CML-Patienten, die ihre Behandlung dauerhaft absetzen, sein. Diese Hypothese wird zur Zeit auf randomisierte Weise in der deutschen CML-V (Tiger) Studie untersucht (NCT01657604; EudraCT 2010-024262-22).

Tabelle

Tabelle 1: Patientenüberleben und Molekulares Ansprechen nach Absetzen von Imatinib
Patient (Geschlecht/ Alter bei Imatinib-Stop) Molekulare Remission zum Zeitpunkt Imatinib-Stop Überleben nach Imatinib-Stop (Jahre) Rückfallfreie Zeit unter IFN-Behandlung (Jahre) a) Rückfall unter IFN-Behandlung a) IFN-Stop bei MR Rückfall nach IFN-Stop b) Behandlungsfreie Remission (Jahre) Gesamtes Rückfall-freies Überleben (Jahre) c) Letztes molekulares Remissions-Level (IS)
W, 24 MR 4.5 8.4 5.8 Nein Ja Nein 2.6 8.4 MR5
M, 35 MR 4.5 7.8 2.6 Nein Ja Nein 4.2 7.8 MR5
M, 53 MR4 8.7 6.6 Nein Ja Ja d) 0.3 6.9 MR5
M, 52 MR4 7.1 7.1 Nein Nein - - 7.1 MR4.5
M, 59 MR4 8.2 8.2 Nein Nein - - 8.2 MR5
M, 28 MR4 9.3 6.6 Nein Ja Nein 2.7 9.3 MR5
M, 49 MMR 7.2 7.2 Nein Nein - - 7.2 MR4
M, 52 MMR 7.6 5 Nein Ja Nein 2.6 7.6 MR4.5
W 54 MMR 7.8 7.1 Nein Ja Nein 0.7 7.8 MR4.5
M, 65 MMR 9.3 7.2 Nein Ja Nein 2.1 9.3 MR5
W, 23 MMR 7.9 4 Nein Ja Nein 3.9 7.9 MR4.5
W, 31 MMR 8.1 8.1 Nein Nein - - 8.1 MMR
M, 51 MMR 6.4, an Darmkrebs verstorben 3.5 Nein Ja Nein 2.9 6.4 MR5
W, 40 MMR 8.3 2.2 Nein Ja Nein 5.1 7.3 MR5
M, 32 Keine MMR 12.2 0.2 Ja n.a. n.a. n.a. 0.2 MR4
M, 32 MMR 7.4 0.2 Ja n.a n.a. n.a. 0.2 MMR
M, 62 MMR 5.2, an RAEB-2 MDS verstorben 0.2 Ja n.a. n.a. n.a. 0.2 BCR-ABL 0.12
M, 35 MMR 8 0.2 Ja n.a. n.a. n.a. 0.2 MR4.5
W, 28 Keine MMR 9.5 0.2 Ja n.a. n.a. n.a. 0.2 MMR
M, 74 Keine MMR 6.2, an Herz-versagen verstorben 0.2 Ja n.a. n.a. - 0.2 MR4.5
Abkürzungen: W: Weiblich; M: Männlich; IFN: Interferon Alpha; IS: Internationale Skala; MR: Molekulare Remission; MMR: gutes Molekulares Ansprechen; MDS: Myelodysplastisches Syndrom; n.a.: nicht Anwendbar; a) Rückfalldefinition: BCR-ABL >0.1% IS bzw. keine MMR zu irgendeinem Zeitpunkt drei Monate nach Imatinib-Stop; b) Rückfalldefinition: Verlust der MMR nach IFN-Stop; c)Rückfallfreies Überleben einschliesslich der behandlungsfreien Remission nach IFN-Stop; d) dieser Patient erhielt einen TKI der zweiten Generation zur Behandlung des Rückfalls.

Quelle

Interferon alpha 2 maintenance therapy may enable high rates of treatment discontinuation in chronic myeloid leukemia

A Burchert, S Saussele, E Eigendorff, MC Müller, K Sohlbach, S Inselmann, C Schütz, SK Metzelder, J Ziermann, P Kostrewa,
J Hoffmann, R Hehlmann, A Neubauer and A Hochhaus

Leukemia (2015) doi:10.1038/leu.2015.45

 

 

 

 

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