Die CML und ihre Behandlungskosten oder \"Wer soll das (noch

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unknown

Beitrag von unknown » 03.05.2008, 10:34

Hallo Marc,

mein Mann hat heute Morgen mit der Apothekerin gesprochen. Wir können die erste Hälfte bezahlen bei Abholung der Tabletten und den Rest bei Rückerstattung der Krankenversicherung. Ist schon was dran mit gutem Kunden. Es hat alles seine Vor- und Nachteile mit der privaten Krankenversicherung. Im Falle von CML und was die Behandlung angeht, denke ich mal, wird man um einiges bevorzugt. Aber heilen kann auch die Private nicht. Wir sind froh, dass es meinem Mann sehr gut geht.
Danke nochmal für den Tipp.

Gruß
Walli

Marc
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Beitrag von Marc » 02.05.2008, 17:26

Hallo Walli,

versuche es doch einfach mit der Vereinbarung eines Zahlungsziels.
U.U. kann man Glivec ja auch in der Apotheke mit der Kreditkarte zahlen,
wird dann je nach Kreditinstitut alle 4 Wochen abgebucht.
Alternativ einfach mal mit dem Apotheker sprechen, der läßt sich
für einen "guten Kunden" ja vielleicht auch auf ein Zahlungsziel ein.

Gruss

Marc
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unknown

Beitrag von unknown » 02.05.2008, 17:12

Ich wollte auch einen kleinen Beitrag bzgl. der Kosten geben. Mein Mann hat seit 2005 CML im sehr frühen Stadium erkannt. Er ist Privatpatient, d.h., wir müssen für alle Untersuchungen und auch für Glivec in Vorkasse treten. Das belastet unser Konto sehr. Denn bei der privaten KV dauert es mit der Zahlungen ca. 2-3 Wochen. Habt ihr eine Idee , ob es eine andere Möglichkeit gibt, nicht immer in Vorkasse treten zu müssen. Das fängt an der der großen Blutuntersuchung in Heidelberg, Arzt zuhause usw. usw., dann Glivec. Aber wir wollen nicht klagen, denn meinem Mann geht es sehr gut. Er arbeitet normal und auch sonst ist alles wie es vorher war. Dann zahlt man auch gerne und schränkt sich bei anderen Sachen etwas ein.
Walli

Holi
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Beitrag von Holi » 02.05.2008, 12:21

Anregung,

Ja, die Kosten sind zu Hoch. Ja, es verdienen einige zuviel Geld. Wer wieviel, darauf haben weder wir noch staatliche Behörden Einfluß. Über die Moral des Systems kann man immer streiten, aber auch daß macht niemand gesünder.
Ob Forschung im öffentlichen Besitz wirklich zu den gewünschten Ergebnissen führt, kann man zumindest bezweifeln. Die Triebkraft der Wirtschaft ist nun einmal das Maximum an Gewinn zu erzielen. Ohne diese Triebkräfte sind Ergebnisse eher zufällig und kommen um Jahre verzögert.
Ich glaube eben nicht, daß der moralisch zufriedenre Weg mit Meschenleben aufzuwiegen ist.
Nebenbei bemerkt, würden die Mittel die die Pharmaindustrie zur Forschung aufwendet den Etat des Ministeriums für Bildung und Forschung leicht sprengen. Zurzeit werden allein für Gesundheitsforschung jährlich bereits 800 Mio. Euro vom BMBF b.z.w vom Steuerzahler aufgewendet.
Ich glaube eben auch nicht das die Mehrheit der Bürger davon zu überzeugen wäre, für einen Posten im Etat mehr Geld aufzubringen, der ohne weiteres durch privates Kapital gedeckt werden kann. Moral hin oder her.

MfG Holi
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unknown

Beitrag von unknown » 30.04.2008, 23:22

Vieles und Kluges ist schon geschrieben, trotzdem vielleicht noch einmal prinzipiell meine Sicht:

1) Es ist gut, sich einmal über die ungefähren Kosten der eigenen Behandlung klar zu werden!
2) Mein eigenes Leben geht mir über alles, und deshalb werde ich alles tun, es solange wie möglich zu erhalten. Niemand kann etwas anderes von mir verlangen. (Ein Feuerwehrmann etc. mag freiwillig anders handeln - mein Respekt!)
Das setzt Kompromissen Grenzen, und das würde mich auch zum Kadi treiben, wenn mir jemand, um beim Beispiel zu bleiben, die Tabletten aus ökonomischen Gründen verweigern wollen würde oder mich zu einer Transplantation mit dem zugehörigen Sterberisiko zwingen wollen würde.
3) Daß in dieser Welt keine Gerechtigkeit herrscht, das kann man überall sehen, wenn man hinsieht. Die bulgarischen, polnischen oder afrikanischen Beispiele sind dazu nur besonders extrem. Man kann auch hierzulande, bei aller Sozialfürsorge, noch schlimme Beispiele erleben.
Das zu ändern bzw. bei stetig sich ändernden Verhältnissen immer wieder das Bestmögliche herauszuholen, sehe ich als EINE Lebensaufgabe von uns allen an.
Hier gibt es viele Wege auf vielen Ebenen - auch und gerade solche, die primär gar nichts mit Pharmakonzernen und Gesundheitsministerien zu tun haben.
Schwierig genug ist es außerdem - schon deswegen, weil es bereits eine schwierige Frage ist, was nun "gerecht" heißt - jedem das Seine? jedem das Gleiche? usw.

Insofern würde ich sagen, kann unsere Krankheit, als ein brutales Aufweck-Mittel, bewußt gemacht in all ihren geistigen und sozialen Bedeutungen, auch ein wichtiges Antriebsmittel sein, in dieser Welt für möglichst viele etwas zum Besseren wenden zu wollen.
Möge das jeder auf seinem Wege versuchen, und möge es zum beabsichtigten Ziel kommen!

Die hier diskutierten Kosten sind in dieser Perspektive dann eher nur noch ein Indiz der größeren Aufgabe.
Ich halte diese Medikamentenkosten auch für zu hoch und gehe davon aus, daß daran vorwiegend die Falschen verdienen, insbesondere auf dem Dividendenwege, usw. - bin daher auch der Meinung, daß die Forschung an Universitäten im öffentlichen Besitz gefördert werden sollte und nicht die von Privatunternehmen etc. Aber gut, dies ist meine Privatmeinung.
Wichtig ist primär das Ziel.

Pascal.

Holi
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Beitrag von Holi » 30.04.2008, 19:15

Hallo Zusammen,

es ist sicher nicht ganz unsinnig oder gar pietätlos sich einmal über den Faktor Kosten der CML Therapie Gedanken zu machen.
Ich möchte aber ohne weiter darüber zu philosophieren die Sache auf den Punkt bringen.

Wir leben (fast alle) in Deutschland und jeder von uns ist in einer Krankenkasse pflichtversichert (oder hoffentlich privatversichert).

In Deutschland, wie in den meisten europäischen Staaten gilt im Gesundheitssythem das Solidarprinzip. Die Solidargemeinschaft kommt für den Fall das der Versicherungsfall eintritt für die entsprechenden Kosten auf. Das Sozialgesetzbuch regelt einheitlich welche Leistungen der Krankenversicherte in Anspruch nehmen kann. Sobald ein Medikament die Zulassung erhält hat jeder Beitragszahler den gleichen Anspruch auf Behandlungsleistung.

Die Krankenversicherung ist im Prinzip nicht anderes als eine Risikoversicherung wie sie auch im Privatleben üblich sind.

Beispielsweise kann (sollte)man sich privat Haftpflicht versichern. Für einen moderaten Beitrag erbringt der Versicherer Schadensfall Leistungen. Diese Anspruch hat jeder dadurch erworben, daß er regelmäßig seine Beiträge entrichtet hat. Schadensummen können sehr schnell mehrstellige Summen erreichen. Es wäre für den einzelnen in den meisten Fällen der finanzieelle Ruin, müßte er diese Kosten selbst tragen. Dieses Risiko trägt der Versicherer. Dafür wird er bezahlt. Es würde wahrscheinlich kaum jemand auf die Idee kommen und die Frage nach Verhältnismäßigkeit der Kosten stellen. Und das zu recht.

Im speziellen Fall der Krankenversicherung werden doch sogar vollumfänglich Leistungen erbracht wenn geschädigte durch sein persönliches risikobehaftetes Verhalten z.B. Rauchen, Extremsport o.ä. Schaden nimmt.
Es ist ein redlich erworbener Anspruch der jeden Solidarmitglied zusteht.
Die Preise können wir nicht beeinflussen. Insofern müssen wir uns nicht selbst kasteien und uns ein schlechtes Gewissen machen.
Also geht aufrecht und selbstbewust mit eurer nicht selbst verschuldeten Erkrankung um!!!
:)

Viele Grüße an alle CMLer und Interessierten!
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Waldi
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Beitrag von Waldi » 30.04.2008, 11:38

Hallo Jan,
wenn es denn hoffentlich demnächst bessere Medikamente geben wird, wie du schreibst, dann solltest du nicht vergessen, dass auch die wieder 20 Jahre Patentschutz genießen werden. Billiger wird es damit also nicht werden. Mir fehlt zudem jegliches Verständnis für unsere Politiker, die ständig über die hohen Medikamentenpreise jammern, sich aber die 19%ige Mehrwertsteuer auf Medikamente nicht entgehen lassen wollen. Bei Lebensmitteln (auch Hunde und Katzenfutter!) begnügt man sich hingegen mit dem verminderten Steuersatz von 7%. Unser Staat ist also nicht ganz unschuldig am hohen Medikamentenpreis.
Ein anderes Beispiel, wie uns unser System über den Tisch zieht: eine Packung 20 Stück BAYER Aspirin Tabletten kosten in Deutschland im freien Handel bis ca. 4.80€. In der Apotheke in der Türkei habe ich die gleiche Packung (Original BAYER!) zum staatlich festgesetzten Preis (Aufdruck auf der Packung) von 1 TL = 60 Cent gekauft. Fälschung? Bei dem Preis völlig unlukrativ!
Gruß
Waldi
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jan
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Beitrag von jan » 29.04.2008, 23:25

Hallo Thomas,

die Fragen mögen zwar interessant sein, aber wir sind alle keine Experten über Pharma-Preisfindungsstrategien. Außerdem ist die Regulierung in jedem Land anders.

Was bei Preisen normalerweise gut funktioniert, ist Wettbewerb, der im Moment bei CML kaum stattfindet, da niemand sonst ein ähnlich wirksames und gleichzeitig nebenwirkungsarmes Medikament für die Erstlinientherapie anbietet.

Die deutsche Apotheke bekommt 3% des Einkaufspreises + 8,10€ fix, der Staat 19% Mehrwertsteuer. Vom Rest geht ein bisschen an den Distributor und das meiste an den Hersteller und Patenthalter. Das Glivec-Patent läuft bis 2018, aber davor wird es hoffentlich von anderen, noch besseren Medikamenten oder Kombinationen abgelöst, die vielleicht sogar heilen.

Als Patient ist für mich der Preis und wer wieviel daran verdient aber nicht meine größte Sorge -- und auch nicht das Kuchen teilen, sondern primär das Kuchen backen. Ich hoffe, dass in dem Bereich weiterhin so viel verdient wird, dass es sich auch für die Firmen, die Medikamente gegen seltene Resistenzen entwickeln, potentiell lohnt. Nur so bleiben die Forscher bezahlt und die Firmen auch in Nischen hungrig - und wir alle am Leben.

Viele Grüße
Jan

tapsangel
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Beitrag von tapsangel » 29.04.2008, 06:41

Hallo,

sich den Vorrednern/-rednerinnen anschließt, sicher tut es mir auch in der Seele weh, welche riesen Summe jeden Monat für das Medikament von unserer KK bezahlt werden muß, aber mal ehrlich, wir haben jahrzehntelang beide unsere KK-Beiträge geleistet und mein Mann tut es heute noch. Außerdem haben wir Ärzte nur im Notfall aufgesucht und sind nunmal jetzt in der Situation, daß wir dieses hochpreisige Medi benötigen. Andere machen sich darum sicher nicht solche Gedanken, wir haben es uns nicht "ausgesucht".

Die KK machen trotzdem jährlich Milliardengewinne und geben es nicht an ihre Kunden durch Senkung ihrer Beiträge weiter.

_________________
Liebe Grüße von tapsangel - Biggi, Angehörige des CML-Patienten Manfred, 56 Jahre;
25.12. 2007 - 189.000 Leukozythen, Punktion 02.01.2008,
Glivec 400 mg seit dem 21.01.2008, wegen Unverträglichkeit ab dem 25.01.2008 Sprycel

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Beitrag von thwinter12 » 28.04.2008, 21:53

Hallo Thomas55 + scratch,

um Eure Postings weiterzuführen (nehmen wir als Beispiel GLIVEC):

(1) Wer verhandelte hier den Medikamentenpreis? (Novartis vs. EU vs. Einzelstaat?) Nach welchen Verfahren erfolgte die Preisfestsetzung? Welche Kriterien waren maßgeblich: Entwicklungskosten, Zukunftsaussichten, EU-Gesetze, einzelstaatliche Richtlinien… Was sonst noch? Wie wird zukünftig der Preis bestimmt?

(2) Hat Novartis bei Glivec wirklich den Break-even bereits erreicht?

(3) Welche „Ereignisse“ könnten den Glivec-Preis reduzieren? Gibt es da auch einen Spielraum nach unten?

(4) Und am interessantesten zu wissen wäre sicherlich: Wie wird der "Kuchen" aufgeteilt, sprich: wer erhält wieviel von den EUR 4.000,- je Glivec-Packung?

Servas,
Thomas

scratch
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Beitrag von scratch » 28.04.2008, 20:16

Hi,

ehrlich gesagt hab auch ich mir schon öfters gedanken um die kosten gemacht.
aber wenn man dann mal von den kosten, die auf der rechnung draufstehn etwas über den tellerrand blickt und sich über andere "perversitäten" des lebens ansieht, dann relativiert sich das irgendwie doch wieder etwas.

was ich damit meinte ist folgendes:
90x400mg glivec kosten bei uns doch ca. 9500€...das damit zuerst mal die entwicklungskosten gedeckt werden müssen ist klar. jedoch sind diese doch bereits "abgezahlt"!?
warum wird dann, nachdem die entwicklungskosten gedeckt sind, nicht der preis dementsprechend reduziert?
wieviele leute verdienen ihr geld mit diesen medikamenten? zig tausende, was auch der wirtschaft gut tut.
gäbe es keine konsumenten, gäbe es keine geschäfte. pharmakonzerne würden weniger gewinn machen, der staat würde weniger steuern einnehmen, apotheker hätten weniger zu verkaufen und wenn mans ganz extrem sieht, hätten die krankenkassen auch keine daseinsberechtigung mehr. arztbehandlungen könnten sich nur noch die reichen/halbwegs gesunden leisten.

in einigen industrieländern wurde dieses system aufgebaut, nicht nur mit dem gedanken "leuten leben schenken" zu können, indem man sie behandeln kann. im hinterkopf schwirrt doch ständig auch der profit umher.

9500€...ist sehr viel geld. würden wir darauf verzichten, könnte man dann dadurch wirklich viele andere leben retten? ich bin mir nicht so sicher.
wir haben schließlich auch auf dem tisch immer mehr zum essen als wir essen können, deswegen sterben trotzdem sehr viele leute aufgrund hungersnot.
wieviel leben könnten die multi-millionäre retten?

was ich mit "perversitäten" meinte...
ist es noch normal, was einige leute verdienen? ist es gerecht?
ist es normal, was mit "sinnlosen" medikamenten und mittelchen verdient wird?
wenn man das alles immer so weiter spinnt, dann kommt wohl letztendlich an die frage nach dem sinn des lebens ;)

wir haben verdammt viel glück, dass wir hier leben und es uns verhältnismäßig gut geht. es ist bedauerlich, dass es nicht jedem menschen so gut geht. aber sollen wir uns jetzt in den keller setzen und in mitleid versinken?
sollen wir auf unsere medikamente verzichten, weil es anderen nicht so gut geht?
sollen wir auf unsere medikamente verzichten, weil manche personen durch den preis der medis viel geld verdienen und es die allgemeinheit in form von kk-beiträgen zahlen muss?
sollen wir darauf verzichten, obwohl viele hier in deutschland unmengen von medikamenten nehmen ohne das deren wirkung belegt wurde.
sollen wir wegen den kosten darauf verzichten, obwohl viele zum arzt gehn, damit sie im wartezimmer gespräche führen können und im prinzip kosten für nichts verursachen?

jeder von uns hat durch die krankheit wohl etwas ahnung davon was es heißt, leben zu können. und auch wenn wir viel geld verschlingen (im wahrsten sinne des wortes) schätzen wir das leben vielleicht mehr als so mancher gesunder.
ich bin mir nicht sicher, ob sich gesunde, nicht betroffene leute auch soviel gedanken um die kosten machen wie wir patienten/angehörige.
deswegen denke ich, dass wir dieses glück durchaus so hinnehmen sollten und unser leben so gut es geht auch bewusst leben sollten. schließlich sind wir nur ein ganz kleiner teil in einem großen, sehr komplexen system und können nichts dafür, dass es uns einfach besser geht als so manch andere.

wir können manchen leuten natürlich helfen. was z.b. jan alles tut ist ja hier zu lesen und er hat meinen vollsten respekt!
aber wir helfen den notleidenden wohl kaum, indem wir leukämie-patienten auf wirksame medikamente verzichten, nur weil die armen krankenkassen dadurch mehr ausgaben haben ;)


sorry für meinen etwas wirren beitrag, aber ich hoffe, dass ihr mir ein wenig folgen könnt mit dem, was ich damit eigentlich sagen wollte <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_biggrin.gif">


lg,
scratch
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Thomas55
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Beitrag von Thomas55 » 28.04.2008, 10:55

was mich im Moment bei diesen Thema am meisten beschäftigt, ist das Gefühl dass bei diesen Medikamenten unheimlich viel Geld verdient wird, es wird genommen was der Markt herbringt oder positiv ausgedrückt es werden "Marktpreise" verlangt. Aktuellstes und wohl ein extremstes Beispiel ist das alte wohlbekannte Contergan, das leicht verändert als Revlimid z.B. beim multiplen Myeolom eingesetzt wird und auch bei der Cll wohl gute Ergebnisse zeigt. Das Medikament könnte jeder halbwegs fitte Apotheker selbst herstellen. Kosten pro Monat ca. 7.000 Euro. Ein anderes Beispiel ist Rituximab, sicher eine sehr teuere Entwicklung - mittlerweile etwa 10 Jahre immer mehr bei Lymphomen und der Cll eingesetzt oft auch als Dauermedikation gegeben, der Preis ist aber weiterhin gleich hoch (etwa 15.000 pro Zyklus). Dieser "Markt" kann ja auch gar nicht funktionieren da es jeweils Monopole sind, und ich als Patient natürlich alles tun und zahlen will um überleben zu können. Interessant ist, dass wenn man nach Medikamentennamen googelt man häufig auf Börsenzeitungsseiten landet.

Gruß
Thomas

PS Ich hab vor einiger Zeit schon mal einen ähnlichen Thread eröffnet :http://www.leukaemie-online.de/modules. ... pic=1353&3
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thwinter12
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Beitrag von thwinter12 » 28.04.2008, 00:12

Hallo Pötzsch,

ich kann mich Sandra nur anschließen: Dein Beitrag zum Thema ist wirklich "außergewöhnlich". Dieses ethische Dilemma wurde noch gar nicht aufgezeigt.

Auch die schwierige Situation von Dir und Deinem Mann ist uns bekannt. Ich kann Euch nur alles erdenklich Gute wünschen! (so wie Du auch mir bereits helfen konntest!)

Servas und gut‘ Nacht,
Thomas

jan
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Beitrag von jan » 27.04.2008, 21:58

Hallo Thomas,

zu (1): weiss ich auch nicht genau - was ich aber ganz sicher weiss, ist, dass Glivec nur von Novartis hergestellt wird - das Patent läuft bis 2018. Ich vermute, die anderen "Hersteller" auf der DocMorris-Seite sind Reimporter.

zu (2): man muss das sicherlich im Gesamtbild betrachten, d.h. nicht nur Krankenversicherungsbeiträge, sondern gezahlte Steuern, Abgaben sowie die Nichterforderlichkeit von Sozialleistungen...

zu (4): Ich stehe mit der Patientin weiterhin in losem Kontakt - das Problem ist, dass sie (Leiterin einer CML-Patientengruppe in Bulgarien; ich schätze sie auf Anfang 30) kein Deutsch und kaum Englisch spricht, so dass meine Infos immer von einer Freundin kommen. Soweit ich weiß, ist sie in Bulgarien über die Medien auf Spendensuche und hat auch schon einiges an Geld gesammelt - leider noch nicht genug für die SZT in Deutschland. Sie fährt im Moment einmal im Monat auf eigene Kosten an die Uniklinik Leipzig (Sofia - Leipzig, 1.500km einfach), um dort Tasigna im Rahmen einer Studie zu erhalten. Langfristig sagen die Ärzte aber, dass Tasigna bei ihr nicht dauerhaft helfen wird, daher sei die SZT erforderlich.

Geschichten gibt es ansonsten viele... die Einzelschicksale möchte ich jetzt hier nicht teilen, aber vielleicht den Rahmen... Ich habe ja vor einem Jahr ein internationales Netzwerk von CML-Gruppen mitgegründet (<!-- BBCode Start --><A HREF="http://www.cmladvocates.net" TARGET="_blank">CML Advocates Network</A><!-- BBCode End -->), in dem wir Informationen tauschen und als CML-Patientengruppen politisch aktiv sind. Vor einiger Zeit haben wir (16 CML-Gruppen von 4 Kontinenten) offene Briefe an die polnischen Gesundheitsminister geschrieben, um auf die Unterversorgung mit Glivec aufmerksam zu machen. Immerhin hat die dadurch erzeugte Medienaufmerksamkeit dazu geführt, dass die polnischen Selbsthilfegruppen im dortigen Gesundheitsministerium vorgeladen wurden. Ähnliches haben wir in Bulgarien gemacht - die Situation hat sich verbessert, ist aber noch weit von befriedigend - daher unterstützen wir die oben genannte Patientin weiterhin bei ihrer politischen Arbeit in Bulgarien. Weiterhin haben wir ein Protestschreiben an BMS, den Hersteller von Sprycel, gerichtet, nachdem diese deren START-Studien frühzeitig beenden wurden und wir Gefahren für aussagekräftige Langfristdaten zu Nebenwirkungen gesehen haben. Außerdem wären Patienten der Studie, bei denen Sprycel zwar zugelassen ist aber nicht erstattet wird, ohne Studienweiterführung in eine lebensbedrohliche Situation gekommen. BMS hat dann seine Meinung aufgrund von Ärzteprotesten und "starker Patientenunruhe" geändert. Gerade versuchen wir zudem, BMS dazu zu überreden, ein vernünftiges Patienten-Assistenzprogramm für Entwicklungsländer (ähnlich <!-- BBCode Start --><A HREF="http://https://www.maxaid.org/Default.aspx?trgt=gipap" TARGET="_blank">GIPAP für Glivec</A><!-- BBCode End -->) aufzusetzen, nachdem wir immer wieder von Patienten hören, die Glivec im GIPAP kostenlos erhalten, dann resistent werden, und ohne Sprycel in eine tödliche Falle laufen, weil man mit 3.000 EUR Jahreseinkommen kein 5.000EUR/Monat-Medikament zahlen kann, selbst wenn BMS dort "großzügig" ein "Kauf 1 bekomme 4 Packungen Programm" anbietet...

Man kann durch ehrenamtliche Einigkeit da viel erreichen... und im internationalen Netzwerk versuchen wir, beim Aufbau von Patientenselbsthilfe in den osteuropäischen Staaten zu unterstützen. Im Juni haben wir wieder unser weltweites Treffen, zu dem rund 80 Vertreter von CML-Patientengruppen von allen Kontinenten nach Italien kommen werden...

Herzliche Grüße
Jan


JES/Sandra
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Beitrag von JES/Sandra » 27.04.2008, 19:40

Liebe 'Pötzsch',

vielen, vielen Dank für diesen Beitrag!


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