Die Stammzelltransplantation ist mit einer starken Schwächung der Immunabwehr verbunden, da sich aus dem neuen Knochenmark erst nach einer Weile wieder intakte Abwehrzellen und Antikörper gegen Krankheitserreger nachbilden. Insbesondere das Vorhandensein des Cytomegalie-Virus (CMV) gefährdet in dieser Phase den Genesungsprozess eines transplantierten Patienten. Eine neue Methode bestimmt Viruslast und Immunabwehr, um die Leistungsfähigkeit des Immunsystems des Patienten zu messen und damit Risiken und Nebenwirkungen zusätzlicher Medikamente abzuwägen.

"Schwerwiegende Komplikationen angefangen bei Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen bis hin zu Lungenerkrankungen, Sehschwächen und sogar bis zum Tod können besonders dann auftreten, wenn der Patient mit dem Cytomegalie-Virus (CMV), einem Vertreter der Herpesviren, infiziert ist", erläutert Dr. Martina Sester, die gemeinsam mit Ihrem Homburger Forscherkollegen Dr. Thomas Widmann diesem Virus bzw. dessen Immunabwehr auf der Spur ist. "Wenngleich ein breites Spektrum zum Nachweis dieses Virus selbst zur Verfügung steht, gibt es bislang noch kein routinetaugliches Verfahren, mit dem man prüfen kann, wie es denn um die Abwehrkräfte gegen CMV bestellt ist." 

Im Rahmen der von der Deutschen José Carreras Leukämie-Stiftung e.V. mit 92.300 Euro unterstützten Studie werden die Homburger Mediziner unter Leitung von Professor Dr. Hans Köhler (Direktor der Klinik für Innere Medizin IV) und Professor Dr. Michael Pfreundschuh (Direktor der Klinik für Innere Medizin I) die nächsten zwei Jahre eine neue Methode anwenden, mit der man direkt aus dem Blut des Patienten die Menge der Abwehrzellen, die so genannten T-Zellen, die gegen das CMV-Virus gerichtet sind, bestimmen kann. 

Dabei wird dem Patienten eine geringe Menge Blut entnommen. Im Reagenzglas wird die Reaktion des Körpers simuliert: Zunächst werden Virusbestandteile ins Test-Blut gegeben. Dann werden mit Hilfe eines speziellen Antikörpers die Botenstoffe der T-Zellen, die so genannten Zytokine, identifiziert und rechnergestützt analysiert. "Ziel der Untersuchungen ist die individuelle Analyse des Verhältnisses von Viruslast und Immunabwehr", erklärt Dr. Martina Sester. "Ist die Immunabwehr gegen CMV kurz nach der Transplantation recht hoch, besteht kaum Gefahr, dass eine Infektion ausbricht. Ist die Immunabwehr niedrig oder gar nicht vorhanden, ist äußerste Vorsicht geboten. Kombiniert mit der konventionellen Virus-Messung lassen sich mit der neuen Methode frühzeitig Schlüsse ziehen, ob das Abwehrsystem des Patienten hinreichend leistungsfähig ist, mit einer Infektion alleine fertig zu werden, oder ob man medikamentös unterstützen muss - denn in der kritischen Phase nach der Transplantation ist jede zusätzliche Therapie mit hohen Risiken und Nebenwirkungen verbunden." 

Da die Homburger Forscher bereits bei Nieren- , Herz- und Lungentransplantationen gute Erfahrungen mit dem neuen Immuntest gemacht haben, ist Dr. Martina Sester zuversichtlich, "dass er auch die Diagnostik bei der Stammzelltransplantation wesentlich sicherer machen kann und den Genesungsprozess für den Patienten erleichtert".

Im Homburger Universitätsklinikum werden pro Jahr rund 70 Stammzelltransplantationen durchgeführt, davon sind ca. 20 bis 25 allogen, d.h. hier spendet eine andere Person ihr gesundes Knochenmark. "Alle Leukämie-Patienten, die eine allogene Transplantationen erhalten, können von der neuen Methode profitieren", betonen Dr. Sester und Dr. Widmann. Neben einer Verbesserung der Immun-Diagnostik erwarten die Forscher auch neue Einblicke in grundlegende Gesetzmäßigkeiten beim Neuaufbau der körpereigenen Immunabwehr.

Quelle:
idw-Meldung vom 05.10.2004

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