von jan » 29.01.2008, 20:52
Liebe Biggi,
das letzte, was ich wollte, ist Dir Angst machen. Tut mir leid, wenn dies den Eindruck erweckt hätte. Die Angst wäre auch nicht begründet. Ich war nur etwas direkt, weil es mir sehr leid tut, dass es Deinem Mann so unheimlich unwohl ist, und ich persönlich Euch daher zu einer Zweitmeinung bei einem CML-Spezialisten rate. Allerdings sind jetzt gerade die besten CML-Experten in Heidelberg zum Treffen des European Leukemia Net (ELN) und dem Kompetenznetz Leukämie (bis einschl. Donnerstag diese Woche), insofern kann es etwas schwierig sein, manche Spezialisten vor Freitag zu erreichen.
Zum Hintergrund, warum ich geschrieben habe, dass ich Sprycel nur Glivec vorziehen würde, wenn ein klarer medizinischer Grund vorliegen würde:
Glivec wird seit dem Jahr 2000 bei Erwachsenen angewendet und wurde 2001 zugelassen. Man hat demnach über sieben Jahre Erfahrung mit Wirkung und Nebenwirkungen. Es gilt als sehr sichere und hochwirksame Therapie, ist für eine Krebstherapie verhältnismäßig nebenwirkungsarm. Es ist die zugelassene Erstlinientherapie, d.h. Einsatz direkt nach Diagnose.
Sprycel/Dasatinib ist stärker (schnelleres Zurückdrängen der CML, wirksamer bei zusätzlichen genetischen Veränderungen in den CML-Zellen) und ist deutlich jünger. Man hat bisher nur rund drei Jahre Erfahrung, und zugelassen ist es erst seit Ende 2006, und nur für Patienten, bei denen eine Glivec-Resistenz oder -Unverträglichkeit vorliegt (keine Erstlinientherapie).
Statistisch haben deutlich mehr Patienten kräftige Nebenwirkungen mit Sprycel als mit Glivec. Allerdings können manche Patienten Glivec wegen Nebenwirkungen nicht nehmen (= Unverträglichkeit), und viele von diesen können Sprycel dann mit weniger Nebenwirkungen vertragen. Dieser Fall kann bei Deinem Mann vorliegen - allerdings kann man diese wegen den heftigen Reaktionen gerade auf Allopurinol nur schwer eindeutig auf Glivec zurückführen. Die heftigen Reaktionen sind, wenn ich es richtig verstehe, aber der Grund, warum der Arzt die Unverträglichkeit gegen Glivec annimmt und nach nur vier Tagen Sprycel verschreibt. Das ist diskutierenswert.
Leider ist es so, dass manche Ärzte etwas flott "Unverträglichkeit" feststellen und auf Sprycel oder Tasigna/Nilotinib umsteigen. Gerade im Fall Deines Mannes würde ich als informierter Laie erstmal ausschließen wollen, dass Allopurinol das eigentliche Problem verursacht, bevor ich das neuere, oftmals nebenwirkungsreichere Medikament anwende und das Problem mit Allopurinol "mitschleppe".
Was die Blutwerte angeht - Du hast recht, die 145.000 sind noch weit vom <!-- BBCode Start --><A HREF="
http://www.leukaemie-online.de/modules. ... page_id=23" TARGET="_blank">Normbereich</A><!-- BBCode End --> (ca. 12.000 Leukos) entfernt (was nach ein paar Tagen Therapie auch völlig normal ist). Die Richtung paßt aber, die Werte sinken Richtung Norm.
Alternativ könnte ein Arzt auch versuchen, die Blutwerte erstmal mit dem breiteren Chemotherapeutikum Litalir in den Normbereich zu bringen, und erst dann mit Glivec zu starten. Und der Einsatz von Allopurinol ist, wie ich früher schrieb, ja umstritten, und in Reaktion auf unsere Diskussion habe ich von einem CML-Patienten eine private Nachricht bekommen, der noch sehr viel kräftigere Probleme durch Allopurinol bekommen hat. Das ist selten, zeigt aber, dass es vorkommt.
Aber wie gesagt, das ist ein Thema für einen CML-Spezialisten - da Du "Gemeinschaftspraxis" schreibst, könnte die Frage berechtigt sein, ob Dein niedergelassener Arzt ausreichend Patienten und eigenhändige Erfahrung mit "problematischen Nebenwirkungen" von Glivec - oder mit dem neuen Sprycel - hat. Allgemeine Onkologen behandeln viele Krebsarten, Leukämie ist selten und erfordert viel Erfahrung, CML ist noch seltener, und richtig heftige CML-Resistenzen sind sehr selten. Man muss als Arzt viele CML-Patienten behandeln, um einen seltenen Problemfall schonmal gesehen zu haben - oder z.B. mit dem Kompetenznetz Leukämie in Mannheim in Kontakt stehen, wo man bei seltenen Problemen nachfragt.
Ich möchte mich Heide daher anschließen - vielleicht versucht Ihr es in einer großen Uniklinik für eine Zweitmeinung. Vielleicht können wir Tipps geben - wo etwa wohnt Ihr?
Viele Grüße
Jan
Liebe Biggi,
das letzte, was ich wollte, ist Dir Angst machen. Tut mir leid, wenn dies den Eindruck erweckt hätte. Die Angst wäre auch nicht begründet. Ich war nur etwas direkt, weil es mir sehr leid tut, dass es Deinem Mann so unheimlich unwohl ist, und ich persönlich Euch daher zu einer Zweitmeinung bei einem CML-Spezialisten rate. Allerdings sind jetzt gerade die besten CML-Experten in Heidelberg zum Treffen des European Leukemia Net (ELN) und dem Kompetenznetz Leukämie (bis einschl. Donnerstag diese Woche), insofern kann es etwas schwierig sein, manche Spezialisten vor Freitag zu erreichen.
Zum Hintergrund, warum ich geschrieben habe, dass ich Sprycel nur Glivec vorziehen würde, wenn ein klarer medizinischer Grund vorliegen würde:
Glivec wird seit dem Jahr 2000 bei Erwachsenen angewendet und wurde 2001 zugelassen. Man hat demnach über sieben Jahre Erfahrung mit Wirkung und Nebenwirkungen. Es gilt als sehr sichere und hochwirksame Therapie, ist für eine Krebstherapie verhältnismäßig nebenwirkungsarm. Es ist die zugelassene Erstlinientherapie, d.h. Einsatz direkt nach Diagnose.
Sprycel/Dasatinib ist stärker (schnelleres Zurückdrängen der CML, wirksamer bei zusätzlichen genetischen Veränderungen in den CML-Zellen) und ist deutlich jünger. Man hat bisher nur rund drei Jahre Erfahrung, und zugelassen ist es erst seit Ende 2006, und nur für Patienten, bei denen eine Glivec-Resistenz oder -Unverträglichkeit vorliegt (keine Erstlinientherapie).
Statistisch haben deutlich mehr Patienten kräftige Nebenwirkungen mit Sprycel als mit Glivec. Allerdings können manche Patienten Glivec wegen Nebenwirkungen nicht nehmen (= Unverträglichkeit), und viele von diesen können Sprycel dann mit weniger Nebenwirkungen vertragen. Dieser Fall kann bei Deinem Mann vorliegen - allerdings kann man diese wegen den heftigen Reaktionen gerade auf Allopurinol nur schwer eindeutig auf Glivec zurückführen. Die heftigen Reaktionen sind, wenn ich es richtig verstehe, aber der Grund, warum der Arzt die Unverträglichkeit gegen Glivec annimmt und nach nur vier Tagen Sprycel verschreibt. Das ist diskutierenswert.
Leider ist es so, dass manche Ärzte etwas flott "Unverträglichkeit" feststellen und auf Sprycel oder Tasigna/Nilotinib umsteigen. Gerade im Fall Deines Mannes würde ich als informierter Laie erstmal ausschließen wollen, dass Allopurinol das eigentliche Problem verursacht, bevor ich das neuere, oftmals nebenwirkungsreichere Medikament anwende und das Problem mit Allopurinol "mitschleppe".
Was die Blutwerte angeht - Du hast recht, die 145.000 sind noch weit vom <!-- BBCode Start --><A HREF="http://www.leukaemie-online.de/modules.php?op=modload&name=NS-ezcms&file=index&menu=70401&page_id=23" TARGET="_blank">Normbereich</A><!-- BBCode End --> (ca. 12.000 Leukos) entfernt (was nach ein paar Tagen Therapie auch völlig normal ist). Die Richtung paßt aber, die Werte sinken Richtung Norm.
Alternativ könnte ein Arzt auch versuchen, die Blutwerte erstmal mit dem breiteren Chemotherapeutikum Litalir in den Normbereich zu bringen, und erst dann mit Glivec zu starten. Und der Einsatz von Allopurinol ist, wie ich früher schrieb, ja umstritten, und in Reaktion auf unsere Diskussion habe ich von einem CML-Patienten eine private Nachricht bekommen, der noch sehr viel kräftigere Probleme durch Allopurinol bekommen hat. Das ist selten, zeigt aber, dass es vorkommt.
Aber wie gesagt, das ist ein Thema für einen CML-Spezialisten - da Du "Gemeinschaftspraxis" schreibst, könnte die Frage berechtigt sein, ob Dein niedergelassener Arzt ausreichend Patienten und eigenhändige Erfahrung mit "problematischen Nebenwirkungen" von Glivec - oder mit dem neuen Sprycel - hat. Allgemeine Onkologen behandeln viele Krebsarten, Leukämie ist selten und erfordert viel Erfahrung, CML ist noch seltener, und richtig heftige CML-Resistenzen sind sehr selten. Man muss als Arzt viele CML-Patienten behandeln, um einen seltenen Problemfall schonmal gesehen zu haben - oder z.B. mit dem Kompetenznetz Leukämie in Mannheim in Kontakt stehen, wo man bei seltenen Problemen nachfragt.
Ich möchte mich Heide daher anschließen - vielleicht versucht Ihr es in einer großen Uniklinik für eine Zweitmeinung. Vielleicht können wir Tipps geben - wo etwa wohnt Ihr?
Viele Grüße
Jan