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von Waldi » 01.02.2009, 15:46
Hallo Rolf,
in Deiner Stelle würde ich den neuesten Therapieempfehlungen Deiner UK-Ärztin Folge leisten. Ich glaube, mich daran erinnern zu können, dass ich Dir damals die Frage gestellt habe, warum Du eigentlich F anstatt den Goldstandard FC erhalten solltest, da die Wirkung von FC doch wesentlich länger anhalten würde. Schon 2 Jahre nach der Ersttherapie erneut therapiert werden zu müssen, finde ich gar nicht so prickelnd. FR ist nach meinem Wissensstand keine etablierte Therapie, weshalb auch der mögliche Erfolg für mich fragwürdig erscheint. Aber vielleicht irre ich mich auch und es gibt gute Gründe dafür. Oder hat sich der Doc damals vielleicht nur verschrieben und BR gemeint? Das würde für mich einen Sinn ergeben.
Man muss sich als Patient unbedingt darüber im Klaren werden, was die beste Therapie für einen selbst sein könnte und das für und wider mit seinem Arzt durchdiskutieren. Ich habe lange darüber nachgedacht, was für mich einmal als Ersttherapie in Frage kommen soll. Mehrmals habe ich meine Meinung darüber sogar schon geändert. Meine aktuellen Gedanken dazu sind folgende:
Bekannt ist, dass man nicht beliebig viele Therapien erhalten kann, weil die CLL-Zellen jedes Mal schlechter darauf reagieren. Meist kann man jede der in Frage kommenden Therapien auch nur einmal erfolgreich anwenden. Die Frage ist also, ob man zuerst milde behandelt werden möchte und später dann härter, oder gleich die volle Dröhnung? Hat man am Anfang, wo man noch die beste Fitness besitzt, eine milde Therapie erhalten, so wird deren Wirkung wahrscheinlich nur von kurzer Dauer sein. Folglich muss dann die nächste Therapie meist eine Stufe härter ausfallen. Als Zweittherapie hält diese jedoch meistens nicht so lange vor, wie als Ersttherapie. Ein Weiteres kommt hinzu: da die körperliche Leistungsfähigkeit mit fortgeschrittenen Alter und der Anzahl der Vortherapien abnimmt, wird vermutlich auch die Dosierung und damit wiederum die anhaltende Wirkung noch geringer ausfallen. Mein Fazit lautet deshalb, dass man mit derjenigen Therapie beginnen sollte, die die beste Wirkung verspricht, und das ist ganz klar auch die Härteste. Bei jüngeren Patienten wird diese meistens ganz selbstverständlich angewendet, ältere versucht man oft zu schonen. Bedingung bei älteren Patienten ist allerdings, dass dafür auch ein Mindestmass an Fitness und keine Komorbidität vorhanden ist. Ohne Zweifel gibt es aber auch immer wieder Ausnahmen von „meiner Regel“.
Um zu relativieren, was denn nun unter einer harten CLL-Therapie (FC) zu verstehen ist, möchte ich Dir ein Beispiel aus meiner SHG geben: Ein 44 jähriger Patient ging zwischen den ambulant durchgeführten FC-Behandlungszyklen weiter seiner (körperlichen!) Arbeit nach! Auch alle anderen Teilnehmer, die in der Zwischenzeit mit FC behandelt wurden, hatten es sich wesentlich schlimmer ausgemalt, als es dann wirklich war. Allerdings muss ich auch erwähnen, dass fast alle sich zum Teil schon während der Therapie und auch lange Zeit danach mit Erkältungskrankheiten herum geplagt haben. Tritt so etwas während der Therapie auf, wird der nächste Zyklus verschoben, bis man wieder o.k. ist. In 2 Fällen wurde der Zoster-Virus (Windpockenerreger) reaktiviert, was sich schmerzhaft als Gürtelrose bemerkbar machte. Es stellt sich mir so dar, dass die CLL-Chemotherapien eigentlich alle relativ gut verträglich sind, es gibt wesentlich Schlimmeres. Die Unterschiede liegen vermutlich mehr in ihrer Wirkung auf das Immunsystem. Da unter FC auch viele gesunde Zellen zerstört werden, ist seine Erholungsphase erheblich länger und man hat sich deshalb auch entsprechend länger vor Infektionen in Acht zu nehmen. Als Belohnung gibt es dann eine entsprechend lange symptomfreie Zeit ohne.
Bei einem Teilnehmer musste die FC-Therapie nach dem ersten Zyklus wegen schwerer Unverträglichkeit abgebrochen werden. Als Ursache dafür stellte sich jedoch heraus, dass es nicht die Chemo selbst, sondern das begleitend verabreichte Antibiotikum war, auf das er allergisch reagierte. Obwohl bei ihm nur ein Zyklus verabreicht wurde, ist er heute, ein Jahr danach, immer noch in guter Remission. Die Therapie soll jetzt mit einem anderen Antibiotikum fortgesetzt werden. Bei einigen Teilnehmern trat Übelkeit auf, was aber nicht sein muss. Als Patient muss man in einem solchen Fall sofort meckern. Durch Wechsel auf ein anderes antiemetisches Medikament konnte die Übelkeit auf ein erträgliches Maß abgemildert werden.
Gruß Waldi
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