Keine Behandlung mehr in Klinikambulanzen?

Wie gehe ich mit Leukämie im Alltag um? Wie unterstütze ich als Freund oder Angehöriger? Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Rente, Behindertenausweis, Psychotherapie, Kur?

Moderatoren: jan, NL, Marc

unknown

Beitrag von unknown » 25.11.2006, 17:27

Hallo Imle1,

es ist hier so, wie ja inzwischen in fast allen Bereichen unseres Lebens hier in Deutschlannd - offensichtlichste Übelstände allerorten, aber festgezurrte, anonymisierte Strukturen, die eine Veränderung fast unmöglich erscheinen lassen; und sogenannt zuständige Politiker, die man einmal in der Nähe erlebt, um sie dann endgültig abzuhaken.
Da bleibt nur, listig die Lücken im System zu erkunden und sich ggf. unauffällig durchs letzte Loch davonzuschleichen ...
Wer richtig heftig krank oder nicht intelligent genug ist und das nicht kann, den beißen die Hunde. >:(

Hallo Roberta,

jaja, meine mailadressen gelten alle noch. Ich verliere nur langsam die Übersicht, wen ich eigentlich alles kenne ... München muß meinem Personengedächtnis wieder aufhelfen ...
Hast Du nicht die Zettel bei der Anmeldung gesehen oder wurdest drauf aufmerksam gemacht? Aber wie gesagt, vor Ort gibt es noch mindestens 1 'Streikbrecher', über den man sich wieder in die Ambulanz befördern kann, sind nur elende Bürokratie und Zeitverlust - und natürlich Mehrkosten für die Kasse ...

Pascal.

imle1
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Beitrag von imle1 » 24.11.2006, 14:05

Hallo!
Das sind ja schöne Aussichten. Bei uns in Österreich übernehmen die Ambulanzen in den Kliniken ca. 90 % oder mehr aller Leukämie Behandlungen. Die niedergelassenen Onkologen (es gibt nur sehr wenige) haben in der Regel keinen Kassenvertrag, die Ambulanzen sind hochspezialisiert und sehr gut.
Neu ist bei uns, dass die Ambulanten Röntgenuntersuchungen (CT, US, etc.) nicht mehr im Spital, sondern bei einem niedergelassenen Röntgenfacharzt durchgeführt werden müssen und schon hat sich alles verschlechtert: 1. Bewilligung bei der Krankenkasse, 2. Überweisung durch den Allgemeinmediziner, 3. Terminvereinbarung, meistens nur langfristig möglich - die Röntgenologen sind überlastet 4. Untersuchung 5. Abholung des Befundes nach Diskussion, wann er endlich vorliegt, 6. Weg in die Spitalsambulanz mit dem Befund.
Im Spital: Terminvereinbarung duch die Abteilung, Untersuchung und Übermittlung des Befundes samt Bildern elektronisch an den behandelnden Spitalsarzt binnen eines halben Tages.
Was mich immer wieder wundert, sind die Langmut und die Geduld, mit der die Betroffenen das allles ertragen und sich dagegen nicht wehren.
Gerade in der Leukämiebehandlung schreitet der Fortschritt derartig schnell voran, dass ein nicht in einer Klinik arbeitender Mediziner unmöglich auf dem Laufenden sein kann. Ich wünsche euch von ganzem Herzen, dass diese Vorgangsweise der Ambulanzauflassung wieder geändert wird, mir wünsche ich, dass wir das nicht übernehmen (unsere sog. Gesundheitsexperten übernehmen gerne Modelle aus D) müssen. Allerdings gibt es bei uns die Kassenärtlichen Vereinigungen nicht, es wird direkt mit den Kassen (es gibt auch keine Wahlmöglichkeit, in welcher Kasse man zuständig ist) verrechnet.

Viele Grüße

Imle1

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Thomas55
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Beitrag von Thomas55 » 24.11.2006, 09:29

genauso wie Pascal geschrieben hat ists wohl bei uns gewesen. Selbst die Patienten der Tagesklinik bekommen nun ihre Chemo, Antikörper, Blutkonserven usw. in dieser großen onkologischen Gemeinschaftspraxis.

Gruß
Thomas
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Roberta
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Beitrag von Roberta » 24.11.2006, 02:53

Hallo Pascal,

davon habe ich ja noch gar nichts mitbekommen. Da wir ja in demselben Klinikum behandelt werden, würde mich Genaueres interessieren.
Ist deine Mail-Adresse noch gültig? Dann würde ich dich gern auf diesem Weg etwas ausfragen.

So long
Roberta (bzw. du weißt schon)
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unknown

Beitrag von unknown » 24.11.2006, 01:29

Hallo Waldi,

bei mir kam die Order explizit von der Kassenärztlichen Vereinigung, nicht von der Kasse. Eines Tages lag ein Hinweisblatt in der Ambulanz auf.
Ich habe dann auch ausführlich mit meiner Kasse telefoniert, die darauf verwies, daß es in D wohl so sei, daß als Partner der Kassen grundsätzlich die Niedergelassenen Vorrang hätten.
Wenn diese nun - so habe ich es verstanden - zu der Meinung kämen, daß sie für sich allein in der Lage seien, die Betreuung aller Patienten in einem bestimmten Raum sicherzustellen, können sie offenbar per Beschluß die Krankenhäuser einfach abwürgen.

Gruß,
Pascal.

Thomas55
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Beitrag von Thomas55 » 23.11.2006, 15:16

Hallo Waldi,

bei unserer Klinik mußte die gesamte hämatologisch onkologische Ambulanz schließen. Das hat also nichts mit den Krankenkassen zu tun, sondern reine Konkurrenz bezw. rechtl. Gründe wie mir der Prof. erklärte mit den niedergelassenen. Für die Krankenkassen wird das Ganze ja eher teuerer (Doppeluntersuchungen usw.)

Gruß
Thomas
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Waldi
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Beitrag von Waldi » 23.11.2006, 15:02

Hallo Leute,

ich habe in der Zwischenzeit in der Angelegenheit recherchiert und habe Folgendes herausgefunden: wenn man als Patient mit diesem Problem konfrontiert wird, dann ist man vermutlich in der falschen Krankenkasse: "Kreist denn dort der Pleitegeier, dann legt man uns solch krumme Eier!" Also nicht gleich auf die Niedergelassenen einprügeln, man könnte die Falschen treffen. Wie man hört, soll es mit der Gesundheitsreform klare Regeln im Sinne der Patienten geben.
Gruß
Waldi
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unknown

Beitrag von unknown » 23.11.2006, 13:48

Hallo allseits,

ich habe in diese Richtung ja neulich selbst schon geklagt.
Mein Rat: Die Ambulanz hat ein Interesse, weiterzuleben - daher dort ganz genau nachfragen, ob die nicht doch einen Arzt kennen, der an sie weiterüberweisen kann. Es gibt da u.U. verschwiegene Zettelchen in noch viel verschwiegeneren Hinterzimmern ........

Ich habe mit Hartnäckigkeit nun einen Weg aufgetan, mit erhöhter Bürokratie bis auf weiteres 'rein zufällig' doch wieder beim altgewohnten Arzt anzukommen.
Muß sich nur ein niedergelassener Arzt finden, der sozusagen per Überweisung erklärt, mit DIESEM konkreten Fall bedauerlicherweise völlig überfordert zu sein ...
Insofern es aber wohl die niedergelassenen Ärzte sind, die zwecks Eintreibens neuer 'Kunden' die Ambulanzen auszuhebeln versuchen, muß man da eben etwas listig vorgehen, sozusagen den Streikbrecher zu finden ...

Viel Erfolg!
Pascal.

jan
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Beitrag von jan » 21.11.2006, 19:53

Hallo Waldi, Thomas, Marc,

das Ganze hängt wohl stark mit den regionalen Gegenheiten zusammen, z.B. wieviele niedergelassene Hämatologen in der jeweiligen Region existieren. Dies ist meines Wissens entscheidend für die Zulassung der Ambulanz der Klinik. Manche haben eine volle Zulassung, wenn es im betreffenden Kreis nur wenige niedergelassene Hämatologen gibt. Andere dürfen nur vom Facharzt Überweisungen erhalten, andere nur ehemals stationäre Patienten aus dem gleichen Haus (nach)-behandeln. Ersteres ist meines Wissens z.B. in Mannheim der Fall, letzteres in Berlin. Und die niedergelassenen Onkologen scheinen z.Zt. recht erfolgreich zu sein, in verschiedenen Regionen die Klinikambulanzen zu bekämpfen.

Ich finde diese Entwicklung insgesamt für uns auch bedrohlich, da sich im europäischen Ausland gezeigt hat, dass die Krebsüberlebensraten gerade dort höher sind, wo spezialisierte Zentren sich um eine bestimmte Erkrankung kümmern - also der entgegengesetzte Trend zu den selbständigen Fachärzten in kleinen Praxen. Ein auf sich alleine gestellter Hämatologe tut sich meines Erachtens einfach schwer, gleichzeitig Experte für CLL, CML und den verschiedensten Lymphomen sein, und sich neben dem Praxisbetrieb in allen diesen biologisch sehr unterschiedlichen Erkrankungen über Forschung und Studien ständig up to date zu halten. Da erlaubt das Umfeld einer größeren Klinikambulanz einfach mehr Spezialisierung und Netzwerk.

Vielleicht wäre ein Brief an Ulla Schmidt und lokale Bundestagsabgeordnete gar nicht so schlecht. Denn der Gesetzgebung scheint immer mehr zu entgehen, dass manche Krebserkrankungen ambulant und nicht stationär behandelt werden, aber eine suboptimale ambulante Therapie ebenso lebensbedrohlich ist (und bei vermeidbaren Komplikationen auch teurer wird).

Viele Grüße
Jan


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Beitrag von Marc » 21.11.2006, 17:51

Hallo Waldi,
hallo Thomas,

auch ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht.
Bei mir wurde Klinikambulanz, die mein regelmäßiges Blutbild macht, umgewandelt in eine onkologische Praxis, die dem Krankenhausvangegliedert ist.
Bedeutet gleicher Arzt, gleiches Personal, gleiche Räume, wenn auch jetzt schöner renoviert,
aber zu meinem erschrecken anscheinend auch doppelte Anzahl an Patienten.
Mein Arzt hat mir versichert, es würde sich für mich nichts ändern.

Bisher hat er recht, er ist jetzt der Chef, allerdings habe ich den Eindruck für ihn hat sich alles
geändert, leider nicht immer zum Vorteil.
Seine Arbeitsstunden haben sich mehr als verdoppelt, aber ob er auch das doppelte verdient weiß
er noch nicht.

Die Änderungen sind wohl alle Ausläufer der Gesundheitsreform. Mein Krankenhaus hat jetzt
auch ein Facharztzentrum. Da ist vom Augen-, Hautarzt, etc. alle vorhanden.
Dies geschah vor dem Hintergrund von erhofften Synergieeffekten.

Gruss

Marc
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Thomas55
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Beitrag von Thomas55 » 21.11.2006, 17:17

Hallo Waldi,

das ist bei mir seit Juli auch so. Die gut gehende Klinikambulanz mußte schließen und zwar aus Konkurrenzgründen, da den niedergelassenen Ärzten das nicht passte. Das finde ich aus Patientensicht eine sehr negative Entwicklung, es war ein gutes Gefühl bei Klinik(not)aufnahmen seinen behandelnden Arzt vorzufinden. Übrigens hat mein Arzt das so geregelt, dass er sich an einer Praxisgemeinschaft beteiligt hat und gleichzeitig Chefarzt blieb, für mich eine tolle Konstruktion.

Gruß
Thomas


PS ich hab mir ja schon überlegt mich an meinen zuständigen Bundestagsabgeordneten (Dr. Schäuble) zu wenden, hab aber das Gefühl das so etwas momentan nutzlos ist.

Waldi
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Beitrag von Waldi » 21.11.2006, 16:31

Hallo zusammen,
eine 31jährige Hamburger Thalassämie-Patientin, die seit ihrem 4.Lebensjahr in der Hamburger Uniklinik ambulant behandelt wurde, beschreibt heute abend bei Maischberger, dass ihr die KV die Behandlung ihrer seltenen Blutkrankheit nicht mehr in der Klinikambulanz erlaubt. Angeblich ist jetzt gesetzlich geregelt worden, dass man nur noch zu niedergelassenen Ärzten gehen darf. Da viele Patienten mit Blutkrankheiten in den Klinikambulanzen behandelt werden, droht hier Ungemach.
Gruß
Waldi
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