da kann man nur sagen "Willkommen im Club der Müden"

Bei mir besteht eine auffällige Leukozytose seit 2012 (11.000), die CLL-Diagnose habe ich seit September 2015. Im Moment liegen die Leukozyten um die 15.000 bei 60% Lymphozyten und im Absolutwert um die 8.000 klonalen B-Lymphozyten. Die Steigerungsrate ist momentan noch gering und scheint keiner nachvollziehbaren Logik zu folgen. Zwischenzeitlich waren es auch mal wieder "nur" 10.000 Leukozyten. Aber am Krebs ist eh nichts logisch.
Das unbeschreibliche Müdigkeitsgefühl kenne ich nur zu gut. Allerdings schon etwa sechs Jahre, bevor die Leukozytose einsetzte. Somit bleibt offen, ob und wie ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Da ich somit schon ein knappes Jahrzehnt an Müdigkeit in eigener Sache "forsche", erlaube ich mir einmal das nüchterne Fazit, dass man weltweit bislang dazu nur weiß, dass man nichts weiß. Ich habe mir in den vielen Jahren auch abgewöhnt, das Thema bei Arztbesuchen noch zu erwähnen. Die regelmäßig folgende Enttäuschung kann man sich getrost sparen. Sie führt schlimmstenfalls zu Therapien, die noch mehr Schaden anrichten. Bei mir waren es massive Eiseninfusionen, die zu einer anhaltenden Ferritin-Überladung mit beginnenden Organschäden geführt haben (und mir noch heute Leberwerte eines Alkoholikers bescheren, obwohl ich nicht trinke). Auch Vit. B oder Folsäure-Infusionen mögen bei entsprechendem Mangel helfen, gegen die Müdigkeit "unserer" Art sind sie aus meiner Sicht wirkungslos, schlimmstenfalls "füttern" sie die Leukämie-Zellen.
Rezepte gegen die Müdigkeit: Habe ich leider kaum. Das Problem, vor dem die Ärzte stehen, ist ja auch unseres: Ohne bekannte Ursache keine Diagnose, und ohne Diagnose keine Therapie. Bei "normaler" Müdigkeit ließe sich das Problem ja durch ausreichend Schlaf beseitigen, was bei uns nicht der Fall ist. Wenngleich es mir etwas hilft, wenn ich an wenigstens zwei Tagen der Woche bis Mittag schlafen kann. Wann immer möglich, versuche ich, mich an der frischen Luft zu bewegen (zum Glück geht die Gartensaison bald wieder los). Gelegentlich Fahrrad fahren. Langweilende Tätigkeiten vermeiden.
Auch wenn ich es anfangs etwas anders gesehen habe, halte ich es heute nicht mehr für zielführend, ständig irgendeinen imaginären "inneren Schweinehund" überwinden zu wollen. Denn pausenlos gegen etwas Übermächtiges anzukämpfen kann manchmal zusätzlich ermüdend sein. So nutze ich also die halbwegs müdigkeitsfreien Phasen für moderate Aktivität und in den müden Phasen erlaube ich mir, einfach müde zu sein. Wenn jemand ein Bein gebrochen hat, kann er auch nicht laufen, so sehr er sich auch müht. Dass das mit dem Berufsleben (und den oft falschen/überzogenen Vorstellung der gesunden Kollegen) manchmal kaum vereinbar ist, ist mir bewusst. Aber die meisten von uns sind ja in einem Alter, wo man die verbleibende Zeit deutlich sinnvoller verbringen möchte, als pausenlos sich und anderen irgendetwas beweisen zu müssen.
Liebe Grüße und alles Gute,
Watson