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von Gast » 17.07.2012, 18:50
Morgens habe ich eine Phase, gleich nach dem Aufwachen und eine Zeitlang danach, wo ich tatsächlich optimistischer bin. Ich muss auch kämpfen und ich kann verstehen, dass das schrecklich sein kann. Die meisten schaffen es gar nicht, sich mit Ämten und Behörden herumzustreiten.
Ich bin Juristin, gelernte Rechtsanwältin; allerdings in Österreich, und streite auch ein wenig. Für mich und auch für andere. Irgendwo sind die persönlichen Ressourcen, von der Kraft her und von den Finanzen her, erschöpft.
Im Augenblick möchte ich nur ein paar Dinge fertig machen. Doch ahne ich, das anderes nachfolgt. In eigener Sache bin ich eigentlich recht schlecht;Ich neige dazu, die Dinge vor mich herzuschieben, wo man doch eine Eingabe am besten am erstmöglichen Tag einfach schreiben und abschicken sollte, um einigermaßen einen Output zu haben. Je länger du etwas liegen hast, desto mehr, könnte sein, dass es dich belastet. Bei mir geht das so. Ein ehemaliger Ausbildungsanwalt von mir hat den Grundsatz der "Tagfertigkeit" propagiert; zumindest für die Routineangelegenheiten und die nicht ganz schwierigen und langwierigen Eingaben. Das andere durfte etwas länger dauern. Wir haben, glaube ich, die Schwierigkeit, immer in einer Art Vorreiterrolle zu sein, weil die Behinderung "chronische systemische GvHD" halt nicht so bekannt ist.
Doch gibt es sicher in Deutschland,das doch so groß ist, die eine oder andere Vernetzungsmöglichkeit mit PatientInnen anderer Erkrankungen. Immer wieder gibt es da was zu lernen; schreitet eine/r mutig voran, indem er/sie die Vorkämpferrolle einnimmt. Von einem Bekannten habe ich gehört, dass es zumindest bis vor ein paar Jahren jemanden mit Hiv/Aids gegeben haben soll, der diverse Verfahren angestrengt hat, zB für Medikamentenbewilligungen, die dann den anderen PatientInnen auch zugute gekommen sind.
Bist du allein auf dem Felde, hast du s schwer. "Einzelgänger leben gefährlich." Die Behörden nutzen jeden Vorteil aus, den sie für sich sehen, weil sie einiges Wissen voraushaben, wie zB technisch vorzugehen ist.
Ich habe gestern eine zweite Klage gegen die Pensionsversicherungsanstalt in eigener Sache abgesendet, wo es um die Neufeststellung meiner Ausgleichszulage ging. Nachdem ich die erste Klage gegen einen der mehreren Bescheide eingebracht hatte, blieb der Akt einmal für ein paar Monate in der Pensionsversicherungsanstalt liegen. Das hatte verschiedene, nachvollziehbare Gründe. Doch in der Klagebeantwortung ans Gericht hieß es plötzlich: Warum hat sie die Klage nicht zurückgezogen? Warum hat sie nicht gegen einen später ergangenen Bescheid Klage erhoben? Das Gericht läßt mich fragen, ob ich meine Klage nicht zurückziehen möchte... Usw. du wirst das kennen. Diese ekligen Widerstände.
Wer Geld hat, kann sich das sparen. Die anderen, die es nicht schaffen, sich durchzukämpfen, es aber brauchen, weil sie nicht so viel Geld haben, alles selbst zu zahlen- und das wird die Regel sein - bleiben auf der Strecke.
Das ist sehr traurig,
War da nicht beim Leukaemie-Online-Treffen im April 2011 ein Jurist, der einen einschlägigen Vortrag über die Rechte der PatientInnen gehalten hat? Tut der nichts, um zB Fälle durchzukämpfen? Es gibt auch Unterstützungsorganisationen, die aber nicht für alle Fälle und jedermann zugänglich sind. Das weiß ich von mir, und das wird in deinem Fall auch so sein. Es ist ja sehr schwierig bis unmöglich, dass du mit deinem Rollstuhl überall die Klinken putzt, und vielleicht erst von der zehnten Stelle, die du aufsuchst, Hilfe bekommst...
Eine Freundin von mir war einmal bei dreißig Zahnärzten, bis ihr endlich einer half. Das mußt du einmal können. So ähnlich ist es wohl bei den Hilfsorganisationen...
Na ja, ich sollte heute auch noch was tun,- schiebe es die ganze Zeit vor mich her. Die Hausverwaltung hat zuviel an Betriebskosten verrechnet, ein Schlichtungsstellenantrag muss gemacht werden. Zum Streiten um Rezeptbewilligungen bin ich noch gar nicht gekommen, - wäre aber auch wichtig. Ich habe den Eindruck, dass es manchen Ärzten ganz recht ist, wenn die PatientInnen solche Dinge durchkämpfen bzw. das versuchen, weil sie es selbst nicht können, sind ihnen doch die Hände über Kassenverträge gebunden.
Einen guten Abend wünschend
Akita