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von MartinBergmann » 23.03.2010, 17:50
Hallo,
inzwischen habe ich wieder „nur“ 2000 Leukos, der Arzt sagt aber, dass auch das ziemlich normal ist, da ich keinen Wachstumsfaktor für Leukozyten (Neupogen) mehr bekomme. Außerdem könnte es sein, dass ich schon in knapp zwei Wochen nach Hause kann.
Da manche, die diese Berichte regelmäßig lesen, das Glück haben, nicht mit Leukämie geschlagen zu sein und deswegen fachlich nicht so Bescheid wissen, möchte ich hier kurz beschreiben, um was es bei dieser Transplantation überhaupt geht. Bestrahlung und Chemotherapie dienten der Zerstörung meines Knochenmarks (blutbildendes System), soweit, dass es sich nicht mehr regenerieren konnte. Durch die eigentliche Transplantation bekam ich Blutstammzellen meiner Tochter, die mit der Zeit Thrombozyten (Blutplättchen), Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und Leukozyten (weiße Blutkörperchen) bilden, und zwar andere, als mein eigenes Knochenmark ursprünglich produziert hat. Von Leukozyten gibt es wiederum mehrere Arten (z.B. verschiedene Granulozyten und Lymphozyten) die unterschiedlich aggressiv auf Teile meines Körpers (Haut, Darm, Leber aber auch Reste des alten blutbildenden Systems) reagieren können.
Was jetzt passiert ist, ist, dass jetzt am Anfang hauptsächlich Granulozyten gebildet worden sind (Leukos = 2000), die einmal zeigen, dass die Transplantation überhaupt funktioniert hat und zweitens habe ich dadurch wieder ein rudimentäres Abwehrsystem (z.B. gegen Bakterien und Pilze). Heiklere Aufgaben werden von den Lymphozyten übernommen, die allerdings auch dann eventuell meinen Körper angreifen. Das ist teilweise gewollt (soll letztendlich die letzten vagabundierenden Krebszellen killen) teilweise das eigentlich Gefährliche an der ganzen Sache. Es nennt sich Graft versus Host Disease (GvHD)und kann zu übelsten bleibenden Schäden wie schwere Hautzerstörung oder gar Blindheit führen.
Die Kunst der Ärzte ist nun, bei Auftreten dieser Erscheinung, das Ganze durch immunsupressive Medikamente in Schach zu halten, sie aber andererseits so weit zuzulassen, dass der Effekt gegen die Leukaemie-zellen auch funktioniert. Außerdem gehört einfach eine Riesenportion Glück dazu, dass der Effekt in ziemlich genau dem gewünschten Maß funktioniert.
Bei mir ist in den letzten Tagen eine zeitweilige Rötung an den Ellenbogengelenken aufgetreten, die sich aber bis jetzt nicht explosionsartig verbreitet hat. Dies zeigt an, dass der Effekt in milder Form funktioniert, was ziemlich ideal ist. Sollte er sich aber stark verschlimmern, kann ich zumindest erst einmal die vorzeitige Entlassung vergessen. Wenn der Effekt wesentlich später massiv auftritt, kann er chronisch werden und dann – wieder mal schlechte Karten! Es bleibt auch abzuwarten, ob die Krebszellen tatsächlich mittelfristig vollkommen verschwinden – das wäre dann die Heilung und damit der Sinn der eigentlichen Prozedur.
Liebe Grüße
Martin
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