Transplantation

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Waldi
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Beitrag von Waldi » 20.01.2010, 11:46

Hallo Gregor,

erst einmal herzlichen Glückwunsch, dass Du die KMT gut und erfolgreich überstanden hast. Selbstverständlich war diese Therapie für Dich die einzig richtige. Bei einer 17p CLL, die immer auch mit dem Verlust des p53 Tumorsuppressor-Gens einhergeht, hat man ja auch gar keine andere Wahl. Sehr erstaunt bin ich darüber, dass die Vorbehandlung bei Dir mit FCR gemacht wurde. Wie man überall von den CLL-Experten zu hören bekommt, sollen die CLL-Standardtherapien, zu denen Fludarabin und Bendamustin gehören, bei 17p Patienten doch angeblich unwirksam sein! (siehe dazu auch unten) Was gab den Ausschlag dafür, bei Dir FCR einzusetzen, anstatt die übliche MabCampath-Therapie?

Da es anscheinend nur sehr wenige CLL-KMT Patienten gibt, die ihre Erfahrungen veröffentlicht haben, möchte ich Dich darum bitten, Deine Erfahrungen unter diesem Thread in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren. Das kann für viele Betroffene, denen man wahlweise Chemo oder KMT angeboten hat, eine wertvolle Entscheidungshilfe sein.

Weiterhin alles Gute wünscht Dir
Waldi


P.S.: Ein bekannter CLL-Experte aus Hamburg schrieb mir zur 17p CLL Folgendes:

Quote:
Bei der 17p-Deletion ist das sog. p53 Gen ausgeschaltet. Dieses Gen ist extrem wichtig für die Reparatur von genetischen Veränderungen innerhalb der Zelle. Fällt dieser "Handwerker im Hause" aus, verändert sich die Biologie der Erkrankung, weil sehr schnell weitere genetische Veränderungen (Mutationen) hinzukommen, die zu einem schnellen Wachstum der Erkankung führen, und, was noch problematischer ist, die 17p-CLL ist gegenüber Chemotherapien refraktär! Es handelt sich somit um eine Höchst-Risiko-CLL!

Bei einer 17p-Deletion ist das Procedere sehr klar vorgegeben:
1. Vorstellung in einem Zentrum für allogene Stammzelltransplantation, z.B. bei uns. Wir gehören deutschlandweit zusammen mit Ulm und Heidelberg zu jenen Zentren, die die meisten CLL-Patienten allogen transplantiert haben. Als erstes muß man einen Spender suchen, was in aller Regel, wenn die Gene des Patienten aus Mitteleuropa stammen, keine Probleme bereitet: die Wahrscheinlichkeit einen Fremdspender zu finden (vorher untersucht man natürlich die Geschwister) liegt bei 90%.
2. Liegt wieder eine Therapieindikation bei dem Patienten vor (man sollte hier nicht zulange warten, da sonst die Tumormasse zu groß wird), gibt es nur eine Option: MabCampath, entweder als Monotherapie oder im Rahmen der CLL2O-Studie in Kombination mit Dexamethason, was allerdings recht gefährlich bzgl. Infektionen sein kann.
3. Die Mab Campath-Behandlung wird max. 12 Wochen durchgeführt, dann erfolgt eine ca. vierwöchige Pause und anschließend kommt die allogene SZT. Von den 35 CLL-Patienten, die wir derzeit transplantiert haben, ist derzeit eine Patientin im Rahmen einer Infektion verstorben. Wir haben eine große Zahl von Patienten, bei denen die CLL nicht mehr nachzuweisen ist. Dennoch ist die allogene SZT nicht ohne Risiko. Das Therapieprinzip beruht nicht auf der Chemotherapie, die man im Rahmen er Konditionierung gibt, die ist nahezu belanglos und wenig toxisch. Entscheidend ist, dass der Empfänger ein neues Immunsystem erhält, welches den Tumor als potentiell fremd erkennt und diesen umbringt. Nur allogene T-Lymphozyten sind in der Lage, die 17p-Deletion zu knacken.
Unquote

gregor
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Beitrag von gregor » 20.01.2010, 09:41

Hallo

@ Christina
Ja es war eine Hochdosischemo mit Treosulfan und Fludarabin. Wie schlimm war sie?
Es gab natürlich Nebenwirkungen, Übelkeit, Nasenbluten, Durchfälle, Müdigkeit. Im
großen Ganzen habe ich es aber nicht als so schlimm empfunden, mag sein ,das es
damit zusammen hing, daß ich so unbetarft und ohne viele vorherige Therapien
"vorgeschädigt" war. Laut Ärzten kann eine GvHD von Anfang an auftreten, besonders
der Haut und Darmschleimhaut. So wird besonders auf eine Rötung der Haut geachtet
die mit einer Creme behandelt wird.Die Gefahr wächst dann wohl mit zunehmender
"Freiheit" und wird dann nach Jahren geringer.

Aktuell:
Tag +22, laut Ärzten bin ich nun Transplantat unabhängig, will heißen meine Zellen
erhalten sich jetzt selber, alles steigt ins Positive.
Im Laufe dieser Woche soll mit der Darmkontaminierung angefangen werden, d.h.
Joghurt und kein sterilisierten Essen mehr. Schrittweise Aufhebung der Isolation und
im Laufe der nächsten Woche Entlassung.

Warum habe ich mich gerade zu dieser offensiven Vorgehensweise entschlossen?
Im Vorfeld habe ich wirklich sehr intensiv Informiert.Bin in einem med. Hilfsberuf tätig,
habe also auch ein gewisses Hintergrundwissen und Kontakt zu vielen Ärzten.
Entscheidend war die 17p del.

Kleine Wissenszusammenstellung darüber:
Eine Deletion des Chromosom 17 im p Schenkel geht einher mit einer Mutation des
TP53 Eiweiß, das wiederum ein Tumorsuppressor ist. Will heißen, bei dieser Abberation
kann es sehr schnell zum fortschreiten der CLL und zu Transformationen in eine akute
Leukämie kommen ( sogenannte Richtertransformation), sowie zum Auftreten von
sekundär Tumoren, wie Prostata-, Darm-, und anderen soliden Tumoren.

Wie lange diese Deletion schon vorhanden war kann man nicht sagen, von einer
Vorbehandlung konnte sie nicht kommen, da ich sozusagen "Chemonaiv" war.
Im Gegensatz zu anderen Zentren war man hier der Meinung, das eine Induktions-
Chemo mit FCR ( statt mit Alemtuzumap) bessere Ergebnisse für die KMT liefere.
Spenderin ist meine HLA identische Schwester und es ist dann auch eine Knochenmark-
spende und keine Periphere Blutstammzellen-spende geworden.
Mein Alter und das bisherige Fehlen von Schädigungen durch Vorbekandlungen, sowie
fehlen von anderen Risiko-Erkrankungen wie Diabetes, Hypertonie, Leber- oder Nieren-
Erkrankungen, gaben den Ausschlag jetzt zu handeln, nicht die Krankheit entscheiden zu
lassen wann etwas getan werden MUß, sondern selber zu agieren.

Alle Angaben habe ich nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Sie sind mit Sicherheit
nicht vollständig und möglicherweise fehlerhaft. Nehmt die Informationen und formuliert daraus
Fragen die ihr euren Ärzten stellen könnt.

Liebe Grüße an alle
Gregor
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cicici
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Beitrag von cicici » 19.01.2010, 11:07

Hallo Gregor!
Habe lange schon dein Feedback bezüglich allo T. erwartet. Martin Bergmann ist ja auch demnächst "dran".
Die GvHD tritt erst nach geraumer Zeit ein. Wurdest du voll konditioniert oder dosisreduziert?
Wie war die Hochdosischemo? So schlimm, wie man immer liest?


Dir alles Gute und lass von dir hören!
Gruß Christina
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gregor
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Beitrag von gregor » 19.01.2010, 08:20

Hallo
Ich möchte mich nach so langer Zeit doch noch mal melden.
Der Grund meines Schweigens ist schlicht und einfach, das
man mit seinen Aussagen und Informationen, unterschiedlichen
Philosophien und Wissensstände,hier viel Verwirrung erzeugen
kann. Ich möchte meine Informationen hier zur Verfügung stellen,
nicht um eine Entscheidungshilfe zu bieten, sondern um Fragen
aufzuwerfen, die jeder dann mit seinem Arzt klären muß um
zu einer Entscheidung zu kommen.
So habe ich es mit meinen Ärzten gemacht und sie mit Fragen
gelöchert. Ich war sogar so dreist und habe sie mit Interviews
bekannter Kollegen konfrontiert und um eine Stellungnahme
gebeten, was auch in bewundernswerter Weise geschehen ist.
Hier nochmal "Hut ab und Verbeugung".

Zu mir:
56Jahre, seit Okt. 2008 Diagnose CLL, seit Feb. 2009 17p-
und unmutierter Status bekannt. Bis Mai 2009 unbehandelt.
Nach stätigem Abfall der Trombozyten bis auf 90 000,
Nachtschweiss, Infektionshäufung etc. mein Entschluß
eine Iduktionstherapie mit 5 Zyklen FCR mit dem Ziel möglichst
eine Komplettremission zu erreichen,anschliessend allog. KMT
von HLA identischer Schwester.

Aktuell:
Teilremission nach 5 Zyklen FCR und 1x Rituximap solo.
KMT am 29.12.2009 nach Hochdosischemo mit Treosulfan
und Fludarabin.
Der 19.01.2010 ist bei mir +21. 18.01.2010 war mein "Take"
(Leukos wieder über 1000.)
Bisher keine Hinwise auf evtl. Organschäden oder GvHD.

Im nächsten Posting dann mehr über die Gründe für meine
Entscheidung.

Liebe Grüße alle
Gregor

Waldi
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Beitrag von Waldi » 18.01.2010, 12:02

Hallo Rosa,

unabhängig von Ergebnis der BR-Therapie muss vor der KMT eine Hochdosistherapie (mit dosisreduzierter Konditionierung!) gemacht werden. Zusammen mit Deinem behandelnden Arzt kannst Du deshalb nach Beendigung der BR-Therapie immer noch entscheiden, ob eine KMT wirklich erforderlich ist. Zuvor solltest Du jedoch unbedingt eine 2. Meinung von einem erfahrenen Hämatologen einholen.

CR heißt komplette Remission, siehe:http://de.wikipedia.org/wiki/Remission_(Medizin)

Gruß Waldi

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Thomas55
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Beitrag von Thomas55 » 18.01.2010, 11:32

Hallo Rosa,

laß Dir nicht zu viele Sorgen und Ängste machen und warte doch erst mal ab was BR bringt, alles andere ist noch Spekulation. Ich habe bisher weder persönlich noch im Netz einen erfolgreich allogen transplantierten Cller getroffen, auch wenn immer davon die Rede ist (mir wurde schon 1998 als jungen Patienten die KMT dringend angeraten) scheinen immer noch sehr wenig Erfahrungen vorliegen. Wir haben in unserer Gruppe einen wegen Plasmazytom transplantierten, der leidet nach über 10 Jahren immer noch an GVHD Problemen. Selbst wenn man von der Cll "geheilt" ist, kann man schwerer krank sein als vorher. Für mich persönlich wäre eine KMT nach momentanem Stand wirklich nur dann eine Überlegung wenn alles andere nicht mehr hilft und dann wäre ich mir auch nicht sicher diesen Weg zu gehen.

Gruß
Thomas

Rosa
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Beitrag von Rosa » 18.01.2010, 01:09

Hallo Waldi,

danke für die wieder sehr nützlichen Infos.

"Da BR relativ milde ist, wird damit das Knochenmark vermutlich nicht ausreichend zerstört, was ja Bedingung für die KMT ist." Meinst du damit die Hochdosischemotherapie unmittelbar vor der KMT oder noch eine wetere Chemo nach BR?

Und was ist "CR"?

Gruß, Rosa


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Waldi
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Beitrag von Waldi » 16.01.2010, 18:17

Hallo Rosa,

Hans hat bereits alles erklärt. Du wirst ggfls. die dosisreduzierte (Mini-) allogene Transplantation erhalten, da die "normale" bei der CLL viel zu gefährlich ist. Da BR relativ milde ist, wird damit das Knochenmark nicht ausreichend zerstört, was ja Bedingung für die KMT ist. Zuvor werden folglich noch einmal härtere Bandagen notwendig sein. Langfristig betrachtet wird Dein Arzt bestimmt Recht haben und Du wirst um die KMT nicht herum kommen. Aber bevor Du Dir nun Gedanken darüber machst, warte doch erst einmal ab, wie BR anschlägt. Daraus lässt sich evtl. schon frühzeitig erkennen, wie der Behandlungserfolg sein wird. Bei gutem Erfolg kannst Du vielleicht viele gute Jahre gewinnen.

Zum Thema Bendamustin hab ich noch einen sehr interessanten Link. Schau mal unter: http://www.journalonko.de/newsview.php?id=3764 Das Ergebnis der BR-Studie war eine Sensation auf dem ASH-Kongress. BR wird demnach wohl die seit vielen Jahren bewährte NHL-Standardtherapie RCHOP ablösen. Zu vermuten ist, dass BR auch bei der CLL eine ähnlich gute Wirkung bei moderaten Nebenwirkungen hat. Ein Teilnehmer meiner Gruppe ist sehr gut damit zurecht gekommen, z.Zt. ist er sogar in CR. Wegen Coombs+ und der Gefahr einer Hämolyse durfte er nicht mit Fludarabin behandelt werden.

LG Waldi



MAXXI
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Beitrag von MAXXI » 16.01.2010, 16:31

<!-- BBCode Quote Start --><TABLE BORDER=0 CELLPADDING=3 CELLSPACING=1 ALIGN=CENTER WIDTH=85%><TR><TD><font class="pn-sub">Zitat:</font><HR noshade height=1></TD></TR><TR><TD><FONT class="pn-sub"><BLOCKQUOTE> ...Übrigens denkt mein Hämatologe nicht an eine Mini-Transplantation, sondern an die allogene Stammzellentransplantation. Eine Heilung schließt er auch nach einer Transplantation aus. Er sagt, die CLL sei nicht heilbar ...</BLOCKQUOTE></FONT></TD></TR><TR><TD><HR noshade height=1></TD></TR></TABLE><!-- BBCode Quote End -->Hallo Rosa,
ich denke, dass es da ein paar Missverständnisse gibt:
Eine autologe SZT wird heute bei CLL nicht mehr gemacht, zu hohes Rückfallrisiko sondern nur noch allogene aber dort gibt es, wie Waldi schon ausgeführt hat die 'normale' und die sogenannte 'Mini-Transplantation' oder auch auch 'Dosis Reduzierte' oder auch 'RIC', ist alles dasselbe. Die Aussage CLL ist nicht heilbar ist richtig, aber nur für konventionelle Therapien. Eine allogene Transplantation ist die einzige echte Heilungsschance aber natürlich gibt es dort auch häufig Rezidive, dies ändert aber nichts daran, dass es damit echte Heilungen gibt.

Noch eine Ergänzung zu Waldis Ausführung:
Gerade, weil bei der allogenenen RIC-Transplantation noch CLL-Zellen verbleiben können ist die Erfolgwahrscheinlichkeit der SZT umso höher, je besser der Remissionsgrad ist, der im Rahmen einer vorgelagerten Therapie erreich wird. Dies ist genau der Grund, warum bei mir derzeit die CLL2O-Therapie durchgeführt wird und dann erst die Transplantation.

Liebe Grüße
Hans
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Rosa
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Beitrag von Rosa » 16.01.2010, 15:14

Hallo Hans und Waldi,

wie schon erwähnt habe ich von Jan-Okt 2007 eine Chemo nach dem FER-Schema (ähnlich wie die FCR-Therapie) und danach eine Erhaltungstherapie mit Rituximab bis zum Dez 2009 gemacht. Ich erreichte eine Teilremission, aber die Leukämie kam Ende 2009 unter der Erhaltungstherapie wieder. Der langsame Verlauf meiner CLL (1999-2006) ist vorbei uns deshalb bin ich Hochrisikopatientin.

Deshalb rät mir mein Hämatologe zu einer Transplantation. Natürlich muss zunächst abgewartet werden, wie ich auf die BR-Therapie reagiere (ich habe soeben damit begonnen). So wie ich ihn verstanden habe, rechnet er aus den genannten Gründen nicht mit einer langen Remission und sieht die Chemo als Vorbereitung auf die Transplantation.

Die Gründe, die für oder gegen eine Transplantation sprechen, bin ich gerade am Abwägen. So wie ich es sehe, habe ich die Wahl zwischen 1) immer weiteren Chemos (die Möglichkeiten sind hier auch begrenzt) und einem immer schlechteren Gesundheitszustand und dem Risiko für Folgeerkrankungen und 2) der Transplantation mit dem 20%igen Risiko, daran zu sterben, schnell wieder ein Rezivid zu bekommen oder eine üble GVH überstehen zu müssen und 3) nach der jetzigen Chemo einfach abzuwarten, wie lange ich ohne Therapie überlebe (wahrscheinlich würde ich an einem Infekt sterben). Ich habe hier nur die Risiken, nicht die möglichen Vorteile genannt.

Ich habe zwei Kinder im Alter von siebzehn und einundzwanzig Jahren. Sie sind mein Ein und Alles. Ich möchte sie nicht so früh allein lassen.

Übrigens denkt mein Hämatologe nicht an eine Mini-Transplantation, sondern an die allogene Stammzellentransplantation. Eine Heilung schließt er auch nach einer Transplantation aus. Er sagt, die CLL sei nicht heilbar.

Gruß, Rosa
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Waldi
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Beitrag von Waldi » 16.01.2010, 13:54

Hallo Rosa,

dem Beitrag von Hans möchte ich noch einiges hinzufügen:

Ob Rezidiv oder nicht, vor einer KMT oder SZT ist auf jeden Fall eine hoch dosierte Chemotherapie erforderlich. Das Ziel dieser Therapie ist nicht die Remission der Krankheit, sondern die Zerstörung des Knochenmarks, wobei den Leukämiezellen am Ort ihrer Entstehung der Garaus gemacht wird. Der Begriff KMT/SZT ist deshalb irreführend, denn die Knochenmark- bzw. Stammzellrückgabe ist dabei lediglich ein Trick, um die eigentliche Therapie, nämlich die Hochdosischemotherapie, überhaupt überleben zu können.

Bei der CLL wird die normale KMT aus guten Gründen heute nicht mehr angewendet, sondern die wesentlich verträglichere dosisreduzierte Stammzelltransplantation, die fälschlicherweise oft „Minitransplantation“ genannt wird. Das ist zwar immer noch eine Hochdosischemotherapie, aber man verzichtet dabei auf die vollständige Zerstörung des Knochenmarks und hofft, dass das neue Immunsystem, welches sich durch die Spenderstammzellen aufbaut, die möglicherweise verbliebenen Leukämiezellen erkennt und sie vernichtet. Während bei der normalen KMT lt. Hallek früher fast die Hälfte aller CLL-Patienten an den Therapiefolgen verstarb, sind es heute bei der dosisreduzierten SZT „nur“ noch etwas weniger als 20%. Das Gesamtüberleben nach 2 Jahren liegt bei über 60%. Mit welchen Therapiefolgen man jedoch zu leben hat, darüber findet sich kaum etwas in der Literatur. Zwar hört es sich immer gut an, dass die KMT die einzige Therapie sei, die eine Heilung der CLL ermöglichen kann. Nicht gesagt wird dabei jedoch, welchen gesundheitlichen Preis man dafür zu bezahlen hat.

Sollten noch weitere gute Therapieoptionen zur Verfügung stehen, dann muss man sich schon sehr genau überlegen, ob man das Risiko einer KMT/SZT eingehen will. Die Ärzte tendieren bei den meisten Patienten heute wohl mehrheitlich dazu, erst einmal die üblichen Fludarabin und Bendamustin Regime anzuwenden, bevor sie als letztes dann zum Mittel der KMT/SZT greifen. Sie werden wissen warum! Sollte sich die CLL jedoch als therapierefraktär erwiesen haben, dann allerdings gibt es diese Wahl nicht mehr, denn dann ist die KMT der einzig mögliche Weg.

Wofür auch immer man sich entscheidet, jede Therapie hat (wenige?) Vor- und (viele?) Nachteile. Zum Glück gestattet es die CLL in der Regel jedoch, dass man genügend Zeit hat, alle notwendigen Informationen einzuholen, die man für diese schwere Entscheidung benötigt. Ob man den richtigen Weg gewählt hat, dass wird sich in den meisten Fällen leider erst wesentlich später erweisen.

LG Waldi

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MAXXI
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Beitrag von MAXXI » 16.01.2010, 08:49

Hallo Rosa,
Du hast mit Deiner Transplantationsfrage zwar Waldi angesprochen aber Ihr beiden habt sicher nichts dagegen, wenn auch ich antworte oder :)

Du hast mit Deiner Frage ein grundsätzliches Dilemma und Risiko angesprochen über das ích mir auch schon seit Jahren viele Gedanken gemacht habe.

Einerseits ist CLL sehr oft eine langsam verlaufende Krankheit mit der man viele Jahre problemlos leben kann und häufig ist schlussendlich führt dann nicht die CLL sondern ein natürlicher Tod zum Ende.

Jetzt gibt es aber auch andere Fälle, entweder ist der Patient noch sehr jung oder der Verlauf aggressiver und rascher und jetzt gilt es für jeden individuell gemeinsam mit seinem Hämathologen seines Vertrauens abzuwägen. Mit individuell meine ich insbesondere auch die seelisch moralische Grundeinstellung eines Patienten. Es gibt Patienten die sagen, Augen zu und durch gleichgültig wie hoch das Risiko ist ich will die CLL loshaben und eine Heilung und es gibt eben auch andere, die eine andere persönliche Wertung haben.

Wenn Du jetzt die Chemotherapie durchführst in der Hoffnung einer vollen Remission und gut 10 Jahren Pause, darauf spekulierst, dass in der Zwischenzeit der medizinische Fortschritt neue Erfolge bringt ist dies eine Option aber eine ohne jede Garantie.

Denn nach der Therapie kann eben auch schon nach ganz kurzer Zeit eine unerwünschte, unerwartete Verschärfung (17p-; Richter) auftreten, die eine rasche Behandlung brauchen und dann steht die Transplantationsfrage rasch wieder im Raum. Ob jetzt zur Vorbereitung eine komplette Remission durch Vortherapie nochmals erreicht wird ist wahrscheinlich aber eben nicht garantiert.

Und jede Therapie belastet die Organe (Nieren, Leber) und erhöht deutlich das Risiko von unerwünschten Sekundärerkrankungen (auch Krebs).

Über all dem steht natürlich auch die Frage: Steht ein perfekt passender Spender überhaupt zur Verfügung.

Liebe Grüße
Hans
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Rosa
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Beitrag von Rosa » 16.01.2010, 00:51

Hallo Waldi,

auch dir ein schönes neues Jahr und danke für deinen Rat!

Ich habe eine Frage zu deinem Rat: Eine Knochenmarktransplantation kann ja nur durchgeführt werden, wenn vorher eine Remission erfolgt ist. Wenn ich also die KMT so weit wie möglich hinausschiebe, heißt das ja, dass ich ein weiteres Rezidiv riskiere, das dann eine weitere Chemo erfordern würde. Denn die KMT kann ja nur nach einer Remission erfolgen?

Gruß, Rosa
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MAXXI
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Beitrag von MAXXI » 02.01.2010, 18:36

<!-- BBCode Quote Start --><TABLE BORDER=0 CELLPADDING=3 CELLSPACING=1 ALIGN=CENTER WIDTH=85%><TR><TD><font class="pn-sub">Zitat:</font><HR noshade height=1></TD></TR><TR><TD><FONT class="pn-sub"><BLOCKQUOTE>...Ist bei dir also die 17p-Deletion aufgetreten?
Wie verträgst du die Campath-Therapie? Eine Therapie mit Campath hat mir mein Hämatologe auch in Aussicht gestellt, falls es mit der BR-Therapie nicht klappt.
........
Erzähl mir doch bitte mehr über deine Geschichte/deinen Weg.</BLOCKQUOTE></FONT></TD></TR><TR><TD><HR noshade height=1></TD></TR></TABLE><!-- BBCode Quote End -->
Hallo Rosa,
ja bei mir wurde kürzlich leider 17p- festgestellt.
Campath (subcutan verabreicht) vertrage ich sehr gut, eigentlich nebenwirkungsfrei. Was eher unangenehm zuschlägt sind die viertägigen Kortisonstoßgaben alle zwei Wochen.
Bezüglich Deiner zweiten Frage habe ich Dir über das Forum eine Email geschickt. Ich hoffe, die landet nicht in Deinem Spamfilter.

Viele Grüße
Hans

Rosa
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Beitrag von Rosa » 02.01.2010, 00:47

Hallo Hans,

danke für deine Antwort!

Ist bei dir also die 17p-Deletion aufgetreten?
Wie verträgst du die Campath-Therapie? Eine Therapie mit Campath hat mir mein Hämatologe auch in Aussicht gestellt, falls es mit der BR-Therapie nicht klappt.

So wie ich meinen Hämatologen verstehe, empfiehlt er mir die Transplantation, weil ich eine relativ junge Patientin bin und er sich mehr Überlebenszeit für mich erhofft. Allerdings sind die Daten, die du schreibst, ja nicht gerade erhebend.

Erzähl mir doch bitte mehr über deine Geschichte/deinen Weg.

Gruß, Rosa
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