Chemo-Immun-Therapie
Vor einiger Zeit hat es hier eine etwas kontroverse Diskussion über das Für und Wider Chemotherapie, insbesondere FCR oder BR gegeben.
Da ich in 09/2009 eine nach einer kurzen, tiefen Anämie CLL diagnostiziert wurde und nach schneller und eingehender Befassung mit dem Thema und Gesprächen mit Experten nur die Chance sah, durch eine FCR Behandlung Abhilfe zu bekommen, zumindest für eine längere Zeit, habe ich meine am 14.10.2013 begonnenen 6 Zyklen seit 5 Wochen hinter mir.
Ich möchte mit diesem Bericht im Besonderen den neu erkrankten CLLern Mut machen, dass diese Krankheit bei jedem anders verläuft und vielfach die erwarteten guten oder schlechten Verläufe nicht prognostiziert werden können.
Aufgrund der Erstprognosen, die ich ängstlich las, glaubte ich an eine Chance von 2-3 Jahren. Da ich zum Glück keine Deletionen hatte - die anderen Faktoren lasse ich mal bewusst außen vor, denn sie sind, wie man heute weiß, nicht immer aussagefähig - habe ich die Zyklen nahezu ohne jegliche Nebenwirkungen absolvieren können. Auch die anfangs prophylaktisch eigenommenen Medikamente gegen Infektionen etc. konnten ab dem 4. Zyklus fast abgesetzt werden.
Das Blutbild, insbesondere die Leukozyten und Thrombozyten rauschten zweimal in den „Keller“, blieben zweimal fast gleich und erfuhren zweimal eine mäßige Senkung. Gegen die Neutroponien habe ich sicherheitshalber bei zwei Zyklen Granocyte gespritzt, jeweils zwei, drei Mal, das reichte aus, um schnell auf über 10.000 Leukos zu kommen.
Mein niedriger HB wert, lag anfangs im KH bei 5,0, da ich dies völlig vernachlässigt hatte und an alle anderen Dinge dachte, nur nicht an Anämie. Bei Beginn der Behandlung und nach EK Konzentraten dauerte es ziemlich lange, bis ich „ aus dem Schneider“ war, d.h. >10.
Der Zustand meines niedrigen HB wertes, der sich nur langsam nach oben schob, hat mir psychosomatisch zugesetzt. Die Ohnmacht, nichts tun zu können, war für mich schlimm und ich habe in jeden Spiegel geschaut, noch heute ab und zu.
Die Phasen, in denen die Granulozyten niedrig waren, bis auf 20!! dauerten nicht lange und es ging vor allem immer wieder steil nach oben.
Klar, ich war immer „on alert“ habe auf alles geachtet, auch wenn nichts passierte. Habe vor allem, alles, was zu lesen war, auch gelesen, ob Deutsch oder Englisch.
Als im Dezember der HB endlich wieder bei 10 und mehr lag -ich hatte meine letzten EK-Konzentrate (insgesamt 13) am 18.11. und am 16.12.2013 - habe ich mich in der Privatambulanz der Uniklinik Köln vorgestellt. Ich habe von einigen Experten erfahren und auch gelesen, dass dort bei Prof. Hallek die besten Experten für diese Krankheit sind und er selbst ja auch eine beachtete Größe auf dem Gebiet.
Nach den ersten drei Zyklen hat man auf meinen Wunsch hin in Köln – Essen wollte das nicht – einen MRD Status gemacht. Milz und Leber nahezu normal, keine malignen Zellen mehr im peripheren Blut. Also MRD negativ. Das war natürlich eine Freude.
Trotzdem wurden zwei weitere Zyklen durchgeführt, in Essen hatte man erwogen, die Therapie zu beenden. Der HB-wert war ab Februar dann bei > 13 und alle Werte erreichten jeweils vier Wochen nach Behandlung wieder Normalmaß. Außer die Lymphozyten, aber das ist ja auch so gewollt.
Nach dem 5. Zyklus dann noch mal eine MRD Diagnostik, Milz völlig normal, alles andere auch und weiterhin MRD negativ, alles auf null.
Trotzdem wurde auf Anraten des Profs dann noch ein 6. Zyklus gemacht, und dieser ließ die Werte dann nochmal kräftig nach unten sausen, über Ostern!!! Die Laborärzte des Labors, bei dem ich im Heimatort die BB erstellen ließ, waren besorgt, aber ich hatte mich daran gewöhnt, wenn auch etwas mulmig, denn alles regulierte sich ja immer wieder und ich fühlte mich wohl.
Nun, fünf Wochen nach der letzten Chemo habe ich Normalwerte,
Leukos 5,1 , Erytr 4,6, HB 14,6, Thrombos 190.000, Granulos 3,3 Lymphozyten 0,7 sowie Immungloboline IgG, IgA im Normalbereich.
Alle anderen Blutwerte jeweils normal. Mir geht es besser als vor der Diagnose.
Inzwischen habe ich sehr viel gelesen und bin etwas entspannter, was die Zukunft angeht, auch wenn ich der Krankheit den größten Respekt zolle. Ich versuche Abstand zu gewinnen, denn die CLL hat mein Denken und Handeln der letzten sechs Monate eingenommen.
Ich möchte mit der kurzen Geschichte den Patienten, die sich vielleicht doch noch für eine Chemo Immuntherapie entscheiden müssen, hiermit etwas Mut machen, denn nach all den Gesprächen mit den Experten und den Meinungen der US Experten scheint es noch immer die wirksamste Methode zu sein, um längere Zeit Ruhe zu haben. Es gibt Erfahrungen, besonders in den USA, wo man die FCR Behandlungen kürzlich bis ins Jahr 2000 zurückverfolgt hat, die teilweise sehr lange Remissionen beobachtet haben, insbesondere nach MRD negativ.
Meine nächste MRD soll nun drei Monate nach dem letzten Zyklus gemacht werden, also im Juli. Schaun mer moal.
Ich danke an dieser Stelle all denen, die mir nach Diagnose im Sept/Okt Mut zugesprochen haben und gute Ratschläge gaben. Auch wünsche ich all den CLLern von Herzen alles Gute und vor allem einen positiven Verlauf der Krankheit, die ja nicht zu ändern ist. Auch durch all die hoffnungsvollen Medikamente.
http://www.patientpower.info/video/is-i ... l-research
Ich werde auch weiter hier lesen. Sollte jemand spezielle Rückfragen haben, stehe ich gerne per privater Nachrichten bereit.
Vergessen habe ich zu sagen, dass ich den Lebensrhythmus geändert habe, d.h. viel mehr Bewegung, Sport und bessere Ernährung. Dazu vieles gelassener sehen, denn “erstens kommt es anders, zweitens, als man denkt“.
Viele Grüße Seoul