- Published on 28.07.2010, 14:37
- Von Jan Geissler
Die Einführung von
Imatinib (Handelsname
Glivec) hat zu einem starken Wandel in der CML-Therapie geführt. Auch wenn die Erfahrung bisher nicht ausreichent, um eine evidenzbasierte Bewertung des Überlebens zu ermöglichen, rechtfertigen die vorliegenden Studiendaten eine kritische Neubewertung der CML-Therapieplanung. Das CML-Expertenpanel, dem 19 international bekannte CML-Experten wie John Goldman, Andreas Hochhaus, Jorge Cortez, Michael Deininger, Alois Gratwohl, Timothy Hughes und Hagop Kantarjian angehören, hat nun die CML-Therapie nach den seit dem Jahr 1998 gesammelten Daten überprüft und sich auf neue Leitlinien verständigt.
Die neue Bewertung, die die letzten CML-Leitlinien von 1998 ablöst, bezieht sich ausschließlich auf die Therapie in
chronischer Phase, da sich die Behandlung von fortgeschrittenen Phasen der Erkrankung weniger generalisieren ließe und generell weniger effektiv sei. Allerdings wird bemerkt, dass die Einführung neuer Therapien die klassische Unterscheidung zwischen
chronischer Phase,
akzelerierter Phase und
Blastenkrise zunehmend verändere und sich daher die dreiphasige Einteilung in Zukunft ändern könne.
Das Expertenpanel bestätigte den Wert von
Imatinib (Handelsname
Glivec) und konventioneller
allogener Stammzelltransplantation.
Allogene StammzelltransplantationDas Expertenpanel berichtet, dass von in früher
chronischer Phase mit kompatiblen Fremdspenderstammzellen transplantierte Patienten nach 5 Jahren noch 60% am Leben und 50% leukämiefrei sind. Das Gesamtüberleben in 20 Jahren war 34% für alle Patienten, 41% für in früher
chronischer Phase mit HLA-identischem Spender transplantierten Patienten, und 45% mit einem
EBMT-Risikoscore von 0-1. Rückfälle wurden bis zu 21 Jahre nach der
Transplantation beobachtet.
Bei Kindern lag das 10-Jahres-Überleben bei 65-70%.
Es gibt bisher keine Anhaltspunkte, dass sich eine Behandlung mit
Imatinib negativ auf eine spätere Durchführung einer Stammzelltransplantation auswirkt. Gleichzeitig wird von dem Einsatz von
Imatinib im Falle eines Rückfalls nach einer
Transplantation berichtet, wobei bei einigen Patienten dadurch kein
Philadelphia-Chromosom mehr nachgewiesen werden konnte. Synergieeffekte zwischen Spenderlymphozytengabe (
DLI) mit
Imatinib werden vermutet.
Imatinib-TherapieEs empfiehlt
Imatinib (400mg/Tag) als Ersttherapie für die meisten neu diagnostizierten Patienten in
chronischer Phase. Eine Dosiserhöhung oder
allogene Stammzelltransplantation wurden im Falle eines Therapieversagens empfohlen und können im Falle eines suboptimalen Ansprechens auf
Imatinib in Erwägung gezogen werden.
Therapieversagen wurde definiert als
- Fehlen eines hämatologischen Ansprechens nach 3 Monaten,
- unvollständige hämatologische Remssion oder keine zytogenetische Antwort nach 6 Monaten,
- weniger als ein teilweises zytogenetisches Ansprechen (grösser 35% Ph-positiv) nach 12 Monaten,
- keine komplette zytogenetische Remission nach 18 Monaten,
- Verlust einer früheren hämatologischen oder zytogenetischen Remission, und
- Auftreten von Imatinib-resistenten BCR-ABL-Mutationen.
Suboptimales Ansprechen hingegen bedeutet, dass der Patient zwar auf
Imatinib substantiell anspricht, aber das langfristige Ergebnis nicht
vorteilhaft sein würde. Suboptimales Ansprechen wurde definiert als
- unvollständige hämatologische Remission nach 3 Monaten,
- weniger als ein teilweises zytogenetisches Ansprechen (grösser 35% Ph-positiv) nach 6 Monaten,
- keine komplette zytogenetische Remission nach 12 Monaten,
- weniger als ein weitgehendes molekulares Asprechen nach 18 Monaten, und
- im Fall eines Verlusts einer molekularen Remission, dem Auftreten von anderen Mutationen oder Chromosomenveränderungen
.
Die Remissionen wurden wie folgt definiert:
- Vollständige Hämatologische Remission, wenn: Thrombozyten unter 450.000, Leukozyten unter 10.000, 0 unreife Granulozyten, unter 5% Basophile, nicht tastbare Milz.
- Zytogenetische Remission ist erreicht (ZR):
Vollständige ZR |
Ph+ 0% |
Partielle/teilweise ZR |
Ph+ 1-35% |
Geringfügige ZR |
Ph+ 36-65% |
Minimale ZR |
Ph+ 66-95% |
Keine ZR |
Ph+ über 95% |
- Molekulare Remission (MR):
Die Experten hoben die Notwendigkeit regelmäßiger standardisierter Kontrolluntersuchungen hervor:
- Differentialblutbild: Bis zur hämatologischen Remission alle 2 Wochen
- Zytogenetik: Bis zum Erreichen einer kompletten zytogenetischen Remission alle 6 Monate, danach mindestens alle 12 Monate.
- RQ-PCR: Alle drei Monate eine Real-Time Quantitative Polymerase Chain Reaction (RQ-PCR) aus dem peripheren Blut, auch wenn das letzte Ergebnis negativ war.
- PCR-Mutationsanalyse im Falle eines suboptimalen Ansprechens oder eines starken Anstiegs der BCR-ABL-Transkripte
Bezüglich der Dosierung empfehlen die Experten eine Dosis von 400mg/Tag. Für Patienten in
akzelerierter Phase und
Blastenkrise scheint eine Dosis von 600mg effektiver zu sein, während eine Erhöhung auf 800mg nur für eine Subgruppe von Patienten mit Fortschritt der Krankheit oder inadäquatem Ansprechen vorteilhaft ist. Ob die Erhöhung der Ansprechgeschwindigkeit durch höhere Dosen auch langfristig zu Vorteilen führt, wird in laufenden Studien geklärt.
Demgegenüber gibt es keine Untersuchungen der
Ansprechraten bei niedrigeren Dosen; generell wird aber von Niedrigdosierung wegen der erhöhten Gefahr von Resistenzbildungen abgeraten.
Quelle: Evolving concepts in the management of CML. Recommendations from an expert panel on behalf of the European Leukemianet. Magazin Blood, 18.05.2006. DOI 10.1182/blood-2006-02-005686.
Übersetzung in Auszü
gen von Jan, ohne Garantie auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
allogene Stammzelltransplantation
Bei der allogenen Transplantation handelt es sich um eine Form der Stammzelltransplantation, die bei malignen hämatologischen Erkrankungen zum Einsatz kommt. Dabei werden Blutstammzellen von einem Spender zu einem Empfänger übertragen (Spender und Empfänger sind hierbei nicht dieselbe Person).
Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Transplantation
Übertragung von Gewebe. Für die Transplantation können eigene Zellen autologe T. oder fremde Zellen allogene T. verwandt werden.
hämatologisch
das Blut bzw. die Blutbildung betreffend
Thrombozyten
Blutplättchen, die die Gerinnung unterstützen. Blutplättchen verhindern Blutungen, sind also unentbehrlich.
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Granulozyten
Klasse von weißen Blutzellen (Leukozyten), die im Knochenmark heranreifen und dann überall im Körper Fremdkörper, Bakterien, Pilze oder abgestorbene Zellen aufnehmen und die Krankheitskeime durch eigene Giftstoffe abtöten.
Blastenkrise
Die dritte Phase der Entwicklung von CML; sie entsteht nach der chronischen und akzelerierten Phase. Ihr Merkmal ist das Vorkommen einer zunehmenden Anzahl von unreifen Blutkörperchen („Blasten") im Blut oder Knochenmark.
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
Lymphozyten
Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die als Träger immunologischer Funktionen von zentraler Bedeutung für die körpereigene Abwehr sind. Die Vorläuferzellen stammen aus dem Knochenmark, die weitere Entwicklung erfolgt in den lymphatischen Organen. Man unterscheidet B- und T- Lymphozyten, mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben.
Zytogenetik
Mikroskopische Untersuchung von Zahl und Aufbau der Chromosomen von Zellen aus Abstrichen, Blut oder Gewebeproben (Biopsien)
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Blutbild
Untersuchung der Zusammensetzung der Blutzellen nach Art und Anzahl, besonders genau im Differentialblutbild
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Blasten
Unreife Zellen, z. B. Blutzellvorläufer im Blut oder Knochenmark
BCR-ABL
BCR-ABL ist ein Fusionsgen auf Chromosom 22. Das Chromosom mit diesem Gen wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Es kommt bei fast 95 Prozent der Patienten mit CML (Chronisch Myeloischer Leukämie) vor. Das Gen ABLim Fusionsgen enthält den Bauplan für ein Enzym, eine Tyrosinkinase. Dieses Enzym ist wesentlich an der Übertragung von Signalen beteiligt, die für die Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung erforderlich sind. Durch die Fusion der beiden Gene wird das Tyrosinkinase-Gen aktiviert. Die Folge: Zellen mit diesem Gen vermehren sich unkontrolliert. Das molekulare Ereignis wird als Hauptursache für die Entstehung der CML angesehen.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
RNA
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist der kleine Bruder der DNA . Sie ist ein einzelsträngiges kettenförmiges Molekül, das aus DNA umgeschriebene Erbinformation eines einzigen Genes enthält, und im Plasma der Zellen in das Genprodukt (= Eiweißmolekül, Protein) umgeschrieben wird (Biosynthese).
PCR
Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction: Untersuchungsverfahren zur schnellen Vervielfältigung (Amplifikation) bestimmter Abschnitte der RNA oder DNA.
MDS
Das Myelodysplastische Syndrom (MDS) bildet eine grosse Gruppe erworbener klonaler Knochenmarkskrankheiten, die durch ein zunehmendes Versagen der Knochenmarksfunktion gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zur aplastischen Anämie ist das Knochenmark zellreich. Da jedoch die Blutbildung (Hämatopoese) ineffektiv ist, kommt es zur peripheren Panzytopenie.
Ras
Ras ist ein G-Protein, das nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren mit Tyrosinaseaktivität GTP bindet und damit die Signaltransduktionskaskade weiterleitet.
DLI
Gabe von Spenderlymphozyten nach rezidivierter allogener Stammzelltransplantation (DLI = Donor Lymphocyte Infusion)
CHR
Komplette hämatologische Remission (complete haematologic response).
MR
Molekulares Ansprechen (= molecular response (engl.). Es wird ausgedrückt durch die Anzahl der CML-spezifischen Gene im Blut
European Society for Blood and Marrow Transplantat
Europäische medizinische Fachgesellschaft mit Sitz in Leiden, die sich mit der hämatopoetischen Stammzelltransplantation mittels peripherem Blut, Knochenmark oder Nabelschnurblut befasst.
Philadelphia-Chromosom
Charakteristisches Merkmal der chronisch myeloischen Leukämie. Die Chromosomenmutation entsteht durch Transfer des Hauptteils des langen Arms von Chromosom 9 nach Chromosom 22 (= Translokation).
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Chronische Phase
Die früheste Phase in der Entwicklung von CML
Ansprechrate
Prozentualer Anteil der Patienten, bei denen die Erkrankung sich durch eine bestimmte Behandlung zurückbildet
Stammzellen
Stammzellen sind Blutvorläuferzellen, aus denen sich verschiedene Arten von Zelltypen wie die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und weißen (Leukozythen) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) und einige andere Zellen entstehen. Die Stammzellen befinden sich im Knochenmark und teilweise auch im Blut. Es gibt eine Anzahl von verschiedenen Entwicklungsstadien der Stammzellen (z.B. embryonale Stammzellen, aus denen sich der ganze Organismus entwickelt) oder Entwicklungsstadien aus denen nur noch bestimmte Zellarten entstehen können, z.B. Blutstammzellen, aus denen sich alle Blutkörperchen bilden.
Chromosomen
Träger des Erbguts im Zellkern. Sie enthalten die riesigen Kettenmoleküle der DNA kompakt verdrillt und gefaltet als Aggregate mit speziellen Proteinen. Die Chromosomen dienen unter anderem bei der Zellteilung der gleichen Verteilung des Erbguts auf die Tochterzellen. Die normalen menschlichen Körperzellen haben 46 Chromosomen. Bei Krebszellen kann die Zahl und/oder Struktur der Chromosomen verändert sein.
Transkript
Mit Hilfe der PCR lassen sich kleinste Mengen an Erbinformationen in kurzer Zeit stark vervielfältigen, so dass auch das BCR-ABL-Gen so oft kopiert wird, bis es in ausreichender Menge vorliegt, dass es eindeutig nach- gewiesen werden kann. Diese BCR-ABL-Kopien nennt man Transkripte.
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
chronisch
langanhaltend, sich langsam entwickelnd
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Resistenz
Unempfindlichkeit gegenüber einer Behandlung, z.B. von Krebszellen gegen eine Therapie
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
Mutation
Veränderung der Abfolge von Bausteinen im Erbgut (DNS). Mutationen können zu Änderung oder Verlust der Funktion von Genen führen und damit das Verhalten von Zellen beeinflussen (lat. mutatio Veränderung, Wechsel)
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
allogen
von einem anderen Menschen stammend, z.B. Fremdspende.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.