Imatinib (Handelsname
Glivec) hat ein gutes Sicherheitsprofil, aber aufgrund der Erkenntnisse in Tierstudien wird von der Einnahme des Medikaments während der Schwangerschaft oder bei beabsichtigter Empfängnis nicht empfohlen. Trotzdem gibt es immer mehr Einzelfallberichte über Schwangerschaften unter
Glivec-Therapie. Auf
ASH 2006 wurden die bisherigen Erfahrungen zum Thema Empfängnis und Schwangerschaft von Frauen unter
Imatinib-Therapie vorgestellt.
Tierstudien haben gezeigt, dass
Glivec teratogen und embryoschädigend wirken kann, wodurch die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche erhöht ist. Als Folge gibt es berechtigte Zweifel von Ärzten bezüglich der Sicherheit von
Tyrosinkinase-Inhibitoren während der Schwangerschaft. Die neuen Einzelfalldaten berichten nun von insgesamt 180 Müttern, davon die meisten mit CML, die während der Schwangerschaft dem Medikament ausgesetzt waren. Bei 146 ist der Zeitpunkt der
Imatinib-Einnahme bekannt.
Von diesen 146 haben 71% im ersten Drittel und 26% über die gesamte Schwangerschaft
Imatinib verabreicht, und nur 4 Patientinnen haben
Glivec erst nach dem ersten Schwangerschaftsdrittel eingenommen. Von 69% (125 Patientinnen) ist das Ergebnis der Schwangerschaft bekannt. 63 Schwangerschaften brachten ein gesundes Kind hervor. 35 (28%) nahmen einen freiwilligen Schwangerschaftsabbruch vor, davon 3 nach der Diagnose von Schäden am Fötus. Es gab 12 Schwangerschaften mit Schäden am Fötus, mit 8 Lebendgeburten und einer Totgeburt. 18 Schwangerschaften unterbrachen von selbst. Auch wenn diese Erfahrungen im Rahmen des Üblichen in der normalen Bevölkerung liegen (Spontanabbrüche 10-15%), könnten die Daten dadurch verfälscht sein, dass den Ärzten das Ergebnis von 55 Schwangerschaften nicht berichtet wurde.
Unter den Anormalitäten war ein Kind mit Schädeldeformation, eines mit Schäden an Lunge, Nieren und Schulteranomalien, ein Kind mit Nabelschnurbruch, Nierenagenesie und Defekt des Wirbelkörpers, und ein viertes mit Wirbelschäden. Diese vier Fälle waren entsprechend den Tierversuchen mit
Imatinib, bei denen ähnliche Knochenbauschäden beobachtet wurden.
Trotz dieser Information bleibt die Balance zwischen dem Risiko für den Fötus bei Therapiefortsetzung gegenüber dem Lebensrisiko der Mutter bei Therapieunterbrechung schwierig. In einem kürzlich vorgestellten Report von 10 Frauen, die
Imatinib aufgrund einer Schwangerschaft unterbrachen, stiegen bei 6 die CML-typischen Werte wieder an. Durchschnittlich 18 Monate nach Wiederbeginn der
Imatinib-Therapie erreichten nur noch 3 von 10 Patientinnen eine komplette zytogenetische
Remission. Auf Basis dieser Daten bleibt die Empfehlung bestehen,
Imatinib während einer Schwangerschaft zu vermeiden. Im Falle ungewollter oder gewollter Schwangerschaften muß eine Risiko-Nutzen-Bewertung auf individueller Basis durchgeführt werden, bei der eine sorgfältige Befragung beider Elterteile empfohlen wird. Da die Erfahrung mit
Imatinib weiter wächst, werden mehr Informationen in Zukunft verfügbar werden, die die Situation weiter klärt. Um dies zu erleichtern, wird eine globale Schwangerschaftsdatenbank für
Imatinib-Patienten in naher Zukunft eingerichtet.
Quelle: ASH-Abstract #431 erschien in Blood, Volume 108, issue 11, November 16, 2006
Imatinib and Pregnancy. S. Pye, Jorge Cortes, G. Rosti, P. Ault, T. Oliveto, R. Pilot, Hagop M. Kantarjian, Alan Hatfield, J. Apperley Department of Haematology, Imperial College, London, United Kingdom; Novartis Pharmaceuticals, Florham Park, NJ, USA; Institute of Hematology and Oncology, University of Bologna, Italy; Department of Leukemia, MD Anderson Cancer Center, Houston, TX, USA
Weitere Informationen:
Übersetzung und Zusammenfassung durch Jan, ausdrücklich ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
Tyrosinkinase
Enzym, das das Wachstum von Leukämiezellen anregt und therapeutisch durch Tyrosinkinase-Hemmer (Tyrosinkinase-Inhibitoren) gehemmt werden kann.
Angiogenese
Blutgefäßneubildung, wachsende Tumoren regen die Angiogenese an, um ihren Nährstoff- und Sauerstoffbedarf sicherzustellen
genotoxisch
Die erbgutverändernde, krebserzeugende und missbildende Eigenschaft eines Stoffes oder einer physikalischen Einwirkung
Remission
Vorübergehende oder dauerhafte Rückbildung von Krankheitszeichen. Bei Krebs: Partielle Remission = teilweises Verschwinden oder Verkleinerung von Krebszellen, komplette Remission = keine Krebszellen nachweisbar
teratogen
Die Entstehung von Fehlbildungen bei Embryonen von Menschen und Tieren fördernd. Die Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen vor allem zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft kann Fehlanlagen und Störungen unterschiedlichster Organsysteme verursachen. Viele Zytostatika gelten als teratogen.
Imatinib
Imatinib, Handelsname Glivec/Gleevec, Laborname STI-571, ein BCR-ABL-Tyrosinkinasehemmer der ersten Generation. Zugelassen seit Jahr 2002 für die Behandlung der CML und Ph-positiven ALL.
Glivec
Imatinib wird unter dem Handelsnahmen Glivec (Hersteller Novartis) vertrieben.
Port
Zuführendes System, meist eine unter die Haut eingepflanzte Kunststoffkammer mit Venenkatheter, um eine kontinuierliche Medikamentengabe zu ermöglichen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
ASH
Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie (engl. American Society of Hematology). Oftmals wird ASH als Synonym für den jedes Jahr im Dezember stattfindenden Jahreskongress der Gesellschaft verwendet.
Arm
= Behandlungsgruppe. Eine klinische Studie ist einarmig, wenn es nur eine Behandlungsgruppe und keine Kontrollgruppe gibt. In den meisten Studien gibt es zwei oder mehr Arme.
Toxizität
Giftwirkung einer Substanz, zum Beispiel einer Chemotherapie. Diese führen zu unerwünschten Nebenwirkungen.
Gen
Informationseinheit des Erbgutes, enthält meist den Bauplan für ein Protein. Die Gene liegen im Zellkern in Form von DNS vor.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
TKI
Tyrosinkinaseinhibitor / Tyrosinkinasehemmer sind neuartige Medikamenten-Wirkstoffe, die bisher vor allem bei Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen. Tyrosinkinasen spielen eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Tumorerkrankungen, da sie daueraktiviert zu einer ungebremsten Zellteilung und damit zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen. Die neuartigen Hemmstoffe blockieren diesen Mechanismus.
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