Fatigue und Schlafstörungen unter Imatinib

Wie gehe ich mit Leukämie im Alltag um? Wie unterstütze ich als Freund oder Angehöriger? Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Rente, Behindertenausweis, Psychotherapie, Kur?

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chrismxnr
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Re: Fatigue und Schlafstörungen unter Imatinib

Beitrag von chrismxnr » 15.08.2023, 16:33

Hallo Niko,
vielen Dank für deine ausführliche Antwort :)

Das ein oder andere werde ich da auch nochmal intensiver austesten. Beruflich bin ich als ITler überwiegend im Homeoffice und komme daher im Alltag nicht immer so viel vor die Tür... Da muss ich mich vielleicht wirklich regelmäßiger zu zwingen, vor allem in Schlechtwetterphasen :P
Bisher versuche ich es ja überwiegend mit Fitnessstudio um in Bewegung zu bleiben, aber vielleicht ist es ja wirklich eher das draußen unterwegs sein, was helfen würde...

Mit der Verdauung habe ich auch schon gemerkt, dass die häufig etwas aus dem Tritt ist. Einzelne Lebensmittel konnte ich noch nicht so genau ausmachen, da muss ich noch etwas experimentieren. Hatte aber ganz gute Erfahrungen mit Kefir gemacht, damit war es gefühlt etwas besser. Vielleicht würde das ja tatsächlich auch den Schlaf etwas erholsamer machen, wenn ich da etwas mehr nachgehe.

Etwas Hoffnung macht mir ja auch, dass du meinst, dass es mit der Zeit besser wurde. Ich habe auch die Aussicht, dass wir in etwa einem Jahr versuchen können mit der Dosis auf nicht täglich runterzugehen.

Ansonsten bin ich jetzt mal auf die Onko-Psychologische Beratung gespannt. Da habe ich nur etwas Angst, recht schnell in die depressive Schiene gesteckt zu werden. Ich bin mir aber eigentlich recht sicher, dass ich erst einige Zeit erschöpft bin, bevor die depressive Stimmung aufkommt... und nicht umgekehrt :P

Aktuell mache ich eine einwöchige Imatinib-Pause (in Absprache mit meiner Onkologin), um überhaupt auszumachen, ob es die Tabletten sind. Sie ist sich da nicht so sicher und meint es könnte auch die Erkrankung selbst sein... was ich mir bei vollständiger Remission und ansonsten super Werten aber nicht ganz vorstellen kann.
Ich bin jetzt bei Tag 5. Zwar immer noch etwas müde, aber gefühlt deutlich konzentrationsfähiger und nicht mehr so erschlagen. Die Verdauung wurde direkt viel besser... Ebenso die Grundstimmung. Ein wenig Placebo will ich dabei aber auch nicht ausschließen :P

Viele Grüße,
Christian

NL
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Re: Fatigue und Schlafstörungen unter Imatinib

Beitrag von NL » 13.08.2023, 14:47

Moin Christian,
ich selber werde seit 17 Jahren mit Imatinib wegen CML behandelt (400mg, zwischenzeitlich auch während knapp 2 Jahren mit 600 mg. Bezüglich der Nebenwirkung und insbesondere der Müdigkeit habe ich bei mir keinen Unterschied zwischen den Dosierungen feststellen können.
Ich habe früher Imatinib morgens genommen, die leichte Schwammigkeit in den Vormittagsstunden hat mich aber dazu bewegt, die Einnahme auf den Abend zu verschieben, weil das auf der Arbeit angenehmer ist. So verschlafe ich diese Phase.
Ich habe das Gefühl, dass ich seit Imatinib manche Lebensmittel schlechter vertrage. So sind z.B. Kohlsorten, Erbsen und Bohnen manchmal ein Problem. Das äussert sich machmal offensichtlich in einem stark geblähten Bauch, manchmal aber auch nur mit einem unterschwelligen Gefühl der Unruhe im Darm, dass mir dann beim Durchschlafen erhebliche Probleme bereiten kann. Einschlafen ist sehr selten ein Problem, aber Durchschlafen kann öfter problematisch sein. Ich habe mir auch ein sehr regelmässiges und frühes Zubettgehen angewöht, um 10 mach ich spätestens das Licht aus, bin dann aber auch vor 6 wieder wach.
Ich habe auch den Eindruck, dass körperliche Aktivität draussen hilfreich ist, ich fahre rund ums Jahr bei egal welchem Wetter mit dem Fahrrad zur Arbeit, und gehe sonst Mountainbiken oder Skifahren. Ich stelle bei mir fest, dass ohne Aktivitäten draussen der Schlaf schlechter zu sein scheint als mit (kann das aber nicht mit Daten belegen).
Ich bin morgens auch oft müde, zwei grosse Becher Schwarztee sind ein guter Starter. Im Alufe des Tages kommen noch die eine oder andere Tasse Kaffe dazu. Koffein war eine Empfehlung meines längst pensionierten ersten Hämatologen. Ich glaube aber auch nicht, dass das eine allgemeingültige Empfehlung ist.
Das zusammen hat mir geholfen, in den 17 Jahre der Behandlung mit Imatinib durchgehend in Vollzeit (ca 50h/Woche) zu arbeiten. Dass mitunter aus Müdigkeit manche Aktivität auf der Strecke bleiben muss, ist auch leider so (bei Diagnose war ich 38 Jahre alt, das Alter dürfte auch einen gewissen Anteil habe...). Ohne Bewegung wird es aber eher schlechter.
Einen weiteren Faktor gibt es auch noch: mit der Dauer der Behandlung hat auch die Müdigkeit abgenommen, ist aber nie ganz verschwunden.
Gruss & alles Gute
Niko

chrismxnr
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Fatigue und Schlafstörungen unter Imatinib

Beitrag von chrismxnr » 12.08.2023, 15:31

Hallo in die Runde,
ich, männlich, 34 Jahre jung habe MLN-eo (ähnlich einer Eosinophilenleukämie) und bin jetzt seit etwas mehr als 1,5 Jahren in Behandlung mit Imatinib. Meine chaotischen Blutwerte hatten sich mit Therapiebeginn schnell normalisiert und ich bin an sich mittlerweile in vollständiger Remission.
Ich nehme relativ niedrig dosierte 100mg Imatinib 1x täglich.

An sich vertrage ich die Tabletten abgesehen von gelegentlicher leichter Übelkeit ganz gut. Allerdings leide ich unter starker Fatigue (mit zwischenzeitlich besseren Phasen) und Schlafstörungen. Die Schlafstörungen hatte ich halbwegs in den Griff bekommen, indem ich die Tablette morgens genommen habe. Ansonsten wurde ich regelmäßig mitten in der Nacht hellwach und kam nervlich nicht zur Ruhe.

Was mich aber leider weiterhin begleitet und die Lebensqualität stark einschränkt, ist die Fatigue. Neben beruflichen Einschränkungen bekomme ich in schlimmen Phasen kaum meinen Alltag gemeistert, weil ich mich selbst nach vermeintlich gut durchgeschlafenen Nächten morgens schon wie erschlagen fühle. Ich würde es eher wie verkatert statt Müdigkeit nennen. Das Ganze geht aber mittlerweile auch stark auf die Psyche und mein Sozialleben, da ich mich dann auch stark zurückziehe. Und selbst wenn ich mich mit Leuten treffe, bin ich dann leicht reizbar und kann mich selbst nicht leiden.

Ich versuche natürlich Tipps, wie mich zu zwingen trotzdem zu bewegen. Ich sehe auch zu alle 2 Tage im Fitnessstudio aktiv zu sein. Das bringt auch immer kurzzeitig etwas, aber so wirklich nachhaltig ist das alles nicht.

Mein erster Onkologe wollte mir das alles nicht glauben, da ich ja bei so einer geringen Dosis gar keine Nebenwirkungen haben könne... mittlerweile fühle ich mich bei meiner neuen Onkologin ganz gut aufgehoben, sie nimmt mich da ernst. Vor allem die extremen Schlafstörungen kann ich recht eindeutig reprodozieren, wenn ich die Tabletten ein paar Tage lang wieder abends nehme. Aber eine wirkliche Lösung hat sie da auch noch nicht für mich. Auf ihr Anraten habe ich jetzt für Mitte September einen Termin bei einer Psycho-Onkologin (oder Onko-Psychologin?) ausgemacht.

Mich würde interessieren, ob hier jemand ähnliche Erfahrungen gemacht hat und vielleicht auch ein paar Tips parat hat? Wirkliche Trigger kann ich nämlich nicht ausmachen, warum es manchmal plötzlich auch ein paar, wenige Wochen anhaltende, gute Phasen gibt. Im Internet finde ich zwar einige wissenschaftliche Artikel, dass Fatigue ein bekanntes Thema in dem Zusammenhang sei, aber wenig Erfahrungsberichte.

Viele liebe Grüße,
Christian

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