Therapieoptimierung unter jetziger Glivectherapie

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jan
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Beitrag von jan » 21.10.2005, 19:30

Hallo Jörn,

ich würde, wie Pascal, das nicht als Verdoppelung des Werts sehen - sondern eher im Rahmen der Messgenauigkeit.

Jedensfalls spricht man bei Patienten in guter molekularer Remission erst beim Anstieg des BCR-ABL/ABL-Quotienten um mehr als Faktor 10 von einem molekularen Rückfall - das wäre in Deinem Fall von 0,21% zurück auf über 2,1% - davon bist Du weit entfernt. Ich würde mir also wegen der Schwankung keine Sorgen machen.

Viele Grüße
Jan


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unknown

Beitrag von unknown » 21.10.2005, 13:30

Hallo Joern,

vergiß die Fehlerquote nicht! Ich bin dahingehend informiert, daß eine Verdoppelung in diesem Bereich Aufmerksamkeit, aber noch keine Beunruhigung auslösen müsse.

Grüße, Pascal.

Joern
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Beitrag von Joern » 21.10.2005, 12:10

Moin,
weiterer Update ...
der BCR-ABL/ABL Quotient ist aktuell bei 0,54% (Vorbefund vom
23/8/05: 0,21% und vom 7/4/05: 2,1%).
Nur knapp einem Monat später eine Verdopplung...
Sagen wir mal so, es bleibt spannend ...
lg jörn

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jan
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Beitrag von jan » 17.10.2005, 00:40

Hallo zusammen,

um möglichen Spekulationen vorab evtl. den Wind herauszunehmen, folgende Erklärung der Hintergründe:

Zu Pascals Hinweis - eine französische Forschergruppe hat bei älteren CML-Patienten im Rahmen einer Studie einige Fälle von Prostatakarzinomen beobachtet. Das ist eigentlich nicht ungewöhnlich im reiferen Alter, nur in der (verhältnismäßig kleinen) Gruppe war die Anzahl höher als die übliche Statistik. Dies kann reiner Zufall sein, aber um sicherzugehen, wird aus diesem Grund seitdem empfohlen, regelmäßig auch Urinproben zu untersuchen. In CML-Studien wird dies m.W. automatisch seit dieser Empfehlung gemacht.

Ein anderer Sachverhalt, auf den sich vermutlich auch Jörn bezieht, geht auf eine kürzlich untersuchte Forschungshypothese zurück. Man wundert sich ja schon einige Zeit, warum unter Glivec-Therapie bei manchen Patienten (sehr selten) auch in nicht vom Philadelphia-Chromosom betroffenen Zellen weitere genetische Veränderungen auftreten. Es könnte ja theoretisch sein, dass diese Veränderungen nur deswegen plötzlich auffallen, weil Glivec den größten Teil der CML-Population sehr effektiv beseitigt - oder könnten auch theoretisch durch Glivec ausgelöst sein. Es könnte aber auch sein, dass eine Art CML-Vorstadium, eine "genetische Instabilität", bereits existiert, deren Ergebnis erst die Entstehung von BCR-ABL und damit das Philadelphia-Chromosom ist. Die kürzlich erschienene Beobachtung läßt nun vermuten, dass Glivec in vitro (d.h. im Reagenzglas) genetische Veränderungen auch an manchen Ph-negativen Zellen hervorrufen könnte. Allerdings ist auch das eine In-Vitro-Untersuchung noch mit vielen Fragezeichen - und ist daher nur mit sehr großer Vorsicht zu interpretieren.

Letztlich läuft es darauf raus, dass man einfach noch nicht weiss, warum eine CML entsteht, und ob es eventuell eine besondere genetische Vorveranlagung gibt, die das Entstehen einer CML, aber auch anderer genetischer Veränderungen, begünstigt. Alles weitere ist bisher Spekulation und ich finde es beruhigend, dass die Forschung sich intensiv diesen Fragen widmet. Angesichts anhaltend guten Daten nach rund 50 Monaten Beobachtungszeit (mit mehreren tausend Patienten und ohne besondere Auffälligkeiten von anderen Folgeerkrankungen) gibt es aber meines Erachtens keinen Grund für Nervosität...

Herzliche Grüße
Jan


unknown

Beitrag von unknown » 16.10.2005, 23:13

Hallo Jörn,

da hast Du ja hochinteressante Dinge vor. Hoffentlich wird es doch noch was und Du kannst berichten!

Das mit dem Nutella wäre mal eine Nachforschung wert, ob das eine so ganz neutrale Substanz ist.

Was die Nebenwirkungen betrifft, weiß man bei neuen Medikamenten natürlich nie wirklich, was auf die Dauer kommt.
Und so müssen wir mit den Zweitkrebsen halt sehen, wie repräsentativ dieser kleine Patientenkreis und die Rattenversuche sind. Bzw. hoffen, daß das nicht typisch ist.
Bzw. sich überlegen, welche Risiken in den Alternativen stecken würden, und da sieht es ja keineswegs rosiger aus, sind solche Nettigkeiten überreichlich auch drin.
Auch mit den Impfungen muß man diesbezüglich abwarten, mein behandelnder Arzt hier am Ort hat bei dem Thema schon mehrfach mahnend auf dieses Kind vor ein oder zwei Jahren in Paris hingewiesen, dem man mit gentechnisch präpariertem Zeugs eine Leukämie statt eines normalen Immunsystems angeimpft hat ...

Und wenn man ne Studie mitmacht, weil man eine lebensbedrohliche Krankheit hat, steckt man wohl in einer anderen Schublade als als Versuchskarnickel für Schönheitscremes oder medizinische Doktorarbeiten über weiß der Kuckuck was, obwohl das Risiko wohl meist eher größer ist.
Im ersten Fall kommen allenfalls die Fahrtkosten rein, mit dem zweiten Fall sollen manche ja deutlich ihren Lebensunterhalt aufbessern können.
Könnte man auch wieder allerlei Betrachtungen zu Pharmaindustrie und Ethik anhängen ...

Jedenfalls viel Erfolg!
Pascal.


Joern
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Beitrag von Joern » 16.10.2005, 19:48

moin jan, hallo pascal.

Pascal, die Werte waren kontinuierlich am Steigen, warum weiss keiner (nutella?). Mit nun 600mg innerhalb von 2 Monaten eine log Stufe runter ist ja schon mal nicht schlecht. Und klar. Die Frage ob es dabei bleibt stellt sich, nicht nur für mich, für jeden hier. Die Vorstellung ein Leben lang Tabletten zu nehmen geht ja noch. Die Vorstellung, das irgend etwas via Gleevec doch noch verursacht wird, was nur noch bis jetzt nicht erforscht wurde, damit muss jeder klar kommen. Erste Hinweise tauchen ja langsam auf.

und Jan, ja.
die Vaccinierungstudie steht immer noch auf dem Zettel. Ich wäre auch schon längst da gewesen und hätte mir den ersten Pickser abgeholt. Allerdings wird ein Fragezeichen zur Zeit immer grösser, und das sind die Kosten. Bevor die nicht geklärt sind passiert gar nix. 11 Impfungen sind für ein Jahr vorgesehen, Frau Gupta gibt den Impfstoff nicht aus der Hand, ergo 11 Flüge wären fällig. In dem Protokoll der Studie habe ich dann gelesen, dass der impfstoff zur verfügung gestellt wird, der Patient für alle Untersuchungen aber selber aufkommen muss. Das ist mir eindeutig zu viel. Die Flüge würde ich ja noch bezahlen, aber das war es dann auch. Schliesslich muss man ja auch noch vom Flughafen zum sloan-kettering-institut in Manhatten kommen. Nächste Woche werde ich mal mit der Frau Doktor reden, wenn das nichts hilft versuche ich es über das Management von <!-- BBCode auto-link start --><a href="http://www.breakthroughtherapeutics.com/" target="_blank">http://www.breakthroughtherapeutics.com/</a><!-- BBCode auto-link end -->, bei Rosemary Mazanet. Die wollen ja schliesslich Forschungsergebnisse und das Zeugs dann vermarkten, dabei will ich nicht noch bezahlen, eigentlich müsste man/frau da ja etwas bekommen :)

schönen abend
gruss aus hamburg
(mann war das ein wochenende, sonne, sonne, sonne)
-jörn

jan
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Beitrag von jan » 16.10.2005, 17:40

Hallo Jörn,

das freut mich unheimlich für Euch, herzlichen Glückwunsch! Eine "Null vor dem Komma" ist schonmal ein riesiger Fortschritt!

Steht die Ostküste weiterhin auf dem Plan?

Herzliche Grüße, auch an Heike,
Jan

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unknown

Beitrag von unknown » 16.10.2005, 01:33

Hallo Joern zum zweiten:

Gut so! Ist nur die Frage, ob es so weitergeht. Das scheint ja gerade der noch unklare Punkt in chronischer Phase zu sein, ob höhere Dosen Glivec mehr bewirken oder nur das schneller bewirken, was eine Normaldosis auch irgendwann erreicht hätte und nicht mehr ....

Pascal.

Joern
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Beitrag von Joern » 15.10.2005, 22:33

Moin aus Hamburg.
Kleines update.

Die PCR Werte sind bei mir um eine log stufe (von 2.1 auf 0,2) gesunken. Die Erhöhung der täglichen Dosis auf nun 600mg scheint also zu wirken.

gruss jörn
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 31.07.2005, 19:23

Hallo Jan,

mail an Dich ist gerade raus.
Ist die italienische Studie, die mir mein stets bestens informierter Labor-maestro grad schickte. <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_biggrin.gif">
Habe mich lediglich minimal in den Zahlen vertan:
76 Leute rein,
3 Abbruch wg. Glivec
45 Abbruch wg. IFN ... Also über 50% ...

Eindeutig Abbruch, nicht Weitermachen mit reduzierter Dosis, vgl. S. 4245 und 4249.

Publiziert:
M. Baccarani et al., Imatinib and pegylated human recombinant interferon-Alpha2b in early chronic-phase chronic myeloid leukemia. In: Blood 104, 13, 2004. 4245-4251.

Pascal.

jan
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Beitrag von jan » 30.07.2005, 08:28

Hallo Pascal,

kannst Du mir bitte mitteilen, welche IFN-Glivec-Kombistudie die von Dir zitierte ist und wo die Ergebnisse publiziert wurden? Vielleicht kannst Du Dich ja auch bei Deinem Arzt erkundigen.

Mir ist jedenfalls eine Glivec-IFN-Kombinationsstudie bei CML mit solchen Daten nicht bekannt. Ich habe eben nochmal nachgeschaut - ich kenne eine Studie aus England mit 10 Patienten, aus Italien mit 76 Patienten, aus Japan mit 55 Patienten, sowie die Glivec & PEG-IFN-Studien aus England, Deutschland und den USA. Keine berichtet von hohen Abbrechraten, da die IFN-Dosis immer bei auftretenden stärkeren Nebenwirkungen nach unten angepaßt wurden, während Glivec konstant gehalten wurde. Insofern kann ich mir nicht erklären, was für Daten Dein Arzt hier rausgezogen hat. War es evtl. doch eine Vergleichsstudie von Glivec- und IFN-Monotherapie?

Wie gesagt, Monotherapie ist eine andere Therapie, da gab es bisher auch hohe Wechselraten. Aus diesem Grund wird ja bei der CML-Studie IV nun auch der IFN-Mono-Arm aufgegeben, während der Glivec-IFN-Kombiarm weiterverfolgt wird, da dieser gut funktioniert - und um nach einigen Jahren zu wissen, ob die Glivec-IFN-Kombination der Glivec-Monotherapie überlegen ist.

Bitte um Aufklärung, welche Studie Dein Arzt zitiert hat.

Grüße
Jan


unknown

Beitrag von unknown » 26.07.2005, 03:09

Hallo Jan,

Du hast natürlich recht, daß die Dosis die Effekte vergrößern bzw. verkleinern kann.
Und ich selbst wies ja bereits darauf hin, daß jeder eine andere Anfälligkeit für Nebenwirkungen hat (und die Hauptwirkung ...).
Aber Deppen dulde ich ja nun selber nicht als meine Ärzte :wink: , wenn wir uns auch nicht so ganz einig werden, was das non-plus-ultra an Eigenschaften eines exzellenten Arztes sein sollte. Und ausgerechnet der, der mir IFN-Kombi verordnen wollte, zog freudig eine einschlägige Studie aus seinem PC um mich von der Harmlosigkeit zu überzeugen - 79 hätten daran teilgenommen. Aber dann schluckte er: 46 hätten wg. Nebenwirkungen abgebrochen ...
Was den Hausarzt betrifft, hat der natürlich auch die anderen Indikationen, also etwa m.W. Hepatitis, im Auge.
Es geht mir nicht darum, Horrorszenarien an die Wand zu malen, wir lesen hier ja immer wieder, wie auch andere Therapien böse Ärger machen können. Es kann sicher, wie bei Dir, mit IFN auch alles bestens gehen. Trotzdem hat sich Glivec ja auch gerade deswegen durchgesetzt, weil es bei den meisten Leuten weniger heikel ist.

Pascal.

jan
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Beitrag von jan » 22.07.2005, 08:18

Hallo Pascal,

ich wäre mit solchen Aussagen vorsichtig, da diese vermutlich von Ärzten stammt, die mit dem sensitiven Umgang mit Interferon - und vor allem der Kombination - nicht so viel Erfahrung haben. Man muss hier ganz klar differenzieren zwischen einer hohen Dosis einer IFN-Monotherapie und der Glivec-IFN-Kombination.

Bei IFN-Monotherapie muss hoch dosiert werden, und bei vielen, aber nicht allen, Patienten führt dies zu deutlich merkbaren Nebenwirkungen. In einer Monotherapie muss man natürlich, um die Therapie mit voller Kraft fortzuführen, auch eine hohe Dosis beibehalten, um den maximalen apoptotischen UND immunstimulativen Effekt zu erreichen. Aber was man nicht vergessen darf: Es gibt auch Patienten, die hohe Dosen von IFN ohne Probleme vertragen - nur weiß man das vor Therapiebeginn nicht.

Bei der Kombination von Glivec mit IFN ist jedoch eine niedrigere IFN-Dosis ausreichend, um das Immunsystem zu stimulieren. Den apoptotischen Effekt benötigt man von IFN-Seite in der Kombination nicht, da er von Glivec erreicht wird - und die Erreichung dieses Effekts ist der Hauptgrund für hohe IFN-Dosen. Es gab diverse Untersuchungen, die zeigten, dass auch niedrige Dosen zur Aktivierung der T-Zellen führten. Da Glivec in der Kombination die "Haupttherapie" ist, kann man bei Nebenwirkungen auch das IFN mal zeitweilig aussetzen oder noch niedriger dosieren.

Die Erfahrung in verschiedenen Kombistudien - auch meine eigene - mit der Kombination zeigt das Gegenteil Deiner Schilderung.

Ich halte es daher für falsch, hier Horrorszenarien zu zeichnen und immer die Monotherapie-Erfahrungen und Monotherapie-Nebenwirkungslisten aus der Schublade zu ziehen. IFN-Monotherapie und IFN-Glivec-Combos sind völlig unterschiedliche Therapien mit unterschiedlichen Nebenwirkungsprofilen und Wirksamkeiten. Und ich würde hinterfragen, wieviel Erfahrung der Arzt mit der Kombination hat - wieviele Patienten mit genau dieser Kombination von Glivec mit niedrig dosiertem IFN hat Dein Arzt seit einigen Jahren behandelt, dass er in der Lage ist, die Kombination so lax abzubürsten? Dein Hausarzt ist vermutlich einer, der IFN nur vom Hörensagen kennt und dem in seiner Praxis nur die "IFN-Geschädigten" aufgefallen sind - das hilft uns hier nicht weiter.

Viele Grüße
Jan


unknown

Beitrag von unknown » 22.07.2005, 01:27

Hallo Jörn,

es hat, wie geschrieben, alles seine Vor- und Nachteile.
Der eine meiner Hämatologen wollte schon lang mich auf Glivec & IFN setzen, mit genau Deinem Argument "... Remission unter IFN ist doch entschieden solider als unter Glivec ...".
Aber der andere meinte ganz trocken - "jaja, das kann man machen. Aber die ersten 4 Wochen können Sie sich dann gleich krankmelden, da liegen Sie mit 40° im Bett. Jemand, der noch im Berufsleben steht, sollte sich das genau überlegen ...", und der Hausarzt charakterisierte "das Teufelszeug" ähnlich.
Die Nebenwirkungsliste von IFN ist eben deutlich länger und heftiger als die von Glivec.
Gibt natürlich auch Leute, die das problemlos vertragen.
Aber wirklich loswerden tun die Krankheit mit IFN m.W. auch weniger als 10%.

Viel Erfolg dann!
Pascal.

jan
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Beitrag von jan » 21.07.2005, 09:29

Hallo Jörn,

durftet Ihr nicht mitentscheiden? IFN ist ja auch zugelassen, insofern ist es eine rein medizinische und keine legale Entscheidung.

Ich bin aber auf jeden Fall gespannt, ob die Dosiserhöhung bei der Verbesserung der Ergebnisse hilft. Ich drücke die Daumen!

Herzliche Grüße
Jan

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