Bach-Blüten und Kügelchen...

Akute Myeloische Leukämie (AML) und Akute Lymphatische Leukämie (ALL)

Moderatoren: jan, NL, Marc

ChrissyAC
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Beitrag von ChrissyAC » 21.05.2005, 10:35

Jan du hast mir aus der Seele gesprochen! Danke
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jan
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Beitrag von jan » 21.05.2005, 02:08

Liebe Forumsteilnehmer,

kaum gehe ich mal in den Urlaub, läuft hier eine recht angespannte Diskussion (Naturstoffe, Bach-Blüten)... Daher nun kurz von unterwegs ein Versuch, die Dinge wieder etwas in eine ruhigere Bahnen zu lenken:

Wir alle haben mit unserer Leukämie-Diagnose persönlich zu kämpfen. Insbesondere die Wahl der Therapierichtung ist immer eine sehr schwierige, denn niemand kann vorhersehen, wie eine Therapie im Einzelfall anschlagen wird. Leider werden viele Betroffene in dieser kritischen Situation mit ihren Sorgen, Bedürfnissen und Ängsten alleine gelassen, und schon allein deshalb prüft man als Patient auch alle Optionen, oft auch Alternativen zur Schulmedizin. Mir ging es damals selbst nicht anders, wobei ich von einem im anthroposophischen Bereich sehr renommierten Arzt bezüglich Misteltherapie bei Leukämie schnell eine klare Absage erhielt und das Thema für mich verwarf.

Foren im Internet verleiten natürlich dazu, sich auch von anderen Betroffenen eine Bestätigung einzuholen, dass man wohl die richtige Therapiewahl getroffen hat, obwohl dies aufgrund der individuellen Konstitution jedes Einzelnen - und vor allem ohne Details und langjährige medizinische Efahrung - in einem Forum natürlich kaum möglich ist.

In dieser Phase reagiert man natürlich umso dünnhäutiger, wenn offene Kritik am "eigenen Strohhalm" erfolgt. Ein Internet-Forum - noch dazu, wenn es anonyme Beiträge erlaubt - führt dabei oft zu recht heftigen Aussagen, die man einem anderen Krebskranken vermutlich nie von Angesicht zu Angesicht sagen würde. Vor einem Beitrag sollte man sich daher immer überlegen, ob man das Geschriebene auch am "runden Tisch" sagen würde und ob dies evtl. verletzend für den/die Gegenüber sein könnte. Vor jedem Computer sitzt ein Mensch, und in dieser Situation ist er meist noch empfindlicher und verunsicherter.

Daher: Bitte prüft Eure Beiträge immer darauf, ob Ihr sie dem Adressaten so auch mündlich mitteilen würdet. (Wie schon öfter möchte ich der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass dieses Forum bewußt anonyme Beiträge zuläßt - aber wir müssen uns vorbehalten, anonyme Beiträge mit verletzenden, agressiven oder werblichen Inhalten ungefragt zu löschen)

Inhaltlich möchte ich zum Thema "Alternativmedizin" nur noch folgende Dinge anmerken, auch wenn dies teilweise schon gesagt wurde:

Leukämie ist eine hochagressive Krankheit, die unbehandelt mit hoher Wahrscheinlichkeit in Wochen (akute L.) bis Monaten (chronische L.) zum Tod führen würde. Man muss sie sehr ernst nehmen, auch wenn man sich in frühen Phasen subjektiv gut fühlt. Noch vor 15 Jahren glich die Leukämie-Diagnose einem Todesurteil binnen einiger Monate. Der medizinische Fortschritt - mit Transplantation, Chemotherapie und gezielten molekularen Therapien - konnte die Sterblichkeit massiv reduzieren, wenn auch leider noch nicht völlig beseitigen, und für einen Großteil der Patienten eine langfristig gute Lebensqualität ermöglichen. Für die existierenden schulmedizinischen Medikamente wurde die Wirksamkeit in klinischen Vergleichsstudien mit zehntausenden von Patienten nachgewiesen, und neue, noch wirkungsvollere Medikamente sind momentan in klinischer Erprobung für alle Leukämiearten.

Wer für sich entscheidet, ohne ärztliche Rücksprache die schulmedizinische Therapie durch zusätzliche Wirkstoffe zu gefährden den schulmedizinischen Bereich entgegen ärztlichen Rat komplett zu verlassen, sollte sich darüber klar sein, dass es KEINE belastbaren Studiendaten für "alternative" Leukämietherapien gibt - und vermutlich nie geben wird, da die "alternativen" Pharmafirmen (es werden Millionenumsätze mit verschreibungsfreien Alternativprodukten gemacht) diese aus verschiedensten Gründen nicht durchführen (wollen) - und nur einen Bruchteil ihrer Umsätze in die klinische Forschung lenken.

Mündige Patienten, die sich mangels Daten auf ihre Hoffnung in die Theorie der Wirkweise dieser alternativen Präparate berufen und ihr persönliches Schicksal darauf setzen, sollten daher öffentlich gegenüber eben diesen "Alternativ"-Pharmafirmen FÜR die Durchführung wissenschaftlich haltbarer, randomisierter Leukämie-Studien eintreten. Nur dann könnten solche Präparate, soweit sie sich dann als wirkungsvoll erweisen, wirklich jemals ernst genommen - und Vermutung und Hoffnung durch Fakten ersetzt - werden. Dies wäre hilfreicher, als Mund-zu-Mund-Werbung zu betreiben oder andere Leukämie-Patienten mit Erfahrungen aus dem Bereich solider Tumore zu verunsichern. Da viele der Alternativ-Präparate gerade auf diesem Weg ("Pharma-Network-Marketing") über vorgebliche Patienten mit guten Erfahrungen via Internet-Foren beworben werden (vgl Laetrile, Zellular-Medizin, Papaya-Superkonzentrat etc), müssen wir leider gerade bei anonymen Beiträgen als Forums-Moderatoren recht vorsichtig sein.

Ich hoffe, der gereizten Stimmung damit etwas den Wind zu nehmen. Ich danke herzlichst für Eure Reflektion - bitte denkt immer dran, dass hinter jedem Pseudonym hier im Forum auch ein Mensch sitzt.

Herzliche Grüße
Jan
Leukämie-Online


unknown

Beitrag von unknown » 19.05.2005, 11:41

Hallo -

aaaalso: die Debatte wurde ja im anderen Diskussionspunkt gerade kürzlich wieder einmal durchgezogen, inklusive der Bedenklichkeit von Mistelspritzen bei Leukämien.

Ich denke, viel wäre gewonnen, wenn mehr Patienten sich von ihren 'Schul-'ärzten einfach eine solidere Aufklärung holen würden.
Warum sich nicht auch einmal einen Aufsatz für Fachpublikum empfehlen lassen und nach dem Arztgespräch ein Stockwerk höher in der Bibliothek nachlesen? Englisch kann heute fast jeder, man ist doch eh meist in einer Uni-Klinik und der entsprechende Vormittag meist eh schon gelaufen ...

Mit etwas mehr Durchblick würde man den Scharlatanen, Gesundbetern und Pseudowissenschaftlern nicht so gern auf den Leim gehen.

Pascal.

unknown

Beitrag von unknown » 19.05.2005, 10:17

Auf der einen Seite kann man den guten Arzt schon verstehen, denn aus seiner Sicht muss es sehr frustrierend sein, dass trotz aller Aufklärung Leukämiebetroffene auch heute noch versuchen, ihre Krankheit mit Bach-Blüten und Kügelchen selbst zu therapieren. Unerheblich dabei, ob sie es aus ungesunden Halbwissen heraus machen, oder von geschäftemachenden Scharlatanen dazu verführt wurden. Auf der anderen Seite muss man aber auch auf die Betroffenen Rücksicht nehmen, die sich an jeden Strohhalm klammern. Ihre Eigeninitiative gibt ihnen das Gefühl, selbst etwas Positives zum Krankheitsverlauf beitragen zu können. Wenn sie denn daraus Mut und Hoffnung schöpfen, dann ist das schließlich auch für den Arzt vorteilhaft, denn es wirkt therapieunterstützend. Vor einer gezielten Stimulation des krebskranken Immunsystems z.B. mit Mistel, muss jedoch aus hinreichend bekannten Gründen noch einmal dringend gewarnt werden. Alle anderen Mittelchen sollte der Arzt als begleitende Maßnahmen auffassen, wobei er die Dosierung mit dem Patienten absprechen kann, sodass kein Schaden dadurch verursacht wird. Grundbedingung dafür ist allerdings, dass der Patient sich dem Arzt anvertraut und dieser seine Wünsche nach begleitenden Maßnahmen entsprechend respektiert. Würden die Ärzte an dieser Stelle mehr Einfühlungsvermögen aufbringen, könnten die Patienten auch mehr Vertrauen in die Fähigkeiten der modernen Medizin gewinnen. Man sollte sich also nicht immer nur darüber wundern, dass bei vielen Leuten der Begriff „Schulmedizin“ negativ besetzt ist, sondern endlich versuchen, den bestehenden Knoten zu durchschlagen. Es könnte doch so einfach sein!

LG: Wolfgang

Frank
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Beitrag von Frank » 19.05.2005, 00:01

Hallo Chrissy,

Entschuldigung wenn Ihr Euch angegriffen fühlt. Das war eigentlich auch nicht die Aussage meines Statements.

Misteltherapie wirk so, dass das Extrakt der Mistel per Infussion oder Spritze verabreicht wird. Die Antroposophen sagen, dass damit das Immunsystem angeregt wird. Also die Produktion z.B. der weißen Blutkörperchen. Diese sind aber bei einer Leukämie gerade sowieso viel zu viel.

Deshalb ist eine Misteltherapie bei einer Leukämie nicht zu empfehlen. Nicht weil ich irgendwo gehört habe "es ist schlecht". Bei anderen Krebsarten mag die Mistetherapie durchaus ihre Berechtigung haben.

Du muss nichts mehr schreiben. Ich wollte das nur klarstellen.

Also nicht böse sein!

Und deinem Freund und Dir wünsche ich selbstverständlich Durchhaltekraft und Mut! Diese Diagnose beschäftigt einen natürlich sehr und man checkt alle Optionen ab!

Gruß
Frank

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ChrissyAC
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Beitrag von ChrissyAC » 18.05.2005, 22:08

Weißte Mistelfreunde....................mein Freund und ich haben vor 3 Wochen erfahren das er AML hat und die Misteltherapie haben wir empfohlen bekommen wenn die Ärzte sagen das sie nicht gut ist sheen wir davon ab.
Ich finde es eine unverschämtheit, dies so runter zu machen!

Vor allem wenn man och so am Anfang steht!
Also mein Freund und ich klammern uns an alles was helfen kann!

Werde nun dazu nichts mehr schreiben...denn das regt mich nur auf!

[addsig]

Frank
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Beitrag von Frank » 18.05.2005, 20:35

Ach so... ich hatte vergessen zu schreiben, dass dieses Forum hier ist um laienhafte Diskussionen in eine richtige Richtung zu richten. Nicht um sie zu vermeiden.

Es gibt einfach viele uninformierte Patienten. Und wohlgemerkt hat mir diese Seite hier sehr geholfen das ganze ärtzechinesisch besser zu verstehen und mich auch besser mit der Krankheit auseinanderzusetzen.

PS: Vor kurzem war das Leukämie-Online-Treffen. Das war in keinster, aber auch garkeinster Weise laienhaft. Da ging es auch um Vitamine und Meister HH und Dr. Schoch waren dabei. Das sind bei CML und Leukämiediagnose und Forschung die TOP-Leute!

Es gibt hier Laien, für die diese Seite ja eigentlich auch gedacht ist. Das sich ein paar Vitaminverkäufer und überzeugte Mistelfreunde (auch sehr gefährliches Zeug!) druntermischen ... happens

Schönes Diskutieren noch!
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ChrissyAC
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Beitrag von ChrissyAC » 18.05.2005, 19:29

Hallo Frank!

Fand die Art einfach nur zum kotzen, die Mister Oberarzt abgelassen hat.
Mitsicherheit kommt man um eine Chemo nicht drum herum, aber ich stehe auf dem Standpunkt, dass Begleittherapien mit sicherheit nicht schlecht sein können, wie z.B. die Misteltherapie.
Ich finde nur, dass er seine Meinung anders hätte rüber bringen können. Denn er macht sich anscheinend keine Gedanken, wie es den Patienten oder Angehörigen geht.
Mit sicherheit gibt es Patienten, die nur an die Natur glauben und das ist mit sicherheit nicht der richtige weg, aber wie gesagt als Postbehandlung oder Begleitbehandlung sind manche Therapien vielleicht doch Hilfreich!!!

Dir weiter gute Besserung und viel Kraft!!!

Liebn Gruß Christiane :)
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Frank
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Beitrag von Frank » 18.05.2005, 17:36

Hallo Chrissy,

da kann ich nur ganz klar sagen, dass nicht die Ärzte Schuld haben, sondern meist die Patienten selbst. Sie nehmen Ihre Medikamente nicht ein (z.B. Glivec bei CML) oder verzichten auf Chemos und hoffen, dass Sie mit den Kügelchen gesunden. Es brüsten sich manche Patienten damit so und solange das und das nicht eingenommen zu haben, aber dafür irgendwelche Wundermittel. Die Leute haben immernoch Angst vor Chemos und Pharmazeutischen Produkten. Weniger vor Produkten wo "Natur" drauf steht. In diesem Fall ist es aber der falsche Weg!

Ich habe es bereits im anderen Forum geschrieben, wo eine Never-Ending Story darüber geschrieben wurde wie toll Wunderpillen sind.

Ich hätte auch parallel zu meinem Glivec noch Low-Dose Chemo bekommen sollen und habe es nach reifer Überlegung und Abklärung bei dem CML-Meister HH abgesetzt. Aber nicht weil ich es mit Wunderpillen probieren will, sondern weil ich relativ jung bin und immernoch der Hoffnung Glivec alleine kann mir lange helfen und mir einen evtl. Familienwunsch (irgendwann) noch erfüllen.

Wer bei AML, ALL etc. seine Chemo durch Pillen ersetzt, ist, wie unten beschrieben, i.d.R. dem Tod geweiht.

Aber das sollte jeder gut aufgeklärte, interessierte und engegierte Patient einfach wissen!

Vitamine nur als Ergänzung und für die schnellere Genesung nach einer aggressiven Chemo. Nie als Alternative.

Hier steht auch NIRGENDWO von den Betroffenen, dass AML, ALL primär mit Vitaminen behandelt wurde, sondern nur NACH einer Chemo. Die Leute die diese Wunderpillen anpreisen sind i.d.R. nicht Betroffene sondern Geldgeile Laien oder Ahnungslose Irre !

Die Diskussion wird aber trotzdem nie enden, weil keiner von seinem Standpunkt weg kommt.

Gruß
Frank

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ChrissyAC
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Beitrag von ChrissyAC » 18.05.2005, 15:01

Also ........schön und gut ...ich habe mir nicht die Mühe gemacht und habe mir die ganze Diskussion durch gelesen.
Aber ich finde es mehr als erschütternt, dass ein Arzt so reden kann!!!!!!!!!!!!!!!!!

Als Leukämie kranker oder Nebenstehender ...versucht man sich letztlich an jeden Strohalm zu klammern. Ob die jeweilige möglichkeit effektiv ist sei dahin gestellt.
Denke ebenfalls das keine Therapie ohne Einwilligung des Arztes geschieht und so mit die gefahr ja wohl gebannt ist das was passiert.

Oder sind die Ärzte so nach lässig und klären nicht richtig auf?!
Als Arzt sollte man wissen mit was für Menschen man hier zu tun hat und vielleicht ein bisschen Feingefühl an den Tag legen sollte.
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 16.05.2005, 13:31

Hallo,

jetzt muß wohl man jemand Klartext reden!

Ich arbeite seit mehreren Jahren als Stationsarzt in einer Klinik in Deutschland, in der überwiegend akute Leukämien und ähnliche Erkrankungen behandelt werden. Also in eine Hämato-/Onkologischen Spezialabteilung.
Jeder der hier von Vitaminen etc. bei Leukämien redet hat keine Ahnung, mit welcher Killerkrankheit er es zu tun hat.
Man kann ganz klar und pauschal behaupten: je AGGRESSIVER und INTENSIVER die Therapie (Chemotherapie uinf Bestrahlung), desto größer die Überlebenschance und das DFS (disease free survival).
Jeder der bei einer akuten Leukämie an Vitamine als therapeutische Maßnahme denkt riskiert evtl. innnerhalb von Stunden den Tod des Patienten!!!

Mich kotzen diese laienhaften Diskussionen und Empfehlungen von irgendwelchen selbsternannten Heilern an.

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