Hallo,
ich schreibe heute das erste mal ins Forum. Bisher hatte ich immer Angst davor, Antworten zu bekommen, die mir noch schlimmere Ereignisse für die Zukunft offenbaren könnten. Heute bin ich mir sicher, das das, was alle als das schlimmste halten "den Tod" auch ein Ziel sein kann.
Im Februar 2007 bekam mein Lebensgefährte die Diagnose ALL vom Hausarzt. Er hat mich auf der Arbeit angerufen und es mir gesagt. Es ist als wenn einem aller Halt unter den Füßen weggerissen wird. Wir sind sofort ins Klinikum gefahren und er wurde mit Chemo behandelt.
Während des 2 monatigen Aufenthalts gab es immer wieder gute und schlechte Tage ein Pilz in seiner Lunge machte ihm sehr zu schaffen. Die Ärzte gaben ihm nur eine Chance durch eine Knochenmarktransplantation. Ein hoffnungsvoller Moment als man uns mitteilte, dass seine Schwester die geeignete Spenderin sei.
Juni 2007 ging es dann nach Essen in die Uniklinik. Hier bekam er dann nochmals Bestrahlung und Chemo bis nichts mehr von seinem Abwehrmechanismus vorhanden war. Die Übertragung der Stammzellen fand am 26.06.07 statt. Ein Neuanfang so dachten wir alle. Nur eine Woche später verschlechterte sich sein Zustand, seine Mundschleimhäute brannten wie Feuer, er konnte nicht mehr reden geschweige denn etwas essen oder trinken. Zudem hatte sich noch eine Lungenentzündung eingestellt, vermutlich durch die starke Bestrahlung in Vorbereitung auf die SZT. Unter der Woche bin ich alle 2 Tage die 200 km bis nach Essen gefahren, an den anderen Tagen waren seine Geschwister und Freunde bei ihm. An den Wochenenden habe ich mir ein Zimmer genommen um mit ihm zusammen all das zurzustehen. So auch am Samstag den 07.06.08. Ich war den ganzen Tag bei ihm im Zimmer und von Stunde zu Stunde wurde es schlechter. Sein Puls raste, er hatte große Atemnot und redete aus Wahnvorstellungen heraus. Die Sauerstoffsättigung sank immer weiter ab. Kurz vor Mitternacht kam der Arzt zu uns und teile uns mit dass er die Nacht ohne Beatmung nicht überstehen würde. Er stimmte zu und man legte ihn in ein künstliches Koma um in zu intubieren. Als ich danach wieder ins Zimmer durfte war alles ganz ruhig. Seine Augen waren geschlossen er atmete im rhythmus der Maschine. Die ganze Panik war aus dem Raum gewichen. Ich hatte das Gefühl das es gut war, denn jetzt hatte er die Ruhe um diese Lungenentzündung auszukurieren. Er bekam einen Luftröhrenschnitt damit die Entwöhnung von der Beatmungsmaschine später einfacher wird. 2 Wochen vergingen als man ihn langsam wieder aus dem Koma holte. Er konnte kein Glied mehr bewegen. Das hoch dosierte Cortison hatte ihm sämtlicher Muskelkraft geraubt. Aber er hat sich hochgekämpft. Erst die Entwöhnung von der Beatmung und 2 Monate weiter war er so weit den Weg aus dem Zimmer mit Gewagen zu schaffen. Jeden Tag einen Schritt mehr. Er durfte nach Hause. Ich habe mich über die Krankenkasse 4 Wochen von der Arbeit frei stellen lassen und konnte mich somit auch zu Hause voll um ihn kümmern. Wir haben jeden Tag trainiert damit er nach den 4 Wochen, wenn ich wieder arbeiten muss, alleine zurecht kommt. Wir hatten zu dem Zeitpunkt mit all den bösen Ereignissen abgeschlossen sahen nur das es bergauf ging und das ging es; er konnte Anfang November sogar schon wieder Autofahren.
Als wir am Samstag den 10.11.07 dann bei der Morgentoilette waren, bekam er aus heiterem Himmel einen Epileptischen Anfall. Es ging wieder ins Klinikum. Das CT brachte keine Erkenntisse aus denen man entnehmen konnte was uns bevor stand. Mein Freund wollte unter keinen Umständen dort bleiben und unterschrieb seine Entlassung auf Eigenverantwortung. Die Nacht von Samstag auf Sonntag habe ich kaum geschlafen immer wieder habe ich auf seine Atmung gehöhrt und gefühlt ob sein Körper wieder krampf. Um 8.00 Uhr morgens bekam er dann wieder einen Epileptischen Anfall. Man hatte mir gesagt was ich tun müsse in solch einem Fall und dann hieß es abwarten bis er vorbei war. Mein Freund konnte sich im Nachhinein an nichts mehr erinnern und verstand auch nicht, wíeso ich ihn unbedingt in die Klinik bringen wollte. Im weiteren Verlauf des Tage schaffte er es nicht mehr seinen Speichel zu schlucken, der lief unkontrolliert aus den Mudwinkeln. Letztendlich konnte ich ihn doch noch davon überzeugen in die Klinik zu fahren. Fieber stellte sich ein. Er kam auf Station. Der nächste Tag brachte die Erkenntis einer erneuten Lungenentzündung und was noch schlimmer war einer Gehirnentzündung ausgelöst durch Herpesvieren. Durch die Gehirnentzündung konnte er seinen Speichel nicht mehr schlucken und hat ihn asperiert daher die Lungenentzündung. Sein Anblick glich dem wie in Essen vor 4 Monaten. Atemnot große Unruhe und Wahnvorstellungen seine Äußerungen waren nur zusammengesetzte Worte die keinen Sinn ergaben. Seine Finger beschäftigen sich fortwährend mit den Falten der Bettdecke. Einige Stunden später gab es wieder keine andere Möglichkeit als erneut zu intubieren. Nach 5 Wochen Intensivstation, Luftröhrenschnitt, Anlage einer PEG Magensonde durch die Bauchdecke, ging es dann wieder auf Station. Er konnte durch den Luftröhrenschnitt nicht reden, wir verständigten uns mit raten und von den Lippen ablesen. Ich mekte das er nicht mehr der Alte war. Wir machten alles mobil um endlich von der Station in die Neurologische Reha zu kommen, wo er nicht nur im Bett liegt sondern mit ihm gearbeitet wird. Am 23.12.07 war es dann so weit. Die Ärzte machten uns Hoffnungen das er gut terapierbar sei, da durch die Enzephalitis nicht sein Stammhirn angegriffen wurde. Nach ein paar Wochen konnte das Beatmungsröhrchen gezogen werden. Die Logopäden, Ergo und KG arbeiteten mit ihm. Es gab Fortschritte aber auch immer wieder Infekte die ihn wieder weiter zurück brachten als von wo er gestartet war. Immer wieder wurden MRT´s gemacht und von mal zu mal wurde uns gesagt das die akute Entzündung überstanden sei, allerdings weitere Veränderung des Gehirns erkennbar seien. Nach mehrfachen Versuchen die orale Nahrungsaufnahme wieder aufzunehmen und darufhin immer wieder steigenden Entzündungwerten, hat mein Freund darauf schließlich komplett verzichten müssen. Nach 4 Monaten Aufenthaltt wurde er Ende April diesen Jahres, einen Tag nach seinem 40. Geburtstag, aus der Reha entlassen. Der weiterhin chronische Verlauf der Gehirnvernarbung verspricht keine Erfolge für Rehamaßnahmen.
Mein Freund ist durch seine Erkrankung zu einem schweren Pflegefall geworden. Er kann sich im Bett nicht mehr alleine umdrehen, keine Toilettengänge mehr verrichten oder sich selbstständig anziehen. Er kann sich nachmittags nicht mehr an morges erinnern und in einer viertel Stunde nicht mehr an jetzt. Wenn er mir etwas erzählt, fehlen ihm oft die Worte, die er mit Dings ersetzt. Seine Sprache ist sehr verwaschen und dadurch schwer zu verstehen. Manchmal weiß ich nicht, ob er mich erkennt weil ich jetzt jede freie Minute bei ihm verbringe oder ob er sich wirklich an unsere Zeit "davor" erinnern kann.
Trotz alle dem sehe ich jeden Tag wieder einen Menschen vor mir der unerschrocken in den Tag blickt, der mich angrinst wenn ich einen Spaß mache und der es liebt wenn ich ihn in den Arm nehme und einen Kuß auf seine Lippen drücke.
Niemand kann uns sagen was noch kommen wird und wieviel Zeit uns noch bleibt. Ich weiß nur, dass ich in meinem Leben noch nie jemanden begegnet bin, der mit so viel Geduld und Zufriedenheit seine Lage erträgt. Ich bin froh meinen Schatz gefunden zu haben.
[addsig]
all und und immer noch keine Ende...
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