Leukämie - mein Freund hat sich zurückgezogen

Wie gehe ich mit Leukämie im Alltag um? Wie unterstütze ich als Freund oder Angehöriger? Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Rente, Behindertenausweis, Psychotherapie, Kur?

Moderatoren: jan, NL, Marc

unknown

Beitrag von unknown » 11.01.2005, 00:20

Hallo Martha,

das sind so Momente, wo man solchen Leuten die Krankheit an den Hals wünschen könnte, mit der sie ein böses Spiel treiben. >:-( Mit einem Wort: Zum Freund Kommentar überflüssig!

Was das Kind finanziell angeht: Schalte auch das Jugendamt zu, die haben vielleicht doch noch mehr Möglichkeiten, per Amtshilfe an Geld heranzukommen. Vor allem: Wenn kein Geld kommt, mußt Du Deine Anwältin zahlen - das Jugendamt ist für Dich kostenlos. Auf jeden Fall sollte man einen entsprechenden Prozeß anleiern, damit wenigstens auf dem Papier die Dinge klar sind und man vielleicht später mal zugreifen kann.

Was das Risiko der CML angeht: Von Extremfällen abgesehen, ist die Ursache m.W. unbekannt. Dazu kommt, daß wohl ein Großteil der Bevölkerung nachweisbar CML-Zellen in sich trägt - ohne daß die Krankheit jemals ausbricht. Es muß offensichtlich eine spezifische Schwächung des Immmunsystems dazukommen. Oder anders: Erblichkeit ist wohl nicht gegeben, ein Risiko dementsprechend nur für die o.a. Extremfälle (starke Strahlenbelastung, Umgang mit Benzol und verwandten Chemikalien) benennbar und Vorsorge nur in der Vermeidung derartiger Einwirkungen möglich.
Und überhaupt: Wäre es wirklich so wünschenswert, vorab zu wissen, welche Krankheiten einen voraussichtlich jemals im Leben ereilen???

Alles Gute!
Pascal.

unknown

Beitrag von unknown » 10.01.2005, 16:27

Hallo!

Das Thema gehört jetzt zwar eigentlich nicht mehr hier her, aber ich wollte Euch trotzdem noch einmal berichten, wie meine Geschichte weitergegangen ist...

Leider (oder soll ich sagen: zum Glück) hat sich herausgestellt, daß mein Ex-Freund ein Lügner ist. Außer seinem Namen war so ziemlich alles erfunden, was er mir jemals erzählt hat - sogar sein Geburtsdatum war falsch. Und allem Anschein nach war auch die Geschichte mit der Leukämie Erfindung - das zumindest vermutet sein Bruder. Er habe diese Geschichte schon vor Jahren einmal aufgetischt. Ein befreundeter Arzt ist derselben Meinung, da mein Ex anscheinend so uninformiert über seinen Gesundheitszustand ist, wie es ein Betroffener nicht sein dürfte...Ich kann mir nicht vorstellen, welchen Nutzen sich mein Exfreund davon versprochen hat, wenn er so eine Krankheit erfunden hat (und ich hoffe für ihn, daß es wirklich erfunden war), warum hat er mich so lange damit gequält, warum hat er mir solche Angst gemacht, daß auch unser Sohn Leukämie bekommen könnte??
Er hat sich nach unserer Trennung ein neues protziges Auto gekauft, hat sich 3 Wochen auf Jamaica vergnügt und in der Zwischenzeit angeblich seine neue Freundin geheiratet. Im April wandert er nach Bosnien aus. Den Kleinen besucht er - wenns hoch kommt - 2 Mal im Monat. Alimente zahlt er keine, und - wie meine Anwältin mir gesagt hat - stehen meine Chancen ganz schlecht, jemals Geld von ihm zu bekommen....

Ich möchte mich bei allen, die mir in diesem Forum geantwortet haben, noch einmal herzlich bedanken. Alles, alles Gute!

Ein ganz großes Dankeschön auch an Jan für sein Engagement und seine Hilfsbereitschaft. Diese Seite war mir in der schwierigen Situation (in der ich mich anscheinend gar nie befunden habe) eine sehr große Hilfe. Sie ist eine Fundgrube von Informationen und macht mutig, hoffnungsvoll und zuversichtlich. Mach bitte weiter so!

lg Martha


PS. Gibt es eigentlich irgendeine Möglichkeit, wie man bei meinem Sohn jetzt schon feststellen könnte, ob er nun das Risiko für CML in sich trägt oder nicht? Möglicherweise war ja doch nicht alles gelogen. Diese Ungewissheit ist das Schlimmste... <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_confused.gif">

unknown

Beitrag von unknown » 26.09.2004, 00:06

Hallo Martha,

Roberta hat die eine Seite betrachtet, die noch mögliche finanzielle Absicherung für das Kind. Hier solltest Du ganz unsentimental werden und seine Zusagen schriftlich verlangen und das Ganze ggf. von einem Anwalt oder dem Jugendamt überprüfen lassen - nicht unbedingt aus Mißtrauen ihm gegenüber - aber wenn er sich durch sein Verhalten umbringt, gibt es dann ja irgendwann ein Erbproblem ... <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_frown.gif">
Daneben bekommst Du natürlich die üble Aufgabe, dem Kind jetzt und später alles erklären zu dürfen, was Du teilweise selber nicht durchschaust - inklusive dessen, was krankheitsbedingt noch kommen mag. Ich wünsche Dir nochmal viel Kraft für diesen Akt ...!

Ansonsten ist das Erfahren einer solchen Krankheit natürlich eine Ausnahmesituation, und es gibt leider Leute, die im Trend der Gegenwart Krankheit und Tod derartig ignorieren, schon aus ihrem Denken geradezu verbannt haben, daß sie die Realitäten dann umhauen. Und manche sind dann halt derartig vernagelt, daß sie noch bis 5 nach 12 den Kopf in den Sand stecken wollen. Leukämie hat das Übel an sich, daß sie zunächst keine großen Beschwerden macht - bis es zu spät ist.
Aber das alles kannst Du nun leider nicht ändern, das ist das Problem Deines Freundes und Du wirst versuchen müssen, so weit wie möglich abzuschalten.

Eine traurige Geschichte, aber Dir bleibt wohl nur noch die Distanzierung und Eingrenzung auf die Alimente für Euer Kind ... <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_frown.gif">

Alles Gute für Euch dabei!
Pascal.

unknown

Beitrag von unknown » 22.09.2004, 14:38

Hallo Roberta,
du sprichst mir aus dem Herzen.

Ich vermute, daß mein nunmehriger Ex CML hat - nach den spärlichen Informationen, die er mir gegeben hat. Soviel ich weiß ist er immer noch nicht in Behandlung, einen Arzttermin hat er einfach platzen lassen - und das erhöht seine Lebenserwartung nun doch nicht gerade. Und er hatte mir so versprochen, sich untersuchen und behandeln zu lassen...

Ich werde mit ihm heute sprechen und verschiedenes zu regeln versuchen wie Besuchsrecht, Alimente...., ich will und brauche kein Geld von ihm, möchte aber, daß er regelmäßig für den Kleinen etwas auf dessen Sparbuch einzahlt. Und dann werde ich mich - so weit das eben möglich ist - nicht mehr für ihn interessieren und ihn seinen Weg gehen lassen, wo immer der auch hinführt.

Ich hätte ihn wirklich in jeder Lage unterstützt und wäre für ihn dagewesen, aber sowas hätte er nicht tun dürfen. Er hat immer gewußt, daß ich mit damit nicht klarkomme - trotzdem hat er mich gestern als "kleinlich" beschimpft und hat gemeint, ich würde ihm noch nachheulen. Und egoistisch wäre ich auch, wolle immer nur, daß es mir selbst gut geht. Naja...Wirkt CML eigentlich persönlichkeitsverändernd? Das ist nicht mehr der Mann, den ich einmal geliebt habe.

Liebe Grüße, Martha





Roberta
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Beitrag von Roberta » 22.09.2004, 12:01

Liebe Martha,

ich bin sehr betroffen, dass eure Beziehung sich so entwickelt hat bzw. so beendet wurde. Eigentlich kann ich dazu auch erst mal keinen Kommentar abgeben.
Weißt du denn inzwischen, an welcher Form von Leukämie dein EX-Freund erkrankt ist? Und ob er dagegen behandelt wird? Oder ignoriert er die Krankheit tatsächlich immer noch? Ich frage das deswegen, weil ihr ja immerhin ein gemeinsames Kind habt. Da hat er als Vater gewisse Pflichten (und Rechte), so dass es für dich naturgemäß interessant ist, wie lange er noch in der Lage sein wird, diesen Rechten und Pflichten nachzukommen. Das ist jetzt zwar knallhart ausgedrückt, aber in dieser Situation musst du die Interessen deines Kindes (und auch deine eigenen) wahrnehmen.

Also, ich gebe jetzt doch mal einen Kommentar: Das Verhalten deines Ex-Freundes finde ich extrem rücksichtslos und egoistisch, die Leukämie-Diagnose ist keine Entschuldigung dafür. <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_frown.gif">

Halt die Ohren steif und schreib mal, wie's mit euch weiter geht.

Liebe Grüße
Roberta
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unknown

Beitrag von unknown » 20.09.2004, 10:30

Hallo an alle die es interessiert:
mein Problem hat sich gelöst, mein Freund ist nun mein Ex-Freund. Ich mußte gar kein Ultimatum mehr stellen - zeitgleich mit seiner Diagnose hat er sich eine neue Freundin aufgerissen - in der Zeit, wo er nicht mehr bei mir war. Hübsch, jung und unkompliziert ist sie -sie hat keine Ahnung von seiner Krankheit, stellt nicht so viele unbequeme Fragen wie ich und drängt ihn nicht, zum Arzt zu gehen. Eine angenehm Art, den Kopf in den Sand zu stecken, nicht? Ich dachte wirklich, er hätte andere Sorgen....

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Ich hab die beiden nur tzzfällig ertappt. Wenn er wenigstens den Mut und den Anstand gehabt hätte, mit mit Schluss zu machen, wären mir einige schlaflose Nächte und viele Sorgen erspart geblieben

lg eine sehr traurige martha

jan
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Beitrag von jan » 09.09.2004, 00:23

Hallo Martha,

die Tür zuzuschlagen ist in dieser Situation eher keine so gute Idee. Gib ihm Zeit, damit er ohne schlechtes Gewissen wieder zu Euch zurückkehren kann, sobald er wieder mehr mit sich im Reinen ist. Druck wird vermutlich seine Verzweiflung eher erhöhen als verringern, v.a. da er denken könnte, dass nun sowieso alles vorbei ist...

Was den Beginn einer Therapie angeht, würde ich jedoch nicht nachlassen, zu bohren... denn ein Fortschritt der Krankheit ist kaum mehr reversibel. Und ein Versuch ist besser als kein Versuch...

Liebe Grüße, viel Glück,
Jan
[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 08.09.2004, 22:01

Hallo, nochmals ich...
wenn ich meine Gedanken jetzt niedergeschrieben sehe, ist mir die Antwort auf meine Fragen sofort klar: nein, das darf ich nicht tun. Auch wenns verdammt schwierig ist, ich muß wohl damit klar kommen und weiter warten. Aber wenn ich nur wüßte, wie lange es dauert, bis wir endlich reden können...

nochmals lg Martha

unknown

Beitrag von unknown » 08.09.2004, 21:53

Hallo!
Darf ich Euch nochmal mein Leid klagen?
Mein Freund ist immer noch nicht zurückgekommen. Er wohnt mal hier, mal dort und schaut ab und zu bei uns vorbei. Darauf verlassen darf ich mich allerdings nicht, denn er hält sich kaum noch an Abmachungen. Die Informationen, die ich von ihm kriege, sind mehr als spärlich.
Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich machen soll. Haltet ihr es für falsch, wenn ich ihm ein Ultimatum stelle? Kann ich von ihm verlangen, daß er entweder innerhalb einer gewissen Zeit zu uns zurückkommt oder für immer weg bleibt? Ich fühle mich sehr egoistisch, wenn ich so denke, verständnislos und gemein. Ich bemühe mich ja wirklich ihn zu verstehen, und manchmal kann ich das auch. Aber dann denke ich wieder: wie kann er mir und vor allem dem Kleinen das antun?
Bitte, gebt mir einen guten Rat, oder schimpft mit mir - irgendwas. Ich hab keine Ahnung mehr, was richtig und was falsch ist.
lg Martha

unknown

Beitrag von unknown » 02.08.2004, 14:30

Hallo Pascal,

Du bist kein herzloses Ungeheuer für mich. Ich bewundere Dich, dass Du das alles so hinnehmen konntest.

Du hast natürlich recht - Selbstmitleid ist keine Lösung.

Ich bemühe mich sehr - nicht der Krankheit - den Umständen, unter denen sie jetzt auftritt, etwas Positives abzugewinnen - soweit das eben möglich ist. Vielleicht haben wir unseren Sohn bekommen - der Kleine war ja nicht geplant - damit mein Freund etwas hat, wofür es sich zu kämpfen lohnt? Mein Freund ist weit von seinem Zuhause fort - vielleicht sind wir zusammengekommen, weil es meine Bestimmung ist, ihm jetzt beizustehen? Weil sonst ja keiner da ist. Es ist ja eine meiner Ängste, daß er mich auf seinem weiteren Weg nicht dabei haben will, weil er doch ein ziemlicher Einzelgänger ist. Ich hoffe es und ich werde ihm auf jeden Fall beistehen - wenn er es will.

Er hat uns übrigens - zu meiner großen Freude - doch noch einen kurzen Besuch abgestattet und sich auch dazu durchgerungen, mir wenigstens zu sagen, daß er noch etwas wegbleiben will, um nachzudenken.

Ich bemüh mich wirklich, keine Trauersituation, wie Du sie beschrieben hast, auftreten zu lassen. Ich versuch, möglichst zuversichtlich zu wirken und ihm Mut zu machen. Ich bin ja auch recht zuversichtlich, daß alles "gut" ausgehen wird. Aber es wird nicht ohne Kampf gehen, es wird eine schwere Zeit für uns drei. Und ich weiß nicht, ob er diesen Kampf aufnehmen will. Für mich wäre es deshalb einfacher, wenn er zu uns zurückkäme und sich nicht so vergräbt - aber es wird wohl einfach seine Zeit brauchen...Ich werde warten.

LG Martha

unknown

Beitrag von unknown » 02.08.2004, 01:12

Hallo Martha,

auf die Gefahr hin, noch mehr als herzloses Ungeheuer zu erscheinen - ich bin auch in solch extremer Situation für Pragmatismus. Und die Leukämie war auch bei mir nicht der erste Hammer ...

Also - die Frage "warum ich? warum schon wieder?" ist natürlich verständlich. Aber ich würde sie sofort ersetzen durch die: "Welche Ziele kann ich mir in diesem Rahmen (noch) setzen? Was ist dazu jetzt zu tun?" Jammern erleichtert eben allenfalls kurzzeitig.
Man muß wohl versuchen, eine solche Krankheit zu nehmen wie ein Naturereignis - ich habe eben diese Haarfarbe und Körpergröße und keine andere - und nun auch Leukämie. Heut regnets halt - also schimpfe ich nicht auf Petrus, sondern nehme einen Schirm. Das hat nichts mit Ignorieren zu tun oder damit, schicksalsergeben einfach die Hände in den Schoß zu legen! Aber viel damit, statt Lähmung des Schreckens einen weiteren Weg zu finden.
Das vielleicht für Dich.

Wenn er sich so verbunkert - und Dir ja eigentlich seine Motive noch nicht einmal ansatzweise klar sind ..., wäre für mich jetzt nur die Frage, ob er sich nur von Dir zurückgezogen hat oder auch von sonstigen guten Freunden, seiner Familie? Wenn nicht, könntest Du über die ja vielleicht seinen Zustand erfahren und so Dich etwas beruhigen - wenn ja: Schwer zu sagen, da müßte man halt seinen Charakter und sein Temperament genau kennen.

Viel Glück,
Pascal.

unknown

Beitrag von unknown » 01.08.2004, 18:13

Hallo, ich bins, der Gast von ganz unten...

Leider hat sich an der Situation noch immer nichts geändert. Ich habe meinen Freund nun 3 Tage nicht gehört. Auch anrufen trau ich mich nicht mehr, da er mich eh nur anschnauzt. Ich dachte, er würde sich freuen oder es würde ihn ein bisschen aufmuntern, wenn ich ihm das Neueste von unserem Söhnchen erzähle. Irrtum...

Liebe Anja, liebe Roberta,
ich danke Euch für Eure Antworten. Ihr habt mir dabei geholfen, wenigstens ansatzweise zu verstehen, was wohl in ihm vorgehen wird.

Lieber Pascal,
auch Dir ein Dankeschön. Ich glaube auch, daß die wenigsten so reagieren wie Du.
Ich glaube nicht, daß die Reaktion meines Freundes daher rührt, daß er sich nie mit dem Tod auseinandergesetzt hat. Im Gegenteil: er hatte ihn seinem Leben schon mehrmals das Vergnügen, dem Tod ins Auge zu sehen.
Vielleicht geht ihm dasselbe durch den Kopf, wie auch ich mir denke: warum schon wieder er, er hat schon genug durchgemacht. Und warum gerade jetzt, mit dem Kleinen?
Ich bin ein gläubiger Mensch, aber da stoße ich die Grenzen meines Gottvertrauens.

Endgültige Diagnose gibt es immer noch keine - vielleicht hat er sie auch schon bekommen und ich weiß nur nichts davon. Am Anfang, vor er zur großen Untersuchung mußte, hat mein Freund angedeutet, auf keinen Fall eine Chemotherapie oder ähnliches machen zu wollen. Ich weiß nicht, wie e jetzt darüber denkt, was er vorhat und das macht mich krank. Das Schlimmste wäre für mich, wenn ich tatenlos zusehen müsste, wie es mit ihm bergab geht und er unternimmt nichts dagegen. Ich glaube, das möchte ich auch unserem Sohn nicht antun.
Ich bin im Moment einfach ratlos. Ich versuche, nicht darüber nachzudenken und so zu leben, als gebe es ihn nicht - bis er endlich zurückkommt und mit mir spricht. Anders werde ich mit der Situation einfach nicht fertig.

Liebe Grüße, und nochmals danke
Martha

Roberta
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Beitrag von Roberta » 30.07.2004, 11:52

Hallo ,

ich finde es schön, dass Pascal seine Diagnose so souverän verkraftet hat. Leider ist das aber sicherlich die Ausnahme. Die meisten Menschen haben sich mit der Endlichkeit ihres Lebens noch nicht konkret auseinandergesetzt (bzw. auseinandersetzen müssen). Deshalb ist die Leukämie-Diagnose für sie erstmal immer ein Schock.
Ich selbst hatte das Vergnügen, die Diagnose (bzw. eigentlich nur den Namen der Krankheit)kurz per Telefon mitgeteilt zu bekommen mit der Aussicht auf einen Termin beim Spezialisten erst Tage später. Ein Blick ins Internet ließ mich dann auch erst mal tagelang in ein tiefes Loch stürzen. Nach weiterer Internet-Recherche (wo ich übrigens dann auch auf diese Seite stieß), dem Gespräch mit dem Spezialisten und dem sofortigen Beginn der Glivec-Therapie sah die ganze Sache dann schon nicht mehr ganz so katastrophal aus. Aber ich konnte in dieser ersten Zeit auch nicht mit meinen engsten Familienangehörigen und Freunden darüber sprechen!

Pascal, ich weiß nicht, in was für einer familiären Situation du lebst. Aber für mich am schlimmsten war der Gedanke, dass ich meine Kinder vielleicht nicht aufwachsen sehen würde und sie ihre Mutter verlieren würden in einem Alter, in dem man das eigentlich keinem Kind wünschen möchte. Diese Gefühle haben bei mir eine ganz andere Qualität als der Gedanke ans Sterben an sich, und ich kann, wenn ich lange genug darüber nachdenke, auch heute noch in Tränen ausbrechen. "Gast" und ihr Freund haben ein gemeinsames Kind, das erst 5 Monate (!) alt ist, möglicherweise quälen den Freund ja ähnliche Gedanken.

@Gast: Wir wissen nicht, welche Form von Leukämie bei deinem Freund vorliegt. Wenn er sich mit den entsprechenden Therapieformen und -chancen auseinandergesetzt hat, wird er sich wahrscheinlich von dem Diagnoseschock erholen und sein Verhalten wieder ändern. Aber erzwingen kann man da im Moment natürlich nichts. Das ist jetzt eine schwere Zeit für euch beide, und du kannst vielleicht im Moment nicht viel für ihn tun. Ab und zu sachliche Fragen nach der Art der Krankheit, den Ärzten, den Therapiemöglichkeiten stellen, so dass er die Dinge einfach mal selbst aussprechen muss, das hilft manchmal, die ganze Krankheit realistischer zu sehen.
Auf keinen Fall darf er den Kopf in den Sand stecken und die Krankheit ignorieren (das ist ein sehr verführerischer Gedanke, man hat ja i.d.R. keine Symptome, ich habe auch ziemlich lange gedacht, man hätte einfach nur meine Blutproben verwechselt oder dergleichen), das ist er dir und eurem Kind einfach schuldig.

Alles Gute euch dreien und berichte doch mal weiter.
Roberta

[addsig]

unknown

Beitrag von unknown » 27.07.2004, 02:26

Hallo -

also Anja, so allgemein kann man es nicht sagen. Meine Reaktion war eine VÖLLIG andere, ich habe selbstverständlich mit den Leuten darüber gesprochen, war auch nicht sonderlich schockiert als der Arzt mir in aller Breite und Verästelungen die Diagnose und deren Konsequenzen darlegte, sondern redete mit ihm eine Stunde über alle Details bis hinab zur Sozialversicherung, ging dann nach Hause und durchforschte das Internet nach medizinischen Informationen - und fand nach all dem den sich daraus ergebenden Ausnahmezustand in einer unglaublichen Weise beruhigend. Seitdem kann ich diese Welt mit all ihrem Irrsinn noch weniger ernst nehmen als vorher.
Mit Arbeitskollegen oder Chef würde ich freilich noch heute nicht darüber reden - weil in unserer de facto intoleranten Leistungsgesellschaft derartige Krankheiten normalerweise das Ende jeglicher Karriere bedeuten.
Der entscheidende Punkt ist freilich: Ob man sich rechtzeitig, d.h. eingentlich so früh wie möglich im Leben, mit dem Tod auseinandergesetzt hat! Mit seiner Rolle im Leben und seinem zentralen Platz, den er daher in jeglicher Lebensplanung erhalten sollte. Mich hatte diese Frage damals schon Jahrzehnte umgetrieben, und so empfand ich dann eher eine große Ruhe und irritierte die Leute, daß ich trotz meines Zustandes so fröhlich war, ganz im Gegensatz zu Ärzten, Verwandten und Freunden.

---

Genau DAS, die Auseinandersetzung mit Tod, Krankheit, Endlichkeit, scheint Dein Freund noch nie gesucht zu haben, so daß ihm jetzt eine Welt zusammenbricht, eine heute sehr verbreitete Scheinwelt halt. An einem Bettnachbarn habe ich damals dasselbe beobachten können - der war von der Diagnose als solcher mehr am Boden zerstört als von der Krankheit selbst.

Im Prinzip muß er, muß jeder, da nun auch selbst durch. Du solltest Dich nur bereit halten, wenn Du merkst, daß er darüber sprechen möchte oder sonst Hilfe sucht. Und wichtig ist, falls er nicht selber die richtige Richtung nimmt, ihm klarzumachen, daß Leukämie nicht das Weltende bedeutet - also ihn erstens ermuntern, sich möglichst optimistisch auf eine Therapie bei einem Spezialisten einzulassen, zweitens darüber hinaus auch allgemein gemeinsam etwas unternehmen etc. Das erfordert allerdings viel situationsgebundenes Fingerspitzengefühl. Auf jeden Fall solltest Du jede 'Trauersituation' vermeiden, d.h. auch, den Jungen nicht irgendwie verängstigen nach dem Motto "sei schön brav zu Papa, dem geht es jetzt sehr schlecht ...", so daß er dann vielleicht nur noch scheu und mit großen Augen Papa anglotzt und alles sich weiter hochschaukelt ... Wenn Dein Freund philosophisch oder religiös interessiert ist, kann man ihn natürlich auch unaufdringlich auf einschlägige Lektüre hinweisen (Platon, stoische Philosophen, Franz von Assisi, Kierkegaard, Camus, altchinesische Lyrik ...) ...

Viel Glück!
Pascal.

unknown

Beitrag von unknown » 26.07.2004, 19:34

Hallo,

ich denke, dass was Dein Partner zur Zeit macht ist zwar extrem (nicht zu Hause übernachten, ...), aber im Grunde ist Ablehnung/Abschottung der Beginn des Bewältigungsprozesses, den jeder Betroffene so oder ähnlich durchläuft. &#8211; Vielleicht versucht er mit seinem Verhalten seine heile Welt (euer Kind und Dich) zu beschützen?
Bekommt man die Diagnose/Verdacht präsentiert, stürzt jeder in ein Loch. Um hier wieder rauszukommen, muss der Betroffene seinen ganz eigenen Weg gehen. Solang man gesund ist, beschäftigt sich nicht wirklich mit dem Thema Krebs und dem eigenen Tod. (Die Assoziation Krebs = Tod hatte doch wohl jeder!!!!) Ich denke diese Gedanken muss jeder mit sich selbst ausfechten.

Was mir am Anfang alles durch den Kopf stürmte, wollte ich mir selber nicht eingestehen und schon gar darüber reden. Ich habe mich ebenfalls in meine Arbeit geflüchtet, da ich für mich die Bestätigung benötigte, dass alles &#8218;NORMAL&#8216; ist. Für mich war es damals äußerst wichtig, dass mir die lieben Kollegen NICHTS anmerken.
Nach ein paar Wochen gelangte ich an den Punkt, dass ich reden musste, jedoch nicht mit meinem Partner bzw. meinen Eltern. Ich war auf der Suche nach einem Gesprächspartner der die Kriterien &#8222;jung, weiblich, CML & überlebt&#8220; erfüllte. Bei meiner Suche hat mich die Leukämie-Hilfe unterstützt. Ohne das ich viel erklären musste, wurde mir innerhalb weniger Tage eine entsprechende Gesprächspartnerin vermittelt. &#8211; Bereits in unserem ersten Telefonat war es mir möglich, über meine Ängste und meine Wut zu reden. Nachdem ich in den Telefonaten bestimmt Sachen ausgesprochen hatte, war es mir später auch möglich mit meinen Lieben zu reden.

Ich denke es ist sehr wichtig, dass ihr in den nächsten Tagen die genaue Diagnose bekommt. Denn nur so habt Ihr (eventuell jeder für sich) die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit dieser speziellen Erkrankung. Holt Dir/Euch alle Informationen und Unterstützung die ihr bekommen könnt!
Bedränge Deinen Partner bitte nicht, mit Dir darüber zu reden, sondern finde Du deinen eigenen Weg damit umzugehen. &#8211; Wenn es für Dich wichtig ist zu reden, dann suche Dir einen entsprechenden Gesprächspartner/Leidensgenossen(?).

Ich wünsche Dir auf Deinem Weg viel Kraft!
Anja

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