Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

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jan
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von jan » 17.03.2015, 22:04

Hallo Seoul1

bei uns ist leider kein Beitrag eingegangen und es warten auch keiner auf Moderation. Tut mir leid.

Viele Grüße
Jan

seoul1
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von seoul1 » 17.03.2015, 21:57

AN Jan, mein gerade geposteter Beitrag ist verschwunden??? der war ziemlich lang, ist der weg.?

Cecil
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von Cecil » 17.03.2015, 11:26

Wie man sehen kann, ist es mitunter durchaus sinnvoll, riesige Argumentationsbögen zu spannen, um nicht auf den (Ausgangsargumentations-)Punkt kommen zu müssen: Dass Deutschland arzneimitteltechnisch auch weiterhin ein Hochpreisland (und Empfängerland von Importarzneimitteln) ist und dass Patienten das durchaus zu spüren bekommen. Zum Beispiel Kassenpatienten mit chronischen Erkrankungen, wenn die Krankenkassen ihre Festbeträge für Arzneimittel senken und die bisherigen Konsumenten z. B. von Olmesartan auf andere Sartane ausweichen müssen, weil sie sonst um die 90 Euro pro Packung zuzahlen müssten: http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/w ... 59331.html

Aber diese Dinge tangieren wohl nur, wenn sie einen selbst betreffen. Genau, wie Menschen in Industrieländern sich durch Tropenkrankheiten nicht sonderlich beunruhigen lassen, solange diese nicht den Flieger nehmen.

Cecil
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von Cecil » 17.03.2015, 11:13

Wieso gehe ich gedanklich ins 17./18. Jahrhundert zurück, wenn ich doch ein Beispiel aus dem 21. Jahrhundert herangezogen habe? Wieso wird mir wiederum der Bezug zu Altruismus/Idealismus unterstellt, wenn ich auf wissenschaftlichen Ehrgeiz abgestellt habe (der bitteschön im Erfolgsfalle gern entsprechend großzügig honoriert werden soll)? Wieso sind hunderttausende Arbeistplätze in der Pharmaindustrie gefährdet, weil die universitäre Forschung sich evtl. heraus nimmt, parallel zur Pharma-Forschung auch Auftraggeber-unabhängige Forschung zu betreiben? Fragen über Fragen ....

Dass sich z. B. aus dem Tausch zwischen GlaxoSmithKline und Novartis durchaus kartellrechtliche Fragen ergeben, habe wohl nicht nur ich allein so gesehen, sondern auch die Europäische Kommission, die die Übernahme nur unter Auflagen genehmigt: http://www.02elf.net/europa/kommission- ... tis-897451

Dass die Pharmaindustrie neben der finanziellen Förderung von Ärzte-Kongressen an inländischen (!) Universitäten allzu viel Forschung außerhalb der Auftragsforschung in Form der Durchführung klinischer Studien (in ihrem eigenen Interesse) fördert, ist mir nicht bekannt; aber als Außenstehender muss ich auch nicht alles wissen und lasse mich durch gute Beispiele nur zu gern überzeugen. Ich kenne es meist so, dass z. B. das BMBF ausgewählte Projekte fördert und daneben evtl. noch, wie im nachfolgenden Beispiel, eine gemeinnützige Stiftung mit im Spiel ist.
http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/5094.php

Wie es auch geht und dass Biotech-start ups mitunter gute Gründe haben, die Pharmariesen wenigstens anfänglich außen vor zu halten: http://www.biotechnologie.de/174214

Einen Artikel in Bezug auf Arbeitsplätze in der deutschen Pharmaindustrie möchte ich der besseren Auffindbarkeit wegen auch noch hier parken: http://www.welt.de/wirtschaft/article12 ... pille.html

seoul1
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von seoul1 » 17.03.2015, 00:57

Hallo,

na ja , jetzt fängt es an, kompliziert zu werden, jedenfalls dann, wenn man die Argumente von cecil hier aneinanderreiht.

Wir leben leider nicht in einer Welt, wie wir sie uns wünschen, sondern in einer solchen, wie wir sie gebrauchen. Ohne Wachstum, das wissen wir seit Jahrzehnten, gibt es KEINEN Fortschritt. Ob man sich nun wünscht, in die Zeiten des 17. oder 18. Jh zurückzukehren - also vor der Aufklärung - lasse ich mal dahingestellt.
Der hier angesprochene Altruismus, oder wie ich vermute, Idealismus, würde doch unmittelbar dazu führen, dass hunderttausende Mitarbeiter der großen Pharmakonzerne ihre Arbeitsplätze verlören, mit ihnen die Sekundärindustrie und so weiter. Ich habe auch ehrlich gesagt keine Lust, mich dem Thema Wirtschaft durch Altruismus zu widmen, bevor mir nicht deutlich, in unsere Zeit projiziert, dargestellt wird, wie so was funktionieren sollte. Ich arbeite und der Nachbarn legt die Beine hoch, oder wie?

Was die Forschung CART an der Pennstate University - Milten S. Hershey Medical Center - erforschte Verfahren angeht, so sollte man davon ausgehen, dass diese Forschung dort NICHT altruistisch erfolgte, sondern mit lukrativen Verträgen der Pharmaindustrie ( mein Sohn war ein Jahr in der Hershey High School, weshalb ich einige der Profs kennenlernen durfte) verbunden war. .Mr. Hershey hat die Uni übrigens als Milliardär gesponsert und die Lizenzen fließen noch immer in die unglaublich guten schulischen Bereiche der Stadt.

Es ist für mich erschreckend, Cecil, wenn Du im Zusammenhang mit der universitären Forschung an unseren Universitäten von "subtiler und zielführender" Einflussnahme der Industrie - gemeint ist wohl die Pharmaindustrie - sprichst. Ohne die milliardenschwere Forschung der Pharmakonzerne käme doch keine Uni in ihrer eigenen Forschung weiter. Ich bin kein Pharmaexperte, sondern verfolge nur genau die Entwicklungen innerhalb der Leukämieforschung. Ohne Beteiligung der Industrie ( US Konzerne, Roche, Novartis etc.) hätte keine Uniklinik, sowie deren weltbekannte Professoren, seien sie vom MDAnderson Center, anderen renommierten Unikliniken, oder eben unseren Spezialisten in Köln, Ulm, Dresden, München etc., die Möglichkeit, diese entwickelten Medikamente auch klinisch zu erproben. Warum dies hier in Frage gestellt wird, kann ich wirklich nicht nachvollziehen.
Wo wären wir ohne Rituximab, Fludarabin, Bendamustin, Ibutrinib, Idealisib, Abt 199 und viele andere? Hört doch mal rein in die Videos von Patient Power, um zu erfahren, wem die Profs dafür danken.....

Diesen Professoren, die sich in der weltweiten CLL-Familie ( aber auch CML) auf vielen Kongressen treffen ( die auch mehrheitlich von der Pharmaindustrie gesponsert werden) und zusammenfinden, um ihre mannigfaltigen Erfahrungen auszutauschen, gebührt unser aller Dank. Natürlich sollen sie dafür bezahlt werden, auch von der Pharmaindustrie partiell.
Ansonsten gäbe es nie den Konkurrenzdruck, der ja seit jeher für die besten Resultate sorgt.

Natürlich führen wir eine Diskussion auf höchsten Niveau, wie in so vielen Dingen mittlerweile in unserem Staat, in dem alle mittlerweile zu satt sind. Alle wollen eine 1a Gesundheitsvorsorge, sind aber nicht bereit, selbst was dafür zu tun - Ernährung, Bewegung, Sport, Geist etc.). Alle wollen die besten Medikamente, meistens auch die teuersten, aber regen sich auf, das die Krankenversicherung teurer wird. Am besten ist, der Staat zahlt..... nur wer ist das? Unsere Enkel und Urenkel, danke.
Ähnliches gibt es in vielen Bereichen wie Bahn, ÖPNV, Umwelt. Lärm, Strassen etc.

Zum Schluss Cecil, die Sache mit dem Streubesitz...solltest Du noch mal genauer nachlesen. Hoffmann La Roche hat 160 Millionen Inhaber Aktien, teils noch im Besitz der Familie Hoffmann, aber auch zu 33 % Novartis. aber es gibt 700 Millionen Genussscheine, die gehandelt werden.
Bei Novartis ist die Aktionärsstruktur sehr komplex (Ciba - Geigy und Sandoz Fusion) . Neben Anteilen der Alt Familien gibt es keine nennenswerten Besitzer....

Von Oligopolen zu sprechen, liegt mir leider nicht. Würdest Du dies auf Erdgas, Erdöl, seltene Erden, andere Bodenschätze beziehen, könnte man ja zustimmen, aber den Fleiß und den Ideenreichtum der europäischen Gründerfamilien, die ihre Gewinne immer und immer wieder in die Unternehmen steckten, heute zu kritisieren, halte ich für verfehlt. wir produzieren auch die besten Autos der Welt - nach Ansicht der Käufer - haben die beste Chemieindustrie, haben nahezu 100 Hidden Champions, die teilweise 70% und mehr Marktanteil in der Welt haben.
Viele der Unternehmen der Gründerzeit haben dann Ableger in den USA gegründet.

Um alle diese Dinge werden wir weltweit beneidet, nur bei uns selbst, die wir ja seit Jahren einen riesigen Wohlstand haben, werden Dinge schlecht geredet. Ein Empfänger von Grundsicherung erhält bei uns mehr Geld, als ein einfacher Arbeiter in Polen, mit 1800 Arbeitsstunden per Anno.

Zum Schluss noch eine Anmerkung zum Staat: Ich war 10 Jahre in der Politik, kenne die Kommunal-, Kreis-, Landes- und Bundespolitik..... ich habe nirgendwo sogenannte Politiker erlebt - bis auf zwei oder drei - die es nicht NUR auf die Flöhe abgesehen hatten. Ich wollte meiner Wahlheimatstadt im StadtRat helfen, habe dort aber dann Abgründe von Dummheit erlebt, auf allen Ebenen, weshalb sich mir die Nackenhaare sträuben, wenn von mehr Staat geredet wird.
Das aktuelle Buch von Steinbrück, "Vertagte Zukunft" oder das vorherige "Unterm Strich" .gibt einen Einblick über die aktuelle Politik. Viele andere Bücher auch, sehe gern zur Verfügung.

Ich bin froh, dass Konzerne wie Novartis, Roche, Bayer, Sanofi, Merck, GlaxoSmithKline, PfizerJohnson-Johnson existieren und viel für die Forschung unternehmen. Dass dabei Geld verdient werden muss, erscheint natürlich, denn sonst gäbe es keine Investitionen und keine Arbeitnehmer.

Gruss Seoul

Cecil
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von Cecil » 16.03.2015, 20:33

Warum muss es eigentlich Altruismus sein - der Wunsch, auf einem bestimmten wissenschaftlichen Gebiet der Erste zu sein (und die Menschheit ganz nebenbei ein Stück voran zu bringen) hat doch wenigstens bis Ende des vorigen Jahrtausends auch ganz gut funktioniert?

Nehmen wir ein passendes Beispiel: In Veröffentlichungen zum Thema CART heißt es zwar, dass an der Entwicklung mehrere Konzerne aus der Pharmazie und der Biotechnologie beteiligt gewesen seien. Das Patent hält aber die Universität in Pennsylvania inne und hat die Lizenz an Novartis vergeben. Woraus ich jetzt mal kühn schlussfolgere, dass die Uni-Wissenschaftler es erfunden haben.

(Da deutsche Universitäten überwiegend als juristische Personen des öffentlichen Rechts geführt werden, hätte hier, um Lizenzeinnahmen erzielen zu können, vermutlich erst ein spin-off ausgegründet werden müssen. Aber das ist nur eine Vermutung von mir am Rande.)

Jedenfalls ist es auch heute noch prinzipiell möglich. Pascal hat auch, jedenfalls nach meinem Empfinden, nicht irgendeinem Sozialismus das Wort geredet. Er vertritt die Ansicht, so meine ich das heraus gelesen zu haben, dass unsere Universitäten gestärkt und finanziell unabhängiger aufgestellt werden sollten - vom Abrechnungs-/Wirtschaftlichkeitsdruck ebenso wie von subtiler und zielführender Einflussnahme durch die Industrie. Dagegen ist ja wohl nicht wirklich etwas einzuwenden.

Dennoch führen wir hier, von meiner Warte aus betrachtet, aufgrund der Gnade unserer geographisch richtigen Geburt auch weiterhin eine Erste-Welt-Luxus-Diskussion, wenn ich mir z. B. das Gezerre um die Entwicklung von Wirkstoffen gegen Ebola (und andere Tropenkrankheiten) vom vorigen Jahr in Erinnerung rufe: http://www.welt.de/wirtschaft/article12 ... siert.html

Darum ging es doch ursprünglich in besagtem SPON-Artikel: Europa soll als Forschungsstandort gestärkt werden - wie mehr oder weniger gut das klappt, sieht man an folgendem Beispiel: http://www.spiegel.de/wissenschaft/medi ... 21714.html Aber es sollen keineswegs nur Medikamente für den europäischen oder nordamerikanischen Markt entwickelt werden, weil die naturgemäß besonders gewinnträchtig sind.

(Ein gedanklicher Ausflug sei mir bitte noch zu den vielen Kleinanlegern gestattet, die an den Gewinnen der - in meinem Beispielsfall europäischen - Pharmakonzernen partizipieren. Bei den Ausführungen von Seoul dachte ich: Wirklich?, weil ich da nicht so up-to-date bin, und googelte mich ein wenig durchs web. 22% Streubesitz im Falle von Roche http://de.wikipedia.org/wiki/Hoffmann-L ... alstruktur und 12% bei Novartis http://www.novartis.ch/de/investors/sha ... /faq.shtml empfinde ich irgendwie als überschaubar.)

Wir haben ein Oligopol von einigen wenigen nordamerikanischen und europäischen Unternehmen - und die haben im vorigen Jahr die von ihnen belegten Sparten restrukturiert: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/g ... 88618.html

Nebelzauberer
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von Nebelzauberer » 16.03.2015, 17:41

Prinzipiell halte ich Seouls Ansichten für zumindest realistischer, was die Funktionsweise einer größeren Gesellschaft von etlichen Millionen Menschen betrifft. Altruismus als staatlich-wirtschaftliches Ordnungselement funktioniert meiner Ansicht nach sicher nicht und hat auch noch nie funktioniert. Auch wenn Seoul Pascals Worte ganz gelassen kommentiert hat, möchte ich hier noch einmal einhaken.
zu 1) Natürlich gibt es glücklicherwiese viele Menschen, die aus Altruismus oder (will man es christlich fassen) Nächstenliebe handeln. Sie verdienen sicher mehr Anerkennung und Beachtung. Allerdings reicht das bei Weitem nicht, um die gesamte Pharmaforschung nur altruistischen Menschen zu überlassen, zumal die Grenze zu eigenem Ehrgeiz, aus Negativerfahrungen oder anderen persönlichen Aspekten geborenen tieferen Beweggründen individuell nur schwer zu ziehen ist. Aus diesem Grund fördert der Staat ja Forschung zusätzlich, wenngleich er dies mittelbar über die Pharmaindustrie tut.
Den persönlichen Angriff am Ende finde ich übrigens daneben, weil du hier gesamtgesellschaftliches Handeln mit dem Privatbereich einer Person gleichsetzt.
zu 2) Du nennst wesentliche pharmazeutische "Erfindungen" als Beleg deiner Thesen. Diesen Punkt finde ich aber wenig überzeugend. Neben der Entdeckung oder "Erfindung" zählen auch die Breitenwirkung und die Zeitspanne, in welcher viele Menschen davon profitieren. Gerade hier hat sich doch die letzten 20 Jahre unglaublich viel getan. Die Frequenz der Erkenntnisse und Möglichkeiten in Medizin und auch Pharmazie sind in diesem Jahrhundert viel höher als bei den von dir genannten Beispielen.
zu 3) Sorry, aber das ist in Bezug auf die Pharmaindustrie nur in Teilen und weniger für Deutschland richtig und eher recht platte, pauschalisierende Gesellschaftskritik. Natürlich gibt es viel Ungerechtigkeit in der Welt, Unterdrückung, Ausbeutung und sozialen Kahlschlag. Die Erklärung dafür greift aber leider nicht so kurz wie deine Erläuterungen, sonst wäre alles leicht lösbar. Das Grundproblem ist schon allein deshalb nur schwer anzugehen, weil jeder eine ganz andere Defintion von Gerechtigkeit hat, die meistens auch aus eher egoistischen als altrusitischen Motiven geboren ist.

Im letzten Punkt stimme ich aber wieder mit dir überein. An diesem Ideal sollte man festhalten. Es ist aber eben ein Ideal und damit zwar Zielvorstellung, aber nie zur Gänze erreichbar.

seoul1
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von seoul1 » 16.03.2015, 16:42

Hallo Pascal,
da die Diskussion sich nun bereits von dem eigentlichen Thema, nämlich der Pharmaforschung und die Entwicklung neuer Medikamente weit entfernt, hat es sicher keinen weiteren Mehrwert, wenn wir hier über Kapitalismus, Liberalismus oder Sozialismus reden. Dieses Thema ist seit dem kläglichen Zerfall der Staaten mit irgend geartetem Sozialismus, komplett erledigt. Lies mal Schabowski's (ehemals glühender Sozialist und SED Politbüromitglied) Buch: Wir haben alles falsch gemacht... Es klärt wunderbar auf mit der Fiktion, die man im Sozialismus zwar hatte, die einer Realität aber nie gerecht werden konnte. Er sagt, "wir liefen stolz weiter und wussten gar nicht - da die BWL/VWL Literatur ja als Schund galt -, dass wir längst auf dem Holzwege waren. Er habe sich in den USA nach der Wende geschämt, all die Weisheiten der Wirtschaftsweisen nicht gewusst zu haben.

Das Sozialismus bisher nur Leid über die Völker gebracht hat, sowie repressive Diktaturen mit Geheimpolizei und dem gnadenlosen Verfolgen der Andersdenkenden, weiß jedes Kind, dass die Wirtschaft in diesem Staaten noch korrupter und verrückter war, auch. Gewinner waren nicht Shareholder, sondern die Partei und ihre Bonzen, wie Gysi, Modrow, etc. sowie die 2,0 Mio Spitzel und die Generäle und Obristen.
Lassen wir das. Eine Demokratie ist nie einfach und es wird immer arm und reich geben, aber die sozialen Errungenschaften, die wir uns leisten, sind nahezu das Beste, was es in der Welt gibt.

Die Zeiten von Paracelsus etc. sind glücklicherweise vorbei, denn im späten Mittelalter noch bis 1850 etc. war auch Europa mit Feudalsystemen überhäuft, in denen Fürsten alles und das Volk nichts hatte. Auch die Ärzte, die damals lebten, zählten sicher nicht zu den Hungerleidern. Ein Professor kam einem Gott gleich.

Ich kann deinen Unmut ja verstehen, aber Du redest vieles schlecht und nimmst Kritik am System von Leuten auf, die allesamt keine besseren Entwürfe haben.
Erkläre mir mal, wie die Wirtschaft, die Forschung und die Gesellschaft funktionieren soll, wenn wir alles verstaatlichen? Das hatten wir doch schon "drüben", und keiner fand Anreize, die hochgesteckten PLÄNE zu erfüllen. Das war das Dilemma, soviel zum Altruismus. Es gibt sicher viele Menschen, die ehrenamtlich tätig sind, damit lässt sich aber doch nicht eine großflächige Industrie aufbauen und finanzieren.

Die Idee mit der Verstaatlichung und Deinem starken glauben an den Staat müsstest Du besser erläutern...denke aber daran, das Deutschland so stark in der Wirtschaft ist, weil es eine riesengroße Schar von Mittelständlern hat, die immer wieder neue Produkte vorantreiben. Übrigens auch im Pharmabereich!!!

Quintessenz: Lass mal alles beim Alten, die großen Pharmakonzerne steuern das als PublikumsAGs sehr gut und die vielen Spezialisten, die sich um unsere Gesundheit kümmern, sind weltweit einzigartig gefragt. alle Konzerne wie Roche, Novartis, Bayer, etc. sind in Streubesitz vieler kleiner Aktionäre.

Gruss Seoul

Gast

Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von Gast » 16.03.2015, 03:58

Hallo seoul1,

Du wirst nicht erwarten, daß ich Dir irgend zustimmen könnte. Uns trennen offensichtlich Welten.Deswegen nur einige Hauptpunkte:
1) Die Tatsache, daß unsere Gesellschaft sich vom Wirtschaftsdenken schon zutiefst hat korrumpieren lassen, nimmst Du als Beweis dafür, daß es gar nicht anders sein könne. Das ist eine sogenannte petitio principii, bereits logisch unzulässig. Nein – es kann anders sein, es war auch schon anders, mindestens in erheblichem Maß. Deine Beispiele gegen den Staat sind alles Beispiele für einen korrumpierten Staat, einschließlich der Professoren, die ihr Institut als staatlich subventioniertes Privatunternehmen auffassen, was leider hier und heute belohnt statt bestraft wird.
Ich finde es erschreckend, daß Du Dir anscheinend überhaupt nicht mehr vorstellen kannst, daß jemand aus Altruismus handeln könnte! Was für ein furchtbares Leben mußt Du führen! – hast Du nur Frau und Freunde, solange Du noch alle bezahlen kannst, usw.??
2) Fast sämtliche wesentlichen pharmazeutischen Erfindungen bis weit in das 20. Jh. hinein sind NICHT von der Privatwirtschaft getätigt worden. Hippokrates, Galen, Paracelsus, Harvey, Virchow, Ehrlich, Sauerbruch, Fleming – bete Dir all die ganz großen Namen der Medizingeschichte herunter: Bei der Wirtschaft hat sich von denen kein einziger herumgetrieben - aber mit Spitzenforschung brilliert. Auffällig viele davon übrigens mit ziemlich 'sozialistischen' Lebenseinstellungen.
Auch Deine These der Unabdingbarkeit von Wirtschaftsforschung trifft also nicht zu. Und der unten zitierte Fehl-Effekt des EU-Programms bestätigt dies – sowie die Kröten von anderswoher vorhanden sind, stellt die Wirtschaft sofort ihre Forschungstätigkeit ein und nimmt dafür keinen Cent mehr in die Hand.
3) Die riesige (riesig??) Arbeitnehmerschar wird nicht freudig am Gewinn beteiligt, sondern so billig wie möglich abgefertigt, am besten wäre HartzIV-Aufstocker. Weswegen, unter anderem, der Staat seine Schulden hat – Gewinne kassieren, Verluste sozialisieren. Aber lassen wir dieses üble Faß hier mal zu.
Gerade auch die Vergötzung der shareholder ist keine vielleicht gar noch soziale Wohltat, sondern ein Skandal. Ich selber halte mich übrigens von Aktien und all den tollen 'Finanzderivaten', die seit Jahren so viel Unglück über die Welt bringen, seit je strikt fern.
4) Deinem Sozialismusvorwurf könnte man die Diagnose des Neoliberalismus entgegenschleudern – um diese Lebenshaltung nicht noch moralisch krasser einzuordnen. Aber das bringt hier nichts. Sei versichert, daß ich stockkonservativ bin (alte Rechtschreibung inklusive :-) ).

Du hast allerdings in einem Punkt recht, obwohl Du darauf gar nicht hinweisen möchtest – am Boden des Problems liegt eine moralische Frage. Der sich jeder stellen sollte.
Habgier ist nach gut christlicher Lehre eine Todsünde – Caritas eine Kardinaltugend.
Und da ich als Konservativer davon ausgehe, daß der Mensch zunächst einmal zum Schlechten tendiert, eben auch zu Eigennutz und Gewinnsucht, rufe ich nach dem Staat. Wohl wissend, daß auch der bei uns bis auf weiteres gründlich korrumpiert ist. Leider.
Aber bei einer kranken Gesellschaft lebe ich, wie bei der Leukämie, ganz gerne mit oder von der Hoffnung.
Auf die Caritas, nicht den shareholder value!

Grüße, Pascal.

seoul1
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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von seoul1 » 16.03.2015, 00:04

Hallo Pascal,
leider bin ich des Spiegel Lesens nach Jahrzehnten überdrüssig geworden, da mir insbesondere der Unterschied zwischen SPON und BILD nicht mehr erkennbar ist.

Deshalb möchte ich nur der geäußerten Meinung pro Staat, der die Entwicklung von Medikamenten übernehmen soll und Contra Arzneimittelindustrie widersprechen.

Wäre es nicht fatal, wenn wir eine staatlich gelenkte Pharmaforschung und Entwicklung von Medikamenten hätten? Gäbe es dann nicht ähnliche oder schlimmere Exzesse wie z.B. BER, Stuttgart 21, StaatsTV und Rundfunk, Landeszentralbanken, die mehr Geld versandet haben(ca. 850 Mrd.). als alle Privatbanken der EU zusammen, kommunale Wirtschaftsförderung in fast 4.000 Gemeinden, mit dem Ziel, alle das gleiche zu tun etc.etc.. Es gäbe mannigfache Beispiele.
Nein, diese FuE sowie deren Vermarktung MUSS bei privaten Unternehmen bleiben, sonst erleben wir einen riesigen Absturz an neuen Produkten und deren Verbreitung.
Auch unsere weltweit geachteten Autos könnten niemals staatlich gesteuert gebaut werden.... DB verdient auch ungeheuer viel Geld...

Nur durch kapitalistische!! Strukturen mit einer Gewinnerwartung lässt sich erreichen, dass die großen Unternehmen Milliarden in die Hand nehmen (der Staat hat derzeit 1,2 Bill schulden, Tendenz steigend), um langwierig neue Produkte zu entwickeln, zu testen und einzuführen. Dies gelänge niemals mit Beamten oder unter staatlicher Kontrolle.

Es ist auch nicht verwerflich, wenn die Pharmakonzerne mit dieser Art von Geschäft viel Geld verdienen, welches übrigens einer riesigen Arbeitnehmerschar und deren Familien in der Primär- und Sekundärindustrie (Zulieferer) zu Gute kommt. Die Gewinne der Pharmaindustrie fließen den Aktionären zu, also den Zigtausenden Aktionären in Kleinbesitz, wie Du und ich.

Weltweit sind die deutschen und Schweizer Pharmakonzerne geachtet, neben des US Konzernen, und nirgendwo in verstaatlichten Industrien ist eine auch nur annähernd gleiche Qualitätsstruktur entstanden.

Die Lenkung durch den Staat, wie es hier so flapsig dargestellt wird, soll doch in der Konsequenz Sozialismus sein, aber der ist bisher in ALLEN Staaten, die sich diesem Unfug gewidmet haben, kläglich gescheitert. Letztlich vor unserer eigenen Tür.

Die Politiker und deren reiche Freunde aus den sozialistischen Staaten lassen sich, wenn genug Kleingeld vorhanden ist, ausnahmslos in Westeuropa, vorzugsweise D, CH und manchmal F behandeln, mit Medizin der großen Pharmaindustrie.

Es ist für mich auch nicht verwerflich, wenn sich dem Gemeinwohl verpflichtete Professoren und/oder Kliniken für Vorträge, Untersuchungen und Produktbegleitungen Honorare bezahlen lassen. Aus purem Altruismus wird wohl niemand zusätzlich und in seiner Freizeit tätig. Das wäre unter staatlicher Aufsicht noch undurchsichtiger, wie man von den Uni- Professoren weiß, die meistens mit ihren Instituten mehr Geld verdienen, als das, was ihnen die Länder für ihre verantwortungsvolle Leistung zahlen.

Fussballprofis, Schlagersternchen, Politiker mit Honorarverträgen oder in lukrativen Versorgungsjobs, Direktoren der Medienanstalten, Krankenkassen und Bundesbehörden verdienen ein mehrfaches, als die beamteten Klinikdirektoren.

Also, Fazit, nur kapitalistische Strukturen mit Gewinnmaximierung bringen die hervorragenden Medikamente zustande, die wir gerade in der Leukämieforschung benötigen.

Gruss Seoul.

Gast

Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von Gast » 14.03.2015, 02:27

Ok, meine Meinung zu diesem Themenkomplex kennt man hier seit Jahren und können manche seit je nicht ausstehen. Aber der Punkt ist zu wichtig, um nicht immer wieder nachzubohren:

Ich stehe in diesem und anderen lebenswichtigen Bereichen strikt für eine strikte Lenkung durch den Staat ,unter der Maxime und aus Gründen der Beförderung des maximalen Allgemeinwohls.

Es sei dementsprechend noch einmal betont, für wie wichtig ich es halte, Pharmaforschung so zu steuern, daß Gewinnmaximierung so weit wie möglich verhindert wird und insbesondere bei 'nicht lohnenden' Krankheiten aller Art überhaupt als Kriterium möglichst ausgeschaltet wird.
Es ist klar, daß die Wirtschaft dafür grundsätzlich nicht der Partner sein kann. Sie mag ergänzend forschen.

Das Fundament hat die Forschung an Universitäten und anderen staatlichen Forschungsstellen zu sein, gegebenenfalls ergänzt etwa durch Preisausschreiben zu besonders vernachlässigten Bereichen.
Fatalerweise hat natürlich die Wirtschaftslobby seit Jahrzehnten emsig darauf hingewirkt, und unsere gekauften Parteien haben dies kräftig verstärkt, daß das alte akademische Ethos des idealistischen Wirkens für die Menschheit möglichst eliminiert wurde zugunsten ebenfalls 'gewinnorientierten Denkens'. "Praxisbezug", wie man das verharmlosend nennt.
Das erhöht leider bis auf weiteres den Bedarf an staatlicher Lenkung. Zu der der Staat freilich bei uns bis auf weiteres leider keine Lust hat. In Indien sieht das wohl schon etwas anders aus.

Was die Beeinflussung von Patienten angeht, bin ich selber bekanntlich recht oft bei den LO-Treffen. Betreffs der Pharmaindustrie sage ich mir: Soweit die engagiert ist, schöpfe ich solcherart ein Teilchen der Gewinne als deren höchst unfreiwillige Ursache ab - und garantiere zugleich, mich dafür in keinster Weise zu Dank oder Gegenleistung verpflichtet zu fühlen, sondern unbeirrt weiter etwa Beiträge zu schreiben wie hier (ob sie publiziert oder zensiert werden, ist dafür irrelevant).

Will sagen: Es ist nicht entscheidend, ob man sich sponsern läßt - es ist entscheidend, ob man sich davon beeinflussen läßt.
Ist der Geldgeber deswegen unzufrieden und verlängert die Förderung nicht - ist nur ER moralisch ruiniert, weil die Förderung dann ganz offensichtlich bloßer Meinungskauf sein sollte.
Lobbyismus funktioniert ausschließlich auf der Basis von Bestechlichkeit.
Wird diese verweigert, muß statt Manipulation Farbe bekannt werden. Hier: Müssen Medikamente sich eben im nachprüfbaren Effekt als tatsächlich effizient(er) erweisen, nicht dadurch, daß vielleicht der von x gekaufte Chefarzt eine Order ausgibt, in seiner Abteilung nur noch das Medikament von x zu nutzen. (Ich weiß aus zuverlässigen Quellen von solchen Vorkommnissen.)
Läßt man sich von Parteiungen jeder Art bilden, sollte man schon an der Schule gelernt haben, alles nur mit viel Mißtrauen aufzunehmen und immer von Manipulation auszugehen, also bei Knackepunkten nachzuprüfen. Mündiger Bürger hieß das mal.

Kurzum: Der Gedanke dieses EU-Programms ist zunächst gut - aber weil gerade in den EU-Institutionen ja die Lobbyhörigen nur so wimmeln, ist das Durchführungskonzept natürlich derart, daß es absehbar nur vor die Wand fahren kann.

Pascal.

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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von Cecil » 12.03.2015, 10:18

irmel hat geschrieben: .....
Ich denke, du hast es auf den Punkt gebracht.
.....
Nö, nicht so wirklich - aber mir kullern jetzt noch die Tränchen ob der durch die Biotechnologie- und Pharmafirmen planlos in die FuE versenkten Millionen und Milliarden, die ihnen letztlich nur noch marginale Gewinnspannen übrig lassen: http://de.statista.com/statistik/daten/ ... innspanne/ (Das Portal mag es wohl nicht, wenn man seine Seiten in einem Forum verlinkt - einfach Gewinnspanne+Pharmaindustrie in Google einwerfen. Vermutlich ist seit 2013 alles noch viel ärger geworden. :shock: )

Ich werde jetzt nicht zum wiederholten Mal von Orphan Drugs, deren Entwicklung durch die EU über die Verordnung über Arzneimittel für seltene Leiden gestützt wird: http://de.wikipedia.org/wiki/Orphan-Arzneimittel schreiben. Oder darüber, dass das BMG sich aufgrund der teilweise mit Orphan Drugs erzielten/erzielbaren Umsätze veranlasst sah, teilweise auch solche Medikamente den Vorschriften des AMNOG zu unterwerfen: http://de.wikipedia.org/wiki/Orphan-Arz ... telmarktes - es wird ja doch nicht gelesen.

Es ging Nelly vordergründig auch gar nicht um die Spenden der Pharmas an Patientenorganisationen: http://www.spiegel.de/wirtschaft/untern ... 71238.html (und wie man sehen kann, dreht sich auch nicht alles immer nur um Krebs.). Es ging darum, wie man innerhalb einer Finanz-Initiative die richtigen, nämlich die eigenen, Schwerpunkte setzt: http://www.spiegel.de/wissenschaft/medi ... 21708.html Ob es Sinn macht, das auf einer CML-Webseite diskutieren zu wollen, sei dahingestellt.

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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von renate51 » 12.03.2015, 09:44

Empfehle hierzu das Buch " der König aller Krankheiten Krebs eine Biografie" von Siddhartha
Mukherjee , Artikel die Früchte langer Mühen.
Renate 51

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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von irmel » 12.03.2015, 07:49

Hallo Claudi,

deinem Beitrag kann ich in allen Punkten nur zustimmen.
Ich denke, du hast es auf den Punkt gebracht.

Grüße vom Niederrhein
Irmgard

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Re: Spiegel-Artikel zur Pharmaforschung

Beitrag von Stinkmorchel » 12.03.2015, 01:31

Hallo Thomas, hallo Nelly,

wie Jan bereits geantwortet hat, genügen die privaten Spenden zur Zeit, um die online-Plattform aufrecht zu erhalten. Spenden der Pharmakonzerne werden nicht für den "Betrieb" der Webseite verwendet.
Tatsächlich bin ich überrascht, dass es noch Leute zu geben scheint, die denken, die Pharmakonzerne betreiben Forschung, allein zu dem Zweck etwas Gutes für die Menschheit zu tun. Warum sollten Sie?
Wenn ein Konzern das Glück hat, mit einem Medikament wie Glivec die Nadel im Heuhaufen zu finden, ist es doch völlig klar, dass diese goldene Kuh solange es geht gemolken wird. Es war ja auch von vorneherein gar nicht abzusehen, wie lange die Patienten tatsächlich auf die Einnahme des Medikaments angewiesen sein würden und wie lange sie damit tatsächlich überleben können. Im Übrigen gibt es nicht viele Medikamente wie Glivec, deren Entwicklung von einem derartigen Erfolg gekrönt ist. Genau aus diesem Grund muss Glivec in der Presse (sehr oft im Spiegel, ich bin Abonnent) meist als Beispiel für explodierende Kosten herhalten.
Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Millionen und Milliarden verbraten werden, ohne dass jemals ein Wirkstoff gefunden wird.
Klar ist außerdem, ohne finanzielle Unterstützung durch die EU oder sonstige Staaten, hätten die Konzerne doch gar kein Interesse daran, Medikamente gegen Krankheiten zu entwickeln, bei denen in Deutschland nur 10.000 Neuerkrankungen pro Jahr zu erwarten sind. Genau deswegen sind diese Milliarden Unterstützungen der Pharmakonzerne auch so wichtig, damit auch Menschen, die keine Allerweltserkrankung haben, eine Chance bekommen, dass sich ein Forscher ihrer Probleme annimmt. Genau dafür leben wir in einer Solidargemeinschaft.
Ich war im Übrigen bei mehreren Online-Treffen dabei. Ich finde es gut, dass diese Treffen auch für finanziell nicht ganz so gut gestellte Patienten erschwinglich sind, und noch viel wichtiger ist, dass wir hervorragende Referenten dort haben, die uns einen ganzen Tag oder teilweise auch zwei Tage für alle Fragen und Probleme zur Verfügung stehen (und keiner der bisher dort aufgetretenen Referenten hat etwas mit den Pharmakonzernen zu tun, die die Veranstaltung finanziell unterstützen).
Dafür nehme ich gerne in Kauf, dass am Ausgang des Tagungsraums Blöcke, Kugelschreiber und Flyer von Novartis oder Bristol herumliegen. Ich bin außerdem überzeugt, dass jeder Teilnehmer intelligent genug ist, sich durch diese Veranstaltung und die finanzielle Unterstützung hierfür, nicht in der Einnahme seines Medikamentes beeinflussen zu lassen. Aufgrund der geringen Auswahl an Medikamenten ist das in unserem Fall auch sehr schlecht möglich...
Selbstverständlich sollte man den Pharmakonzernen und den dort üblichen Machenschaften kritisch gegenüberstehen, aber diese Kritik ist ja auch kein Grund für Euch zu sagen: "Bei den Konzernen geht nicht Alles mit rechten Dingen zu, gut, dann verzichte ich halt auf das Medikament..."
Im Übrigen finde ich es sehr viel spannender, welche Firmen unsere Parteien (sei es nun Regierung oder Opposition) finanziell unterstützen, und welche Interessen aufgrund dieser Spenden tatsächlich durchgesetzt werden.
Liebe Grüße
Claudi

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