von jan » 01.05.2019, 11:52
Liebe Lidia
Danke für Deine Nachricht. Ich kann mir gut vorstellen, in welcher Gefühlslage Du Dich im Moment befindest, und möchte Dir gerne helfen, Deine Gedanken da etwas sortieren.
Glücklicherweise gibt es bei der CML inzwischen einige Erfahrung mit CML und Schwangerschaften und auch einen intensiven Austausch der CML-Experten untereinander, wie man bzgl einer während einer Schwangerschaft entdeckten CML verfahren kann. Es gibt zwar keine einheitliche ärztliche Meinung und auch keine Leitlinien, aber doch eigentlich recht klare Richtungen. Da ich selbst seit fast 18 Jahren CML-Patient bin und mittlerweile auch Vater von drei Kindern, habe ich das Thema sehr intensiv verfolgt - möchte aber darauf hinweisen, dass ich kein Arzt bin, sondern medizinischer Laie, und keine ärztliche Empfehlung aussprechen darf, kann und will.
Vom Hämatologenkongress 2018 in den USA habe ich eine Präsentation zusammengefasst, habe diese aber leider bisher nur in Englisch:
https://www.cmladvocates.net/3-news/newsflash/868
Zusätzlich habe ich 2014 einen Fachartikel auf Deutsch übersetzt, der zwar nicht mehr ganz auf dem aktuellen Stand ist und sich speziell nicht intensiv dem Thema CML-Diagnose während einer Schwangerschaft auseinandersetzt, der Dir aber vielleicht den Kontext ganz gut vermittelt
https://www.leukaemie-online.de/38-cml/1150
mit einigen weiteren themenbezogenen Artikeln rechts unter "Ähnliche Artikel".
In dem englischen Artikel gibt die Grafik im rechten Teil die Situation der Diagnose während einer Schwangerschaft ganz gut wieder. Die Optionen dort zwischen zweiten und dritten Trimester, wie bei Dir, werden angegeben mit "Leukapherese" (d.h. bei einer Überschreitung von 100.000 L Leukozyten und 600.000 Blutplättchen werden in einer Art Dialyse überschüssige weisse Blutzellen aus dem Blut gefiltert, um das Thromboserisiko zu senken - je nach Dynamik der CML alle zwei Tage, einmal pro Woche oder alle zwei Wochen) und/oder Interferon-Alpha-Therapie vorgeschlagen.
Meiner Laienmeinung nach - und das ist jetzt wirklich meine persönliche Meinung und NICHT eine Empfehlung - würde ich, wenn ich an Deiner Stelle wäre, die Ergebnisse der Knochenmarkpunktion abwarten und mit dem Arzt diskutieren, wie der Status Deiner CML ist und wie in Deinem Fall für das verbleibende Trimester die Gefahren für Dich mit den Gefahren für Dein Kind abzuwägen sind.
Interferon Alpha (die normale, nicht die pegylierte Version) ist nach allem, was man heute weiss, nicht schädlich für das werdende Kind, belastet aber natürlich Dich mit grippeähnlichen Effekten, weil es ja das Hormon ist, das der Körper im Falle einer starken Infektion ausschüttet und das in höherer Dosis auch Effekte gegen die CML hat - daher würde man es einsetzen, wenn man vermutet, dass die CML bis zur regulären Entbindung zu stark wäre, und nicht, wenn man glaubt, dass die CML sich auch über die verbleibenden 14 Wochen nur langsam fortentwickeln würde und keine außerordentliche Gefahr für Dich selbst bestände.
Wo liegen denn Deine weissen Blutkörperchen (Leukozyten) im Moment, und wie ist Dein Risiko-Score zum Zeitpunkt der Diagnose (wird normalerweise auf Basis von Milzgröße, Leukozyten und anderen Faktoren berechnet)? Wenn die CML früh erkannt wurde, kannst Du vielleicht das dritte Trimester ohne Therapie aussitzen oder zumindest erstmal die Dynamik in den nächsten 4-6 Wochen beobachten. Ich vermute aber, dass, wie Du schreibst, der Arzt bei Deiner Option 1 denkt, dass die Dynamik Deiner CML zu stark sein könnte - hat er das näher begründet? Die Einleitung der Geburt (Option 3) halte ich in der 26. SSW ehrlichgesagt ohne extrem gute Gründe auch für früh, und 2 ist eine Option, die viele Schwangere gewählt haben - da gibt es einige Erfahrung.
Ich drücke Dir die Daumen - und sag Bescheid, wenn Du Informationen brauchst oder etwas nicht verstehst, was Du liest oder vom Arzt hörst. Ich drücke Euch beiden die Daumen.
Liebe Grüße
Jan
Liebe Lidia
Danke für Deine Nachricht. Ich kann mir gut vorstellen, in welcher Gefühlslage Du Dich im Moment befindest, und möchte Dir gerne helfen, Deine Gedanken da etwas sortieren.
Glücklicherweise gibt es bei der CML inzwischen einige Erfahrung mit CML und Schwangerschaften und auch einen intensiven Austausch der CML-Experten untereinander, wie man bzgl einer während einer Schwangerschaft entdeckten CML verfahren kann. Es gibt zwar keine einheitliche ärztliche Meinung und auch keine Leitlinien, aber doch eigentlich recht klare Richtungen. Da ich selbst seit fast 18 Jahren CML-Patient bin und mittlerweile auch Vater von drei Kindern, habe ich das Thema sehr intensiv verfolgt - möchte aber darauf hinweisen, dass ich kein Arzt bin, sondern medizinischer Laie, und keine ärztliche Empfehlung aussprechen darf, kann und will.
Vom Hämatologenkongress 2018 in den USA habe ich eine Präsentation zusammengefasst, habe diese aber leider bisher nur in Englisch:
https://www.cmladvocates.net/3-news/newsflash/868
Zusätzlich habe ich 2014 einen Fachartikel auf Deutsch übersetzt, der zwar nicht mehr ganz auf dem aktuellen Stand ist und sich speziell nicht intensiv dem Thema CML-Diagnose während einer Schwangerschaft auseinandersetzt, der Dir aber vielleicht den Kontext ganz gut vermittelt
https://www.leukaemie-online.de/38-cml/1150
mit einigen weiteren themenbezogenen Artikeln rechts unter "Ähnliche Artikel".
In dem englischen Artikel gibt die Grafik im rechten Teil die Situation der Diagnose während einer Schwangerschaft ganz gut wieder. Die Optionen dort zwischen zweiten und dritten Trimester, wie bei Dir, werden angegeben mit "Leukapherese" (d.h. bei einer Überschreitung von 100.000 L Leukozyten und 600.000 Blutplättchen werden in einer Art Dialyse überschüssige weisse Blutzellen aus dem Blut gefiltert, um das Thromboserisiko zu senken - je nach Dynamik der CML alle zwei Tage, einmal pro Woche oder alle zwei Wochen) und/oder Interferon-Alpha-Therapie vorgeschlagen.
Meiner Laienmeinung nach - und das ist jetzt wirklich meine persönliche Meinung und NICHT eine Empfehlung - würde ich, wenn ich an Deiner Stelle wäre, die Ergebnisse der Knochenmarkpunktion abwarten und mit dem Arzt diskutieren, wie der Status Deiner CML ist und wie in Deinem Fall für das verbleibende Trimester die Gefahren für Dich mit den Gefahren für Dein Kind abzuwägen sind.
Interferon Alpha (die normale, nicht die pegylierte Version) ist nach allem, was man heute weiss, nicht schädlich für das werdende Kind, belastet aber natürlich Dich mit grippeähnlichen Effekten, weil es ja das Hormon ist, das der Körper im Falle einer starken Infektion ausschüttet und das in höherer Dosis auch Effekte gegen die CML hat - daher würde man es einsetzen, wenn man vermutet, dass die CML bis zur regulären Entbindung zu stark wäre, und nicht, wenn man glaubt, dass die CML sich auch über die verbleibenden 14 Wochen nur langsam fortentwickeln würde und keine außerordentliche Gefahr für Dich selbst bestände.
Wo liegen denn Deine weissen Blutkörperchen (Leukozyten) im Moment, und wie ist Dein Risiko-Score zum Zeitpunkt der Diagnose (wird normalerweise auf Basis von Milzgröße, Leukozyten und anderen Faktoren berechnet)? Wenn die CML früh erkannt wurde, kannst Du vielleicht das dritte Trimester ohne Therapie aussitzen oder zumindest erstmal die Dynamik in den nächsten 4-6 Wochen beobachten. Ich vermute aber, dass, wie Du schreibst, der Arzt bei Deiner Option 1 denkt, dass die Dynamik Deiner CML zu stark sein könnte - hat er das näher begründet? Die Einleitung der Geburt (Option 3) halte ich in der 26. SSW ehrlichgesagt ohne extrem gute Gründe auch für früh, und 2 ist eine Option, die viele Schwangere gewählt haben - da gibt es einige Erfahrung.
Ich drücke Dir die Daumen - und sag Bescheid, wenn Du Informationen brauchst oder etwas nicht verstehst, was Du liest oder vom Arzt hörst. Ich drücke Euch beiden die Daumen.
Liebe Grüße
Jan