von jan » 11.10.2003, 11:42
Hallo Michael,
auch von meiner Seite natürlich herzlichen Glückwunsch. Wir sind ja seit Beginn Deiner Therapie in Kontakt und ich persönlich freue mich sehr, dass die Behandlung bei Dir so gut läuft.
Mit dem Absetzen von Glivec wäre ich jedoch sehr, sehr vorsichtig. Es gibt dabei verschiedene Punkte, die man bedenken sollte:
1. Soweit noch eine minimale Resterkrankung (je nach Sensitivität der PCR - die ist im Moment noch in von Labor zu Labor deutlich unterschiedlich, da es noch keine einheitlichen Verfahren gibt) nachgewiesen kann, bedeutet dies, dass noch einige Millionen (!) kranker Zellen im Blut sind. Auch eine "0" in der PCR ist keine "0", sondern nur, dass die Messgenauigkeit der PCR-Maschine unterschritten wurde.
2. In Amerika wurde, soweit ich weiss, schon bei mehreren Patienten mit negativer PCR (nach amerikanischen PCR-Standards, welche weniger genau als die z.B. in Mannheim sind) Glivec abgesetzt. Ausnahmslos war wohl schon nach wenigen Wochen die Krankheit wieder deutlich messbar. Sollte man das Experiment des Absetzens wagen, ist es extrem wichtig, sehr genau und sehr intensiv und in kurzen Zyklen und dauerhaft verschiedenste sehr sensitive Untersuchungen durchzuführen - nicht dass man in der Behandlungspause der Krankheit eine Chance gibt, sich fortzuentwickeln. Denn wenn das passieren sollte, ist Glivec nicht mehr gut wirksam und man hat ein richtiges Problem.
3. Nach aktueller Theorie vermuten verschiedene CML-Experten ja neben den "schlafenden Zellen", die Pascal erwähnte und die für Glivec nicht erreichbar sind, auch, dass es ein "Vorstadium der CML" geben könnte, das erst später zur chromosomalen Veränderung in Form des Fusionsgens BCR-ABL (Philadelphia-Chromosom) führt. Dies zeigt sich z.B. daran, dass manche Glivec-Patienten weitere chromosomale Veränderungen (z.B. Trisomie-8) in "gesunden" Blutzellen entwickeln, d.h. in Zellen, die nicht das Philadelphia-Chromosom tragen. Da Glivec "erst" bei denjenigen Zellen angreift, die BCR-ABL haben und die in einem bestimmten Zellstadium (und nicht schlafend) sind, wäre es folglich völlig unwirksam bei eventuellen instabilen CML-Vorläuferzellen oder schlafenden Zellen.
Es wird daher sehr ernsthaft davon ausgegangen, dass Glivec allein nicht zur Heilung führen und damit auch das Absetzen von Glivec nach Erreichen einer kompletten molekularen Remission durch Monotherapie nicht erfolgreich sein kann, so dass man das Medikament tatsächlich auf Dauer nehmen müsste. Aus diesem Grund wird ja intensiv geforscht an Kombinationstherapien, die der CML - und auch eventuellen instabilen Vorläuferzellen - den Rest geben könnten. Gerhard erwähnte die Immuntherapien, für deren Wirksamkeit in den letzten Jahren leider noch gar keine Nachweise erbracht werden konnten, auf die wir alle aber sehr hoffen und an denen sehr intensiv geforscht wird. Dann die Interferon-Glivec-Kombination, die ja nachweislich immunstimulierend wirkt und z.B. in Mannheim erprobt wird (und noch aktuell neu diagnostizierte Patienten an einer Studie mit dem pegyliertem Interferon + Glivec teilnehmen könnten!). Und Du hast einen weiteren, meines erachtens sehr experimentellen Weg gewählt, bei dem ich sehr hoffe, dass er erfolgreich ist.
Auf jeden Fall alles Gute, und bis bald
Jan
[addsig]
Hallo Michael,
auch von meiner Seite natürlich herzlichen Glückwunsch. Wir sind ja seit Beginn Deiner Therapie in Kontakt und ich persönlich freue mich sehr, dass die Behandlung bei Dir so gut läuft.
Mit dem Absetzen von Glivec wäre ich jedoch sehr, sehr vorsichtig. Es gibt dabei verschiedene Punkte, die man bedenken sollte:
1. Soweit noch eine minimale Resterkrankung (je nach Sensitivität der PCR - die ist im Moment noch in von Labor zu Labor deutlich unterschiedlich, da es noch keine einheitlichen Verfahren gibt) nachgewiesen kann, bedeutet dies, dass noch einige Millionen (!) kranker Zellen im Blut sind. Auch eine "0" in der PCR ist keine "0", sondern nur, dass die Messgenauigkeit der PCR-Maschine unterschritten wurde.
2. In Amerika wurde, soweit ich weiss, schon bei mehreren Patienten mit negativer PCR (nach amerikanischen PCR-Standards, welche weniger genau als die z.B. in Mannheim sind) Glivec abgesetzt. Ausnahmslos war wohl schon nach wenigen Wochen die Krankheit wieder deutlich messbar. Sollte man das Experiment des Absetzens wagen, ist es extrem wichtig, sehr genau und sehr intensiv und in kurzen Zyklen und dauerhaft verschiedenste sehr sensitive Untersuchungen durchzuführen - nicht dass man in der Behandlungspause der Krankheit eine Chance gibt, sich fortzuentwickeln. Denn wenn das passieren sollte, ist Glivec nicht mehr gut wirksam und man hat ein richtiges Problem.
3. Nach aktueller Theorie vermuten verschiedene CML-Experten ja neben den "schlafenden Zellen", die Pascal erwähnte und die für Glivec nicht erreichbar sind, auch, dass es ein "Vorstadium der CML" geben könnte, das erst später zur chromosomalen Veränderung in Form des Fusionsgens BCR-ABL (Philadelphia-Chromosom) führt. Dies zeigt sich z.B. daran, dass manche Glivec-Patienten weitere chromosomale Veränderungen (z.B. Trisomie-8) in "gesunden" Blutzellen entwickeln, d.h. in Zellen, die nicht das Philadelphia-Chromosom tragen. Da Glivec "erst" bei denjenigen Zellen angreift, die BCR-ABL haben und die in einem bestimmten Zellstadium (und nicht schlafend) sind, wäre es folglich völlig unwirksam bei eventuellen instabilen CML-Vorläuferzellen oder schlafenden Zellen.
Es wird daher sehr ernsthaft davon ausgegangen, dass Glivec allein nicht zur Heilung führen und damit auch das Absetzen von Glivec nach Erreichen einer kompletten molekularen Remission durch Monotherapie nicht erfolgreich sein kann, so dass man das Medikament tatsächlich auf Dauer nehmen müsste. Aus diesem Grund wird ja intensiv geforscht an Kombinationstherapien, die der CML - und auch eventuellen instabilen Vorläuferzellen - den Rest geben könnten. Gerhard erwähnte die Immuntherapien, für deren Wirksamkeit in den letzten Jahren leider noch gar keine Nachweise erbracht werden konnten, auf die wir alle aber sehr hoffen und an denen sehr intensiv geforscht wird. Dann die Interferon-Glivec-Kombination, die ja nachweislich immunstimulierend wirkt und z.B. in Mannheim erprobt wird (und noch aktuell neu diagnostizierte Patienten an einer Studie mit dem pegyliertem Interferon + Glivec teilnehmen könnten!). Und Du hast einen weiteren, meines erachtens sehr experimentellen Weg gewählt, bei dem ich sehr hoffe, dass er erfolgreich ist.
Auf jeden Fall alles Gute, und bis bald
Jan
[addsig]