CLL-bezogene Ermüdung

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Re: CLL-bezogene Ermüdung

von Heinrich50 » 16.10.2018, 20:22

Hallo Watson, hallo Dreamweaver,
da bin ich ganz bei Euch! Ich dachte schon ich wäre ein "Einzelphänomen"...

@Watson: Der Leistungsabfall begann bei mir ca. 1 Jahr vor der Diagnose (Binet C) schleichend. Anfangs dachte ich an ein Burnout oder so, da ich mir die "Durchhänger" sonst mit keinem Handicap erklären konnte. An eine schwere Krankheit dachte ich damals natürlich nicht.

Die Symptome verstärken sich im laufe der Zeit, das kann ich für mich bestätigen. Nach der Therapie war ich (zumindest gefühlt) fit wie ein Turnschuh. Habe im Sommer 17 (2 Monate nach Therapieende) noch die ganze Elektrik im Keller und der Garage erneuert usw... Da hatte ich, nach der "Leidensphase" richtig Power. Heute kann ich mir diese Arbeit, geballt auf ein paar Tage, überhaupt nicht mehr vorstellen - das würde ich schlicht nicht mehr schaffen. 2 maximal 3 Stunden am Stück irgend etwas im Garten machen und ich bin für den Rest des Tages komplett erledigt. Aber davor kommt erst mal das überhaupt dazu aufraffen...!

Ich habe noch kein wirkliches Rezept gefunden außer spazieren gehen. Das hilft bei mir immer für einen Energieschub. Was ich noch festgestellt habe: Solange ich mich irgendwie bewege, egal was ich dabei tue, ist alles ganz gut. Sobald ich mich aber irgendwie setze (Kaffee trinken, hier am PC sitzen oder was auch immer), dann komme ich nur sehr schwer wieder in die Gänge. Anders ist es, wenn ich mich für eine Stunde wirklich komplett hinlege, dann geht’s auch danach wieder einigermaßen gut.

Also wirklich exakt beschreiben lässt sich der Zustand nicht. Aber um es kompakt zu sagen: Antriebslosigkeit, Ausdauerschwäche, Leistungsschwäche über den Tag verteilt.

Gruß
Heinrich

Re: CLL-bezogene Ermüdung

von Watson » 11.10.2018, 15:40

Hallo Dreamweaver,

in deiner Beschreibung finde ich mich vollständig wieder. Die Fatigue ist mehr als nur ein Gefühl von Schlafmangel, und ich befürchte ebenfalls, Außenstehende einschließlich Fachärzte haben weder eine Ahnung noch die Vorstellungskraft, wie sehr einem das in der Lebensqualität einschränkt. Auch ich war zuweilen mit ärztlichen Aussagen wie "die Blutwert erklären die Müdigkeit nicht" konfrontiert. Heißt übersetzt nichts anderes als "Ich habe zwar keine Ahnung von Ihrer Krankheit, aber vermutlich bilden Sie sich die Müdigkeit nur ein oder übertreiben maßlos".

Von Anfragen bei Ärzten und Selbstversuchen mit NEM bin ich komplett abgerückt. Letztlich sind meine Spiegel an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen normal, und dem Blut fehlt es an nichts (außer Antikörper). Folglich bringt eine Supplementation auch nichts.

Ähnlich wie bei dir erhalte ich mir die Restenergie mit viel Schlaf, der Reduktion monotoner Tätigkeiten und dem Versuch, mich psychisch wenig zu stressen. Alles jedoch schwer vereinbar mit Beruf und Familie. Aber mit maximal zugestandenen 30% Behinderungsgrad braucht man nicht über Alternativen zur Vollzeittätigkeit nachzudenken.

Am meisten Sorge bereitet mir, wo die Entwicklung noch hin geht. Denn das Problem schreitet spürbar fort. Es käme dann, sofern nicht die CLL vorher anderweitig reingrätscht, irgendwann ein Punkt, an dem die Arbeit einfach nicht mehr geht. Ich werde dann auch nicht mehr die Kraft haben, mich mit neunmalklugen Ärzten vor Gerichten herumzustreiten, die diesem Phänomen gemäß ihren Leitlinien kaum Bedeutung beimessen. Was nicht sein darf, ist eben nicht. Es drohen dann Ausgrenzung, Abmahnungen, Kündigung, sozialer Abstieg und Altersarmut.

Re: CLL-bezogene Ermüdung

von Irgendwer » 11.10.2018, 03:14

Diese schleichende, teils lähmende und immer mehr zunehmende Schlappheit + Müdigkeit war einer der Gründe, dass seinerzeit die CLL ganz im Anfangsstadium "entdeckt" wurde.

Zumindest bei mir ist es so, dass diese "Müdigkeit" aber gefühlt eine andere ist, als wenn man zu wenig geschlafen hat.

Eines der Dinge, was selbst im Familien- und Freundeskreis auf Unverständis gestoßen ist, nach dem Motto, "ja, schlaf dich halt mal aus".

Obwohl Müdigkeit eines der Leitliniensypmtome bei CLL ist, selbst der Hämatologe (Uniklinik) dies eher in die Psychoecke stellt, als der CLL zuzuschreiben ("geben ihre Blutwerte nicht her", so oder ähnlich). Also die Borniertheit mancher Ärzte gegenüber dem Patienten und seinen Beschwerden ist schon enorm.

Gehe davon aus, dass man nicht weiß, wo die Müdigkeit bei hier Blutkrebs tatsächlich herkommt. Wobei ich mutmaße, dass das Immunsystem eben gegen die Blasten und unreifen Zellen "kämpft", offensichtlich teils vergeblich, da geht einem halt die Kraft aus. Bei Grippe ist der Mensch schließlich auch müde und schlapp. Und Leukämie ist quasi ein "Dauergrippezustand", auch wenn es mutmaßlich bzw. angeblich keine Viren betrifft.. Möglicherweise zu simpel für die Ärzteschaft.

Das "Gute" ist, mittlerweile habe ich mich damit -und den doch deutlichen Einschränkungen in der aktiven Lebensgestaltung- abgefunden, ein gewisser Bodensatz scheint erreicht.

Hilfreich sind (bei mir) Sonnenlicht, moderate Wärme, Nässe meiden, moderate Aktivität, viel schlafen, kein Streß machen. Ernährungstechnisch manchens ausprobiert, Alkohol wenig, gar nichts, Nahrunsgergänzung usw., dass scheint alles egal zu sein.

Schon vor der CLL müde?

von Watson » 10.10.2018, 12:07

Hallo Nico, hallo Heinrich,

danke für eure Antworten. Die "Therapie" mit Kaffee betreibe ich auch - allerdings wohl eher als Sucht. Zumindest hilft es kurzfristig ein bisschen über Tagestiefs. Das größte Schlappheitspotenzial bereiten mir sitzende Tätigkeit (die ich leider in Vollzeit habe :) ), und längere Autofahrten. Bei Bewegung ist es deutlich besser, überhaupt an der frischen Luft und mit entsprechender (aktiver) Ablenkung hat man eine gewisse Energierückgewinnung. Bei mir ist es eher das Basteln am Grundstück mit teils doch sehr harter körperlicher Arbeit (baue zurzeit ein Gartenhäuschen mit frostsicherem Fundament), in Sachen sportlicher Betätigung bin ich leider ein Muffel geworden.

Mein Problem ist, wie Heinrich auch beschrieb, dass die Energie schnell wieder ausgeht. Und dass der morgendliche Anlauf viel langsamer ist. Ich komme früh überhaupt nicht in die Gänge und bin im Büro die ersten beiden Stunden eher ein Zombie :mrgreen:. Aus der Erfahrung von Urlaub und Wochenende weiß ich, dass ich deutlich mehr Energie habe, wenn ich mich nicht 06.30 Uhr rausquälen muss, sondern bis (mindestens) 09.00 Uhr ausschlafen kann. Aber da brauche ich mit dem Arbeitgeber nicht drüber zu reden. Zudem die Energie auch dann nicht der eines Gesunden entspricht und eben, auch nach langem Schlaf, schnell abfällt.

Eine Frage habe ich an euch: Hat sich die Müdigkeit tatsächlich erst mit der CLL/CML eingestellt oder schon deutlich (wie lange?) vorher? Ich frage deshalb, weil es bei mir so war, dass ich vom Schlaftyp eigentlich schon immer eine "Eule" war, und die Fatigue sich schon mindestens 10 Jahre vor messbaren CLL-Laborauffälligkeiten bemerkbar gemacht hatte. Sie ist über die Jahre einfach nur immer etwas schlimmer geworden.

Was ja im Umkehrschluss entweder bedeutet, dass entweder die CLL gar nicht so viel mit der Fatigue zu tun hat, oder aber, dass unerklärliche Müdigkeit ein Frühwarnzeichen für chronische Leukämien oder gar ein Mit-Auslöser ist.

LG
Watson

Re: CLL-bezogene Ermüdung

von Heinrich50 » 06.10.2018, 19:02

Diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Schlapp, müde, irgendwie abgeschlagen, keine Ausdauer im allgemeinen. Ich schlafe sehr gut und fühle mich morgens auch ausgeruht, aber der Tag beginnt dennoch sehr schleppend...

Meine Beobachtung:
Ich brauche morgens gute 2 Stunden um in die Gänge zu kommen. Vom Frühstückstisch bis zum letztendlich aufrappeln dauert es eine gefühlte Ewigkeit. Aber sobald ich mit meinem Hund im Wald unterwegs bin merke ich, wie die Energie zurück kommt. Ich fühle mich dann sehr wohl und es fällt mir nicht schwer mehrere Kilometer durch den Wald zu streifen. Bewegung scheint also einer der Schlüssel gegen diese unerklärliche "Leistungsschwäche" zu sein. Leider ist dieser Effekt nicht von Dauer. Im laufe des Tages falle ich dann wieder in diese "Schwäche". Der Abendspaziergang ist mein Tagesabschluss den ich noch gut bewältige. Danach ist allerdings der Ofen aus und ich reiße gar nichts mehr.

Meine Erfahrung, die ich nun seit über einem Jahr täglich mache.

LG
Heinrich

Re: CLL-bezogene Ermüdung

von NL » 05.10.2018, 07:29

Moin Watson,
Fatigue ist nicht nur bei CLL ein Problem, sondern auch bei gut behandelter CML. Mein persönliches Rezept ist eine Kombination aus (zu?) viel Kaffee/Schwarztee und Bewegung. Ich merke es bereits negativ, wenn ich ein Wochenende nicht mit dem Mountainbike oder den Ski unterwegs war. Die Wirkung des Koffeins mag Einbildung oder Sucht sein (und ob das eine gute Lösung ist, halte ich auch für fraglich), bei der positiven Wirkung der Bewegung glaube ich an einen "echten" positiven Effekt.
Gruss
Niko

Re: CLL-bezogene Ermüdung

von Watson » 04.10.2018, 15:26

Hallo,

Fatigue als solches und besonders auch die CLL-bedingte Fatigue ist weniger ein von Ärzten übersehenes Problem, sondern ein Problem, dass wohl eher nicht gesehen werden will.

Das mag damit zu tun haben, dass man diesem extrem belastenden Phänomen praktisch hilf- und heillos gegenüber steht. Phytopharmakologische Ansätze (Curcamin, Traubenkerne, Grüntee, Ginseng etc.) sind leider in der Praxis oft Schall und Rauch. Hochdosierte Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe bringen kaum etwas und wirken für uns CLLer möglicherweise sogar nachteilig.

Ritalin und Co. sowie diverse Antikörper sind im experimentellen Stadium ohne Zulassung für Fatigue und mit teils heftigen NW verbunden, möglicherweise verschießt man damit sogar das letzte Pulver gegen die CLL.

Auch eine CLL-bedingte Anämie kann nur sehr begrenzt die Müdigkeit erklären, denn ich habe -bei dauerhafter Fatigue- bislang nie eine Änamie (allerdings eine Eisenüberladung durch falsche Eiseninfusionen) gehabt.

Ich für meinen Teil jedenfalls habe es aufgegeben, bei Ärzten nach Möglichkeiten gegen diese, die Lebensqualität hochgradig einschränkende Müdigkeit nachzufragen. Das hilflose Schulterzucken muss man sich nicht antun. Es hilft halt nur, sich möglichst nicht drüber aufzuregen, sich entsprechenden Schlaf zu gönnen, soweit wie möglich aktiv zu bleiben und hoffen und beten, dass man den Arbeitsalltag zukünftig noch irgendwie auf die Reihe bekommt.

LG
Watson

CLL-bezogene Ermüdung

von Alan » 03.10.2018, 17:32

Fatigue ist einer der häufigsten CLL- Symtome und eine der häufigsten übersehenen unterbehandelten Symtome. CLL bedingte Müdigkeit kann überwiegend durch die CLL selbst, seiner Behandlung und Komplikationen beider verursacht werden.
CLL Patienten verwechseln auch Kurzatmigkeit mit Müdigkeit, dies ist jedoch ein separates Problem.
Eine gute Aufarbeitung sollte auf Anämie prüfen, Schilddrüsenprobleme und Blutchemie um Leber , Niere und andere Krankheiten auszuschließen.
Eine leichte Anämie wird gut vertragen und verursacht keine erhebliche Müdigkeit.
Nicht medizinische Behandlung : Reichhaltiger Verzehr von Obst und Gemüse ( Flavonoide ).
Gelbwurzel Curcamin wirkt entzündungshemmend bei einer Dosis von 1125 - 2500 mg bestätigt.
Resveratrol Wirkstoff des Rotweins in der Traubenschale und in den Kernen , Vorbeugung auch bei Herzerkrankung.
Wichtig ist gut hydriert zu bleiben ( Wasserfilter ), aktiv Radfahren schwimmen oder Wandern mit Pausen. Es hat sich gezeigt, das CLL Pat. bei dosierten Aktivitäten mehr Energie haben.
Meditation und andere Stressabbaupraktiken .
Behandlung mit Medikamenten: Armodafinil und Modafinil werden verwendet um Schlafbezogene Störungen zu behandeln.
Methylphenidat ( Ritalin ) ist eine kontrollierte Substanz die bei Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und damit verbundene Probleme verwendet wird. Die Anwendungen sind mit dem Hämatologen abzusprechen.
Ein sehr wirksames Medikament Ruxolitinib ( Jakafi ) zur Behandlung von Myelofibrose , hat in klinischen Studien zu einer deutlichen Verbesserung der CLL-bedingten Müdigkeit geführt.
Gruß Alan

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