von Nebelzauberer » 27.02.2019, 17:22
Hallo Marcel,
ich hätte dir wirklich gewünscht, dass du nicht wie ich eine der seltenen Ausnahmen bist. Deshalb habe ich auch ein paar Aspekte meiner eigenen Erkrankung und derer Diagnose verschwiegen, um dich nicht zu verunsichern. Deshalb schrieb ich auch, dass nichts für eine "akute Leukämie" spräche.
Du wirst nicht glauben, wie sehr ich deine jetzige Situation nachvollziehen kann. Mich hat es ja im genau gleichen Alter getroffen und im Prinzip habe ich denselben Weg wie du hinter mir. Im Prinzip war sogar die Diagnose ähnlich. Ich wollte einen Rundum-Check beim Hausarzt machen, ohne mich irgendwie schlecht oder krank zu fühlen - eigentlich sogar genau das Gegenteil. Dabei zeigten sich dann ähnliche Leukozytenzahlen wie bei dir. Der Hausarzt meinte, ob ich denn irgendwelche Infekte hätte, was ich verneinte. Ich solle mir keine Sorgen machen und in einem Monat den Test wiederholen. Leider war das Ergebnis damals wie bei dir dasselbe. Dann kamen weitere Blutuntersuchungen usw. Für eine Zweit- und Drittmeinung war ich dann noch an der Uniklinik in Ulm und in München, weil ich da in der Gegend wohne. Ich schreibe mal kurz etwas zu dem von dir Erwähnten:
"Ich war mit meiner Frau gerade beim Hämatologen und da wurde uns dann alles erzählt. Ich habe nur die Hälfte mitbekommen und bin immer noch völlig geschockt!! Was passiert denn jetzt mit mir und meinem Leben? Wir haben so große Ziele..."
Das ging mir genauso. Wenn man "Blutkrebs" / "Leukämie" hört, gibt man sich nicht mehr viel Zeit. Das ist aber in Bezug auf die CLL völlig falsch. Bei mir ist die Diagnose jetzt fast 6 Jahre her und mir geht es immer noch gut. Ich wurde weder behandelt, noch haben sich die Werte extrem verschlechtert. Kurzfristig habe ich jeden Augenblick innerlich beweint, weil ich gedacht habe, das könnte das letzte Mal sein, dass ich das erlebe. Ich habe mir überlegt, unser Haus zu verkaufen, weil ich Angst hatte, wir würden alles verlieren, wenn ich erst einmal nicht mehr arbeiten könnte. Ich hatte Angst, meinen damals 5-jährigen Sohn nicht mehr aufwachsen zu sehen usw. Die noch viel schlimmeren Gedanken schreibe ich hier nicht hinein. Inzwischen haben sich diese negativen Impulse veflüchtigt und belasten mich nur noch manchmal. Stattdessen hatte die Diagnose auch positive Aspekte. Ich bin ruhiger geworden, Lappalien regen mich nicht mehr auf. Ich kann meine Freizeit mehr genießen, nehme mir mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens (also meine Familie, meine Hobbys usw.). Karriere ist nicht mehr das wichtigste. Das Witzige ist, dass diese Einstellung letztere sogar befördert hat. behaltet eure / behalte deine Ziele bei. Die CLL ist für die meisten Erkrankten inzwischen eher eine chronische Erkrankung und kein Todesurteil. Die Statistiken kannst du alle in die Tonne treten, weil unsere Alterskohorte kaum ins GeEwicht fällt und das eigentliche Erkrankungsalter meist über 70 liegt. Kurzum: Lebe!
"FISH Analyse: 13q deletion und Trisomie 12" = Ergebnis ist der "Karyotyp"
Hier überprüft man, an welcher Stelle deines Erbgutes eine Veränderung stattgefunden hat. 13q ist verbunden mit einem sehr langsamen Krankheitsverlauf, Trisomie 12 mit einem mittleren Risiko eines rascheren Krankheitsverlaufs. Beides sind eigentlich nur Prognose-Marker, die aber nur dann wichtig sind, wenn du behandelt werden müsstest. Deine anderen Blutwerte legen aber nahe, dass ein "Wait & Watch" wie bei mir die Strategie sein wird. Im Prinzip heißt das regelmäßige Bluttests (alle 3-6 Monate) und das war's.
"IGHV Status mutiert"
Das ist sehr gut. Es bedeutet, dass die Veränderung im Erbgut erst später zum Tragen kommt und du dadurch noch mehr funktionstüchtige Blutzellen besitzt. Für die Prognose bedeutet das, dass du ein niedriges Risiko einer rasdch fortschreitenden Erkrankung hast und zudem bei einer Behandlung lang anhaltende Remissionen hast, d. h. die Krankheit bricht lange und evtl. nie mehr aus, wenn du behandelt wurdest.
"TP53 unauffällig"
Das ist auch gut, weil das eine Veränderung wäre, die mit einem schnellen Krankheitsverlauf in Verbindung gebracht wird.
"Monoklonalität" ist der typische Nachweis für eine CLL, d. h. die Lymphozyten stammen letztlich alle aus einer Zelllaufbahn. Ansonsten ist das egal.
Das mit dem Urin verstehe ich nicht. MRT/CT wurde bei mir nicht gemacht. Vermutlich will man wegen der "Trisomie 12" nachsehen, ob du irgendwo größere Lymphknoten im Körper hast. "Trisomie 12" ist nämlich öfters damit verbunden, dass sich in der Milz und den Lymphknoten größeren Mengen an Lymphozyten ansammeln und weniger ins Blut abwandern. Das muss aber bei dir nicht so sein, zumal du ja auch eine 13q14-Deletion hast.
Soweit zu deinen ersten brennenden Fragen.
Du kannst mir natürlich gerne auch eine private Nachricht schicken, wie du es vorhin schon getan hast, wenn der Schuh irgendwo drückt. Hier schaue ich alle paar Wochen einmal rein. So sehe ich aber direkt, dass mir jemand geschrieben hat.
LG
Nebelzauberer
Hallo Marcel,
ich hätte dir wirklich gewünscht, dass du nicht wie ich eine der seltenen Ausnahmen bist. Deshalb habe ich auch ein paar Aspekte meiner eigenen Erkrankung und derer Diagnose verschwiegen, um dich nicht zu verunsichern. Deshalb schrieb ich auch, dass nichts für eine "akute Leukämie" spräche.
Du wirst nicht glauben, wie sehr ich deine jetzige Situation nachvollziehen kann. Mich hat es ja im genau gleichen Alter getroffen und im Prinzip habe ich denselben Weg wie du hinter mir. Im Prinzip war sogar die Diagnose ähnlich. Ich wollte einen Rundum-Check beim Hausarzt machen, ohne mich irgendwie schlecht oder krank zu fühlen - eigentlich sogar genau das Gegenteil. Dabei zeigten sich dann ähnliche Leukozytenzahlen wie bei dir. Der Hausarzt meinte, ob ich denn irgendwelche Infekte hätte, was ich verneinte. Ich solle mir keine Sorgen machen und in einem Monat den Test wiederholen. Leider war das Ergebnis damals wie bei dir dasselbe. Dann kamen weitere Blutuntersuchungen usw. Für eine Zweit- und Drittmeinung war ich dann noch an der Uniklinik in Ulm und in München, weil ich da in der Gegend wohne. Ich schreibe mal kurz etwas zu dem von dir Erwähnten:
"Ich war mit meiner Frau gerade beim Hämatologen und da wurde uns dann alles erzählt. Ich habe nur die Hälfte mitbekommen und bin immer noch völlig geschockt!! Was passiert denn jetzt mit mir und meinem Leben? Wir haben so große Ziele..."
Das ging mir genauso. Wenn man "Blutkrebs" / "Leukämie" hört, gibt man sich nicht mehr viel Zeit. Das ist aber in Bezug auf die CLL völlig falsch. Bei mir ist die Diagnose jetzt fast 6 Jahre her und mir geht es immer noch gut. Ich wurde weder behandelt, noch haben sich die Werte extrem verschlechtert. Kurzfristig habe ich jeden Augenblick innerlich beweint, weil ich gedacht habe, das könnte das letzte Mal sein, dass ich das erlebe. Ich habe mir überlegt, unser Haus zu verkaufen, weil ich Angst hatte, wir würden alles verlieren, wenn ich erst einmal nicht mehr arbeiten könnte. Ich hatte Angst, meinen damals 5-jährigen Sohn nicht mehr aufwachsen zu sehen usw. Die noch viel schlimmeren Gedanken schreibe ich hier nicht hinein. Inzwischen haben sich diese negativen Impulse veflüchtigt und belasten mich nur noch manchmal. Stattdessen hatte die Diagnose auch positive Aspekte. Ich bin ruhiger geworden, Lappalien regen mich nicht mehr auf. Ich kann meine Freizeit mehr genießen, nehme mir mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens (also meine Familie, meine Hobbys usw.). Karriere ist nicht mehr das wichtigste. Das Witzige ist, dass diese Einstellung letztere sogar befördert hat. behaltet eure / behalte deine Ziele bei. Die CLL ist für die meisten Erkrankten inzwischen eher eine chronische Erkrankung und kein Todesurteil. Die Statistiken kannst du alle in die Tonne treten, weil unsere Alterskohorte kaum ins GeEwicht fällt und das eigentliche Erkrankungsalter meist über 70 liegt. Kurzum: Lebe!
"FISH Analyse: 13q deletion und Trisomie 12" = Ergebnis ist der "Karyotyp"
Hier überprüft man, an welcher Stelle deines Erbgutes eine Veränderung stattgefunden hat. 13q ist verbunden mit einem sehr langsamen Krankheitsverlauf, Trisomie 12 mit einem mittleren Risiko eines rascheren Krankheitsverlaufs. Beides sind eigentlich nur Prognose-Marker, die aber nur dann wichtig sind, wenn du behandelt werden müsstest. Deine anderen Blutwerte legen aber nahe, dass ein "Wait & Watch" wie bei mir die Strategie sein wird. Im Prinzip heißt das regelmäßige Bluttests (alle 3-6 Monate) und das war's.
"IGHV Status mutiert"
Das ist sehr gut. Es bedeutet, dass die Veränderung im Erbgut erst später zum Tragen kommt und du dadurch noch mehr funktionstüchtige Blutzellen besitzt. Für die Prognose bedeutet das, dass du ein niedriges Risiko einer rasdch fortschreitenden Erkrankung hast und zudem bei einer Behandlung lang anhaltende Remissionen hast, d. h. die Krankheit bricht lange und evtl. nie mehr aus, wenn du behandelt wurdest.
"TP53 unauffällig"
Das ist auch gut, weil das eine Veränderung wäre, die mit einem schnellen Krankheitsverlauf in Verbindung gebracht wird.
"Monoklonalität" ist der typische Nachweis für eine CLL, d. h. die Lymphozyten stammen letztlich alle aus einer Zelllaufbahn. Ansonsten ist das egal.
Das mit dem Urin verstehe ich nicht. MRT/CT wurde bei mir nicht gemacht. Vermutlich will man wegen der "Trisomie 12" nachsehen, ob du irgendwo größere Lymphknoten im Körper hast. "Trisomie 12" ist nämlich öfters damit verbunden, dass sich in der Milz und den Lymphknoten größeren Mengen an Lymphozyten ansammeln und weniger ins Blut abwandern. Das muss aber bei dir nicht so sein, zumal du ja auch eine 13q14-Deletion hast.
Soweit zu deinen ersten brennenden Fragen.
Du kannst mir natürlich gerne auch eine private Nachricht schicken, wie du es vorhin schon getan hast, wenn der Schuh irgendwo drückt. Hier schaue ich alle paar Wochen einmal rein. So sehe ich aber direkt, dass mir jemand geschrieben hat.
LG
Nebelzauberer