AML, keine Stammzellen ab 60 ??

Akute Myeloische Leukämie (AML) und Akute Lymphatische Leukämie (ALL)

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jan
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Re: AML, keine Stammzellen ab 60 ??

Beitrag von jan » 30.06.2014, 09:36

Hallo Papile

Danke für Deine Frage, und es tut mir sehr leid, dass Du Deinen Vater an AML verloren hast.

Es ist leider nur ganz schwierig, sich auf die Distanz hierzu zu äußern, da man auch die Rahmenbedingungen der AML Deines Vaters, die Klinik und den Verlauf der Erkrankung nur schwer beurteilen kann. Auch wenn man sich als Angehöriger die Frage des "Was wäre wenn" natürlich in solchen Situationen stellt, ist die Frage, ob einen diese weiterführen, schon zu bedenken, denn im Grunde ist das Geschehene nicht mehr zu ändern, und eine Garantie, ob etwas geholfen hätte, hätte es in jedem Fall nicht gegeben.

Um jedoch auf Deine Frage zurückzukommen - ich habe in letzter Zeit verschiedene wissenschaftliche Veröffentlichungen und Präsentationen gesehen, in denen gesagt wurde, dass von einer starren Altersgrenze für die Stammzelltransplantation nicht mehr auszugehen ist. Klar ist, dass mit wachsendem Alter die Prognose, diese zu durchstehen, schlechter wird, weil die Komplikationen der Stammzelltransplantationstherapie wachsen oder die Chemotherapie schlechter vertragen wird oder schlechter anspricht, und es durch die bei Älteren oft geringer dosierte Chemotherapie auch häufiger zu Rückfällen kommt. Allerdings hängt dies im Wesentlichen mit dem körperlichen Allgemeinzustand des Patienten vor der Transplantation und weniger mit dem nominalen Alter als solches zusammen. Ich habe Ärzte in dem Zusammenhang vom "biologischen" Alter sprechen hören, und auch von erfolgreichen Transplantationen jenseits der 70 bei sehr fitten älteren Patienten, aber auch von "für die Transplantation zu schwachen" Patienten Mitte 50. Ähnliches wurde auch 2005 schon veröffentlicht, z.B.
http://www.aerzteblatt.de/archiv/49056/ ... odysplasie
Die DGHO-Therapieleitlinien für CML schliessen die Transplantation für über 60 Jährige auch explizit nicht aus:
https://www.dgho-onkopedia.de/de/onkope ... linien/aml
"Patienten > 60 Jahre ... Für geeignete Patienten ist die allogene Stammzelltransplantation nach dosisreduzierter Konditionierung eine kurative Therapieoption"

Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob dies Euch hilft oder Euch eher verstört. Ein "was wäre gewesen wenn" führt Euch nicht wirklich weiter, und darüber ob Dein Vater trotz guten Allgemeinzustands eine körperlich immer sehr harte Transplantationen überstanden hätte, kann man natürlich viel spekulieren. Ich glaube jedoch nicht, dass Dein Vater aufgrund medizinischer Statistiken die Therapie versagt wurde, sondern eher aufgrund vorliegender Präferenzen oder Überzeugungen im behandelnden Krankenhaus, die sich nicht unbedingt mit den allgemein akzeptierten Therapieempfehlungen decken müssen. Eine formale Altersgrenze gibt es nach meinem laienhaften Wissen aber nicht, sondern eher eine biologische - so steht es in den Leitlinien.

Liebe Grüße
Jan

Gast

AML, keine Stammzellen ab 60 ??

Beitrag von Gast » 29.06.2014, 13:37

Hallo zusammen,

ich bin dann mal neu hier und hoffe, mir kann jemand ein bisschen helfen. Erstmal erzähle ich kurz worum es geht.

Im März 2014 habe ich meinen Papa an AML verloren. Er hat 12 Chemos bekommen, die immer gut angeschlagen haben. Nur auf einmal ging nichts mehr, innerhalb einer Woche wurde es schlimmer und er ist eingeschlafen.

Mein Problem, das ich habe ist, während der ganzen Chemozeit, kam die Sprache nicht einmal auf Stammzellenspende oder ähnliches. Leider wohne ich recht weit (1000 km) von meiner Familie entfernt und telefonisch wollte man mir keine Auskunft geben und meine Geschwister "wollten" (ihnen fehlt der medizinische Hintergrund) sich nicht darum kümmern, weil Papa ging es ja prima (Tat es wirklich). Als mein Vater dann verstorben war, erzählten die guten Menschen aus dem Krankenhaus meiner Stiefmutter und meinen Geschwistern dann, dass man bei Patienten, die älter als 60 sind, grundsätzlich keine Stammzellenspende mehr durchführt (mein Papa war 67). Jetzt laufe ich seit Monaten damit rum und werde den Gedanken nicht los, dass mein Vater aufgrund irgendwelcher medizinischen Statistiken nicht gerettet wurde bzw. nicht einmal nach einem Spender gesucht wurde. Wer garantiert mir denn, dass es bei ihm nicht geholfen hätte, wenn es bei 100 Patienten nicht hilft. Jeder Mensch ist doch anders. Der eine tanzt nach Valium, der andere schläft drei Tage.

Ich hoffe, ihr könnt verstehen, was ich meine.
Mit dem Gedanken "Mein Vater könnte evtl. noch leben, wenn man nicht immer nach Statistiken gehen würde..." will ich abschließen...und den Satz "Wir haben alles versucht..." kann ich nicht sagen, weil die Suche nach einem Spender aufgrund der Statistik fehlt...
Ein Teufelskreis...

Vielleicht weiß ja jemand mehr.
Ich sage auf jeden Fall ganz herzlich Danke für euer Auge.
LG
Papile

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