Tod meines Vaters

Akute Myeloische Leukämie (AML) und Akute Lymphatische Leukämie (ALL)

Moderatoren: jan, NL, Marc

unknown

Beitrag von unknown » 18.08.2003, 23:29

Hallo ihr lieben,
ich sitze so vorm pc und befasse mich nach langer Zeit mal wieder mit DIESEM Thema, Leukämie! Ich könnte schon wieder weinen wenn ich all eure Beiträge lese, aber andersherum baut es mich auf, zu lesen, dass ich nicht allein bin mit meinem Schmerz und Kummer den ich habe. Bei euch, oder in euren Beiträgen waren es immer Papi´s die gestorben sind, bei mir war es meine Mama. Sie erkrankte 1997 an CML und wurde 1999 in der Essener Uniklinik transplantiert, es war soweit alles gut, doch ca. 7 Monate nach ihrer entlassung bekam sie einen Rückfall den die Ärzte nicht bemerkten, oder auch nicht bemerkten wollten. So hart mein Urteil auch klingt, es ist die Wahrheit! Wieder zurück ins Krankenhaus, ging es von Tag zu Tag immer weiter bergab mit ihr und die Ärzte machten uns keinerlei Hoffnung mehr. Ich war damals erst 13 und habe nicht so recht begriffen was eigentlich los war. Meine liebe Mama starb dann leider am 18.März 2000 um 22:32 Uhr <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_frown.gif">
Es ist jetzt fast 3 1/2 Jahre her und immer wenn ich mir Fotos, Beileidskarten oder sonstwas anschaue, oder zum Friedhof fahre, falle ich in ein tiefes Loch und denke es geht einfach nicht mehr. Es hatte irgendwie nie jemand richtig interessiert wie mein Vater, mein BRuder und ich am trauern waren, und ab diesem Zeitpunkt merkte ich auch wer meine wirklichen Freunde waren. Und zum GLück habe ich seit über 2 Jahren einen einen super lieben Freund der mich auffängt wenn es mir dreckig geht. Tja, heute bin ich über 18 und fange erst wirklich jetzt an zu verstehen, was damals eigentlich passiert ist. Ich war (leider?) nicht dabei als meine Mutter starb, sie lag die ganzen letzten Tage nur noch auf der Intensivstation und hatte geschlafen, und mein Vater sagte zu mir dass meine Mutter -einige sekunden bevor sie starb-nochmals die Augen öffnete, meinen vater und meine oma anschaute und sie anlächelte. Wenn ich an dieses Bild denke, schiessen mir die Tränen in die Augen. Es macht mich fertig dass ich nicht bei ihr war um ihr zu sagen wie sehr ich sie liebe, sie zu streicheln und alles. Ich hoffe, es kann mich jemand verstehen, was ich fühle oder was ich denke.....
Und nun helfe ich anderen Menschen, die ebenfalls an Leukämie erkranken, und hoffe, dass auch ich irgendwann mal Leben schenken/retten kann!

Ich wünsche allen "Hinterbliebenen" und Betroffenen das Beste der Welt!!! Glaubt an euch und seid und bleibt stark!!!

Viele liebe Grüße,
Svenja
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Katja
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Beitrag von Katja » 20.07.2003, 23:17

Hallo Alena,

glaub mir, du hilfst deiner Freundin schon mit deiner bloßen Anwesenheit. Du hast zwar Recht, das du nicht weißt, wie man sich fühlt wenn man seinen Vater verliert, aber das muss man auch nicht um in so einem Fall zu trösten. Man kann immer Trost spenden wenn man will. Und wenn man es aufrichtig meint ist das was man macht auch nie falsch. Meine beste Freundin hat mich damals einfach nur in den Arm genommen und gar nichts gesagt. Bei mir ist es so, das ich meinen Schmerz vor meinen Freunden verstecke, da ich sie eben nicht vor diese Hilflosigkeit stellen möchte, in der du dich gerade befindest. Aber es klappt leider nicht immer.

Und sie denkt sicher auch nicht so schlecht über dich wie du es beschrieben hast. Denn man merkt wenn jemand nichts sagt, da er kein Interesse am derzeitigen Gefühlsstand des anderen ist, oder weil einem einfach die Worte fehlen.

Sei einfach für sie das, melde dich bei ihr, geh mit ihr weg. Lenk sie ab, aber nur wenn sie möchte. Wenn sie sich mit dir über ihren Papa reden möchte, dann lass sie. Reden hilft...zumindest mir!

Denn an meiner Mama hab ich gemerkt es tut am meisten weh, wenn man nach einer Zeit alleine da steht. Am Anfang waren alle Geschwister von meinem Papa (er hatte 8 Geschwister) für ihn da. Mittlerweile, 10 Monate nach seinem Tod (scheiße, wie die Zeit vergeht!) meldet sich kein Schwein mehr bei meiner Mami. Sorry, für die Ausdrucksweise. Aber das ärgert mich so dermaßen. Ihre Schwiegermutti hat seit dem kein einziges Mal bei uns angerufen. Es verlangt ja keiner das sie täglich bei uns vorbei schauen, oder uns jedes Wochenende besuchen. Aber zwischendurch mal ein Anruf oder eine Einladung zum Kaffee trinken wäre ja wohl nicht zu viel verlangt! Meine Mami tut mir so unheimlich leid. Vor allem ich kann eben nicht immer für sie da sein, da ich unter der Woche 100 km von zu Hause entfernt wohne. Sie ist zwar nicht alleine (meine Großeltern wohnen ja zu Hause, und meine Schwester noch ein paar Kilometer entfernt), aber trotzdem weiß ich dass ihr das sehr weh tut, und meinem Vater sicher auch, dass seine Geschwister seine Frau so im Stich lassen.

Also was ich dir mitgeben möchte: Sei einfach für sie da! Nimm sie ihn den Arm wenn ihr danach ist, aber lass ihr auch Zeit zum alleine sein wenn sie das möchte! Rede mit ihr!

Fühl dich umarmt!

Katja
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unknown

Beitrag von unknown » 28.06.2003, 12:47


Hallo,

ich habe gerade mit Tränen in den Augen Eure Beiträge gelesen.

Es ist so schlimm, was viele von Euch mitgemacht haben. Ich bin davon nicht betroffen, habe aber den langen Leidensweg meiner besten Freundin mit ihrem Papa miterlebt. Erst dadurch habe ich es wieder zu schätzen gelernt, wie wertvoll es ist, wenn alle in meiner Familie gesund sind.

Meine Freundin hat vor zwei Wochen ihren Papa verloren, ihr geht es so schlecht. Ich würde ihr so gerne helfen wollen, aber kann es nicht. Ich fühle mich dabei schlecht, weil ich nicht mehr die passenden Worte finde, nicht mehr weiß, wie ich sie ablenken und aufbauen kann. Ich versuche immer wieder, mich in ihre Situation hineinversetzen zu können, es geht aber nicht, solange man nicht selbst jemals in dieser Situation war. Wenn viele Freunde ihr Mitgefühl aussprechen, kommt es ihr wie Heuchlerei vor, sie sagte mir gestern, es wäre besser, wenn manche Leute am Besten gar nichts sagen.

Sie hat ihren Papa sooo geliebt, war immer für ihn da, konnte es nie glauben, ihn irgendwann nicht mehr zu haben.
Jetzt ist es passiert und ihr wird so langsam klar, daß er nicht mehr kommen wird.
Sie ist so kaputt, sie kann nicht mehr.

Ich hab sie so lieb, ich hänge so sehr an ihr und würde ihr so gerne zur Seite stehen, aber mir wird es nie möglich sein, ihr richtig helfen zu können.

Ich weiß nicht mehr, was ich ihr sagen kann und fühle mich so schäbig, denke mir immer wieder, sie sitzt mir gegenüber und denkt sich, daß ich doch einfach keine Ahnung habe und nicht weiß, wie weh es wirklich tut, seinen geliebten Papa zu verlieren.

Ich möchte Doris sagen, daß ich immer für sie da sein möchte und es mir so sehr leid tut, was sie miterlebt hat und jetzt durchmacht. Und daß es mir so leid tut, wenn ich schon so oft nicht wußte, wie ich ihr helfen kann, ihr Gutes tun kann, nicht wußte, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll. Mir tut es leid, wenn ich für einige Augenblicke an ihre Situtation nicht gedacht habe und sie mit meinen harmlosen Problemen belästigt habe.

Es umarmt Dich
Alena <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_cry.gif">

unknown

Beitrag von unknown » 27.06.2003, 21:11

Hallo zusammen!

Heute war die Beerdigung meines Vaters und ich habe mich vor diesen Tag sehr gefürchtet, doch es war wirklich nicht so schlimm! Man checkt zwar was da vorgeht, doch man kann es gar nicht glauben, so ist es zumindest bei mir! Ich denke die ganze Zeit an ihn und spüre auch dass er bei mir ist, ein komisches Gefühl!!!!
Die Eltern von meinem Freund machen so Sachen wie Reiki,... und gestern bei der Totenwache haben sie gespürt dass er in der Kirche ist (seine Seele halt!)! Sie sagten, er sei ein Schlitzohr, war ganz witzig und hat gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen muss um ihn! Auch heute haben sie ihn deutlich gespürt! Das ist irgendwie komisch! Sie sagten auch, dass man nach dem Tod noch 21 Tage kommunizieren kann mit dem Toten, bei der Beerdigung verschwindet der meiste Teil der Seele, doch 21 Tage lang ist er noch da und dann verschwindet er! Seine Seele verschwindet, doch im Herzen wird er für mich nie verschwinden! Es ist irgendwie ein Trost, dass man weiß, dass er uns sieht und ich habe auch ständig das Gefühl, dass alles was ich tue, er mitbekommt!

Ich wünsche ihm auf jeden Fall nur das beste, weil er war taubstumm und das war sein Handycap! Er wollte immer so sein wie wir, doch viele wollten gar nicht mit ihm reden, wenn er wollte, da er für sie nicht vollwertig war!

Für mich war er der beste Mensch und es tut so weh, dass man es gar nicht beschreiben kann, dass er nicht mehr da ist!!!!!

Ich wünschte es wäre alles nur ein Traum, doch leider ist es nicht so, doch wahrscheinlich merkt man erst in einigen Wochen, was Wirklichkeit ist!!!

Ich wünsche euch allen viel Kraft! Wir wissen alle, dass unsere Väter in unserem Herzen weiterlebt und können froh sein, dass wenigstens das Leiden von ihnen ein Ende genommen hat!

lg
Claudia

unknown

Beitrag von unknown » 26.06.2003, 21:12

Hallo Katja, Claudia und alle anderen!

Mein Papa ist, wie bereits geschrieben, am 9.6. an AML gestorben. Es ist jetzt erst ca. 2 Wochen her und ich habe das Gefühl, noch immer nicht richtig begriffen zu haben, dass er tatsächlich nie wieder kommt. Ich weine auch nicht ununterbrochen und habe manchmal deswegen sogar ein schlechtes Gewissen. Mir fehlt mein Papa so unendlich arg, ich liebe ihn so sehr und war immer ein totales Vaterkind. Aber ich kann es einfach nicht kapieren, dass er für immer weg ist.... Katja, ich kann so gut verstehen, was du schreibst. Ich kenne diese blöden Situationen, in denen man einfach über den Papa reden will, dein Gegenüber aber verstummt oder betreten schaut. Ich denke mir dann aber, dass KEINER, der das nicht erlebt hat, sich in mich einfühlen kann. Die wissen gar nicht, was es alles Furchtbares und wirklich Schlimmes gibt. Da darf man aber auch niemandem einen Vorwurf machen, denn ich glaube, dass es für mich in umgekehrtem Fall auch schwierig wäre, die passenden Worte zu finden.

So komische Ereignisse gab es auch bei uns schon: Mein Papa hatte 3 Hühner. Zwei davon hat in der Nacht vor seinem Tod der Marder geholt. Und seine Hühner hat mein Papa so geliebt!

Claudia, ich kann so gut nachvollziehen, was du gerade durchmachst. Mir geht und ging es genauso. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass die Beerdigung nicht so schlimm war, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich glaube man steht da total neben sich und bekommt alles nur in Trance mit.
Ich habe auch ganz ganz intensiv das Gefühl, dass mein Papa bei mir ist. Dass er in meinem Herzen überall mit mir geht und in mir weiterlebt. Ich spüre ihn irgendwie. Und ich glaube ganz fest daran, dass es ihm jetzt viel viel besser geht als mit der Krankheit. Er beschützt mich von da oben. Manchmal bilde ich mir auch ein, er wäre mir noch viel näher als jemals zuvor.

So schlimm es auch ist, tut es gut, von "Gleichgetroffene" zu lesen.
Ganz liebe Grüße und ich drücke euch alle mal (das tut nämlich auch auf diesem Wege gut!)

Doris

unknown

Beitrag von unknown » 24.06.2003, 23:27

Hallo Katja!

Mein Papa ist gestern an AML gestorben, die ganze Zeit über habe ich schon oft die Beiträge gelesen und hab auch gewusst, dass irgendwann auch mein Papa nicht mehr gegen diese schlimme Krankheit ankommt!
Mir steht das Begräbnis noch bevor und der erste Gang in die Leichenhalle, weil ich denke, dass ist das schlimmste, den Menschen, den man über alles geliebt hat in einem Sarg liegen zu sehen!!!

Ich liebe ihn so sehr, dass es oft so weh tat, wenn ich daran dachte, dass man den Menschen bald nicht mehr bei sich hat, nie wieder reden kann, nie wieder sein Lachen sehen und ihn nie wieder sehen kann....

Ich kann es noch immer nicht richtig glauben, doch finde ich dass die AML eine der schlimmsten Krankheiten ist, die man haben kann, weil es so schlimm ist, wenn dann viele Blutungen auftreten an Stellen wo man gar nicht glaubt!!!! Ich bin erleichtert einerseits, dass er vor kurzem zu meiner Mutter gesagt hat, dass er sterben will (zu mir sagte er das nie, weil ich ihm immer helfen wollte und sagte, wir schaffen das!), weil ich wollte es nicht einsehen, dass es gar keine andere Möglichkeit mehr für ihn gab, doch jetzt wo ich weiß, dass er nicht mehr wollte, bin ich froh! Ich hoffe, dass es ihm jetzt besser geht, weil ich wünsche ihm nur das beste!!!

Das Leben wird nie wieder so sein, wie es davor war, das weiß ich und das ist für mich das schlimmste, weil ich so viel Zeit mit ihm verbrachte!!!

Wenn mir irgendwer schreiben möchte, der all das auch durchmachen muss bzw. wusste, würde ich mich auf ein Mail freuen: <!-- BBcode auto-mailto start --><a href="mailto:"></a><!-- BBCode auto-mailto end -->

lg
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Katja
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Beitrag von Katja » 24.06.2003, 13:38

Hallo zusammen,

es ist schon immer irgendwie komisch die Geschichten von anderen Betroffenen zu lesen, denn darin erkennt man sich immer irgendwie selber und es tut jedesmal weh wieder damit konfrontiert zu werden. Aber es hilft einem, denke ich, auch damit fertig zu werden. Zu sehen, das man mit seinem Schicksal nicht alleine ist. Denn es ist schwer für Leute zu verstehen wie man sich fühlt, wenn man seinen Vater verliert, wenn man es noch nicht erlebt habe. Das merke ich jeden Tag, es gibt wenige Menschen, die so reagieren darauf wie ich es mir wünsche. Den meisten Leuten denen ich davon erzählen reagieren darauf entweder mit Schweigen oder mit "Das Tut mir leid, mein herzliches Beileid". Aber eigentlich möchte ich in solchen Momenten einfach von meinem Vater erzählen. Aber dann habe ich auch immer Angst, das die Leute denken, ich habe ihn nicht geliebt, da ich meistens ziemlich emozionslos darüber rede. Das liegt jedoch daran, dass ich in diesem Moment meine Gefühle unterdrücke, da ich nicht losheulen möchte. Geht euch das auch so? Ich meine, dass ihr Angst habt daseuch Leute als kaltherzig betiteln nur weil ihr nicht ständig weint? Außerdem kann ich gar nicht in Worten ausdrücken wie mir mein Papa fehlt! Er fehlt einfach egal was ich mache egal was ich rede.

Was mich auch interessieren würde, könnt ihr eigentlich über irgendwelche außergewöhnlichen Vorfälle berichten, die nach dem Tod eurer Väter passiert sind? Ich meine, was glaubt ihr, sind unsere Väter immer noch bei uns? Ich glaube es in manchen Situationen einfach. Oder ist es einfach, weil ich ein Stück von meinem Papa bin? Es kommen immer so komische Zufälle zusammen. Mein Vater starb z. B. genau Punkt 20:00 Uhr. Eine Uhr zu Hause ist stehen geblieben. Auf einem Familienfoto von uns, war ein Sprung genau über meinen Papa, als wir es von der normalen Station in die Intensiv-Station brachten. Lauter solche Dinge. Und als er starb wurde mein Herz warm, wie wenn jemand sagen wollte: ich bin jetzt in deinem Herzen.

Ich weiß, das klingt alles so "Hokus-Pokus" mäßig, und eigentlich glaub ich an solchen Mist auch nicht. Aber es war eben so.

Wünsche euch allen viel Kraft und Mut und Gesundheit

Katja

Jutta-B.
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Beitrag von Jutta-B. » 17.06.2003, 14:39

Liebe Doris! ( und alle, die es interessiert )

Ich habe gerade deinen langen Beitrag gelesen und mir standen Tränen in den Augen. Ich bin diejenige, die vor fast 8 Monaten den Beitrag "Tod meines Vaters" geschrieben hat. Am 24. ist es genau 8 Monate her, dass mein Papa gestorben ist. Ich kann es bis heute noch nicht glauben und bin oft so wahnsinnig verzweifelt, dass ich nicht mehr weiterleben möchte. Wenn da nicht meine Mutter und einige Freunde wären, denen ich damit sehr weh täte, hätte ich vielleicht meinem Leben bereits ein Ende gesetzt. Alle sagen zwar, dass ich immer für meinen Papa da war und er genau wusste, wie sehr ich ihn liebe, aber ich habe das Gefühl, ihn im Stich gelassen zu haben. Ich konnte im Moment seines Todes nicht bei ihm sein. Er war zwar die letzten 3 Wochen vor seinem Tod zu Hause und nur die letzten ein bis zwei Stunden im Krankenhaus, aber es zerreißt mich innerlich bei dem Gedanken, wie allein er sich gefühlt haben muss. Warum haben die Ärzte uns gesagt, wir sollen erst Nachmittags ins Krankenhaus kommen? Ich halte den Gedanken nicht aus, mein Versprechen, immer für ihn da zu sein, letztlich gebrochen zu haben. Ich kann und will nicht ohne ihn leben,... aber ich muss.
Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, da jetzt auch so viele Verpflichtungen anstehen (Vordiplom).
Ich schäme mich, dass ich dich hier mit meinem Problem nerve, wo doch erst gerade eben dein lieber Papa gestorben ist. Aber so sehr es mich unendlich traurig macht, dass du deinen Papa auch an diese schreckliche Krankheit verloren hast, so sehr freue ich mich auch für dich und deine Familie, dass ihr die letzten Tage mit ihm genießen konntet. Ich habe das Gefühl, ich hätte noch mehr tun können. Ich hab' mich zwar oft zu ihm ans Bett gesetzt, ihm alles gekocht, was er wollte, wenn er Fieber hatte stündlich die Laken und die Wäsche gewechselt, aber ich habe versäumt, ihm mit deutlichen Worten zu sagen, wie sehr ich ihn liebe und brauche. Er hat mich oft so wissend und nachdenklich angesehen und leicht geschmunzelt, wenn ich ihn mein Schätzchen genannt habe, aber er hat nie ein Wort gesagt. Warum habe ich nicht mehr mit ihm geredet? Wieso bin ich überhaupt von seinem Bett aufgestanden? Und wieso in aller Welt habe ich mich nur von ihm überreden lassen, nur weil es ihm besser ging, am Sonntag vor seinem Tod an die Uni zu fahren?
Diese und andere Fragen quälen mich noch immer. Ich versuche, damit zu leben, dass ich meinen lieben Papa in diesem Leben nicht wiedersehen werde. Ich weiß nicht, ob und wie lange mir das noch gelingt.
Ich will keinesfalls jemanden entmutigen mit meiner Schilderung. Ich weiß nur nicht, wohin mit meiner Verzweiflung.

Dennoch wünsche ich dir, liebe Doris, und allen, die einen ähnlichen Schicksalsschlag erlebt haben, alles nur erdenklich Gute.
Ich hoffe sehr, dass andere besser damit zurechtkommen als ich.

Liebe Grüße,
Jutta <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_cry.gif"> <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_cry.gif"> <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_cry.gif"> <!-- BBCode Start --><A HREF="mailto:"></A><!-- BBCode End -->
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unknown

Beitrag von unknown » 15.06.2003, 15:23

Hallo Lisa!

Mein Vater hatte auch AML. Diagnostiziert wurde sie am 22.8.02. Man sagte uns, die Heilungschancen lägen bei 60-70%. Daran haben wir uns geklammert, haben gehofft, dass er es schaffen wird.
Der erste Chemozyklus war überstanden, die Leukos gefallen. Nur das hohe Fieber und der fürchterliche (und AML-typische) Nachtschweiß blieb. Nach zwei Tagen erfuhren wir, dass die Chemo nicht angeschlagen hat, die Leukos wieder in die Höhe schießen. Dass diese Chemo nicht anschlägt passiert ganz selten. Naja, sofort wurde mit einer Hochdosistherapie begonnen. Die Chancen waren nun natürlich geringer, aber solange noch Chancen da waren, haben wir uns alle daran geklammert und nicht aufgegeben.
Auf diese Hochdosistherapie reagierte mein Vater allerdings allergisch. Wieder sagte man uns, dass das so gut wie nie vorkäme. Die Ärzte hätten in ihrer ganzen Laufbahn noch nie solche Reaktionen auf diese Chemo gesehen: Sein Körper reagierte toxisch und er wäre beinahe verstorben. Die Ärzte mussten ihn in einkünstliches Koma versetzen und an die Beatmungsmaschine anschließen. Drei Wochen Intensivstationen. Dreimal wurden wir zu den Ärzten gerufen, die uns mitteilten, dass er die nächste Nacht nicht überleben wird. Und trotzdem: ich habe immer daran geglaubt, dass er es schaffen wird, dass er nochmal aufwacht und NICHT stirbt. Ich war so felsenfest davon überzeugt, dass ich meine Mama und meine Schwester auch beruhigen konnte. Ich hatte das Gefühl, ich könne meinem Papa Kraft geben, indem ICH ihn nicht aufgebe, fest an ihn denke und an ihn glaube.
Nach zwei Wochen wurde er aus dem Koma geholt und wachte nach einer Woche auf. Er war inzwischen total abgemagert, wurde ja nur noch mit Glukose ernährt. Den Tag als wir in sein Zimmer kamen und er uns sah werde ich nie vergessen... Das war sooooo schön! Vor allem, weil es am Abend vorher wieder hieß, sein Leber wäre so geschädigt, sie würde wahrscheinlich versagen.
Von da an ging es aufwärts. Es war unglaublich schwer, er war so kraftlos und verzweifelt, weil er nicht mehr laufen, sitzen oder alleine Essen konnte. Seine Muskeln waren so erschlafft, dass er alles neu trainieren musste. Aber die Leukämie war erstmal zurückgedrängt. Sogar aus dem Knochenmark!
Er ging auf Reha, kam nach Hause (wie schön das war nach über 2 Monaten!!) und er war glücklich. Das war im Dezember 2002.
Im Januar ging es ihm dann plötzlich wieder schlechter. Wir alle merkten es, aber keiner wollte es so richtig wahrhaben...
Der Rückfall kam und jetzt wussten wir: Es gibt keine Heilung. Die Ärzte können nur noch versuchen, die Leukämie unter Kontrolle zu halten.
Zu Hause bekam er einen weiteren Chemozyklus in Tablettenform. Doch nach zwei Wochen war die Leukämie wieder da. Noch ein Versuch. Wieder in Tablettenform in einer anderen Dosierung. Der Rückfall kam diesmal nach wenigen Tagen.
Jetzt konnte nur noch versucht werden, sein Leben zu verlängern. Er bekam wieder Chemotabletten, die er nun in einer Art Dauertherapie täglich einnehmen sollte. Die Tabletten wirkten. Die Leukos konnten in schach gehalten werden. Doch nun kamen immer häufiger Entzündungen, Infekte, Fieber,.... Es ging ihm nur selten gut. Immer schwächer geworden lag er den ganzen Tag nur auf dem Sofa. Aber trotzdem: Wir haben jeden Augenblick mit ihm genossen. Täglich und rund um die Uhr waren wir abwechselnd bei ihm. Haben gekuschelt, erzählt und die Zeit genossen. Wir alle wussten, dass wir uns langsam verabschieden mussten. Trotzdem haben wir die Hoffnung nie aufgegeben, dass er noch Monate oder vielleicht 1 Jahr leben wird. Zweimal die Woche fuhren wir in die Klinik, wo er Bluttransfusionen bekam, die ihn 1-2 Tage aufpeppelten. Und immer wieder haben wir versucht ihm Kraft zu geben, ihn unsere Verzweiflung nicht spüren lassen, ihm immer wieder gesagt, dass er schon sooo viel überstanden hat, dass er das jetzt auch noch schaffen wird. Und das hat ihm Kraft gegeben weiterzukämpfen....
Den Kampf verloren hat er am 9.6.03. Er ist friedlich eingeschlafen und wurde damit erlöst.
Es ist erst ein paar Tage her. Ich kann alles noch nicht richtig begreifen, denke, dass alles nur ein böser Traum ist. Mache mir Sorgen um meine Mutter, die jetzt alleine bleibt....
Trotzdem tröstet mich der Gedanke, dass er zu 90% der Zeit nur gelitten hat. Schmerzen, Infekte, Fieber,.. Immer wieder etwas Neues kam hinzu. Ihm, der so aktiv, fleißig, voll Lebensfreude war, hat es unheimlich weh getan, nichts tun zu können. Nur liegen und zusehen, wie wir versuchen Haus und Garten in Schuss zu halten.

Was ich aber mit meiner "Geschichte" sagen will:
Man darf nie nie nie die Hoffnung verlieren. Auch wenn alles noch so aussichtlos erscheint.
Man sollte nur seinem eigenen Gefühl und nicht dem der Ärzte trauen. Die Ärzte bereiten einen auf das Schlimmste vor, was passieren könnte. Definitv wissen sie es aber nicht, da jeder Mensch verschieden ist und anders reagiert.
Man muss auch an Wunder glauben und sich daran festahlen um sich selbst, aber vor allem dem Papa, Kraft zu geben.
Man muss versuchen, stark zu bleiben, dem Papa Mut machen, ihm immer wieder vor Augen führen, dass es sich lohnt zu kämpfen, dass er gebraucht wird.
Man sollte versuchen, nicht vor ihm zu weinen. Er macht sich dann nur Sorgen um die Angehörigen. Und der Betroffene hat genug Sorgen mit seiner Krankheit.
Man muss jeden Augenblick zusammen genießen, sich viel viel Zeit nehmen (ich habe jeden Nachmittag mit meinem Papa verbracht). Die gemeinsame Zeit wird in so einer Situation sooo intensiv gelebt, dass man lange davon zehren kann.
Man sollte dem Papa sagen, was man ihm schon immer sagen wollte. Ihm zeigen, wie sehr man ihn liebt.

usw.

Ich schreibe viel zu viel. Aber da ich alles erst gerade durchlebt und erlebt habe, tut es auch gut zu wissen, dass man nicht alleine mit solch einer Ungerechtigkeit des Schicksals konfrontiert wurde.

Uns hat auch gut getan, mit verschiedenen Kliniken und Professoren Kontakt aufzunehmen. Wir wollten nichts unversucht lassen, um uns hinterher keine Vorwürfe zu machen. Sogar so einen komischen Gemüsesaft "musste" mein Papa trinken, weil es hieß, der könnte helfen.

Naja, nur nicht aufgeben. Wie gesagt: Die Ärzte sagen immer nur das Schlimmste, was passieren könnte. Es gibt immer wieder Patienten, die sie überraschen.
Jeder hat noch Chancen, solange er sich selbst nicht aufgibt und von der Familie nicht aufgegeben wird....!

Alles alles Gute und vor allem undenlich viel Kraft!
LG
Doris

Rachi
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Beitrag von Rachi » 11.06.2003, 16:01

Hallo Lisa!

Mein Vater hat auch AML und die Ärzte haben nach mehrmaliger Chemotherapie gesagt, dass sie ihm nicht mehr helfen können!

Ich kann dir nur sagen, dass ihr auf keinen Fall aufgeben dürft! Es gibt immer andere Möglichkeiten und wenn die Medizin versagt, darf aber dein Vater auf keinen Fall aufgeben!

Ich schlage vor, dass du dich mit verschiedenen Leuten (zB Heilpraktiker,....) in Verbindung setzt; irgendwer kann immer helfen!!!! Es gibt auch viele verschiedene Naturheilmittel, die das Immunsystem stärken!!!

Wenn du willst, kannst du mir gerne ein e-mail schreiben auf: <!-- BBcode auto-mailto start --><a href="mailto:"></a><!-- BBCode auto-mailto end -->

Mir geht es auch immer sehr schlecht, aber viele sagten mir schon, dass wenn es mir schlecht geht, ihm das nichts nützt und wenn du positiv denkst, dann spürt er das auch!!
Vielleicht hilft dir das auch weiter - es ist nicht leicht, aber stimmt!!

lg
Rachi
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Katja
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Beitrag von Katja » 11.06.2003, 13:21

Hallo Lisa,
mein Vater hatte auch AML. Er ist letztes Jahr am 04. Oktober 2003 gestorben. Allerdings wussten wir nicht wie ihr von Anfang an, das es unheilbar ist. Uns wurde eine Überlebenschance von 60 % vorausgesagt. Daran haben wir auch immer fest gehalten. Wir dachten auch immer das er es schaffen würden. Doch nach der 3. Chemo (danach sollte Schluss sein) in der Phase wo man keine Abwehrkräfte hat, bekam er lauter Entzündungen. Man musste ihn ins künstliche Choma setzten. Nach ein paar Tagen bekam er dann in der Nacht vom 03 auf den 04. Oktober Gehirnblutungen. Ich weiß es ist schlimm, und obwohl ich es selbst mitgemacht habe, weiß ich nicht was ich schreiben soll, oder vielleicht gerade deshalb...denn ich weiß, dieser Schmerz kann einem niemand nehmen. Aber es hilft einem, wenn man jemanden hat, mit dem man darüber reden kann. Versuch mit deinem Papa so viel Zeit wie möglich zu verbringen. Ich bereue es nämlich das ich mir nicht öfters Zeit genommen habe ihn zu besuchen.
Es ist gibt sicher "gute" und schlechte Seiten daran, das ihr es schon jetzt wisst das es unheilbar ist. Ich weiß, das Wort "gut" hört sich in diesem Zusammenhang etwas unpassend an, aber ich hoffe du weißt wie es gemeint ist. Denn ich konnte mich von meinem Papa nicht richtig verabschieden, und das fehlt mir total. Ich habe ihm zwar beigestanden als er starb, aber da er im künstlichen Choma lag, weiß ich nicht ob er es mitbekommen hat.

Ich wünsche dir, deiner Familie und vor allem deinem Vater viel Kraft das alles durchzustehen.

Gruß
Katja <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_frown.gif">
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unknown

Beitrag von unknown » 03.06.2003, 21:33

ich habe heute erfahren, dass mein vater schwere leulämie hat (AML) und dass es nicht heilbar ist, deshalb sitze ich heute seit dieser nachricht vor meinem coputer und suche nach informationen! wie war es bei euch? welche leukämie hatten eure väter? ich habe furchtbare angst um meinen vater!!!!!!!!
ich wünsche euch alles alles alles gute! liebe grüße lisa <IMG SRC="modules/phpBB_14/images/smiles/icon_cry.gif">

Katja
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Beitrag von Katja » 01.03.2003, 10:17

Hallo Kira!

Ja, ich bin regelmäßig hier und schaue ob ich Leuten mit meinen Erfahrungen die ich ich mit Leukämie und vor allem mit dem Verlust eines geliebten Menschen helfen kann. Obwohl ich selbst weiß, das Wort nicht sehr viel helfen können, aber wenigstens ein bisschen.

Liebe Grüße
Katja
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Angelizer
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Beitrag von Angelizer » 14.02.2003, 00:32

Hallo ihr zwei, seid ihr denn noch regelmäßig online hier und lest mit? :)

Liebe Grüße
Kira
[addsig]

Katja
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Beitrag von Katja » 25.12.2002, 11:26

Hallo Jutta!

Erstmal wünsch ich dir (soweit man das in so einer schweren Zeit überhaupt wünschen kann) frohe Weihnachten. Ich weiß wovon ich spreche, denn mein Vater ist am 04.10.2002 im Alter von 44 Jahren an AML gestorben. Und mein erstes Weihnachten ohne meinen geliebten Vater ist schlimm. Auch wenn er in Gedanken sicher immer bei uns war!
Glaub mir, dieses Gefühl: ich will ohne meinen Vater nicht mehr leben, hört auf. Ich hab zwar auch manchmal noch so Tage, da denke ich: für was leb ich eigentlich noch, wenn das Leben so kurz sein kann? Aber dann sticht mein Herz und ich weiß mein Papa will mir sagen: Deine Zeit ist noch nicht gekommen, unsere Familie braucht dich noch! Und du hast noch so viel vor dir!
Das Leben muss und es wird weiter gehen. Auch wenn man möchte das die Zeit stehen bleibt, oder noch besser, das man die Zeit zurück drehen könnte!
Und glaub mir, du hast deinen Vater nicht im Stich gelassen! Ich denke mir immer: Menschen suchen sich den Zeitpunkt aus, wann sie gehen möchten. Vielleicht wollte dein Papa nicht das du dabei bist, weil er vielleicht nicht wollte das du ihn so siehst! Ich war dabei als mein Vater starb, aber richtig verabschieden konnte ich mich nicht. Er lag im künstlichen Choma und er hatte Gehirnblutungen! Aber er war trotzdem bei uns, er war zwar nicht mehr in seinem Körper, das sah man ihm an, aber er war bei uns! Und genauso war dein Vater auch bei dir als er starb! Du hast ihn wirklich nicht alleine gelassen! Ich weiß selber das man sich danach immer Vorwürfe macht. Ich hab mir auch gedacht: "Ach, hätte ich ihm doch öfter gesagt, wie gern ich ihn hab!" Aber ich weiß, das er das auch so wusste, und das er immer stolz auf mich war und immer noch ist!!! Ich weiß selber das solche Worte in so einer Zeit kaum Trost spenden können, aber ich hoffe, das ich dir wenigstens ein bisschen Mut zusprechen konnte.
Und glaub mir, der Schmerz hört zwar nie ganz auf, aber er wird immer weniger!

Fühl dich umarmt!
Katja (18)

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