Diagnose CLL

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Watson
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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Watson » 21.11.2015, 17:36

Hallo Thomas55,

danke dir für deine Einschätzung.

Beschwerden habe ich oberbauchmäßig zwar noch, habe aber den Anschein, dass es zurzeit etwas besser geworden ist. Da ich ohnehin schon seit Jahren ein empfindliches Verdauungssystem mit komischen Entzündungszeichen habe, und die Symptome bedarfsweise immer wieder mit Esomeprazol (Magen) und Salofalk (Darm) bekämpfe, kann man das schwer einschätzen. Ich will mal nicht ausschließen, dass auch die psychische Last der letzten Monate alleinige Ursache ist.

Kurzfristig war hier weit und breit keine Lymphknoten-Sono zu bekommen. Ich habe mir für den Dezember daher erst mal nur eine Sono Abdomen geholt (hat allerdings keine Sonde für Lymphknoten, sieht aber Leber und Milzgröße und ggf. erste Anzeichen für Lympschwellungen). Ansonsten will ich versuchen, erst mal ein wenig Ruhe einkehren zu lassen und mir -bis zur nächsten Kontrolle im Mai- den geeigneten Umgang mit unserer Krankheit zuzulegen.

Liebe Grüße, alles Gute und ein schönes Wochenende,

Watson

Watson
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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Watson » 21.11.2015, 17:36

Sorry-Doppelpost - Inhalt gelöscht.
Warum kann man eigentlich seinen Beitrag nicht wieder löschen?
Zuletzt geändert von Watson am 21.11.2015, 17:38, insgesamt 1-mal geändert.

Thomas55
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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Thomas55 » 20.11.2015, 14:02

Hallo Watson,

.....normalerweise ist heute die Cll gut auch ohne Knochenmark, nur mit dem Blut, diagnostizierbar. Da bei Dir ja auch noch die Ergebnisse der Stanze vorliegen, vermutlich durch ein pathologisches Labor, müsste die Diagnose eigentlich sicher sein. Was mich allerdings etwas wundert, ist, dass nur getastet wurde. Wenn Du Oberbauchbeschwerden hast, könnten ja auch innen liegende vergrößerte Lymphknoten vorliegen, da würde ich schon nochmals nachfragen, zumindest wenn die Beschwerden noch akut sind.

Deine Frage : wo die kranken Lymphos sind. Die sind bei jedem Patienten anderswo. Bei Dir vermutlich im Blut wie die 11.100 Lymphos aufzeigen, bei mir sind die Blutwerte sogar in Norm, dafür sitzen die Lymphos kiloweise in der Milz. (natürlich auch in Knochenmark usw.).

Die Oberflächenantigene zu bestimmen ist eigentlich erst nötig wenn eine Therapie ansteht, da vorher selbst schlechte Marker, zumindest zur Zeit noch, nicht therapiert würde.

Wie gesagt, wenn Du noch Symptome hast, würde ich nach-haken und auch eine Zweitmeinung einholen. Wenn nicht, könnte ja eigentlich die Sonne wieder etwas mehr scheinen ?

Machs Gut
Thomas

Watson
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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Watson » 20.11.2015, 12:09

Hallo an alle,

hatte nun gestern, nach letztlich 2 Monaten ungewissen Wartens, meinen Auswertungstermin.
Nicht so optimal fand ich, dass ich zu diesem für mich wichtigen Gespräch zum "Azubi" (eine Ärztin, die noch in der onkologischen FA-Weiterbildung ist) kam. Fest steht nun jedenfalls, dass ich folgendes habe:

- CLL Binet A
- aktuell 15.000 Leuko, 11.100 Lymph, 5.100 B-Lymph
- Knochenmarkinfiltration 7 %
- keine Mutationen (nehme einmal an, heißt normaler Karyotyp)
- LDH normal
- Keine (tastbaren) Lymphknotenschwellungen, keine (tastbaren) Milz-/Lebervergrößerung (nur durch Hausarzt untersucht, keine körperliche Untersuchung beim Onkologen)
- sonstige Laborwerte soweit normal
- Nachkontrolle (dann auch Sono und Thorax-Rö) in 6 Monaten

Nicht erfahren habe ich (weil "nicht gefunden", nicht gewusst bzw. gar nicht erst bestimmt):
- Oberflächen-Antigene (CD...)
- IGHV-Status
- viele andere Sachen

Gemäß Ärztin wäre die Lebenserwartung normalerweise nicht eingeschränkt. Was wahrscheinlich die optimistischste aller Interpretationen ist, die die Fachliteratur so nicht uneingeschränkt teilt. Diesen -wohl erforderlichen- Berufsoptimismus muss ich mir erst noch zulegen. Die Metapher vom berühmten Glas, was man entweder als noch halbvoll oder schon halbleer wahrnehmen kann.

Meine Begleitsymptome (Darmentzündungen, Oberbauchschmerzen, Müdigkeit) sollen wohl eher nicht mit der CLL zusammenhängen, da ich dafür einfach (noch) "zu wenige" B-Lymphozyten, insbesondere im KM, habe.

Meine Fragen an die, die schon länger betroffen sind und sich damit besser auskennen, sind nur die: Wenn nur 7 Prozent Lymphozyten im KM sind (Literatur sagt: beim Gesunden bis zu 20 Prozent), wo sind dann die anderen (die zu den erhöhten Werten im Blut führen)? Soll heißen, kann es nicht vielleicht doch ein Lymphom im Magen/Darm oder anderswo sein?

Bei < 5.000 B-Lymphozyten ohne Symptome und Organomegalie würde man ja eine MBL diagnostizieren (was prognostisch nicht unwichtig ist). Ärztin sagt, es sei definitiv keine mehr. Entscheiden das allein die mickrigen 100 Blutzellen pro Mikroliter, oder legt sie Daten zugrunde, die ich noch nicht kenne?

Mein Problem ist die Entscheidung, das jetzt erst mal so hinzunehmen und mich zu freuen, dass es vorerst nicht schlimmer gekommen ist. Oder aber die Diagnose noch mal via Zweitmeinung, die vielleicht auch noch mehr Prognoseparameter untersucht, prüfen lassen.
Was würdet ihr machen?

LG

Watson

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Watson » 15.11.2015, 23:16

Hallo Nebelzauberer,

danke dir für die Informationen. Schön, dass es diesen Austausch hier gibt. Denn dass die Leukos, wie z.B. bei dir, nach einem anfänglich schnellen Anstieg (glücklicherweise!) bei einem Wert stagnieren können, erfährt man anderswo nicht und hört man auch so nicht vom Arzt. Somit bin ich schon etwas beruhigt, da das meine bisherige Annahme, dass die B-Lymphozyten, wenn sie denn einmal steigen, dann relativ zeitlinear in der Art einer Kettenreaktion weitersteigen, zumindest fallweise widerlegt.

Welcher Phäno- und Genotyp bei mir genau vorliegt, weiß ich ja leider noch nicht (erfahre ich hoffentlich kommende Woche).

Die Jenaer Klinik hat nach meinen Recherchen eine Leukämie-Ambulanz, wo man auch eine Zweitmeinung einholen kann. Obwohl es mir ja eigentlich weniger um die Zweitmeinung geht (denn es steht ja keine Therapie an), sondern um mein Wissensdefizit in Sachen weitere Untersuchungen, Intervalle, Verhaltensregeln, psychosoziale Aspekte usw. zu beseitigen. Allerdings benötigen die alle Vorbefunde, die ja noch gar nicht vorliegen. Somit muss ich erst mal noch ein bisschen warten.

Liebe Grüße und einen schönen Wochenstart,

Watson

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Nebelzauberer » 14.11.2015, 23:36

Liebe Regenbogen,

du meinst O. Carl Simonton, oder? Teile des Ansatzes finde ich gut. Auch autogenes Training kann gut helfen. Für die Psyche etwas zu tun, ist natürlich wichtig, du solltest dich aber davon verabschieden, dass es eine Möglichkeit gibt, wie du aktiv die CLL einfach so zum Verschwinden bringen kannst. Ich würde es für mich jetzt eher so sehen: Du hast sie jetzt und musst dich mit ihr arrangieren, ansonsten wird es wohl auch schwer, eine positive und optimistische Einstellung wiederzufinden, weil du dir Ziele steckst, die du zu 99,9 Prozent nicht erreichen wirst, und niemanden finden wirst, der dir dazu einen glaubwürdigen Ratschlag geben kann. Die Idee mit dem Aufhalten finde ich da viel besser.

Mein Beileid für deinen Bruder. Das ist hart, wenn man das schon miterlebt hat. Die CLL verläuft aber meist viel langsamer - so wird es bei dir sicher auch sein. Außerdem gibt es inzwischen ein ganzes Spektrum gut wirksamer Therapien, wenn man denn einmal behandelt werden muss.

LG

Nebelzauberer

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Watson » 14.11.2015, 23:28

Hallo Regenbogen,

dann war ja nicht nur der Diagnosetermin gleich, sondern auch der Anlass.

Denn auch ich hatte zunächst eine hartnäckige Darminfektion und kurz darauf einen spontanen Peritonsillarabszess, der mich schließlich zunächst zum, HNO und dann mit Fieber und Schüttelfrost in die Waagerechte und auf den OP-Tisch beförderte. Da bei der Nachkontrolle nach einiger Zeit immer noch Leukozytose (mit relativer Lymphozytose) herrschte, dann die Überweisung zum Hämatologen.

Tja, das mit der Überlegung, "die CLL zum Verschwinden zu bringen", kommt mir sehr bekannt vor. Aber die Dynamik scheint sich nur wenig durch "Hausmittelchen" oder bestimmte Ernährung/Verhalten beeinflussen zu lassen. Nach meinen bisherigen Recherchen gibt es Betroffene, die jahrelang ein nahezu gleichbleibendes Labor haben. Ein erheblicher Teil mit der (erst unlängst "erfundenen") Diagnose MBL, die unterhalb eines bestimmten Anteils maligner B-Zellen liegen, oder eben einen "günstigen" Phäno- und Genotyp des Zellklons haben. Aber eben auch weniger Glückliche, die relativ kurzfristig symptomatisch werden.

Hoffnungsvoll stimmt, dass man mit der Therapie der CLL heute schon recht weit ist. Aber, wie du schon schriebst, dieses -allein auf sich gestellt sein- ist momentan das Schlimmste. Die Uni-Klinik Jena habe ich in ziemlicher Nachbarschaft, und die hat allgemein auch keinen schlechten Ruf. Will mal schauen, ob es dort so was wie eine ambulante CLL-Beratung gibt, schon im Sinne einer Zweitmeinung. Melde mich später mal per PN.

Liebe Grüße,

Watson

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Nebelzauberer » 14.11.2015, 23:17

Hallo Watson,

falls es dich beruhigt, auch wenn die CLL bei vielen individuell unterschiedlich verlaufen kann: Bei mir fielen leicht erhöhte Leukozytenzahlen im April 2013 bei einer Routineuntersuchung beim Hausarzt auf (ca. 10.000). ich war nicht krank, sondern kerngesund - zumindest dachte ich das. Der Arzt sagte mir, ich könne in einem Monat wiederkommen, dann könnten wir noch einmal ein Blutbild machen, das dann sicher wieder normal sei. Das war es dann aber leider nicht, sondern die Zahl der Leukozyten war auf 13.500 gestiegen. Daraufhin wurde ein exakteres Blutbild mit Unterscheidung der Leukozyten gemacht. Da zeigte sich dann die Misere und auch eine Verdachtsdiagnose gab es da schon. Mein Hausarzt sagte mir davon aber noch nichts, sondern überwies mich zur Überprüfung zum Hämatologen. Dafür bin ich ihm noch heute dankbar, weil mir das wochenlanges Grübeln erspart hat. Die dortigen Blutwerte waren dann - binnen 2 Monaten - auf 16.500 bzw. 18.500 bei einer zweiten Kontrolle gestiegen. Seit 2 Jahren sind sie jetzt aber relativ konstant und pendeln zwischen 18.500 und 21.000. Mein Lymphozytenanteil schwankt dann zwischen 75 und 87 Prozent, wobei ja nur der absolute Wert wichtig ist. Eine solche Schwankung ist ganz normal und noch nicht besorgniserregend. Ich vermute, dass sich die CLL bei mir zu Beginn erst einmal eingependelt hat. Evtl. ist das bei dir ja auch so. Ansonsten wurde beim FISH-Test ein normaler Karyotyp bei mir festgestellt sowie ein mutierter IGHV.

In Jena gibt es doch eine hervorragende Uniklinik. Warum gehst du denn da nicht mal hin?

LG

Nebelzauberer

P.S.: Mit der Suchfunktion oben rechts kann man auch nach "Autoren" auf dieser Seite suchen. Wenn du da den Namen (z. B. "Nebelzauberer" ;)) eingibst, erscheinen die bisherigen Beiträge.

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Watson » 14.11.2015, 21:53

Hallo Nebelzauberer,

auch vielen Dank für deinen Beitrag. Wie man sich eine Übersicht aller Posts eines Mitglieds anschauen kann, habe ich leider noch nicht herausgefunden. Aber ich werde noch mal suchen und lesen.

So weit wie du, dass ich mich mit der Krankheit arrangiert habe, bin ich leider noch nicht. Aber es bleibt ja letztlich keine Wahl, wenn man nicht psychisch daran zugrunde gehen will. Ich habe ja immer noch die Hoffnung, ein wenig besser damit klarzukommen, wenn einige Zeit ins Land gegangen ist und sich -hoffentlich wie bei dir- nicht allzu viel an den Blutwerten verändert hat. Allerdings beunruhigt es mich schon, dass innerhalb von zwei Monaten die Leukos von 13,0 auf 16,2 und der Anteil der Lymphozyten von 57 auf 62 Prozent gestiegen sind. Und, wie gesagt, mir fehlt momentan jegliche Information vom Hämatologen und erst recht vom Hausarzt.

Aber du hast Recht, es macht wenig Sinn und könnte auch dazu beitragen, dass man anfälliger für Infekte wird, wenn man sich mit dem Thema zermartert. Ich wünsche mir, dass der "Klick", denn es irgendwann bei dir beim Teichbau gemacht hat, auch bei mir irgendwann einsetzt.

Liebe Grüße,

Watson

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von regenbogen » 14.11.2015, 21:19

Hallo Watson
Ich hatte einen längeren Infekt von dem ich mich nicht richtig erholte. Dann fiel dem Arzt auf dass die Leukos die magischen 16.000 überschritten. Ich wurde zum Internisten überwiesen.wartezeit 4 Wochen. So bin ich wg diesem seltsamen infekt zu meinem Hno gegangen. Dueser sagte sofort zum Spezialisten. Dann kam ich zum Onkologen.Mit dem ich nicht so glücklich bin. Vielleicht liegt es aber auch an meiner Angst.
Darum ging ich dann bald zu dem einwöchigen Simonton Training.
Cornelia Kasper langjährige Trainerin von Dr.paul simonton hat ein gutes Buch geschrieben. Überleg dir mal für die Psyche das Training. Es tat gut doch gibt es derzeit in Bayern keinen Therapeuten wo ich weiter machen könnte.
Und jetzt überleg ich was kann ich tun um den Zustand zu halten oder die cll zum verschwinden zu bringen.
Mein Bruder hatte die Akut myoloische Leukämie vor 15 Jahren und verstarb nach kurzer Zeit. Heute hätte er mehr Überlebenschancen.
Bezogen auf die Cll denke ich alles dafür zu tun bis die Forschung
auch hier vorangeschritten ist. Da bin ich leider auch komplett allein gelassen. Der Hausarzt sagte nur was erwarten Sie von mir.
Und das allein auf sich gestellt sein empfinde ich sehr belastend.
Die Klinik in Jena ist glaub ich ist für die Cll ganz gut. Wenn du magst dann schreib mir auf die PN.lg

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Watson » 14.11.2015, 16:55

Hallo regenbogen,

vielen Dank für deine Antwort.

Dann hatten wir ja fast den gleichen Diagnosetermin ;-). Wie ist man bei dir darauf gestoßen? Durch erhöhte Leukos im Blutbild? Hattest du bislang irgendwelche Symptome?

Über einen Klinikaufenthalt habe ich ehrlich gesagt noch nicht nachgedacht. Zwar ist es bei mir auch so, dass mir der Hausarzt absolut keine Hilfe bei der Krankheit ist und völlig damit überfordert ist, und beim Hämatologen/Onkologen komme ich mir auch so vor, wie "ein minder schwerer Fall von vielen, denen es noch schlechter geht". Im Prinzip ist es ja auch so, aber es ändert ja nichts dran, dass sich das schnell ändern kann. Konkret nervt mich die Informationspolitik (man erfährt praktisch überhaupt nichts, wird nicht körperlich untersucht, und erhält auch null Ratschläge). Andererseits will man vermeiden, vom "Regen in die Traufe" zu kommen. Zumal Onkologen bei uns (Thüringen) rar sind.

Meine Psyche war schon vor der Diagnose nicht die beste, insofern eine Dauerbaustelle ;-). Wenn die Bilder ein wenig klarer werden (d.h. wenn ich vom Onkologen endlich, außer der Aussage "sie haben CLL", etwas Konkreteres erfahre), kann ich an der Psyche arbeiten. Bislang ist alles nur Albtraum und ich wandle wie ein Zombie durch die Welt. Versuche, nach außen Normalität zu demonstrieren, weiß aber, dass ich, wenn das so anhält, wohl eher an einer fetten Depression als an der CLL zugrunde gehe.

Liebe Grüße,

Watson

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von Nebelzauberer » 11.11.2015, 22:29

Hallo Watson,

meine Bekanntschaft mit der Krankheit erfolgte zwar früher und ich bin auch noch ein paar Jährchen jünger als du, allerdings kommt mir vieles von dem von dir Geschriebenen recht bekannt vor. Wenn du dir meine vorherigen Posts durchliest, wirst du sie sicher selbst leicht erkennen. Inzwischen sind 2,5 Jahre ins Land gestrichen und es hat sich glücklicherweise nichts geändert, was meine Blutwerte angeht. Allein ein minimales Hochpendeln der Lymphozyten kann man sehen. Meine Psyche hat sich seitdem deutlich gebessert. Natürlich könnte ich gerne auf die Krankheit verzichten, ich habe sie inzwischen aber nach Zweit- und Drittmeinung, viel Einlesen in Studien und Stöbern auf dem von Seoul hier schon erwähnten hervorragenden US-Forum für mich akzeptiert. Zwei tragische Zwischenfälle in meinem Bekanntenkreis, bei dem ein Autounfall und ein Herzinfarkt eine Rolle spielten, haben mir ein wenig die Augen geöffnet. Das Positive ist, dass man mit der CLL im Gegensatz zu vielen anderen Krankheiten und Unfällen meistens viel Zeit hat. Diese sollte man nicht mit Grübeln verschwenden, sondern man sollte das tun, wofür das Leben eigentlich da ist. Man sollte es leben, jeden Augenblick genießen, sich nicht über unwichtige Dinge aufregen. Selbst wenn ich Tiefpunkte habe - meistens vor der Kontrolluntersuchung - halte ich mir vor Augen, dass ich auch da das Leben intensiv spüre. Vor allem die Natur habe ich wieder lieben gelernt, ich lege Arbeit auch mal zurück, stresse mich weniger und wenn ich krank bin, gehe ich auch nicht zur Arbeit, statt mich hinzuquälen. Das hat auch bedingt, dass ich mir deutlich weniger hartnäckige Erkältungen einfange. Man sollte nicht möglicher verlorener Lebenszeit nachtrauern, auf die man auch vorher keine Garantie hatte, man sollte die Zeit, die man hat, ausschöpfen. Pläne sollte man im Übrigen niemals aufgeben. Du hast jetzt ein Häuschen und solltest es weiterhin in Schuss halten und herrichten. Vielleicht muss nur der Anspruch ein anderer sein: Du lebst jetzt darin und nicht erst in 20 Jahren. Also genieße die Zeit, die du jetzt darin verbringen kannst. Ich hatte beispielsweise gerade begonnen, einen Teich auszuheben, um mit meinem Sohn Tiere beobachten zu können und den Garten zu verschönern. Da bekam ich die Diagnose. Drei Monate konnte ich nichts mehr tun, hielt mir ständig vor Augen, dass ich den Teich eh nicht mehr bewundern könnte. Irgendwann hat es "klick" gemacht und ich habe mich daran gesetzt, mein Werk zu vollenden. Inzwischen beobachte ich seit fast 2 Jahren, wie alles gedeiht und zu Leben erwacht ist. So habe ich es eigentlich mit vielen anderen Dingen auch gehandhabt, allerdings ohne die Verbissenheit früherer Tage.

LG

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Re: Diagnose CLL

Beitrag von regenbogen » 11.11.2015, 22:07

Hallo Watson,
ich dir gut nachfühlen. Bei mir wurde die CLL vor vier Monaten zufällig entdeckt und seither fühle ich mich immer wieder ziemlich aus dem Leben gerissen.
Die Bewältigungsstrategien reichen mal mehr , mal weniger aus.
Ich habe mit dem Goalin_Qigong begonnen.
Das Simonton Training in Bad Zwesten gemacht- danach hat sich meine Psyche etwas stabilisiert.
Ich versuche mit der Erkrankung zu leben, sie zu akzeptieren.

Derzeit denke ich über den Aufenthalt in einer Klinik nach.
Mein Hausarzt ist mit der Diagnose überfordert. Und leider habe ich noch keinen Hämatologen gefunden zu dem ich Vertrauen fassen kann.
Hast du dich über Kliniken informiert?
Der Weg ist mir relativ egal -ich wohne im Großraum München.
Alles Gute

Watson
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Diagnose CLL

Beitrag von Watson » 11.11.2015, 00:09

Hallo liebe Forenteilnehmer,

pünktlich zum 50-Geburtstag im August dieses Jahres hat auch mich die Diagnose CLL ereilt oder besser gesagt erschlagen. Nachdem ich einige Zeit hier nur interessierter Leser war, nun ein erster Beitrag. Ich hoffe es langweilt niemanden, wenn ich kurz über den "Werdegang" meiner Krankheit berichte. Vielleicht entdeckt ja jemand Parallelen in seinem Verlauf.

Seit ungefähr 15 Jahren ließ ich mich einmal jährlich beim Hausarzt kontrollieren, weil ich schubweise unter extremen Müdigkeitsanfällen litt. Diese Kontrollen verliefen bis Anfang 2011 ohne aufregenden, aber auch ohne handfesten Befund. Als Vorerkrankungen habe ich
- zeitlebens Allergien aller Art
- als Jugendlicher häufige Anginen (Arzt verordnete hammerweise AB) und rheumaartige
Gelenkbeschwerden
- seit ca. 15 Jahren leichte Gastritis C mit Refluxösophagitis (Bedarfsbehandlung mit PPI)
- auch seit ca. 15 Jahren unklare Darmentzündungen (Bedarfsbehandlung mit Salofalk)
- seit ca. 10 Jahren Eisenmangel samt B12- und Folsäuremangel (Behandlung Eiseninfusion)

Als Betriebswirt, Informatiker und kleiner Hypochonder :wink: blieb es natürlich nicht aus, dass ich seit 2001 eine Statistik meiner Befunde geführt habe. Aus dieser sieht man rückwirkend, dass meine Laborwerte bis Anfang 2011 tadellos waren, lediglich ein paar gelegentliche Entzündungen (CRP) und dem besagten Eisenmangel. Die Leukos lagen durchgängig um die 7.500, sofern Lymphozyten bestimmt wurden, lagen diese stets um die 35 Prozent. Als naheliegendste Ursache für die Fatique nahm man stets den Eisenmangel und die gelegentlichen Entzündungen im Magen/Darm an.

Der (messbare) Anfang der CLL, sofern man den überhaupt bestimmen kann, dürfte sich irgendwo Anfang 2011 markieren. Nach einer Erkältung 02/11 flippte das Blut plötzlich etwas aus (Leukos und Thrombos unter Referenzwert, CRP hoch, Eisenmangel, Glucose hoch), war dann bei einer Kontrolle einen Monat wieder normal. Bis auf die Leukozyten - die gingen nun erstmalig über den Referenzwert (10.000), und erreichten seither nie wieder Normalwerte. Da ich -bis auf meine bekannte Müdigkeit und die Magen-/Darmprobleme- keine Symptome hatte, maßen weder ich noch der Hausarzt der leichten Leukozytose eine größere Bedeutung bei. Im Nachhinein gesehen, hat mich dieser Umstand noch ein paar Jahre vor größeren Sorgen bewahrt.

Ich habe das dann bis 2014 nicht mehr so oft kontrollieren lassen, es pendelte so um die 12.000 Leukos. Anfang 2015 allerdings erstaunte den Hausarzt etwas, dass (bei besagter milder Leukozytose) die Lymphozyten im Differenzialblutbild auf 54 % hochgegangen sind. Nachdem mir ein Hämatologe aufgrund von Eisenmangel 3 x 1g Eisen infundierte, ging ein ziemlicher Spuk los: Ich fühlte mich tagelang elend, und landete schließlich mit einer innerhalb von Stunden entstandenen Mandelabszess mit hohem Fieber und Beteiligung des gesamten lymphatischen Rachenrings, was ich dann noch ein paar Tage verschleppt habe, im Notfall-OP. Während dieser Zeit dann die Leukos um die 30.000, was aber durch die Infektion erklärbar war (CRP war hoch und die Lymphozyten hatten sich mit 33 % offenbar allesamt im Infektionsgebiet verkrümelt oder sind der Kortison- und AB-Therapie zum Opfer gefallen).

Letztlich normalisierte sich alles wieder und ich hatte angenommen, dass nun vielleicht auch die Leukozytose auf Normalwerte zurückgeht. Tat sie aber nicht. Im Juni 2015 war sie wieder/noch auf 12.500 (bei 52 % Lymphozyten), zwei Monate später auf 13.000 (bei 57 % Lymphozyten), weitere zwei Monate später 16.200 (bei 62 % Lymphozyten). Hb ist noch normal, Thrombozyten am unteren Referenzwert. Komischerweise gehen die Leberwerte (GPT) immer weiter nach oben. Mir ist (aus euren Beiträgen :wink:) bekannt, dass das alles noch keine dramatischen Werte sind und man den Verlauf nicht hochrechnen kann. Aber irgendwie beunruhigt mich die jetzt eingetretene Dynamik schon. An Begleitsymptomen habe ich seit 2011 ein sehr unangenehmes Zungenbrennen und immer wieder Schmerzen am bzw. im Bereich des Schwertfortsatzes (was auch immer dort sitzt).

Der Hämatologe/Onkologe hielt es jetzt für angebracht, das ganze Programm abzufahren. Blutausstrich, KM-Biopsie/Punktion, zytogenetische Untersuchung. Da das Ergebnis noch "ganz frisch" ist und wohl auch noch einige Ergebnisse fehlen, kann ich noch nicht mit genauem Material aufwarten. Ich habe noch nichts in der Hand. Er sagte lediglich, dass die Ergebnisse zeigen, dass ich eine chronisch-lymphatische Leukämie, also Krebs, habe. Patsch, das war wie ein Schlag in die Magengrube. Seine anschließende Erklärung, es deute einiges darauf hin, dass es eine prognostisch günstige Typisierung wird und die Lebenserwartung dadurch eher nicht wesentlich eingeschränkt ist, konnte mich nicht wirklich aus dem Schockzustand befreien. Zumal er noch nachreichte, dass das alles gar nicht so schlimm ist, und wenn doch, gäbe es gute Therapien. Was mich wiederum etwas verärgerte, weil es klang ein wenig wie "Sie haben zwar eine praktisch unheilbare, tödliche Krankheit, aber wir nehmen's sportlich". Jedoch versuchte ich mich in den Arzt hinein zu versetzen und wie ich an seiner Stelle so eine Nachricht verpacken würde. Ich kam zum Ergebnis, dass er es letztlich doch gut so gemacht hat, wie er es gemacht hat. Lediglich das derzeitige Informationsvakuum macht mich völlig krank.

Wie man sich nach so einer Diagnose fühlt und was einem alles durch den Kopf geht, weiß ja jeder von euch selbst nur zu gut. Ich habe noch nicht den Ansatz von Bewältigungsstrategien gefunden und wüsste auch gar nicht, wo ich anfangen soll. Bis vor wenigen Wochen bin ich noch wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass nun die "besseren" 50 Jahre anfangen und noch viele Pläne gehabt. Seit längerem arbeite ich daran, nebenberuflich mein halbfertiges Psychologie-Studium zum Ende zu bringen. Meine Frau und ich haben uns, nach langer finanzieller Entbehrung, 2012 ein kleines Haus gekauft und ich wollte es uns als "Altersrückzug" schön machen. Die Natur genießen und über den Garten freuen.

Mit einem Schlag wird das alles in Frage gestellt. Ratlosigkeit, Schreckensszenarien, Verdrängungsmechanismen und Verlustängste geben sich gleichzeitig die Hand. Ich mache meine Arbeit zwar unverändert weiter, erlebe mich aber zurzeit wie mitten in einem Albtraum. Gedanken, es könne eine Fehldiagnose sein, wechseln sich mit Gedanken darüber, was man "falsch" gemacht haben könnte, ab. Das Schlimmste ist für mich als relativ kontrollbezogenen Menschen aber die völlig neue Erkenntnis, dass sich mein -bislang noch gut funktionierender- Körper gerade Stück für Stück selbst zerstört, ohne dass ich auch nur das Geringste dagegen tun kann.

Hoffentlich habe ich mit meinem langen Bericht niemanden gelangweilt. Vielleicht hilft er jemandem, der in einer ähnlichen Situation ist. Nicht ganz uneigennützig, denn vielleicht hat auch jemand ein paar Tipps für mich zu Dingen, die mir bislang noch unklar sind.

Vielen Dank und liebe Grüße an alle Mitbetroffenen!

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